Jein, ich glaube du vereinfachst das zu sehr. Sicher, das Internet gibt jedem noch so kleinkarierten Puristenzocker die Möglichkeit, seiner persönlichen Meinung bedeutungsvollen Charakter zuzuweisen, und diese der gesamten verkabelten Welt mitzuteilen.
Aber ich denke nicht, dass ein Großteil der Leute sich enttäuscht gibt, weil ihnen die Vorabberichte einen solchen Eindruck suggerieren, sondern weil sie eben tatsächlich enttäuscht werden, nur nicht mehr direkt sondern indirekt. Das einzige, was sich verändert hat, ist, dass wir ein Spiel nicht mehr selbst spielen müssen, sondern es uns vorführen und kommentieren lassen können. Wie viel wir darauf geben, oder ob wir gar selektive Wahrnehmung unterstellen, liegt dann bei uns, und jeder entscheidet für sich, ob er sich selbst überzeugt.
An der Ursache selbst ändert das aber nichts. FFXIII hat ganz offensichtlich seine riesigen Macken und Fehler, die noch dazu von sehr vielen Leuten in einer sehr ähnlichen Art und Weise festgestellt werden.
Das ist, um nochmal einen Vergleich zu "früher" anzustellen, nur eine Verkürzung des, über einen bestimmten Zeitraum ausgedehnten, Prozesses, in dem man sonst aus unterschiedlichen Magazinen die Testberichte entnahm, in denen irgendwie immer das selbe steht. Entweder es gefällt einem, was man ließt, oder es gefällt einem nicht.
Genauso hätte es auch bei FFVII kommen können- wen der Look missfallen hätte, die Story zu abstrus wirkte oder der Soundtrack anödete, und dies von allen Seiten auch so bescheinigt bekommen hätte, so gäbe es hinterher jene, die dem Spiel wegen der trotzdem guten Gesamtwertung noch eine Chance eingeräumt hätten, und jene, die sich davon haben irritieren lassen, und sich das Spiel nicht gekauft hätten.
Und am Ende hätten immer noch diejenigen, die das Spiel kauften, diverse Unschönheiten und Mängel, nicht von ungefähr auch diese, die sie vorher schon gehört haben, selbst festgestellt, allerdings ein eigenes Urteil darüber gefällt, wie extrem sich diese auf das Spielgefühl auswirken.
Letztlich läuft es immer noch darauf hinaus, dass Testberichte uns die eigene Spielerfahrung nicht abnehmen.
Dass sich hier heute eine große Menge an Leuten enttäuscht oder schockiert zeigt, ist aber auch weniger den umfassenden Berichten geschuldet, die man genauso gut in ihrer Kompetenz anzweifeln könnte.
Der wirkliche Grund liegt eher darin, dass FFXIII mittlerweile wieder drei bis vier Jahre brauchte, entwickelt zu werden, ernstzunehmende Konkurrenztitel sehr dünn gesäht sind, die letzten Titel der gesamten Serie bei dem ein oder anderen größere Hoffnungen und Erwartungen geweckt haben und angesichts einer so lange gehegten Vorfreude eine Enttäuschung dem Super-GAU gleichkommt. Würden wir noch immer unsere Screenfuns, PlayZones etc. kaufen, und dort nach über drei Jahren Vorberichten, Screenshots und ähnlich vertröstendem Material gesagt bekommen, dass das Spiel auf ganzer Linie unter den Erwartungen liegt, würden wir uns nicht besser fühlen. Und wenn wir aller Berichterstattung überhaupt keine Beachtung geschenkt hätten, und erst beim Selberspielen zu einem solchen Fazit kämen, dann auch nicht.
Hmja, ich kann nicht beurteilen, wie zutreffend die Verhältnisse sind, die FFXIII unterstellt werden. Begriffe wie "immer geradeaus gehend" und "ohne jede Abweichung" klingen ja schon sehr deutlich. Und ich weiß nicht, wie extrem sich dies zu früheren Teilen verhält. In FFVIII muss man schließlich auch die Mitte der 2. CD erreichen, ehe man einen gewissen Freilauf genießt. FFX trieb es noch weiter auf die Spitze durch die Abschaffung der Weltkarte und den durch die Story mitbegründeten "Vorwärtstrieb", schließlich lief man Spira ja wirklich mehr oder weniger auf einer geraden Linie ab.Zitat
Ich denke mal, eine Linearität, die zwar vorhanden ist, aber nicht weiter ins Gewicht fällt, und durch kleine Nebenschauplätze einen Kompromiss anbietet, wie in den SNES und PSX-Titeln, stellt noch eher eine Mehrheit zufrieden, als ein Extrem wie in FFX, oder, dem gegenüberstehend, FFXII.
Dass ein Kompromiss von der breiten Masse mehr Zustimmung bekommt als ein Extrem, sollte eigentlich auch SE einleuchtend sein. Allen kann man es nie recht machen, aber man sollte es wenigstens halbwegs versuchen, statt eine Richtung ZU konsequent zu verfolgen.
Und abgesehen davon habe ich es bisher noch nicht erlebt, dass jemand FFX diese Linearität, sowohl bei der Welt als auch bei der Story, positiv angerechnet hat. Irgendwas muss da also nicht stimmen, oder ich kenne nur die falschen Leute.