Also die Kritik zum Satzbau würde ich eigentlich sogar fast verneinen, ich finde den Einsatz der formalen Mittel einfach toll.

Sätze mit "Und" zu beginnen, ist eine viel stärkere Ausdruckshaltung, als die Sätze ohne einleitenden Konnektor stehen zu lassen. Lies dir mal diese beiden - gerade von mir in wenigen Sekunden erdachten - Abschnitte durch:

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Und sie liebten sich. Und sie waren glücklich. Und dann kam der nächste Tag. Und sie bereuten, was sie getan hatten.
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Und sie liebten sich und waren glücklich und dann kam der nächste Tag und sie bereuten, was sie getan hatten.
Die Erzählzeit wird durch voneinander getrennte Hauptsätze viel besser gestreckt. Auch bei getrennten Nebensätzen ist das gut. Denn man hat einen abgeschlossenen Gedanken; Zeit, Gedanken zu entwickeln. Deswegen muss man manchmal Sätze mit Konjunktionen beginnen, auch wenn es normalerweise als Stilbruch gilt.
Gerade diese zwei "um..."-Sätze haben so deutlich mehr Ausdruckskraft.

Ganz anders ist das bei dem Satz:
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Wir versuchten und fortzupflanzen, lange Tage wälzten wir uns ineinander, im Schlamm und auf der trockenen Erde, aber es klappte nicht, es konnte nicht klappen, wir waren zwei Frauen.[...]
Was gänge, wäre ein Punkt nach dem ersten Hauptsatz, denn der steht als formale Tatsache völlig allein. Bei der Sache, ob es nun klappt oder nicht, würde der Punkt aber sogar die Implikation der Teilsätze verändern. "aber es klappte nicht, es konnte nicht klappen" korrigiert sich in seinem ersten Gedanken selbst - ich finde, das trägt zu einem sehr lebendigen Stil bei. Würde man das auseinanderposamentieren, verbliebe nur noch der begründende Inhalt: "Es konnte nicht klappen, weil wir zwei Frauen waren."

Daher wie gesagt: Formalistisch finde ich das ganz gut eigentlich.


Was ich ein bisschen schade finde, und was auch irgendwie mit Ranmarus Kritik an den Charakteren einhergeht, ist, dass du dann doch zu einfach schreibst. Wenn du schon auf den Erdboden des Existenzialismus stößt - was ja außerordentlich lobenswert ist, das haben wir hier viel viel zu selten -, dann musst du das vor allem stilistisch umsetzen. Einiges kommt sehr schön raus, beispielsweise der Drang nach Fortbestehen, bevor man sich seiner sterblichen Winzigkeit gegenüber der Ewigkeit der Welt gewahr wird, so als letztes Menschenpaar auf Erden, oder das Übergehen der eigenen Existenz in Quantifizierung, 2, 4, zu viel oder zu wenig, oder die Erkenntnis, dass Sinngabe kein ernstzunehmender Sinn ist.

Du hast sehr schöne, relevante Elemente hineingebracht und vieles deutet auch auf noch mehr hin, was ich jetzt aber in der Kürze der Zeit nicht zu durchdringen vermag. Die teilweise wirklich vorhandene Leere der Charaktere wirkt dem sehr zuträglich, man ist auf die Objektivität marginalisiert und damit dazu gezwungen, selbst zu empfinden. Vermutlich unterstreicht es auch die Sinn- und Weltenleere sehr schön, weil sich beides im Inneren wiederspiegelt.

Du teilst hier wirklich hübsche und wünschenswerte Erkenntnisse mit uns und ich bin froh, dass hier noch zu nachtschlafender Zeit gelesen zu haben. Mein Anschub für das nächste Mal bleibt aber: Du musst das noch mehr in Stil verpacken, reine Schilderungsebenen sind solcher Thematik abträglich und höhlen sie zu sehr aus. Dann schreib lieber kurzer und verdichteter, aber niemals hohl. (also... "hohl" im allegorischen Sinne nicht im Sinne von "Das ist ja sowas von hohl!" im Sinne von "Der ist ja sowas von blöd!")