Dieses Thema erinnert mich sehr an mein aktuelles Essay über „Rollenspiel im Alltag“ - wann sind wir wirklich wir? Und spielen wir Rollen bewusst oder unbewusst?

Ist es eine Sucht wenn ich jeden Abend 1h ein Rollenspiel (WoW, Second Life) spiele und dann in den Alltag zurückkehre? Oder fängt die Sucht und die Flucht nicht eher dann an, wenn mein Alltag eben diese Flucht ist, wenn ich über nichts anderes mehr sprechen kann und mein Ich nur noch durch meine „Rolle“ definiere?!

Ich finde die zweite Antwort, parallel zu Daens Ansatz der Menschen die „über kein anderes Thema mehr reden können“, treffender. Menschen die sich aber selbst als Spezialisten und Koryphäen auf einem Gebiet sehen (sei es ein Rollenspiel oder das rauchen von Gras) und dabei vergessen etwas zu erschaffen - in meinen Augen vergessen zu leben - sind in meinen Augen Gefangene einer Sucht.

Wenn jemand mit dem Testen von Spielen oder Programmieren Geld verdient, dann denke ich ist es in Ordnung wenn er sich dadurch definiert - aber gerade wenn man eigentlich andere Aufgaben im wirklichen Leben hat und diese durch seine Sucht (Essen, in Foren schreiben, Zocken, Trinken) nicht mehr wahrnimmt ist man krank.

Das Problem dabei ist, wie Ketzer schon angedeutet hat, die soziale Ankeptanz von solchen Süchten. Rauchen, Trinken, WoW zocken - das gehört zum guten Ton es mal probiert zu haben und am besten die Fachsprache zu beherrschen. Um seine Frage zu beantworten, in meinen Augen zählt es nicht als Flucht abstinent von solchen Dingen zu leben sondern als ein Beweis für Charakterstärke, Durchhaltevermögen und Realismus - das man weiß das man diese Dinge nicht braucht um zu wissen wer man ist.

Problematisch finde ich es aber „kreative“ Schaffensprozesse, bei denen ja durchaus etwas entsteht, wie Schriftstellerei oder Malerei in den Topf mit Süchten zu werfen. Fantasie ist ein Mittel zum Ausgleich - ohne Nebenwirkungen wie es die anderen Süchte haben. Wenn man Fantasie bewusst als künstlerisches Mittel zum Ausdrücken eigener einsetzt und sie klar von der Realität trennen kann (was bei einigen Krankheiten, wie Schizophrenie ja z.B. nicht der Fall ist) ist sie bereichernd für das Leben.

„Wieso sollte jemand verachtet werden, der sich im Gefängnis befindet und versucht, herauszukommen und heimzugehen?“ - Ich denke das Tolkien hierbei nur die Fantasie anspricht, die wie ich bereits erwähnte ja ohne Nebenwirkungen benutzt werden kann um sich aus den gefesselten Gedanken und gegebenen Normen zu befreien. Philosophie funktioniert z.B. nur wenn man weiterdenkt, querdenkt, fantasievoll denkt.

Und Rollenspiele sind, egal ob sie Live oder nur auf dem Papier ausgetragen werden, ebenfalls bereichernd für alle Beteiligten wenn sie nicht zum Sinn des Lebens werden sondern als bereichernder Aspekt gesehen werden.

So far, interessantes Thema mich würde auch deine Meinung dazu interessieren, La Cipolla!