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Es geht weiter:
Am nächsten Morgen wachte er früh auf. Es war zwar die hell scheinende Sonne, die ihn weckte, doch sie kam gemeinsam mit schneidender, durchdringender Kälte. Willy merkte sofort, dass er sich eine dicke, fette Erkältung zugezogen hatte. Seine Nase lief und er hatte kein Taschentuch. Als findiger Abenteurer konnte er sich natürlich mit einem Laubblatt helfen, aber ein richtiges Taschentuch wäre ihm lieber gewesen. Allein schon, weil es an der Nase nicht so unangenehm kratzte.
Nachdem die Nase gesäubert war, beschloss Willy, die Zähne zusammen zu beißen und sich aufzuraffen, durchzuhalten und nicht aufzugeben. Er schlotterte vor Kälte und seine Kleidung war nass und klamm vom Morgentau, wie alles um ihn herum, aber er stand auf, klopfte den Dreck von seinen Sachen und ging los. Er ging einfach geradeaus, irgendwo würde ihn das schon hinführen, da war er ganz sicher. Der Weg war schließlich schon weiter gegangen, er war schon verirrt, was sollte also noch passieren? Er wurde schon nach wenigen Schritten auf sein nächstes Problem aufmerksam: Sein Magen knurrte, und das laut. Während er dadurch zunächst nur merkte, dass er sehr hungrig war, unterschätzte er die Gefahr, die selbstverständlich davon ausgeht, einfach so und unkontrolliert in einem Wald voller wilder Tiere herum zu knurren. Es ist interessant und gut zu wissen, was das Geknurre eines Magens beispielsweise in der Sprache der Wölfe bedeutet. Willy wusste das leider nicht. Wie sollte er auch, er konnte noch keine fremde Sprache, nur ein paar Bröckchen Englisch aus der Schule, und so rätselhaft Englisch für Willy schon klang: Wölfisch ist noch einmal eine ganz andere, viel schwerere Sprache. Dumm nur, dass Willys Magen sie perfekt beherrschte.
Während Willy also nur ein undefinierbares „Rooar, roo, Roaaarioo!“ hörte konnte jeder Wolf im Umkreis von dreihundert Metern ganz deutlich ein paar sehr unanständige Beleidigungen vernehmen. Leider teilen Wölfe eine äußerst unangenehme Eigenschaft mit einer ganz bestimmten Menschengattung, die dir sicher auch schon einmal über den Weg gelaufen ist: Sie fühlen sich immer angesprochen und glauben stets, es ginge nur um sie. So auch der Wolf Klaus, der, wie es der Zufall wollte, gerade genau zweihundertneunundneunzig Meter von Willy entfernt stand, etwas abseits von seinem Rudel, weil er sein großes Geschäft verrichten wollte und dabei keine Zuschauer mochte. Jetzt mag man sich wundern, warum ein Wolf ausgerechnet Klaus heißt, schließlich ist das ein Menschenname, aber diese Frage kann leider auch ich nicht beantworten. Viele Wölfe tragen Namen, die sehr menschlich klingen. Warum das so ist, ist eines ihrer vielen noch ungelösten Geheimnisse.
Klaus hörte nun also, wie aus nicht all zu großer Entfernung jemand böse Schimpfwörter durch die Gegend rief und wurde augenblicklich sehr wütend. Er scharrte schnaubend und so schnell er konnte seinen Haufen zu und nahm die Witterung des Rüpels auf, der ihn da scheinbar so beleidigte. Es dauerte nicht lange, bis er Willy fand. Der war wie vom Donner gerührt, als auf einmal ein wutschnaubender, riesiger, grauer Wolf aus dem Gebüsch auf ihn zusprang, knurrend und zum Kampf bereit. Sein Magen allerdings knurrte munter zurück, was den Wolf weiter in Rage brachte. „Bitte tu mir nichts!“, rief Willy. Wölfe verstehen nur leider die Sprache der Menschen eben so wenig wie die meisten Menschen wölfisch verstehen können. Klaus war nur verwirrt, dass da zwei völlig verschiedene Stimmen aus dem selben Wesen sprachen und kam vorsichtig etwas näher. „Was soll das?“, knurrte er. „Was soll was?“, antwortete Willys Magen frech. „Bitte geh weg! Friss mich nicht! Ich schmecke schlecht und habe selber schon seit gestern Abend nichts mehr gegessen!“, sagte Willy. Das verstand der Wolf nicht und es störte ihn bloß bei seiner Konversation mit dem frechen Magen, also ignorierte er es. „Wieso beleidigst du mich?“ fragte er den Magen. „Ich beleidige dich überhaupt nicht! Ich kenne dich gar nicht! Ich habe einfach nur Hunger!“ „Und dann musst du hier so rumschreien?“ „Ja! Sonst reagiert ja niemand! Der Junge soll was essen!“ Klaus sah Willy nun ins Gesicht und verstand langsam, dass er mit einem Magen sprach. Auch Willy hatte das nun begriffen und hoffte, dass sein Magen nicht all zu gemein zu dem Wolf gewesen war, schließlich beabsichtigte er, diesen Magen noch für den Rest seines Lebens zu benutzen. „Der Junge kann dich doch gar nicht verstehen!“, sagte Klaus zu Willys Magen. „Er versteht das Wesentliche.“, entgegnete der. Klaus, dem seine Aufbrausende Art nun etwas leid tat, fragte hilfsbereit: „Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen?“, „Ja!“, rief der Magen erfreut, „Wenn du etwas zu Essen besorgen könntest wäre das toll.“ „Das sollte sich machen lassen“, sagte Klaus. „Wir haben noch einen Teil von dem Reh übrig, das wir gestern gerissen haben.“ „Das ist nett gemeint“, sagte der Magen vorsichtig, „Aber ich glaube, ich muss ablehnen. Der Junge wird kein rohes Fleisch essen. Er ist schon fast ein Mensch, verstehst du?“ Der Wolf verstand. Aber er wusste trotzdem zu helfen: „Ihr solltet zu den Trollen gehen! Wenn die euch nicht fressen, haben die etwas zu fressen für euch!“, riet er dem Magen. „Könntest du dem Jungen die Richtung zeigen, in die er gehen muss?“, fragte der. „Na sicher!“, sagte Klaus und stupste nun Willy, der wie Espenlaub zitternd da stand, bemüht, sich so wenig wie möglich zu bewegen und dem Wolf ja nicht in die Augen zu sehen, an. Willy zuckte unwillkürlich zusammen und stieß einen gellenden Schrei aus. Doch der Wolf war ganz lieb und brummte beruhigend. Zunächst wies er mit dem Kopf in eine Richtung, die Willy als Norden erkannt hätte, hätte er einen Kompass dabei gehabt. Dann ging der Wolf zwei Schritte in die Richtung und warf Willy auffordernde Blicke zu. Als Willy immer noch nicht zu verstehen schien ging er zu dem Jungen hin und stupste ihn in die Kniekehlen. Das verstand Willy und ging einen Schritt nach vorne. Der Wolf schubste ihn wieder und langsam dämmerte Willy, dass er wohl in diese Richtung gehen sollte. Er ging also noch zwei Schritte und guckte dann wieder das Tier an, das aufmunternd nickte. In unerschütterlichem Vertrauen in seinen Magen und dessen diplomatisches Talent ging er jetzt also in die angezeigte Richtung. Irgendetwas Gutes würde dort sicherlich auf ihn warten. Willys Magen knurrte noch schnell ein „Danke“ nach hinten und Klaus erwiderte: „Kein Problem“, bevor er wieder ins Unterholz, zu seinem Rudel, verschwand.
Auch für Willy ging es jetzt durch immer dichter werdendes Unterholz und Gestrüpp, das ihm Schrammen ins Gesicht und Löcher in die gute Hose riss. Doch je länger er ging, desto gleichgültiger wurde ihm das, denn einerseits gewöhnte er sich daran und andererseits wurde sein Hunger immer größer. Wenigstens hatte sein Magen aufgehört, einen solchen Lärm zu machen. Der gönnte sich eine Pause und wartete ungeduldig auf ihre Ankunft bei den Trollen. Die Sonne wanderte bis in die Mitte des Himmels und es wurde immer wärmer. Das war gut, so musste Willy jetzt wenigstens nicht mehr frieren. Als es gerade so warm war, dass er seine Jacke ausziehen und um den Bauch binden musste, wurde das Gestrüpp etwas lichter. Ein paar Meter weiter war schließlich gar keins mehr. Er sah sich um und bemerkte, dass er direkt vor einer Art Dorf, mitten auf einer kleinen Waldlichtung stand. Er war ein Trolldorf. Ihre Häuser waren klein, wie Trolle nun mal sind. Sie waren aus Holz und Stroh, sehr einfach, teilweise undicht und nicht sehr geschickt zusammen gezimmert. Trolle sind nicht dir größten Bauarbeiter. Sowieso gibt es nicht viele Dinge, in denen Trolle die Größten sind. Sie sind weder besonders klug, noch sind sie stark oder geschickt. Nur eines können sie, und das sollte Willy schon sehr bald heraus finden. „Hallo?“ rief er, vorsichtig und nicht all zu laut, denn schließlich wusste er nicht, was für Wesen hier lebten und ob diese ihm nicht vielleicht Böses wollten. Er wurde scheinbar nicht gehört und schlich sich ein wenig näher an die Häuser heran. Sie waren kreisförmig angeordnet und der Platz in der Mitte war frei. Hier tummelten sich die Trolle und wuselten geschäftig durcheinander, fast wie auf einem Markt, nur ohne Stände. Nachdem Willy das entdeckt hatte, beobachtete er das Treiben vorsichtig und aus sicherer Entfernung. Die Trolle waren ungefähr so groß wie er und offenbar sehr beschäftigt. Sie trugen keine Kleidung, waren dafür aber alle von einem kurzen, braunen Fell bedeckt. Ihre Gesichtszüge waren fast menschlich, nur die Nasen sahen aus wie bei Teddybären oder Katzen. Willy konnte zwar nicht sehr gut schätzen, aber er war sich sicher, dass dort so ungefähr zwanzig bis dreißig von diesen Wesen waren. Plötzlich stand einer direkt vor ihm. Er war entdeckt!
„Wer bist du?“, fragte der Troll ziemlich unwirsch und entblößte dabei seinen vielen kleinen, spitzen Zähne. „Ich bin Willy.“, sagte Willy, sehr bemüht, nicht unsicher zu klingen. „Und wer bist du?“ „Ich bin Orm.“, stellte der Troll sich vor. „Und ... Verzeihung, aber, was bist du?“, fragte Willy, sehr vorsichtig, denn er wollte Orm nicht beleidigen. „Ein Troll natürlich! Dumme Frage! Jeder kennt Trolle. Eine viel bessere Frage ist: Was bist du?“ „Ein Kind“, sagte Willy und Orm nickte verstehend. „Was willst du hier?“, wollte der Troll wissen. „Ein Wolf hat mich hier her geschickt. Ich habe Hunger und brauche etwas zu essen.“ „Und wir sollen dir jetzt etwas geben oder was?“ Willy schwitzte ein wenig, denn jetzt, als er über die Situation in der er war nachdachte, war ihm sein Ansinnen etwas peinlich. Fremde nach Geschenken zu fragen ist niemandem angenehm. „Ich kann auch irgendetwas dafür tun, wenn ihr wollt.“ „Was willst DU denn tun?“, fragte der Troll spöttisch und lachte. „Ich weiß nicht. Braucht ihr bei irgendetwas Hilfe?“ Orm sah Willy kurz nachdenklich in die Augen und sagte dann: „Komm mal mit!“. Er führte den Jungen ein wenig auf dem Dorfplatz herum. Willy sah jetzt, dass die Trolle um viele Kessel herum liefen, die alle auf Feuern standen und wunderbare, süße Gerüche verströmten. Die Trolle nahmen Zutaten aus Körben und warfen sie in die Kessel, rührten um, riefen einander Befehle zu und führten aus, was ihnen gesagt wurde. „Wir Trolle machen die beste Marmelade der Welt“, erklärte Orm mit einem gehörigen Anflug von Stolz in seiner tiefen, rauen Trollstimme. „Gerade haben wir Herstellungssaison. Da gibt es viel zu tun.“ „Willst du, dass ich dabei helfe?“, fragte Willy, der mit seiner Klugheit beeindrucken wollte, indem er schon voraus griff, was Orm sagen wollte. „Um Himmels willen, nein!“ rief Orm. „Niemand, der kein Troll ist, darf hier irgendetwas anrühren. Du würdest alles ruinieren!“ Willy sah beschämt auf den Boden. „Aber es gibt da etwas anderes, was du für uns tun kannst. Ich führe dich zu unserem Anführer, der hat da nämlich ein kleines Problem. Wenn du das lösen kannst bekommst du das beste Marmeladenbrot, das du in deinem ganzen Leben gegessen hast.“ Das klang für Willy nach einem guten Angebot und er hoffte, das Problem lösen zu können, das der Trollanführer hatte. Orm führte ihn in das größte und am wenigsten baufällige der Häuser. Von innen bestand es nur aus einem einzigen großen Raum, in dessen Mitte ein großer Stuhl stand, auf dem ein großer, dicker Troll saß, der ziemlich unglücklich wirkte. Orm ging auf ihn zu und sagte: „Hallo Arno! Ich habe hier jemanden vor dem Dorf herumstreunen sehen. Er sagt, er sei ein so genanntes Kind und habe Hunger. Ich dachte, vielleicht könnte er dein Problem lösen und dafür etwas zu essen bekommen?“ Der Trollchef sah von seinen Händen, auf die er sein betrübtes Gesicht gestützt hatte, auf und guckte sich Willy an. „Meinst du denn, er kann mir helfen?“, fragte er mit gebrochener Stimme, in der ein Maß an Verzweiflung und Trauer mitschwang, das Willy bisher in dieser Form noch nicht begegnet war. „Ich weiß es nicht.“, sagte Orm, „Aber er kann es ja mal versuchen.“ „Da hast du recht.“, sagte Arno, „Es ist jeden Versuch wert. Wen du es schaffst, Kimp, kannst du so viel Marmeladenbrot essen wie du willst. Auf Lebenszeit.“ „Was ist denn das Problem?“, fragte Willy sachverständig. Das löste bei dem trollischen Anführer sofort einen erneuten, sehr lauten Weinkrampf aus. Orm klopfte tröstend auf Arnos Schulter. „Komm schon, komm schon, ist doch alles halb so schlimm!“, versuchte er zu beruhigen. „Halb so schlimm?“, rief Arno entsetzt, „Es ist furchtbar! Es ist schrecklich! Es ist grausam!“ Dann wendete sich der verheulte Troll Willy zu. „Hör zu“, sagte er, „Es ist folgendermaßen: Ich habe mich verliebt. Natürlich nicht in irgendeine beliebige Trollin, schließlich bin ich der Anführer. Nein, ich habe mich in die schönste Trollin des ganzen Waldes verliebt. Sie heißt Krona und lebt hier im Dorf. Hier im Dorf waren alle in sie verliebt, aber sie hat sich für mich entschieden! Bis zu dem Tag, als sie bei mir einziehen wollte. Da hat sie gesehen, dass mein Dach undicht ist und dann ... und dann ...“ Und schon verfiel Arno wieder in lautes, herzzerreißendes Schluchzen. Orm übernahm das Weitererzählen. „Sie wollte nicht bei einem Troll wohnen, der sein Dach nicht dichten kann. Das kann allerdings auch kein anderer Troll in diesem Dorf. Als aber Arnos Nachbar Kuro davon erfahren hat, dass Krona Arnos Dach nicht dicht genug findet, hat er sofort angefangen, an seinem zu arbeiten. Das ist jetzt eine Woche er und er macht gute Fortschritte. Arno ist ein so schlechter Handwerker, dass es seinem Dach eher schaden als nützen würde, wenn er daran arbeiten würde und weil gerade Herstellungssaison ist, sind alle zu beschäftigt um zu helfen. Du verstehst das Problem?“ Willy verstand. „Habt ihr Holz?“, fragte er. Orm bejahte. „Und Nägel?“ Arno zeigte auf einen Tisch hinter ihm, auf dem Holz und Nägel lagen und an dem eine Leiter lehnte, die bis zu Decke reichte. „Das krieg ich hin!“ sagte Willy. Arno und Orm guckten zwar etwas skeptisch, aber immerhin hörte Arno auf zu weinen.
Willy guckte an die Decke und zählte die Löcher. Es waren sieben große und vier kleine, über das ganze Dach verteilt. Das Dach war laienhaft aus Holz zusammen gezimmert und dann nachlässig mit Stroh belegt. Da die Decke nicht sehr hoch war brauchte Willy die Leiter gar nicht sondern stellte sich bloß auf den Tisch und begann gleich mit dem Loch, das direkt darüber war. Er nahm ein Brett und vier Nägel und legte das Brett über das Loch. Dann hämmerte er so doll er konnte, immer darauf bedacht, sich dabei nicht auf den Finger zu hauen. Wie man Bretter festnagelt hatte ihm sein Vater beigebracht. Willy besaß zu Hause sogar einen eigenen Werkzeugkasten. Doch an zu Hause wollte er gerade gar nicht denken, sonst hätte er sicher sofort vor Heimweh genau so sehr zu heulen angefangen, wie Arno es vorher getan hatte. Er hämmerte einfach ein Brett nach dem anderen über die Löcher. Als er mit dem Loch über dem Tisch fertig war nahm er sich einen Stuhl durch den Raum, immer zu den jeweiligen Löchern, mit, um sich darauf stellen zu können. Orm und Arno sahen ihm mit heruntergeklappten Mündern bei der Arbeit zu, ganz als würde er die Löcher nicht einfach nur zunageln sondern zu zaubern. Der betrübte Ausdruck in Arnos Gesicht verschwand langsam und wurde mehr und mehr durch ein breites Grinsen ersetzt, das seinen Höhepunkt in dem Moment fand, als Willy das letzte Brett über das letzte Loch genagelt hatte. Arno jubelte. Orm nickte Willy anerkennend und mit einer kleinen, kaum erkennbaren Spur Dankbarkeit hinter dem rechten Ohr zu. „Du sollst deine Belohung erhalten!“ sagte Arno. Er nahm Willy an die Hand und lief mit ihm auf den Dorfplatz. Dort stellte er sich mitten in der Mitte auf und rief mit der lauten Stimme, die überhaupt der einzige Grund dafür war, dass ausgerechnet er Anführer dieses Dorfes sein durfte: „Hergehört! Dieses Krint hier ist heute ins Dorf gekommen um mein Dach zu dichten! Ich darf also jetzt mit Stolz verkünden, der erste Troll dieses Dorfes zu sein, der in einem Haus wohnt, dessen Dach gänzlich dicht ist! Ich möchte also, als Konsequenz sozusagen, Krona darum bitten zu mir zurück zu kommen und wieder meine Frau zu sein!“
Aus der Menge kam eine zierliche Trollin gelaufen, sie sich lachend in Arnos Arme warf. „Natürlich komme ich zu dir zurück! Ein Mann, bei dem es nicht rein regnet, welche Frau kann da nein sagen?“ Willy fand das zwar etwas merkwürdig, doch er war mit den Gepflogenheiten der Trolle nun einmal nicht vertraut. Undichte Dächer sind eines der größten Probleme der Trollheit. Da es bei den meisten Trollen den Frauen nicht erlaubt ist, eigene Häuser zu besitzen, sind diese stets auf der Suche nach einem Mann, in dessen Haus man halbwegs warm und trocken schlafen kann. Wer einmal bei Wind und Wetter in einem durchschnittlichen Trollhaus geschlafen hat, der versteht wohl, dass da der Charakter des betreffenden Trolls oft egal wird. Es soll schon Trolldörfer geben, in den tiefen Wäldern des Südens, so munkelt man, in denen das anders geregelt ist und Frauen auch Häuser besitzen dürfen. Man hört gar, das handwerkliche Geschick der Trollfrauen überträfe das ihrer Männer um Längen. Doch in unseren Breitengraden sind den Trollen diese Ideen etwas suspekt. Trollfrauen haben schließlich noch nie Häuser besessen. Wenn sie es plötzlich täten – wie sähe dann die Partnersuche aus? Alles ginge drunter und drüber und würde völlig chaotisch!
Wie gesagt, Willy leuchtete das alles nicht richtig ein. Ich muss zugeben, sehr einleuchtend ist es auch wirklich nicht, aber wie gesagt, abgesehen von allem, was Marmeladekochen angeht, sind Trolle nun mal reichlich beschränkte Wesen, auch in Sachen der Kopfarbeit.
Nun sagte Arno jedenfalls: „Zum Dank darf mein Freund mit den Zauberhänden hier sich von nun an mit so viel Marmeladenbroten wie er möchte den Magen voll schlagen bis er satt ist!“ Die Trolle jubelten Willy und dem frisch wiedervereinten Paar zu und machten sich direkt daran, Willy ein paar Brote zu schmieren. Sie brachten sie ihm eifrig und jeder pries seines als das wirklich beste an und Willy probierte jedes höflich, um niemanden zu verletzen. Alle Brote schmeckten göttlich und Willy konnte kaum genug davon bekommen. Viele Trolle baten ihn, doch auch ihr Dach zu reparieren, doch so gern Willy auch geholfen hätte: Er wollte weiter und nicht ewig bei den Trollen bleiben. Marmeladenbrote waren etwas schönes, doch er war sich ganz sicher, dass seine Eltern jetzt gerade bei Kaffee und Kuchen saßen, in ihrem herrlich gemütlichen Haus, und ihn vermissten. Und zum Abendbrot würde es sicherlich Kartoffelpüree geben, sein absolutes Leibgericht. Bei dem Gedanken daran spürte er förmlich, wie seine Beine jeden Moment von alleine loszugehen drohten, wenn sich nicht bald entscheiden würde, freiwillig mitzukommen um den Weg wieder zu suchen. Also verabschiedete er sich von den Trollen, ließ sich noch ein paar Brote einpacken und machte sich dann wieder auf die Reise. Immer geradeaus. Er ahnte ja nicht, dass er mitten auf das Herz des Waldes zusteuerte ...
Um Meinungen und Korrekturen bin ich immer dankbar, falls nochmal jemand Lust hat, so viel zu lesen.
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