Das ist es, was ich an modernen Spielen hasse: Die Präsentation wird zum Selbstzweck; Gameplay und Spieltiefe werden vernachlässigt.Zitat
Es ist mir egal, ob ein Spiel die Doom 3-Engine oder die Final Fantasy 1-Engine hat, wenn es nur gut ist. Und genau das sind 99,9% aller neuen Spiele nicht wirklich.
Zum Thema:
Rollenspiele haben sich so entwickelt, daß man einen Charakter entwirft und ihn dann spielt. Abhängig davon, ob man nun einen hochnäsigen Halbelf oder einen depressiven Ork spielt, verändert sich nicht nur die Interaktion zwischen dem Spieler und anderen Spielern/NPCs, sondern auch der ganze Plot. Ein Ork hat kein Interesse daran, die politische verfolgte Elfen-Minderheit in Stadt X zu retten, der Halbelf eher; so entsteht, abhängig von den Spielern, ein ganz eigener Plot, den selbst der GM (Spielleiter) kaum vorhersehen kann.
Ich spreche hier von Pen and Paper-RPGs, den "echten" Rollenspielen (die mehr Anspruch auf den Namen haben, da sie ein gutes Jahrzehnt länger da sind als CRPGs).
Computer-RPGs haben sich daraus entwickelt, mit zwei unterschiedlichen Ansätzen:
Der westliche Ansatz basiert darauf, P&P zumindest halbwegs zu imitieren. Da die zur Verfügung stehenden Computer aber unglaublich primitiv sind, läuft es meist auf einen (halb-)linearen Plot hinaus.
Der östliche Ansatz basiert darauf, dem Spieler eine fertige Geschichte, einen Film, zu präsentieren, der von Kämpfen und Rätseln unterbrochen ist, bei denen der Spieler, nun, spielt. Nach dem gleichen Muster funktioniert das (mittlerweile ziemlich tote) Genre der "interaktiven Filme", die im Wesentlichen Ost-RPGs mit Filmgrafik sind.
Der Punkt ist nun, daß man bei Ost-RPGs kaum "eine Rolle spielt", wie der Name sagt. Man sieht einem Film zu und steuert (die meiste Zeit über) einen (oder mehrere) Darsteller, damit der Film weitergeht.
Das gleiche trifft auch auf die meisten West-RPGs zu, wobei Morrowind wohl die einzige Ausnahme ist, die mir gerade einfällt (man kann MW durchspielen, ohne auch nur 10% des Spiels überhaupt gesehen zu haben. Das meiste Zeug ist optional; gerade deshalb ist MW "mehr RPG" als NWN oder Final Fantasy).
Was auch auf praktisch alle CRPGs zutrifft ist, daß die Rolle, die man eigentlich spielen sollte, fast nie korrekt eingehalten wird. Jetzt mal ehrlich: Wenn euer Dorf soo bedroht wäre und ihr unbedingt schnell die vier magischen Steine finden müßtet bla bla... Würdet ihr dann tagelang am Arsch der Welt rumcampen, um für Bauer Herbert Einhornkot zu sammeln, damit seine Felder wieder wachsen?
Wärt ihr in der Lage, euch einen Weg durch eine Festung zu schlachten, wobei in jedem zweiten Korridor Wachen auf euch zukommen?
Hättet ihr das mit 14 Jahren gekonnt?
Ich denke, das kann man alles mit "nein" beantworten. Trotzdem tun in CRPGs 14jährige Kinder, die als einzige ihr Dorf retten können (aber immer ohne Begleitung oder Ausrüstung losgeschickt werden) genau das (das bezieht sich auf Ost-RPGs. Bei West-RPGs sind die Helden zwischen 16 und 45 Jahren alt, verhalten sich aber genau so).
Die Rolle, die man spielen soll, ist bei CRPGs (außerhalb der Cutscenes) im Normalfall nebensächlich und austauschbar. Egal, ob man Cloud oder Terra oder Cherry Blossomfeather heißt: Für komplett sinnlose Nebenbeschäftigungen wie das Züchten komischer Vögel ist grundsätzlich Zeit und selbst ein psychopathischer Nekromant hilft natürlich gern, wenn ein Bauer seine Ernte nicht alleine eingefahren kriegt.
Das alles bringt einen doch zu dem Schluß, daß es zumidnest mit den Rollen beim (Computer-)Rollenspiel nicht allzu weit her ist. Man spielt nicht eine Rolle, sondern eine (vom Darsteller normalerweise ziemlich unabhängige) Handlung.
An sich sollten wir die Computer-Rollenspiele (mit Ausnahme der MMORPGs, wo man wenigstens einen Charakter spielt) in PFGs, Plot Following Games umbenennen. Oder sie einfach als interaktive Filme bezeichnen.