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Echtzeit-Review: Exalted, Second Edition
Ich will hier mal was neues probieren: Ein schrittweises Review eines Rollenspielsystems, während man es kennenlernt. Dadurch will ich (hoffentlich mit tatkräftiger Unterstützung meiner Spieler) versuchen, ein Gefühl dafür zu geben, wie der Einstieg in das System verläuft. Jeder aus der Runde, der den Nerv hat, Textwände zu bauen, schreibt seine Eindrücke vom Spiel und am Ende kann der Leser sich daraus zusammenpuzzlen, was er davon halten soll.
Idealerweise sollten die Einzelreviews schon beim ersten Einlesen in die Materie anfangen; in der Praxis fangen wir da an, wo die Leute halt gerade sind.
Die jeweiligen Posts der Einzelreviews werde ich dann hier oben verlinken; so können wir parallel diskutieren, ohne dass es unübersichtlich wird.
Das System der Wahl ist Exalted, Second Edition aus dem Hause White Wolf. Der Grund dafür ist, dass wir in absehbarer Zeit anfangen, es zu spielen. Macht irgendwie Sinn, oder?
So. Mein Review fängt etwas später an als das der anderen, weil ich schon ein wenig mehr Lesearbeit geleistet habe... so etwa siebenhundert Seiten.
Vorab eine Anmerkung: Falls der Titel es nicht deutlich macht, weise ich darauf hin, dass Exalted 2E komplett englisch ist. Die erste Edition wurde unter dem Namen "Die Hohen" teilweise übersetzt, floppte auf dem deutschen Markt aber massiv, so dass die Übersetzung eingestellt wurde.
Exalted ist ein typisches White Wolf-Produkt, das bedeutet: Splatbooks, Splatbooks, Splatbooks. Für nicht-WW-Spieler: Ein Splatbook ist ein Erweiterungsbuch, das eine Charakterklasse (wie auch immer die im Spiel geartet ist) beschreibt. Standardmäßig bekommt man mit dem Grundregelwerk eine Klasse mitgeliefert und alle anderen muss man sich nachkaufen. Das ist insofern verzeihlich, als eine Klasse allein schon mal locker hundert Seiten Spielmechanik und noch mal so viel Hintergrund mitbringt.
Hintergrund hat das Spiel in Massen. Exalted wartet mit einer komplett eigenen Welt auf und beschreibt diese auch ausführlich. Das ist auch nötig, folgt Creation (die Welt, auf der Exalted spielt) anderen Regeln, als man das sonst so für gewöhnlich kennt.
Hier ein kurzer Überblick über das Setting:
Creation ist grundlegend animistisch. Es gibt für so ziemlich alles einen Gott, von großen Dingen wie der Sonne oder dem Krieg bis hin einzelnen Gebäuden und Gegenständen. Erschaffen wurde der ganze Kram von den Primordials. Die waren in einem formlosen Chaos (genannt das Wyld; DSA-Spieler denken bitte an die Niederhöllen) und haben sich die Welt da reingestanzt, um etwas Ruhe zu haben und ihre stark sucherzeugenden Spiele zu spielen. Die Götter sollten den ganzen Laden am Laufen halten, weil das ohne permanente Korrekturen nicht geht.
Die Götter fanden es nicht so geil, als billige Arbeitskräfte zu dienen, und haben kurzerhand einen Teil ihrer Kraft den Menschen gegeben, damit die den Primordials den Krieg erklären können. Direkte Opposition ging nicht, weil die Primordials den Göttern einfach befehlen könnten, aufzuhören.
In dem Krieg wurden die Hälfte der Primordials im Körper ihres Anführer eingesperrt (fortan die Yozi genannt und auf Rache sinnend) und die andere Hälfte umgebracht. Dummerweise sind Primordials nicht in der Lage, zuende zu sterben, wenn nicht der Rest der Welt mitgeht und so hängen die "toten" Primordials, nun unter dem Namen "Neverborn" firmierend, einen Zentimeter vor der Schwelle des Todes fest und wollen die Welt zerstören, um endlich mal fertig sterben zu können.
Und als ob das nicht reichen würde, wollen die Einwohner des Wyld, die Feen, bitte alles, was Form hat, weghaben, weil es ihnen den Vorgarten verunstaltet. Also, meistens. Tatsächlich sind die Feen konsequenter chaotisch als die DSA-Dämonen und nicht zwangsläufig an der Vernichtung der Welt interessiert. Oder manchmal doch, aber nicht immer. Oder sie wissen's selbst nicht.
Nach dem Krieg spielten die Hauptgötter hauptberuflich die Spiele der Yozi und die Exalts, allen voran die von der Unbesiegten Sonne ermächtigen Solar Exalted, regierten die Welt. Das funktionierte gut, bis die Solars allesamt wahnsinnig wurden, die Terrestrials (am schwächsten aber am zahlreichsten) sie gestürzt und ihre Seelen eingesperrt haben und über die nächsten zweitausend Jahre die Welt nach und nach vor die Wand gefahren wurde.
Und jetzt kommen die Solars wieder.
So viel dazu; noch was zum allgemeinen Tonfall: Bei Exalted spielt man in der Regel einen legendären Übermenschen, der mal dazu gebaut wurde, um Gott zu ermorden und seine Seele zu fressen. Demzufolge sind die Charaktere etwas stärker als bei anderen Spielen (ich glaube, kaum ein Startcharakter bei DSA kann 600 Stundenkilometer schnell laufen), die Abenteuer sind allgemein epischer und die Probleme entsprechend auch ein paar Stufen härter.
Was das Einlesen angeht: Aus Spielleitersicht ist das besonders viel Arbeit, weil ich ja der Experte sein muss. Ich muss mir also jedes verwendete Buch komplett durchlesen; ich muss wissen, was die einzelnen Exalts können und wie es in der Gegend aussieht, wo sie sind. Das macht einen Haufen Arbeit, weil White Wolf es nun mal detailliert mag. Mit genug Zeit ist das aber erträglich, weil Creation insgesamt eine sehr interessante Welt ist.
Die Regeln sind W10-basiert und arbeiten mit Würfelpools, was mir sehr sympathisch ist. Im Allgemeinen ist der Kram relativ übersichtlich und fast alles funktioniert irgendwie ähnlich, was es etwas leichter macht, sich zurecht zu finden. Ob ich mir auch merken konnte, was da steht, werden wir aber wohl erst beim ersten Spiel wissen.
Exalted nimmt sich selbst als Setting relativ ernst, gibt aber auch gerne zu, dass es sich für völligen Blödsinn eignet. Effektiv bekommt man das Setting als solches angeboten; ob man das Spiel an sich jetzt wie Der Herr der Ringe, Conan der Barbar oder Per Anhalter durch die Galaxis gestaltet, bleibt frei. Insofern passt es, dass eine der angegebenen Beispielkampagnen sich an den Power Rangers orientiert.
Und ja, man könnte alle drei Bücher in Exalted umsetzen. Die Community liebt es, beliebigen Unfug auf Exalted umzumünzen und ich habe sogar schon eine Fan-entwickelte Kampfkunst gesehen, die sich an Sailor Moon orientiert. Und sie würde super funktionieren.
Postskriptum: Ach ja, wenn jemand sich für das Setting interessiert und nicht gerade Lust hat, sich dafür gleich ein Regelwerk zuzulegen, dann kann er sich mal Keychain of Creation ansehen. Das ist ein Webcomic, der mal recht treffend als "Order of the Stick mit Exalted" bezeichnet wurde und nicht nur einen Eindruck von der Welt gibt, sondern auch einige der Konzepte in Fußnoten zu erklären versucht, so dass Nichtspieler auch eine grobe Ahnung haben, was gerade los ist.
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