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Zitat von Stan
Man muss die Geistes- und Naturwissenschaften zur Philosophie führen können, sonst find ich sie hobbyhaft. Und die Philosophie muss natürlich auch zur Naturwissenschaft gehen.
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Ich glaube, du unterschätzt - wie so viele - die Naturwissenschaft doch etwas. Natürlich lässt sich durch die Reflexionsgesetze des Lichts schlecht etwas über das Wesen des Menschen aussagen, aber dafür gibt es ja auch andere Gebiete, wie zB die Biologie. Gerade diese hat im letzten Jahrhundert viele Themen, die vorher hauptsächlich in der Philosophie behandelt wurden, aus wissenschaftlicher Sicht beleuchtet und dadurch viele neue Erkenntnisse gewonnen.
Um komplexe Systeme (und das ist ja der Mensch) zu verstehen muss man ihre Geschichte, ihren Werdegang nachvollziehen. Leider machen viele den entscheidenden Fehler zu glauben, dazu genüge allein die Kulturgeschichte, während das was den Menschen am meisten beeinflusst hat und bis heute (nach)wirkt - seine Naturgeschichte - als "überwunden" und sekundär abgetan wird.
Doch eben durch die Erforschung seiner evolutionären Entwicklung haben Richtungen wie Anthropologie, Neurobiologie und Verhaltensbiologie einen tieferen Einblick in Themen wie Psyche, Bewusstsein, Sozialsysteme, Moral etc. ermöglicht.
So gibt es zB Hinweise, dass der Mensch von Natur aus ein Kulturwesen ist. Dass, wie du selbst sagst, die Jugend mehr in Umbruchstimmung ist, während ältere Leute dagegen mehr die Neigung haben sich auf Traditionen, Bräuche und alte Werte zu besinnen scheint ein naturgegebener Verhaltensmechanismus zur Weiterentwicklung von Kultur zu sein (Variation durch die jüngere Generation - Aufrechterhaltung und Weitergabe angepasster Information durch die Älteren.)
Oder man denke an Mode und Trends wo viele plötzlich - so unsinnig auch etwas ist - die Lust bekommen mitzumachen. Die neuen Ideen fallen schnell der kulturellen Selektion anheim, sodass nur ein Bruchteil der Modeerscheinungen Teil der bleibenden Kultur werden.
(Allerdings würde ich die Werke von Dawkins mit Vorsicht genießen; der schießt gerne mal übers Ziel hinaus. Die Kulturethologie is da wohl seriöser).
Äußerst empfehlenswerte Literatur:
Eibl-Eibesfeldt: Die Biologie de menschlichen Verhaltens - Grundriss der Humanethologie
Wenn es dir darum geht, dich und deine Mitmenschen besser zu verstehen führt an diesem Buch eigentlich kein Weg vorbei^^.
Antonio Damasio: Ich fühle, also bin ich - Die Entschlüsselung des Bewusstseins
Der Orginaltitel ist nicht so plakativ wie der deutsche: The Feeling of What Happens: Body and Emotion in the Making of Consciousness. Sehr interessante Erkenntnisse über das Funktionieren des Bewusstseins und wie eng es eigentlich mit den Gefühlen zusammenhängt. Eine gute "Zusammenfassung" des Buches gibt es hier:
Damasios Theorie über Bewusstsein
BTW zu Willensfreiheit: Das hat wenig mit dem Zufallsverhalten der Quanten zu tun; "freier Wille" ist nur ein schwammiger Begriff für Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung. Und um sich entscheiden zu können braucht man erstmal Neigungen, deren Vorhandensein man sich ja nicht selbst aussucht.
Allerdings zeigt die Verhaltensbiologie, dass die Fähigkeit zum Willkürverhalten auch entscheidend mit dem Spielverhalten höherer Tiere zusammenhängt...
Geändert von cloud2003 (10.04.2008 um 13:49 Uhr)