Teleri ist verwundert darüber, wie schnell es ging, ihren Widerstand auszulöschen. Sie kann noch immer nicht fassen, daß sie diese Worte eben wirklich gesagt hat... Sie würde sich also selbst verkaufen, um ihr Leben zu retten.
Dann bin ich wohl ein Feigling, überlegt sie, aber meine Würde ist hier unten ohnehin weniger wert als eine Handvoll Dreck. Auch der Name meines Hauses wird mich hier nicht schützen, im Gegenteil. Wie viel süßer muß es für Zirkon sein, eine stolze Frau zu brechen anstatt eines Bauernmädchens?

Gravir hat bisher geschwiegen. Er sagt noch immer nichts, als er schließlich sanft, aber bestimmt ihre verkrampften Finger von seiner Brust löst und beginnt, sie aus den Trümmern des zerbrochenen Möbelstücks zu befreien. Dann hebt er sie auf und trägt sie hinüber zu dem samtbezogenen Bett. Teleri zuckt zusammen, als er ihre verletzte Schulter berührt. Wieso bei Mehrunes Dagon muß mich ständig jemand in dieses gräßliche Ding verfrachten? Ihr Mistkerle genießt das richtig, hab ich recht?
Sie bemerkt, daß der Halbvampir sie eindringlich mustert. Sein Blick ist ihr unerträglich, und so wendet sie sich ab, auch wenn ihre Verletzung sie dabei behindert. Überlegst du, ob mein Angebot es wert ist? Oder spielst du nur genauso gern mit der Hilflosigkeit Anderer wie mein 'Gastgeber'?
Zwar hat sie sich schon lange daran gewöhnt, daß immer mal wieder wenig zurückhaltende Blicke über ihren Körper gleiten -notfalls konnte sich sich solchen Situationen bisher noch immer mit einem betont hochmütigen Blick entziehen- aber begutachtet zu werden wie ein Pferd, das zum Verkauf steht, verunsichert die Dunmer um einiges stärker als sie zugeben möchte.
Schließlich greift der Rothwardon nach ihrer linken Hand und bewegt vorsichtig und prüfend ihren Arm. Teleri stöhnt vor Schmerz leise auf und beißt die Zähne zusammen. Tränen treten ihr in die Augen, und sie konzentriert sich darauf, sie zurückzukämpfen. Noch immer kann sie dem Halbblut nicht ins Gesicht sehen.
Außerhalb ihres Gesichtsfeldes klirrt etwas. Langsam wendet sie sich zur Quelle des Geräusches um. Gravir hat irgendwoher eine lederne Fessel besorgt, die an einigen Stellen mit Metall versehen ist. Die Dunmer spürt, wie all ihre Muskeln mit einem mal schlaff werden. Oh nein. Nicht du auch, denkt sie resigniert, als ihr Blick letztendlich doch den seinen streift.

Mit einem raschen, routinierten Handgriff schiebt Gravir ihr das Leder zwischen die Zähne, fast so, als würde er einen Guar aufzäumen. "Draufbeißen..." befiehlt er in bester Feldscher - Manier.
Mit einer starken Hand fixiert er ihre Schulter auf der Unterlage, während die andere mit festem Griff ihren Ellenbogen umfaßt. "Das wird jetzt ein wenig schmerzen", verkündet er und versucht ein ermutigendes Lächeln. Teleri schaut ihn etwas unglücklich an. Sie ist lange genug Heilerin in Sadrith Mora gewesen, um ihm das 'ein wenig' nicht abzukaufen.
Der Oberarmknochen rutscht mit einem saftigen Knirschen wieder zurück an seinen angestammten Platz, während der improvisierte Knebel den schrillen Aufschrei der Dunkelelfin nur bedingt zu dämpfen vermag. Instinktiv wehrt sie sich gegen Gravirs Griff, und er läßt sie los. Sie spuckt den Riemen aus und wartet benommen darauf, daß die Wellen aus Schmerz verebben, die durch ihre Schulter toben.
Eine Weile spricht keiner von beiden.
Schließlich beginnt Gravir zu reden, ernst und leise: "Du... würdest nicht wirklich meine Sklavin sein, sondern nur so lange, bis ich dich hier herausgebracht habe, habe ich recht? Sicher habe ich recht, denn auch wenn du Todesangst verspürst und in diesem Moment alles tun würdest, um zu überleben - dieses Versprechen würdest du nicht lange halten können. Du bist eine Telvanni, unfähig, Befehlen länger als nötig zu gehorchen. Das weißt du, das weiß ich." Ein humorloses Lächeln verzerrt sein Gesicht. "Du denkst, weil Zirkon mich benutzt, kannst du das auch?"

Ohne ein weiteres Wort erhebt sich Gravir und steuert auf den Ausgang des Zimmers zu. Das Gesagte trifft Teleri hart; ebensogut hätte er ihr einen eisigen Dolch in die Eingeweide stoßen können. Da geht sie hin, ihre letzte Hoffnung zu überleben.
Plötzlich voller Zorn, bringt sie ihren protestierenden Leib in eine halb knieende Position. "Und ich dachte, Zirkon benutzt dich nicht", schreit sie ihm hinterher. "Ich bin keiner von seinen Speichelleckern, hast du gesagt! Hast du da vielleicht ein kleines bißchen zu dick aufgetragen?" Der Bastard zögert kurz, dreht sich aber nicht um. "Vielleicht bist du hier unten doch nicht so geachtet, wie du es gern hättest!" Die schwere Tür fällt ins Schloß.

So schnell, wie ihre Wut gekommen ist, verraucht sie auch wieder. Plötzlich ist es sehr still um sie herum. Der Kampfeslärm, den sie in den letzten Minuten nur halb bewußt wahrgenommen hat, ist verklungen.
Natürlich hat er recht, gesteht sie sich ein. Ich wollte ein möglichst überzeugendes Theater aufführen und die erste Gelegenheit zur Flucht nutzen. Wie konnte ich so dumm sein zu glauben, daß ich ihm etwas vormachen könnte?
Zusätzlich aber schmerzt sie Gravirs Zurückweisung auf eine Art, die nichts mit der unmittelbaren Lebensgefahr zu tun hat, in der sie sich befindet. Diese Erkenntnis verwirrt sie mehr, als daß sie davon erschreckt ist, aber letztendlich ist es auch nicht relevant. Ihre Zukunft wird nicht mehr lange genug währen, als daß es sich lohnte, sich über so etwas Törichtes Sorgen zu machen.
Beim Gedanken an die Stunden, die ihr bevorstehen, wird sie fast irre vor Furcht. Von Anfang an hat Zirkon mit ihr gespielt; so subtil zuerst, daß sie es gar nicht bemerkt hat. Erst jetzt erkennt sie die Methode, wie der Vampir sie mit den schnellen Wechseln von in-Sicherheit-wiegen und Verunsichern mürbe gemacht hat. Das Ungeheuer hat es im Foltern wahrlich zur Meisterschaft gebracht, auf körperlicher wie auf geistiger Ebene.
Teleri krabbelt von dem Bett herunter und verkriecht sich in eine Ecke neben dem kleinen Haufen mit ihrer Ausrüstung. Ihr Blick fällt auf ihr kleines Messer. Eine erbärmliche Waffe - aber es gibt noch eine andere Möglichkeit.

Mit genügend Entschlossenheit könnte ein einziger langer Schnitt, vom Handgelenk zum Körper hin geführt, genügen. Dann wäre es in wenigen Minuten vorbei.
Sie setzt die Spitze des Werkzeugs kurz unter dem Daumenballen ihrer linken Hand auf. Es fällt ihr schwerer als gedacht. Zu schwer. Sie bringt es nicht über sich, den Schnitt auszuführen, denn noch immer ist Lebenswille in ihr vorhanden.
Völlig in sich zurückgezogen kauert sie so am Boden, während die scharfe Klinge schwer auf der empfindlichen Haut liegt.