Vielen Dank nochmal. Kommentare sind gern gesehen (danke für das bisherige Feedback!), aber große Diskussion müssen hier drin nicht sein.
Heute:
Breath of Fire V - eine Affäre
Die letzten Tage vergingen wie im Flug, wie im Traum. Vielleicht war es der aufkeimende Frühling, vielleicht eine unterbewusste Sehnsucht, deren Erfüllung plötzlich in greifbarer Nähe schien. Es erfüllt mich mit heftigem Herzrasen, aber auch mit Trauer, wenn ich an sie denke; himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Wir wussten beide, dass diese Verbindung zum Scheitern...
*ein dumpfes Geräusch, als träfe ein stumpfer Gegenstand mit erinnernder Bestimmtheit einen Hinterkopf*
Ja. Heute geht es um Breath of Fire V - Dragon Quarter, mein emotionalstes Rollenspielerlebnis seit längerer Zeit (aus verschiedenen Gründen).
Der Text ist spoilerfrei.
Tag 1 - Turteln und leichte Hemmungen
Breath of Fire ist eine Rollenspielserie mit momentan fünf Teilen. Man kann diese Spiele in mancherlei Hinsicht mit Brüdern vergleichen, die sich in alle Winde zerstreut haben: Alle tragen den gleichen Namen, gewisse Ähnlichkeiten sind nicht zu übersehen... aber am Ende überwiegen die Unterschiede.Oder etwas direkter: die Hauptperson in jedem Breath of Fire ist ein blauhaariger Junge namens Ryu, und es kommt stets ein geflügeltes blondes Mädel namens Nina vor. Drachen spielen eine wichtige Rolle, und die Hardcorefans könnten jetzt bestimmt noch zwei Dutzend weiterer Ähnlichkeiten aufzählen. Die Storys dagegen hängen nicht zusammen. Hier ein Bild der Hauptcharakter...inkarnationen (oder wie auch immer man es nennen will).
- Teil 1 wäre in dieser Allegorie der leicht missratene anstrengende Wanst, der die Eltern alarmiert hat, es beim nächsten Mal besser zu machen,
- Teil 2 der charmante Schönling, der noch jeden um den Finger gewickelt hat,
- Teil 3 der verwöhnte Goldjunge,
- Teil 4 das Kind in der Mitte (das irgendwie vernachlässigt wurde),
- Teil 5 ist vielleicht etwas manisch depressiv, aber sonst ein ganz netter Kerl.
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Hübsch, nicht? Die Gen-Lobby wäre begeistert.
Wie auch immer, die Spiele sind nett und ich hab mich dementsprechend auf Teil V gefreut. Der erste Dämpfer kam allerdings mit dem sehr eigenen Charakterdesign. Ich dachte ja erst, Kackhaufenfrisur-Ryu aus dem dritten Teil wäre nicht mehr zu toppen, aber dieser Emobub auf dem Backcover des Spiels ist dann doch ähnlich gewöhnungsbedürftig. Zumal Kackhaufenfrisur-Ryu irgendwann während der Pubertät realisiert, dass Fäkalien auf dem Kopf nicht unbedingt der Renner bei den kleinen Engel-Mädchen sind; nach dem ersten Ingame-Zeitsprung zeigt der Held passable Hygiene.
Tag 2 - Anschmachten und Anhimmeln (unter der Erde)
Aber so oberflächlich ist man dann ja doch nicht, also geht es unter die Erde. Genau dort spielt BoFV nämlich, knapp einen Kilometer unter Tage, wo die Luft schlecht und die Arbeit hart ist. In geschickt gefilmten Zwischensequenzen führt das Spiel in die Welt und die Story ein, spätestens eine Stunde später hat es einen in seinen Bann gezogen, das Charakterdesign scheint auf einmal erschreckend passend... und sogar ästhetisch. Auch der erste Dungeon weiß mit Atmosphäre zu überzeugen, und das Kampfsystem ist so erschreckend taktisch und herausfordernd, dass ich Moment lang daran zweifle, ein Japano-RPG in den Händen zu halten. Zwar deutet sich hier schon eine gewisse Komplexität an, aber noch schwebt der Spieler im siebten Himmel. Man hat Spaß daran, dass beste aus den Kämpfen herauszuholen, und man will verdammt nochmal wissen, wie die Story weiter geht.
Tag 3 - Ernüchterung macht sich breit
Doch bald zeigen sich die ersten Anzeichen, dass der Alltag nicht immer so rosig aussieht. Der zweite Dungeon zieht sich. Man will immer noch wissen, wie es weiter geht. Und er zieht sich. Und zieht sich. Die klaustrophobischen Räume wechseln schlagartig von "atmosphärisch" auf "eintönig". Außerdem fühlt man sich die ganze Zeit über so, als hätte man noch lange nicht alle Möglichkeiten mitgekriegt - was auch genau so ist. Das Problem ist nur, dass sie auch nicht erklärt werden. BoFV beschränkt sich auf die allernötigsten Einführungen, und selbst mit der Anleitung darf man sich auf freudiges Trial'n'Error einstellen. Was problematisch ist, denn der Schwierigkeitsgrad vergibt keine Fehler. Dazu kommt: Gelegentlich dauert es eine Stunde bis zum nächsten Speicherpunkt, und speichern geht auch nicht immer, denn man braucht ein Item dazu. Gott sei Dank hat der Hauptheld gerade eine Möglichkeit erlernt, Kämpfe zu vermeiden. (Es ist wunderbar zu sehen, wie die Gegner zu allen Seiten geschleudert werden.) Hätte ich nicht einfach durch die letzten zehn Räume rennen können, wäre die Affäre hier vorbei gewesen.
Tag 4 - Der zweite Frühling
Doch dann - man glaubt schon gar nicht mehr dran! - der nächste Storyfetzen, eine nette kleine Wendung, ein spannender Zwischenboss, ein Bisschen mehr Verständnis des Ganzen! Und schwupps, ist die Motivation wieder da. Der darauf folgende Dungeon fühlt sich auch schon nicht mehr so endlos an (Gewohnheit, vermute ich) und die Kämpfe sind weniger repetetiv. Bald kriege ich ein groß angelegtes Minispiel (dessen Funktion man, wie üblich, auf eigene Faust herausfinden darf), das einfach nur toll ist - wer wollte nicht schonmal Ameisen durch eine Feenkolonie jagen, um Tunnel zu graben und Schätze zu finden? Großartig.
Tag 5 - Das unvermeidbare Ende
Ich erfahre: BoFV teilt erst alle Storydetails mit dem Spieler, wenn man es 2 oder sogar 3 mal durchspielt. Initialreaktion: Verarschen? Ich meine, Ok, an sich ne nette Idee, aber ich kann mir vage vorstellen, WIE geil dieses Spiel gewesen wäre, wenn man dem Spieler von Anfang an die gesamte Story erzählt hätte. Das frustriert ein wenig, mein Schrank ist voll von guten Ps2-Rollenspielen und ich soll das hier dreimal spielen? Hm.
Dann passiert es aber irgendwie: Ich verrecke nach einer Dreiviertelstunde Spielzeit (ohne Speicherpunkt). Nachdem ich wieder zweieinhalb Stunden durch Gänge gerannt bin, und obwohl ich das Kampfsystem inzwischen durchschaut habe. Und warum? Weil ein Zwischengegner explodiert. In einem Moment haben meine Helden volle HP und ich bin froh, dass der Arschroboter so gut wie vernichtet ist, im nächsten Moment fragt mich das Spiel, ob ich es neu beginnen möchte. o_O
Das wäre eigentlich, ohne diese emotionale Achterbahn davor, auch irgendwie noch in Ordnung. Aber nein, jetzt hat mich das Spiel zu sehr auf die Folter gespannt, meine Geduld ist am Ende.
Ciao, Bella, die Zeit mit dir war schön. Es gibt eine gute Chance, dass wir uns noch einmal sehen, aber momentan ist die Auswahl der Alternativen einfach noch zu überwältigend.
Ein Rückblick
Erstmal: Breath of Fire V ist ein äußerst gutes Spiel. Es hat eine spannend inszenierte und (sofern ich das sagen kann) tolle Story, ein außergewöhnliches, taktisches und vor allem herausforderndes Kampfsystem sowie eine interessante Welt. Und die Ameisenkolonie.Aber. ABER. Diese Motivationskurve hat mit den Rest gegeben. Die Emotionen beim Spielen noch einmal in Kurzform: Naja -> Boah! -> argh... -> cool -> cool, aber...
Ich meine, was soll das? Viel vergebenes Potenzial oder nur meine Meinung?
Naja, ich kann BofV definitiv empfehlen, aber nehmt euch Zeit. Und Geduld. Viel Geduld. Mehr Geduld als ich. Viel Glück!
(Gegen)meinungen nehme ich übrigens gern entgegen.![]()