Der Jungfraumann
Von Merkur regiert, dem Planeten des logischen Denkens, hat er einen scharfen Intellekt und zeichnet sich bei geistiger Arbeit aus. Er interessiert sich für fast alles, wenn es seinem persönlichen Vorwärtskommen förderlich ist. Das erste, was er von andern Menschen wissen will, ist, ob sie Geld haben und wie sie damit umgehen. Seiner Meinung nach ist es Sünde, Geld zu verschwenden, denn es ist ein Maßstab, nach dem sich Leistungen und Wert der Menschen abschätzen lassen.
Niemand kann den Jungfraumann zu einem Abenteuer überreden, das ein Risiko in sich schließt. Ein Instinkt warnt ihn, wenn er auf zu dünnes Eis gerät, und er kehrt dann einfach um. Vielleicht ist es nicht ganz richtig, bei ihm von einem Instinkt zu sprechen. Der praktische und analytische Verstand des Jungfraumannes deckt bei jedem Vorschlag sofort die Risiken. Wenn er nein sagt, folgt er keiner Ahnung, sondern fällt ein Urteil, das auf Fakten beruht, wie er sie sieht - und niemand sieht sie besser. Man kann sich auf sein "Nein" als das letzte Wort verlassen. Bei ihm bedeutet es nicht "Vielleicht".
Bei der Auswahl seiner Freunde und Partner läßt er ein feines Unterscheidungsvermögen walten. Dabei irrt er sich selten. Bestimmt macht er denselben Fehler nicht zweimal. Er handelt nach dem Sprichwort: "Gebranntes Kind scheut das Feuer."
Da er erwartet, daß andere Menschen nach seinen eigenen Maßstäben leben sollen, ist er oft überkritisch. Was nicht gerade förderlich ist, wenn man Freunde gewinnen oder Frauen beeinflussen will. Niemand hat gern, wenn sein Charakter auf den kleinsten Fehler hin durchleuchtet wird. Der Jungfraumann kann aber einfach nicht anders! Es fällt ihm auch schwer, einem Menschen zu schmeicheln. Gewöhnlich von nervösem Temperament, braucht er eine ruhige Umgebung, um sein Bestes zu geben. Daher auch seine Vorliebe für frische Luft, Gymnastik und Diät. Die Gesundheit zu pflegen ist ihm heilig, ebenso genügend Freizeit um die Fähigkeiten zu entwickeln, die ihn im Leben vorwärtsbringen.
Die Frau ist für ihn eine Kuriosität, die untersucht werden muß, mit der man experimentiert, die man hätschelt und verzärtelt. Was Sex betrifft, so ist er eben eine der vielen Facetten des Lebens, eine nicht zu übersehende Erfahrung vorausgesetzt, man hat Zeit und Lust dazu.
Unter diesem Zeichen sind die meisten Junggesellen geboren. Jungfraumänner sind so sehr damit beschäftigt, im Beruf Perfektionisten zu sein, daß für Romantik nichts mehr übrigbleibt. Sie sind systematisch und gewissenhaft, haben ein starkes Verantwortungs- und Pflichtgefühl. In der Hierarchie einer großen Firma findet man den Jungfraumann oft als zweiten Mann. Er ist methodisch und verläßlich, doch infolge seiner Bescheidenheit findet er meistens nicht die gebührende Anerkennung.
Er ist ein zuverlässiger, gescheiter, fleißiger, gewissenhafter Arbeiter. Wird ihm ein Problem vorgelegt, wird er gewöhnlich die Lösung finden. Wenn er sich dabei Zeit läßt, liegt es daran, daß er umständliche Nachforschungen anstellt und Informationen sammelt, um sich gegen jeglichen Irrtum abzusichern. Wenn er etwas haßt, so ist es, unvorbereitet überrumpelt zu werden.
Er trägt keine saloppe Kleidung, und man wird ihn nie mit einem struppigen Bart sehen. In bezug auf seine äußere Erscheinung ist er ebenso pedantisch wie in seiner Ausdrucksweise.
Er gehört nicht zu den aufregendsten Männern, mit denen sich eine Frau abgeben kann; aber er wird dafür sorgen, daß sie sich behaglich und glücklich fühlt. Er spielt auf der Tonleiter der Leidenschaft nicht von Alpha bis Omega, verlangt aber auch nicht fortwährende Aufmerksamkeit, stellt sich nicht ins Scheinwerferlicht, bleibt immer freundlich und rücksichtsvoll. Selbst wenn er herausgefordert wird, verliert er nicht so leicht die Beherrschung.
Wenn man nach einem gemeinsam verbrachten Abend die Tür zumacht, stellt er nicht den Fuß dazwischen. Er wartet ab, bis er ins Schlafzimmer eingeladen wird. Er ist kein Jäger, sondern zieht es vor, der Gejagte zu sein. Als Sexpartner beweist er Ausdauer. Andere Männer mögen sich in hektischer, rasch entzündeter Leidenschaft auskennen, der Jungfraumann hingegen ist immer noch da, wenn andere längst eine Bruchlandung gemacht haben.
In der Beziehung zu einer Frau mag er eine väterliche Einstellung annehmen und ein beschützerisches Interesse an ihrem Leben bekunden. Er kann ein unschätzbarer Freund und Ratgeber sein. Wenn sie mehr Romantik wünscht, muß sie sich auf einen Kampf gefaßt machen. Zur Heirat entschließt er sich nur schwer, sicher erst nach langen Überlegungen, ob sie als Lebensgefährtin seiner Laufhahn nützlich sein wird, ob sie genügend Geld hat, sein Leben zu verbessern, ob sie ihm ein behagliches Heim bieten wird, so daß er ungestört seiner Tätigkeit nachgehen kann.
Seinerseits wird er Geborgenheit, Zuverlässigkeit, Treue bieten. Große Geselligkeit und gesellschaftlichen Trubel darf sie nicht erwarten, denn das ist nicht sein Bier. Er verbringt seine Freizeit lieber mit Gartenarbeit oder mit Lesen. Sie braucht sich nicht zu sorgen, daß er sich die Nacht in der Kneipe um die Ohren schlägt. Ein Gesellschaftslöwe ist er nicht.
Sie wird finanzielle Sicherheit finden, aber das bedeutet nicht, daß sie alles bekommen wird, was sie sich wünscht. Er behält eine Münze gern in der Hand und nennt diese Einstellung "den Wert des Geldes verstehen". Für Kinkerlitzchen darf schwerverdientes Geld nicht ausgegeben werden. Andererseits reist er nicht zweiter Klasse. Alles zu seiner Zeit und bei richtiger Gelegenheit.
Er ist durch und durch treu. Die Frau, mit der er sich verbindet, wird nicht betrogen. Er spielt seine Karten genauso aus, wie sie ihm zugeteilt worden sind. Treue ist für ihn kein leerer Wahn. Aber wie bei vielen Menschen, die sich zu hoher Moral bekennen, läßt sich seine Moralität oft auf einfache Begierdelosigkeit zurückführen.
Romantische Aufregung? Nein. Sicherheit? Ja.
Das Sexleben des Jungfraumannes
Der Jungfraumann geht nicht auf Mädchensuche. Wenn seine Partnerin daran zurückdenkt, wie es eigentlich angefangen hat, wird ihr einfallen, daß sie den ersten Schritt getan hat. Er ist zu scheu, den Anfang zu machen. Wahrscheinlich hat sie ihn ganz zufällig durch gemeinsame Bekannte oder am Arbeitsplatz kennengelernt.
Zur ersten Verabredung sollte sie besser pünktlich erscheinen - und das auch weiterhin -, denn Pünktlichkeit ist wichtig. Andere Eigenschaften, die er besonders bewundert, sind Takt, Haltung, gute Umgangsformen (einschließlich Tischmanieren) und eine breite Skala in der Unterhaltung. Er möchte den Ort des Stelldicheins wählen, und er hat feste Vorstellungen von den Menschen, mit denen er zusammenkommen mag.
Man braucht keine Sorgen zu haben, daß sich seine Hand unter dem Tisch an die falschen Stellen verirrt, er in der Öffentlichkeit demonstrativ Zärtlichkeiten verteilt, oder daß er nach dem Ausgehen noch den berüchtigten Schlummertrunk in der Wohnung der Angebeteten erwartet. Das ist nicht seine Art.
Doch wenn der kritische Augenblick kommt, ist er auf alles vorbereitet. Findet das Ereignis bei der Partnerin statt, wird er alles mitbringen, Pyjama, Rasierzeug, Zahnbürste, frisches Hemd, saubere Socken und wahrscheinlich auch seinen Wecker, damit er rechtzeitig am Arbeitsplatz erscheinen kann! Vielleicht bringt er auch die Frage aufs Tapet, wie man es gern hätte, bevor es losgeht.
Es kommt bei ihm nicht zu vulgärer Entfaltung von Leidenschaft, nicht zu unerwünschter Aufdringlichkeit. Sein Vorspiel ist eher einstudiert, sogar methodisch. Er versteht etwas von der weiblichen Anatomie. Da er vorher genau geklärt hat, was eine Frau anregt, wird er die richtigen Reaktionen auslösen. Seine Technik ist eher ästhetisch als sinnlich, und falsche Impulse können seine Leistungen beeinträchtigen. Allerdings schreibt er das dann eher den Umständen als sich selbst zu.
Doch immer ist er empfänglich für Anregungen, und eine aggressive Frau kann fast alles von ihm haben, was sie sich wünscht. Nur darf man von ihm nicht viel Phantasie erwarten. Er wird sich sehr bemühen, und eine Frau, die bei ihm den Höhepunkt verpaßt, ist selbst daran schuld. Der aufopferungsfähige Jungfraumann verrenkt sich geradezu, um seine Bettgenossin zu erfreuen.
Wenn der Jungfraumann nicht durch besondere Umstände oder Tricks angeregt wird, begnügt er sich mit der Normalstellung. Und das möglichst unter der Bettdecke. Mit einer Ausnahme: Er hat es gern, wenn sich seine Gespielin mit aufgestützten Ellbogen bäuchlings auf den Boden legt, so daß er sie von hinten nehmen kann.
Neuen Techniken ist er nicht abgeneigt, wenn sie ihm nicht aufgezwungen werden. Darin ähnelt er einer Rosenknospe, die mit liebevoller Sorgfalt behandelt werden muß, wenn die volle Blüte ihrer sinnlichen Schönheit zur Geltung kommen soll.
Ein guter Tip: Ein leichter Biß in sein Hinterteil läßt seinen Puls schneller schlagen und führt gewöhnlich zu einer raschen Erektion.
Nicht alle Geschichten über die Kühle des Jungfraumannes im Schlafzimmer sind unwahr. Da er nicht sehr sexbetont ist, kann das leicht in Gleichgültigkeit ausarten. Es soll vorkommen, daß er jahrelang verheiratet ist, ohne von seinen Rechten oder Pflichten als Ehemann Gebrauch zu machen. "Wer rastet, der rostet", heißt es so schön in einem Sprichwort. Den Jungfraumann sollte man nicht rasten lassen!
Bei gewissen Konstellationen kann er zum Voyeur werden. Die frühen Anzeichen - harmlose Blicke auf Badenymphen im Bikini, ein lüsterner Blick durchs Fernglas - können sich zur Pornographie-Besessenheit auswachsen. Bei Pornoliteratur und Sexfilmen befriedigt er sich selbst. Dann ist ein normales Sexleben für ihn nicht mehr möglich.
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