Nein, das muss man auch nichts schönreden. Selbst Yoko Taro zeigt da wahrscheinlich auch allem voran seine ... "humorvoll wahrheitsliberale" Sichtweise zu ALLEM ... xD'

Für mich ist die Frage eher, ob die Mängel einem Nier als Gesamtwerk wirklich schaden. Ich war sicherlich hier und da genervt beim Spielen – man muss schon eine MENGE Tiere und sogar einige Schafe (T_T) töten –, aber das Gesamtbild bleibt für mich fast unverändert. Deswegen fände ich es persönlich auch komisch, eine eventuelle Bewertung durch diese Mängel ernsthaft herunterzuziehen. Das ist in der Praxis aber auch nicht so ungewöhnlich, wie es jetzt klingen mag; bis heute nennen ja viele Leute Planescape: Torment als eins der besten West-RPGs, und dem Spiel fehlen im letzten Viertel locker 2/3 des eigentlich geplanten Contents, was man auch überdeutlich spürt. Ist für das Gesamtbild der meisten Leute aber halt ziemlich egal, obwohl es das Spiel eindeutig schlechter macht als es sein könnte und sein sollte.

Was uns aber auch wieder zur alten Frage zurückführt: Soll ein Review möglichst nachvollziehbar EINE Meinung präsentieren oder irgendwelchen "objektiven" Maßstäben genügen? Denn so eine Wirkung, so ein Gesamtbild ist natürlich hochgradig subjektiv. Und in Erweiterung bleibt immer noch: abolish the fucking numbers.
Wir könnten das ganze Problem verpuffen lassen, wenn die Wertung für Nier nicht mehr 59% oder 92% beträgt, sondern stattdessen mit fettgedruckten Worten das Dilemma dazwischen verdeutlicht.


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Aber um noch mal zum "Einklang" zurückzukommen, den du genannt hast: Nier ist ja nicht NUR eine Genre-Kritik, sondern nebenbei auch noch fünfzehn andere Dinge, die sich in ein Gesamtbild einfügen – wie die meisten Spiele, aber hier wahrscheinlich besonders! Die "busy work" Teile bspw. passen für mich auch recht gut zu dem Ziel, Nier als Teil dieser Welt und (scheinbar) normalen Bewohner dieser Welt zu inszenieren, der sich um seine kranke, äh ... Verwandte kümmert, nicht als den heroischen Verfluchten, der er im Prolog ist. Alles, was an dem Spiel wonky ist, vom Kampfsystem über die Stilblüten in der alten Grafik bis zu den mittelmäßigen Sprung- und Bullet-Hell-Einlagen, trägt für mich zu so einer experimentellen, fremdartigen Atmosphäre bei. Das Spiel ist halt kein, kA, Bayonetta oder was ähnlich Poliertes, wo du eigentlich "nur" dein Arsenal möglichst gut auf die aktuelle Situation anwenden musst. Stattdessen erkundest du eine erst vertraut wirkende, aber eigentlich ernsthaft unbekannte, mysteriöse und unter der Oberfläche kaputte Welt, die sich auch an vielen Stellen so anfühlt und NIE wirklich berechenbar ist, was das Gameplay angeht.

Ist das jetzt "schönreden"? Nur, wenn die hässlichen Teile das Gesamtbild bestimmen, würde ich sagen. Für mich ist es eher eine mögliche Erklärung, warum mein Gesamtbild von Anfang an "schön" war, warum ich die hässlichen Teile für mich selbst also gar nicht erst schönreden muss. Ich tue das nur für das Forum! 8D

Von Intention habe ich jetzt aber bewusst nicht geredet. Die ist interessant, aber imho nicht halb so wichtig wie meine eigene Erfahrung. Ich sehe aber, dass die Intention eine vergleichsweise gute Richtlinie ist, wenn man ein Spiel wirklich irgendwie objektiv bewerten will. Da hab ich nur kein großes Interesse mehr dran. Und wenn, dann mit differenzierter Sprache, nicht mit Zahlen. ^__~