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Thema: All die Farben

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    1.Ich habe dein Machwerk in Gänze gelesen.

    2.Ich möchte in keinen Deutungswahn verfallen.

    3.Dein Text ist natürlich über alle Maße eloquent und intelligent geschrieben.
    Dir gelingen immer wieder sehr schöne poetische Momente.Du konstruierst sehr schöne Sätze.

    4.Du bist zu sehr in deine Sätze verliebt.

    5.Es fehlt Handlung, Aktion.

    6.Die Metaphysik und Psychologie des Textes ist für mich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar.

    7.Die Thematik halte ich zuallerst für sehr abstrakt, dann für schwierig darstellbar.

    8.Ich nehme an, du schreibst das wie eine Art Tagebuch. Entsprechend beobachtenden Charakter haben die "Episoden". Wie wäre es mit einem größeren Rahmen eines zuverlässigen Erzählers, darin eingebettet deine "Episoden"- vielleicht auch als Tagebuchnotizen?
    Sonst bleibt der Text nicht nur fragmentarisch, sondern auch als Gesamtkunstwerk (Kunst im Sinne von Künstlich) so "episodenhaft", dass er für mich im Zusammenhang wenig Sinn ergibt.

    9.Du könntest einzelne Fragmente herauslösen und sie zu Geschichten erweitern.

    10. Da du ein Gespür für Situationen und Momente hast: Hast du dir einmal überlegt, einzelne "Episoden" in Gedichten darzustellen?

    11. Ich mache genau die selben Fehler.

    12. Hast du diesen Text an ein Literaturinstitut geschickt?
    An welches? DLL, Hildesheim? HK Bern?

    13."Zusammenposamentieren"- noch nie gehört!? Hilf mir.

    Geändert von Somnambulle (12.01.2010 um 16:52 Uhr)

  2. #2
    Erst einmal vielen vielen Dank, dass du dich durchgekämpft und dir Gedanken drüber gemacht hast. Ich bin wirklich auf jedes Feedback angewiesen, diese Selbstzufriedenheit mit dem Projekt ist mir nämlich unheimlich.

    Zitat Zitat von Somnambulle Beitrag anzeigen
    4.Du bist zu sehr in deine Sätze verliebt.
    Ich glaube, ich verstehe in etwa, was du damit meinst, in das "zu sehr" kann ich aber letztendlich wenig hineindeuten. Ist diese Verliebtheit zu offensichtlich und wirkt das irgendwie hämisch oder arrogant?

    Zitat Zitat
    5.Es fehlt Handlung, Aktion.
    Nunja, wie gesagt soll es die auch nur bis zu einem gewissen Grad haben. Die einzelnen erzählerischen Stränge sind gerade dabei, sich in meinem Kopf aufzubauen - die Sache mit dem Mond und dem Gemälde sind ja schon mehr als einmal vorgekommen, die will ich auch noch weiter auswirken. Es geht auch zu sehr um Jemandes inneren Zustand, als dass er sich viel Aktion erlauben könnte, er ist dafür viel zu sehr mit sich selbst mit mit an sich selbst Zerbrechen beschäftigt. Handlungen sollen sich nur sehr langsam und mit der Zeit entwickeln, weil sie zwar unverzichtbar sind, aber auch zu viel gefährliche Aussagekraft haben, sprich wenn sie zu schnell vorankommen, hat man die Gelegenheit, über mein Problemkind hinwegzuschauen und ihn von außen statt von innen zu betrachten.
    Ich werde hier aber auf alle Fälle au profit der Lesbarkeit auch noch ein bisschen Spannungsbogen via Handlungsschilderung mit hineinbringen, denn zur Zeit schwebt das Ganze ja auf irgendeinem Niveau, welches schwerlich vorankommt. (im Moment bin ich für solche Eingriffe aber zu sehr mit Jemandes Traumsymbolik beschäftigt, das kommt später hoffentlich noch zustande)

    Zitat Zitat
    6.Die Metaphysik und Psychologie des Textes ist für mich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar.

    7.Die Thematik halte ich zuallerst für sehr abstrakt, dann für schwierig darstellbar.
    Ich habe die recht optimistische Hoffnung, dass ich diesen gewissen Grad noch weiter in Richtung Gänze verlagern kann und die Abstraktion sich irgendwann in wohlgefallene Nähe zum Charakter verliert. Das ist aber tatsächlich eine große Anforderung, dementsprechend gebe ich mich hier auch schon mit Erfolgen zufrieden, die zumindest an das Ziel heranreichen.

    Zitat Zitat
    8.Ich nehme an, du schreibst das wie eine Art Tagebuch. Entsprechend beobachtenden Charakter haben die "Episoden". Wie wäre es mit einem größeren Rahmen eines zuverlässigen Erzählers, darin eingebettet deine "Episoden"- vielleicht auch als Tagebuchnotizen?
    Sonst bleibt der Text nicht nur fragmentarisch, sondern auch als Gesamtkunstwerk (Kunst im Sinne von Künstlich) so "episodenhaft", dass er für mich im Zusammenhang wenig Sinn ergibt.
    Ich bin im Moment noch völlig in dem Stadium, in dem sich Inhalte und Schwerpunkte zu entwickeln versuchen. Das bedeutet zu aller erst, dass ich hier und da ein paar Details anzeichne, um die herum sich irgendwann das Gesamtbild zu entstehen geruhen sollte. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist (respektive wenn ich denke, genug thematische Vielfalt hineingeklatscht zu haben), erhalten die einzelnen Episoden eine bestimmte Anordnung, denn das bisherige Chaos führt zu Miss- bis Unverständlichkeit und ist auch komplett unvollständig. Letzteren Umstand merze ich danach noch mit "Fillern" aus, also kleinen Episoden, die eine Verbindung zwischen den einzelnen Thematiken und den größeren Episoden herstellen.

    Tatsächliche Tagebuchepisoden würden dem Bild von Jemand Abbruch tun und wären für mein Gefühl dem, was ich vor habe zu schaffen, eher abträglich. Außerdem bin ich kein Fan von Brief- und Tagebuchromanen, deswegen schließt sich das für mich komplett aus.

    Für die Entwicklung der Arbeit stelle ich mir einen drei- bis fünfstufigen Aufbau vor: (1) In einer Vergangenheitsschilderung reflektiert Jemand sein Dasein, er ist noch einigermaßen klar im Kopf, weiß bis zu einem gewissen Grad noch zu werten und damit umzugehen. (2) Nach und nach zerbricht er aber an Geschehenem und Geschehendem und fällt immer weiter in eine Surrealität, in der er sich immer weiter verliert und nicht mehr wiederfindet (3). (4) Am Rande seiner eigenen Welt angekommen passiert in ihm so etwas wie die komplette "Umwertung seines Daseins" (mit diesem Teil bin ich mir noch nicht sonderlich sicher, irgendwas Großes geht da jedenfalls vonstatten, ob es nun tragisch oder happyendisch ist, ich weiß es noch nicht), welche ihn gänzlich entmenschlicht und über etwas hinauswachsen lässt (hier fehlt mir eben noch der philosophische Hintergrund, für das Problem mit dem Fragmentstadium ist das aber schon gar nicht mehr wichtig). Von seinem Zustand völlig gelöst tritt Jemand (5) von der Ich-Erzählung in die Du-Erzählung über, das vorher entwickelte (oder zu entwickeln missglückte) Zwiegespräch mit dem Leser wird real umgesetzt.

    ...kurz gesagt: Ich habe nicht vor, es beim derzeitigen Chaos zu belassen. =3

    Zitat Zitat
    9.Du könntest einzelne Fragmente herauslösen und sie zu Geschichten erweitern.
    Das ist eine wundervolle Idee, deren Umsetzung ich ganz am Anfang der Arbeit auch schonmal hatte, die ich dann aber irgendwann aus den Augen verloren hatte. Faktisch werde ich das aber wohl umsetzen, sogar umsetzen müssen, sobald diese Phase des Inpus abgeschlossen ist und ich bereit bin, die einzelnen Themenschwerpunkte auszubauen.

    Zitat Zitat
    10. Da du ein Gespür für Situationen und Momente hast: Hast du dir einmal überlegt, einzelne "Episoden" in Gedichten darzustellen?
    Die Idee gab es wirklich, allerdings bin ich in meinem lyrischen Schaffen ein wenig demotiviert. Mir sind feste Formen und Klanghaftigkeit derzeitig auch zu sperrig, um darin umsetzen zu können, was ich letztendlich aussagen will. Vielleicht aber lehne ich mich für die dritte Phase von Jemandes Entwicklung an die lyrischen Auswürfe von Leslie Kaplan an, die völlig ohne Form so wunderschön verwirren und ins Abseits stellen, dass das genau richtig für dieses psychische Stadium sein könnten. Das muss aber mit der Zeit kommen, vielleicht entwickelt sich Jemand auch ganz anders, als mir das am Anfang im Sinn stand.
    Zumindest markieren All die Farben vorerst meine Resignation vor den Schwierigkeiten, die einem die Lyrik aufbürdet, in der semipoetischen Prosa fühle ich mich derzeit sehr wohl.

    Wobei die Idee bei weitem alles andere als schlecht ist, sie scheitert nur - vorerst - an meiner Schreibfähigkeit.

    Zitat Zitat
    11. Ich mache genau die selben Fehler.
    Das ist tröstlich, wobei ich dir nicht ganz abnehme, dass du genauso deppert bist wie ich.

    Zitat Zitat
    12. Hast du diesen Text an ein Literaturinstitut geschickt?
    An welches? DLL, Hildesheim? HK Bern?
    Ich werde mich mit All die Farben für das WS/10 am DLL bewerben, allerdings nur halb motiviert, die haben mir schonmal eine Absage geschickt und letztendlich ist mir die Ausbildung dort mittlerweile auch nicht mehr so sympathisch da sehr einseitig. Mit einem Normalostudium in Deutscher Literatur und Sprache bin ich da sicher flexibler und kann das auch mit Französisch koppeln, ohne ein Parallelstudium anzufangen. Und mir ist Hamburg als Standort mittlerweile auch lieber.

    Zitat Zitat
    13."Zusammenposamentieren"- noch nie gehört!? Hilf mir.
    Das Posamentiergewerbe war ursprünglich mal die Kunst, Dinge aus Metallstreben zusammenzulegen und zu verflechten. Heute benutzt man den Begriff - Zumindest bei uns! Ich hab das früher ständig irgendwo gehört - dafür, wenn man etwas aus vielen Einzelteilen zusammensetzt oder wieder zusammenbaut oder zusammensucht oder anhäuft.


    Ich danke dir nochmals herzlich für deine Resonanz, auch wenn das selten so klingt, dieser eine Beitrag bringt mich schon unheimlich weiter, weil die Einschätzung der Wirkung der eigenen Texte sich natürlich nur schwer anstellen lässt. Außerdem gewinnt man durch so qualifizierte Vorschläge und Anregungen immer ein sehr gutes Bild davon, welche Möglichkeiten man hat und wie geschlossen man über die eigene Arbeit reflektiert hat, ob es noch Lücken gibt, die man schließen muss. Danke also für diesen netten und sehr hilfreichen Beitrag, für Lob (das in meinen Ohren natürlich erstmal am lautesten schallt =) ) und vor allem auch Kritik.

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