Also vorab: Ich bin auch so ein Typ, der meistens "sich selbst" spielt. Diejenigen Charaktere, die ich länger spiele (denn natürlich probiere ich auch anderes aus, was mich aber nie lange fesseln kann), sehen mir sehr ähnlich und haben ähnliche Eigenschaften wie ich. Allerdings mit dem Unterschied, dass diese Eigenschaften sich anders manifestieren.

Prinzipiell ist es eigentlich so, dass mein "Rollenspiel" so aussieht, dass ich denke: Wie würde ich mich in dieser fremden Welt verhalten. Und so handle ich dann. Quasi, als ob mein Monitor ein "Dimensionsfenster" ist und ich denjenigen David (so heiß ich) dieser anderen Welt beobachte - welcher sich natürlich durch die äußeren Umstände anders entwickelt hat und auch anders heißt als ich, aber dennoch irgendwie "ich" ist.
Je nachdem, was für eine Art von Charakter mein Alter Ego ist, sehen die Entscheidungen, die ich treffe, eben anders aus. Ich würde aber behaupten, dass man, würde man mein Spielen (inklusive der Gedanken, die ich mir dabei mache) psychologisch ergründen, gewisse Charaktereigenschaften in meinen Helden wiederfinden kann, unabhängig davon, was für eine Klasse sie sind und welchen Gilden sie sich angeschlossen haben.

Fazit: Egal wie lange ich auch einen noch so guten Charakter spielen würde (was ich meistens nicht mache), das würde mich in meinem Wesen nicht im Geringsten beeinflussen, weil ich mich bereits so verhalte, wie ICH mich eben in jener Welt verhalten würde. Und dieses Ich ist durch seine persönlichen äußeren Umstände beeinflusst, nicht aber durch einen inneren Willen zum Guten, von dem ich noch etwas lernen kann. Er verhält sich wie ich - nur eben wie ein Ich, dessen Vater ein Priester war und ihm seine Moral aufdrückte, oder ein Ich, welches seine ganze Jugend auf der Straße verbrachte.
(Das war ja glaube ich eine der Hauptfragen, die dich an dem Thema beschäftigten, oder?)

Und warum spiele ich nun Rollenspiele?

Tja, da wird es etwas schwieriger mit der Selbstdiagnose. Also erstmal, ich spiele nicht viele Rollenspiele. Es gibt bestimmte Arten von Welten, die mir einfach nicht zusagen wollen. Um genau zu sein: eigentlich kann ich glücklich sein, wenn ich mal ein Rollenspiel finde, das eine Welt hat, die mir *wirklich* zusagt. TES war so ein Glücksfall, Arcanum und Deus Ex auch. Mit Baldur's Gate und Neverwinter Nights hingegen konnte ich z.B. gar nichts anfangen, was ich wirklich schade finde. Meine Hoffnungen liegen in Planescape Torment, das ich auch bald mal anspielen will.
Also, bevor ich ein Rollenspiel spiele, muss erstmal die Welt stimmen.

...und jetzt neige ich irgendwie dazu, zu sagen: Wenn ein Spiel nunmal eine solche Welt hat, die mir zusagt - und ich stelle an diese Welten wirklich hohe Anforderungen - dann wäre ich ein riesiger Narr, wenn ich dieses Spiel dann nicht spielen würde.
Genauso, wie ich mich auch nicht einfach dazu entscheiden könnte, mir einen Roman oder einen Film, der in einer solchen Welt spielt, *nicht* zu Gemüte zu führen.
Wenn das Spiel jetzt auch noch ein Rollenspiel ist - das heißt, es gibt im besten Fall mehrere verschiedene (und gute) Stories, die man spielen kann, außerdem kann ich selbst bestimmen, was für einen Hauptcharakter diese Stories haben sollen (siehe oben) - dann bremsen mich keine 10 Pferde mehr!

Sprich: Müsste ich mich zwischen irgendeinem Spiel und einem Rollenspiel entscheiden, die beide in der gleichen Welt spielen (und die ich beide noch nicht kenne), dann würde ich das Rollenspiel nehmen, einfach weil Rollenspiele mehr Gehalt als gewöhnliche Spiele haben. Man kann immer wieder durch nur leichte Abänderungen des Denkens, des Handelns oder einfach des Spielercharakters ganz andere Geschichten erleben.

Die Frage, warum mir Fantasywelten (und dann auch nur ganz bestimmte) so gut gefallen, beantworte ich nur kurz, sonst führt das zu weit.
Ich denke, das hat damit zu tun, dass diese Welten "freier" sind. Es gibt nur sehr wenige Grenzen - und während wir innerhalb der Grenzen unserer eigenen Welt schon jede Moralvorstellung und jedes Szenario zigmal durchgekaut haben, ergeben sich durch diese lockereren Grenzen ganz neue Aspekte, die berücksichtigt werden müssen. Gute Autoren beachten so etwas und liefern interessante Denkanstöße.

Naja, das sind jetzt so grob meine Gedanken zu dem Thema. Ich glaube, ich habe mich manchmal ein bisschen kompliziert/unstrukturiert ausgedrückt. :/
Natürlich ist vieles auch nur Spekulation. Ich bin kein Psychologe, und außerdem übersehe ich vielleicht einiges aus meiner subjektiven Perspektive heraus.