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Fossil
Durch die Tür hört die Alchimistin leise Stimmen, aber sie kann keine Worte ausmachen.
Also befinden sich mindestens zwei Leute hinter dieser Tür. Mit etwas Glück sind es zwei rotzendämliche und gelangweilte Wachen. Ich werde einfach eine riesige Szene machen und dann schauen, wie ich Kapital aus der folgenden Verwirrung schlagen kann.
Sie drückt die Klinke herunter.
"Wie, du vermutest, daß sie mehr weiß?!" Der halb geschrieene, halb gefauchte Satz wird in dem Moment ausgestoßen, in welchem Teleri schwungvoll die schwere Türe öffnet.
Ein geräumiges Zimmer wird sichtbar, das mit den gleichen fremdartigen Kristallen ausgeleuchtet ist wie die Kemenate, in der sie aufgewacht war.
Das massive Portal kracht mit einem hohlen Hallen gegen die Wand.
Oh, Scheiße!
Köpfe rucken mit drachenartiger Geschmeidigkeit herum, und zwei glühende Augenpaare fixieren sie. Aus ihnen spricht animalische Wildheit.
Sie erinnert sich wieder. Erinnert sich daran, was falsch war mit dem schönen Fremden. Die Augen. So verführerisch, so absonderlich - die prächtige Maske der Verdammnis. Vampire.
Oh, Scheiße!
"Ssie issst wach... Ssoll ich..."
Die gezischelten Worte kommen von dem kleineren ihrer beiden "Gastgeber". Teleri erkennt ihn, denn die grauen Augen sind unverwechselbar. Allerdings hat der Rest des Geschöpfes nichts mehr mit dem unwiderstehlichen Schurken zu tun, der sie in der verregneten Gasse in Balmora so vollends in seinen Bann geschlagen hatte.
Er wirkt ausgezehrt und verbraucht,die hungrigen Augen über den hohlen Wangen sind blutunterlaufen und liegen zu tief in den Höhlen, um noch attraktiv zu wirken. Seine Haare sind stumpf und glanzlos, und die Haut wirkt wie Wachs. Der Kopf schwingt leicht hin und her, wie bei einer großen Echse, die ihre Beute fixiert.
Seine Schönheit war nichts weiter gewesen als eine billige Illusion. Teleri fühlt sich benutzt, beschmutzt und verkauft. Bei dem Gedanken an seine Umarmung, die noch in der finsteren Gasse neben dem "Acht Teller" ein wohliges Schaudern über ihr Rückgrat geschickt hatte, wird ihr übel.
Die Kreatur macht einen Schritt auf sie zu. Alles an ihr wirkt gespannt und sprungbereit. Das Gesicht des Vampirs verzerrt sich zu einem sadistischen Lächeln, und die Fänge blitzen in dem rötlichen Licht auf.
Von Entsetzen gepackt, weicht Teleri zurück. Die Entschlossenheit, die sie vor wenigen Augenblicken noch wie einen Schild vor sich hertrug, verpufft zu nichts. Panik löscht jedes vernünftige Denken aus.
"Du sollst gar nichts mehr außer dich verziehen."
Zum ersten mal spricht der andere. Seine Worte sind leise und ohne jede Grausamkeit, doch mit Macht gesprochen. Die verkommene Kreatur krümmt und windet sich unter der Autorität seiner Stimme und zögert.
Der volle Bariton des zweiten Vampirs wirkt auf die Alchemistin aus irgendeinem Grunde vertraueneinflößend. Sie beruhigt sich genug, um den Unbekannten mustern zu können. Neben ihm wirkt ihr Entführer noch schäbiger. Dieses Wesen ist ebenfalls einmal ein Dunmer gewesen, scheint sich aber nicht den viehischen Verhaltensweisen ergeben zu haben, welche Vampiren mit einem schwächeren Willen zu eigen ist. Seine langen Haare sind so schwarz wie Ebenerz und fallen ihm bis zu den Knien herunter wie der Mantel eines Fürsten.
Als seine farblosen, fast weißen Augen sie direkt fixieren, bricht Teleri in die Knie. Angst und Faszination kämpfen in ihr um die Vorherrschaft und paralysieren sie.
Noch immer starrt die weißhaarige Kreatur sie voll hungrigem Verlangen an und macht ihr Angst. Teleri nimmt all ihren Mut zusammen. Auf dem kalten Steinboden kniend und mit zitternder Stimme fragt sie, an den Rabenhaarigen gewandt:
"Wo bin ich? Wer seid Ihr, und warum habt Ihr mich hierher gebracht?"
Geändert von Glannaragh (13.01.2010 um 18:54 Uhr)
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