Ich tippe dem Mann vor mir auf die Schulter.
„Hey, wie lange dauert es noch, bis wir da sind?“
Er wendet mir den Kopf zu, deutet dann auf die Kopfhörer, die seine Ohren bedecken, und wendet sich wieder nach vorne.
Anscheinend sind diese Dinger wirklich komplett dicht, schließlich habe ich so laut geschrien, wie ich konnte, um den schrecklichen Rotorlärm, der eine normale Verständigung praktisch unmöglich macht, zu übertönen. Fragt sich nur, warum wir dann keine von diesen Kopfhörern bekommen haben. Dieser Lärm ist wirklich schrecklich.
Naja, um ehrlich zu sein hat mich die Antwort auf die Frage ohnehin nicht wirklich interessiert. Es ist nur so, dass ich einfach zu nervös bin, um nur ruhig dazusitzen.
Widerwillig lehne ich mich zurück und betrachte durch die vordere Glasscheibe des Helikopters die Gegend vor uns, in der früher oder später unser Ziel auftauchen sollte, während meine Gedanken einmal mehr zu dem Grund für diese Reise zurückwandern...
„Werbung, Werbung, Rechnung, kostenlose Regionalzeitung, Werbung, hey, das ist doch mal eine gute Nachricht: Ich hab eine Million gewonnen, sie brauchen nur noch meine Kontodaten... Werbung, ah, die Zeitschrift, die ich bestellt hatte...“
Während ich die beiden Stapel, den großen mit uninteressantem Altpapier in spe und den wesentlich kleineren mit wirklich interessanter Post, vor mir aufschichte, murmle ich vor mich hin.
Und für so was werden die Regenwälder abgeholzt. Sie könnten wenigstens so rücksichtsvoll gegenüber der Natur sein, das ganze Zeug per E-Mail zu versenden...
Endlich komme ich zum letzten Brief.
Als ich die Adresse des Absenders lese, stutze ich. Ich schaue sie mir noch einmal genau an. Das ist doch unmöglich! Was wollen sie von mir? Nach all der Zeit...
Vorsichtig lege ich den Briefumschlag, mit der beschrifteten Seite nach unten, als dritten eignen Stapel auf den Tisch, schließe meine Augen und hoffe, dass, wenn ich sie wieder öffne, der Brief verschwunden sein wird. Ein Streich, den mir meine Erinnerungen gespielt haben.
Doch als ich meine Augen wieder öffne, liegt der Brief immer noch da, und als ich ihn umdrehe, ist auch die Adresse nach wie vor dieselbe.
Ich lege den Brief wieder hin (wieder mit der Rückseite nach oben, als ob ich damit irgendetwas an dem Absender ändern könnte), und werfe den Reklamestapel in den Karton neben meinem Schreibtisch, in dem ich das Altpapier sammle.
Dann wende ich mich dem anderen Stapel mit der wichtigen Post zu. Doch meine Gedanken schweifen immer wieder ab, und mein Blick wandert gegen meinen Willen zu dem einzelnen Brief auf dem Tisch zurück...
Auch nachdem ich mit der Post fertig bin, versuche ich weiterhin, den Brief zu ignorieren. Stattdessen wende ich mich lieber meiner Arbeit zu. Doch auch jetzt kann ich mich nicht konzentrieren. Es ist, als ob der Brief mich zwingen würde, ihn nicht zu ignorieren.
Warum sucht mich dieser Teil meiner Vergangenheit jetzt wieder heim? Ich habe damit abgeschlossen! Ich bin darüber hinweg! Das hier ist jetzt ein neues Leben, und sie haben keine Macht mehr über mich!
Und doch liegt dieser Brief immer noch da, und scheint mich zu verspotten, indem er einfach nur der Kraft meines Willens, die ihm befiehlt zu verschwinden, trotzt.
Als ich es endgültig nicht mehr aushalte, nehme ich ihn schließlich in die Hand, und befördere ihn in den Karton zu dem anderen Altpapier, in der Hoffnung, dass wenigstens das hilft.
Allerdings vergeblich.
Frustriert gebe ich irgendwann auf, und verlasse den Raum. Heute werde ich ohnehin nichts Sinnvolles mehr zusammenbekommen, von daher hat es keinen Zweck, zu versuchen weiterzuarbeiten.
Morgen, wenn das Altpapier weg ist, werde ich mir einreden können, dass das alles nichts als ein Alptraum war, und die unangenehmen Erinnerungen, die es zurückgebracht hat, verdrängen können. Morgen...
Als ich am nächsten Tag mit einem neuen Poststapel (und einem wirklich üblen Kater, der aus dem leider nur mäßig erfolgreichen Versuch, die Erinnerungen zu ertränken resultiert), an meinen Schreibtisch zurückkehre, glaube ich meinen Augen nicht zu trauen:
Dort liegt, als ob er niemals verschwunden wäre, der Brief von gestern und schreit mir seine Herkunft entgegen. Ich schwöre, wenn ich jemals einen Brief grinsen gesehen habe, dann war es dieser!
Rasch stelle ich die noch nicht durchgesehne Post ab und blicke ich in den Karton neben meinem Schreibtisch, aber der Rest des Altpapiers ist erwartungsgemäß verschwunden.
OK, ich sehe zwei Möglichkeiten:
1. Der Brief ist mit einem Fluch versehen, der es mir unmöglich macht, ihn einfach wegzuwerfen, weil er durch schwarze Magie immer zu mir zurück kehren wird, bis ich ihn endlich gelesen habe.
2. Die Putzfrau hat beim Aufräumen den ungeöffneten Brief im Altpapier entdeckt und angenommen, dass er versehentlich da reingeraten ist, und ihn deshalb auf den Tisch zurückgelegt.
Obwohl ich im Moment dazu tendiere, eher an die zweite Möglichkeit zu glauben, möchte ich die erste bei der Herkunft des Briefes trotzdem nicht wirklich ausschließen...
Entschlossen, mich nicht länger irre machen zu lassen, nehme ich den Brief in die Hand, um ihn in kleine Fetzen zu reißen, und meine ungeliebte Vergangenheit endlich hinter mir zu lassen.
Doch gerade, als ich anfangen will zu reißen, klingelt es an der Tür. Wer könnte das sein? Ach stimmt, Karin wollte heute vorbeikommen. Ich lege den Brief (natürlich wieder mit der beschrifteten Seite nach unten) zurück auf den Tisch, aber ich schwöre mir, dass das erste, was ich tun werde, wenn Karin gegangen ist, sein wird, mich dieses Fetzens Papier zu entledigen!
„Mein Gott, du siehst ja übel aus. Was hast du in letzter Zeit angestellt?“
„Was ist denn das für eine Begrüßung? Wie wäre es mit einem freundlichen ‚Hallo, schön dich zu sehen’?“
„Ach ja. Hallo, schön dich zu sehen.“
Sie grinst.
„Also, warum siehst du so aus, als ob du einem Geist begegnet wärst, heute die ganze Nacht durchgesoffen hättest und am Morgen in deiner eigenen Kotze aufgewacht wärst?“
Ich seufze laut auf. Das ist Karin, wie sie leibt und lebt.
Ich habe Karin während meines Studiums kennengelernt. Wir hatten eine kurze Beziehung, aber haben uns nach einiger Zeit in Freundschaft wieder getrennt. Allerdings scheint sie sich, seit ich ihr erzählt habe, dass ich keine Familie hätte, als eine Art große Schwester für mich zu betrachten, die sich ständig Sorgen um mich macht. Auch wenn ihre lebhafte Art es einem manchmal schwer macht, zu sagen, ob sie mich damit nicht nur veralbern will...
„Hör mal, ich weiß, dass wir heute verabredet waren, aber wie du selbst so treffend festgestellt hast, befinde ich mich in keinem allzu guten Zustand. Wenn es dir also nichts ausmachen würde, könnten wir das Ganze dann auf nächste Woche verschieben?“
Sie scheint kurz zu überlegen.
„Nein!
Erst will ich wissen, was mit dir los ist!“
Ein weiterer Seufzer. Wie ich sie kenne, wird sie jetzt keine Ruhe geben, bis sie ihre Antwort hat.
„Wie du selbst gesagt hast, habe ich es mit einer Art Geist zu tun. Die besonders unangenehme Art, die nichts als Ärger bringt. Allerdings ist das eine Sache, mit der ich selber fertigwerden muss. Du kannst mir dabei nicht helfen.“
Als ich ihr daraufhin in die Augen blicke...
Schiebt sie mich einfach beiseite und drängelt sich an mir vorbei in die Wohnung.
„Also, wo steckt er denn, dein ‚Geist’? So wie du aussiehst, scheinst du jedenfalls nicht sonderlich gut mit ihm fertigzuwerden!“
Manchmal hasse ich diese Frau regelrecht!
„Hör mal, ich hab dir doch schon gesagt, dass du mir hierbei nicht helfen kannst. Am besten, du gehst einfach, und wenn wir uns das nächste Mal sehen, ist alles wieder in Ordnung, was sagst du dazu?“
Sie blickt mich einfach nur eisern an.
Ich starre mit gleicher Intensität zurück.
Nach einigen Momenten, die mir wie Ewigkeiten vorkommen, drehe ich den Kopf weg und stöhne auf. Ich wusste, dass dieser Brief mir nicht als Ärger einbringen würde!
„Also gut, komm mit.“
Mit langsamen Schritten schlurfe ich in Richtung Arbeitszimmer. Karin folgt mir in geringem Abstand.
Wortlos deute ich auf den Brief au dem Schreibtisch.
„Das nennst du einen Geist? Sieht für mich nach einem ziemlich normalen Brief aus.“
„Dreh ihn um.“
Sie folgt meiner Anweisung und blickt anschließend auf das Adress- und Absenderfeld. Dann zuckt sie mit den Achseln.
„Und?“
Natürlich, der Name dürfte ihr nichts sagen. Also werde ich ihr wohl einiges erklären müssen. Beim Gedanken daran flammt mein Kopfschmerz zu neuer Intensität auf.
„Der Brief ist von meiner Familie.“
Ihr Blick wirkt erst verwundert, dann schockiert und zuletzt wütend.
„Moment mal, du hast mir doch erzählt du hättest keine Familie! War das etwa eine Lüge?“
„Nicht direkt...“
„Na auf die Erklärung bin ich dann aber mal gespannt!“
faucht sie mit in die Hüfte gestemmten Fäusten.
Wirklich, nichts als Ärger. Ich werfe dem Brief einen Blick zu, und versuche ihn Kraft meiner Wut dazu zu zwingen, sich aufzulösen, oder wenigstens in Flammen aufzugehen, doch er bleibt davon völlig unbeeindruckt auf dem Tisch liegen.
„Nachdem ich jeden Kontakt mit meiner Familie abgebrochen habe, mich klar dem Willen meines Vaters widersetzt habe, ohne ihnen Bescheid zu sagen wohin, weggezogen bin und sogar meinen Namen geändert habe, denke ich, dass man von einer klaren Lossagung von der Familie sprechen kann, denkst du nicht auch?“
Ihr blick wird etwas weicher. Etwas.
Dann deutet sie auf den Tisch.
„Die scheinen das aber ganz offensichtlich etwas anders zu sehen, denkst du nicht auch?“
„Bis das Ding gestern ins Haus geflattert ist, dachte ich eigentlich auch, dass sie mich entweder aus den Augen verloren hätten, oder sich zumindest nicht mehr dafür interessieren, was aus mir geworden ist.“
„Nun, da hast du dich wohl getäuscht. Willst du ihn nicht aufmachen? Vielleicht ist das ja das Angebot, sich wieder Miteinander zu versöhnen.“
„Das ist mir scheißegal!“
Erst als sie mich mit großen Augen anblickt, wird mir klar, dass ich mit voller Lautstärke geschrien habe.
Ich räuspere mich, um das peinliche Schweigen zu überbrücken und fahre dann, nun wieder mit normaler Lautstärke aber dafür umso mehr Nachdruck, fort:
„Ich lege wirklich absolut keinen Wert darauf, wieder mit meiner Familie in Kontakt zu treten.“
Wieder blicken wir uns fest an, aber diesmal ist sie es, die schließlich den Blick abwendet.
Ich hoffe, damit ist diese Sache ein- für allemal geklärt.
Als nächstes greift sie, ohne mich zu beachten, nach dem Brief und meinem kleinen dolchförmigen Brieföffner, schlitzt den Brief an der Oberseite auf und zieht ein einzelnes Blatt hervor.
„Hey, lass das!“
„Ohne auf meinen Protest zu achten, fliegen ihre Augen über die Zeilen, und schließlich beginnt sie laut vorzulesen:
„Einladung zur Trauerfeier und Testamentsvollstreckung von Name kommt noch .
Protagonist wird hiermit dazu eingeladen, im Kreise seiner Angehörigen am Abschied von seinem Vater und der Vollstreckung seines Testaments teilzunehmen.“
Selbst von hier aus kann ich erkennen, dass auf dem Blatt noch einiges mehr steht, aber sie lässt es trotzdem sinken und blickt mich an.
„Sieh so aus, als wäre dein Vater gestorben. Ich schätze, damit hast du nicht gerechnet.“
„Das ist die erste gute Nachricht, die ich jemals über diesen alten Bastard gehört habe! Hah, und ich dachte, der Brief könnte nur Schlechtes bedeuten. Was hältst du davon, wenn wir zwei groß feiern gehen? Lass mich nur schnell unter die Dusche springen und etwas anderes anziehen. Das ist die beste Nachricht, die ich seit langem bekommen habe.“
Vielleicht hätten meine Worte überzeugender geklungen, wenn ich sei mit einer weniger grimmigen Stimme von mir gegeben hätte. Denn obwohl ich mir wirklich keine besseren Nachrichten im Bezug auf den alten Drecksack vorstellen konnte, wäre es mir noch lieber gewesen, überhaupt nichts von ihm zu hören.
Daher ignoriert sie meine Worte auch völlig und fragt:
„Und, wirst du hingehen?“
„Um keinen Preis der Welt!“
„Aber das könnte die Gelegenheit für dich sein, endlich mit deiner Vergangenheit abzuschließen.“
„Ich habe mit meiner Vergangenheit abgeschlossen, und wenn du das Ding endlich wegwerfen würdest, könnten wir gleich wieder zur Normalität zurückkehren.“
Sie mustert meine ungewaschene Erscheinung und die zerknitterten Klamotten, in denen ich die Nacht verbracht habe.
„Oh ja, ich sehe, wie du mit deiner Vergangenheit abgeschlossen hast.“
„Es ist mir egal, was du denkst!“
„Aber willst du nicht wenigstens den Rest deiner Familie besuchen?“
„Nein!“
„Und von einer Testamentsvollstreckung ist auch die Rede. Vielleicht erbst du ja sogar etwas.“
„Ist mir egal. Wie ich meinen Vater kenne, würde er mir ohnehin bestenfalls das, was ihn umgebracht hat, vermachen!“
„Aber wenn ich die Anreisebeschreibung richtig deute, dann scheint deine Familie recht vermögend zu sein.“
„Ja, das ist sie. Ich bin trotzdem nicht interessiert. Ich verdiene selbst genug Geld!“
„Und schau mal, hier steht, dass du eine Person als Begleitung mitbringen kannst. Du kannst ja mich mitnehmen, und dann beschütze ich dich vor deiner ‚bösen Familie’.“
„Lass mich das jetzt ein- für allemal klarstellen: Ich werde nicht zu meiner Familie reisen, ich werde keinen Anspruch auf irgendeinen Erbanteil erheben, und schon gar nicht werde ich dich auch noch in die Sache mit reinziehen. Ich werde diesen Brief jetzt in kleine Fetzen reißen, die am besten auch noch verbrennen, und dann werde ich mein Leben weiterleben, als wäre dieses verdammte Ding niemals zu mir ins Haus geflattert. Und absolut nichts, was du tun oder sagen kannst, wird daran etwas ändern!“
Ich blicke sie hart an. Sie erwidert meinen Blick.
Wie hat sie es geschafft, mich dazu zu bringen, mich auf diesen Wahnsinn einzulassen?
Ich werfe der neben mir sitzenden Katrin einen wütenden Blick zu. Als ob sie genau wüsste, was mir gerade durch den Kopf gegangen ist, grinst sie mich breit an.
Womit habe ich das nur verdient?
Als ich meine Augen wieder nach vorne richte, entdecke ich, dass wir uns unserem Ziel jetzt schnell nähern. Viel kann ich allerdings nicht erkennen, da die untergehende Abendsonne direkt vor uns liegt. Der Pilot hat ja zum Glück eine dunkle Sonnenbrille auf.
Naja, ich weiß ohnehin, was ich zu sehen bekäme, wenn ich etwas erkennen könnte. Eine große Villa (die in meiner Kindheit immer wie ein verwunschenes Spukschloss aus den Märchen, die meine Amme mir vorgelesen hat, auf mich gewirkt hat, zum Glück bin ich jetzt wohl über diese Phase hinaus) mitten in einem großen Wald, und eigentlich nur über den Luftweg per Helikopter wirklich zu erreichen, wenn man sich nicht gerade tagelang durch den Wald schlagen wollte. Ich habe nie wirklich verstanden, warum der Stammsitz meiner Familie so weit abgelegen von jeder Zivilisation liegt, und ich tue es auch jetzt nicht.
Sanft setzt der Helikopter auf dem dafür vorgesehenen Landeplatz auf. Der Pilot gibt uns ein Zeichen, woraufhin wir unsere Gurte öffnen und schließlich aussteigen. Kaum haben wir nach unserem Gepäck gegriffen und es nach draußen gewuchtet, zieht der Pilot die Tür schon wieder zu und hebt wenige Sekunden später erneut ab. Soviel also zu meiner schnellen Fluchtmöglichkeit, sollte sich diese ‚Familienwiedervereinigung’ so entwickeln, wie ich es erwarte...
Seufzend drehe ich mich in Richtung der Villa um, die nun, nachdem die Sonne vollständig verschwunden ist, in der Dunkelheit vor uns liegt.
Und erblicke ein Spukschoß, das wirkt, wie aus den Märchen, die mir meine Amme als Kind immer vorgelesen hat. Man sollte meinen, dass ich nach fast zwanzig Jahren, die ich dieses Gebäude nicht mehr gesehen habe, einen anderen Eindruck davon bekommen würde, aber aus irgendeinem Grund erfüllt mich die Villa immer noch mit demselben Gefühl wie damals. Ich betrachte die einzelnen, unverputzten Steine, die die Mauer bilden, das Moos, das sich in den Ritzen dazwischen angesetzt hat, die Türme, die über den Rest des Gebäudes hinausragen, und werfe zuletzt einen Blick auf meine Begleiterin. Sie sieht auch nicht mehr so begeistert aus, wie vor der Abreise.
„Na, siehst du jetzt ein, dass es besser gewesen wäre, nicht hierherzukommen?“
„Ich bin nur... erstaunt. Ich hätte nicht gedacht, dass es heute noch solche Gebäude gibt, und dass sie sogar noch bewohnt sind. Habt ihr da drin überhaupt Strom?“
„Und fließend Wasser. Den Strom erzeugen wir allerdings selbst, es wäre zu teuer, Leitungen durch den kompletten Wald legen zu lassen. Das heißt, falls der Generator den Geist aufgibt, stehen wir im dunklen.“
„Sehr ermutigend.“
„Tja, nachdem unsere einzige Möglichkeit, hier wieder wegzukommen, sich gerade aus dem Staub gemacht hat, solltest du besser hoffen, dass nichts passiert.“
„Also dann, willst du hier draußen stehenbleiben und auf den nächsten Hubschrauber, der vorbeikommt, warten, oder gehen wir hinein?“
Während ich angestrengt darüber nachdenke, welcher der beiden Möglichkeiten der Vorzug zu geben ist, werfe ich einen weiteren langen Blick auf das Gebäude. Ein Spukschloss. Ja, das trifft es wohl wirklich. Allerdings schätze ich, dass mich darin weder eine hübsche Prinzessin noch irgendwelche Reichtümer erwarten werden (ich habe wirklich keine Ahnung, welchen Grund mein Vater gehabt haben sollte, mir irgendetwas zu vererben), sondern nur eine gewaltige Ansammlung von Drachen und anderen bösartigen Monstern...
Plötzlich sehe ich, dass Karin bereits auf die Eingangstür zugeht. Ich schnappe mir unsere Koffer (sie hätte ihren wirklich selbst tragen können. Aber wozu ist man schließlich Gentleman?) und eile hinter ihr her. An der Tür hole ich sie wieder ein.
Gemeinsam treten wir durch das Portal.