Zitat Zitat von Kadaj Beitrag anzeigen
Studiert das hier eventuell jemand und könnte mir ein paar Sachen darüber erzählen?
Ich hab mal eine Weile mit dem Gedanken gespielt, Translation oder Literaturübersetzen zu studieren und hab mich relativ intensiv damit beschäftigt. Ob dir das jetzt groß weiterhelfen wird, weiß ich nich, aber ich kann dich ja mal an meinem begrenzten Wissen teilhaben lassen.

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Insbesondere würde mich interessieren, ob man denn dafür schon vorab eine andere Sprache perfekt beherrschen muss und in wievielen Sprachen insgesamt man Kenntnisse aufweisen muss
Für translatorische Studiengänge muss man in der Regel die Quellsprache auf Sprachniveau B1 (nach GER) beherrschen. Ich weiß nicht, ob die Beschränkungen anderswo härter sind, es wäre allerdings unsinnig, wenn es sich um rein schriftliches Übersetzen handelt, denn B1 setzt voraus, dass man mit einem Wörterbuch einen Text aus dem eigenen Fachbereich problemlos verstehen und wiedergeben kann.
Nach 5 Jahren Schulausbildung in einer Sprache wird dir meines Wissens automatisch das Niveau B1 anerkannt, es gibt auch Tests, bei denen du unter Beweis stellen kannst, dass du auch mit weniger Ausbildung oder im Selbststudium selbige Fähigkeiten erworben hast.

Kenntnisse brauchst du grundsätzlich nur in einer Sprache, aber natürlich macht es sich für das Berufsfeld sehr gut, wenn du mehrere Sprachen beherrschst, weil du dann logischerweise ein größeres Auftragsfeld besitzt. Man geht davon aus, dass ein Übersetzer mit 3, mindestens 2 Sprachen + Englisch, ganz gut über die Runden kommt, manche haben Erfolg mit 5-6 Sprachen. Natürlich muss man die alle nicht fließend beherrschen; es geht vorwiegend um ein überdurchschnittlich gutes Verständnis von Inhalt und Grammatik, der Rest ist nebensächlich (was die Sprachen selbst schon wieder sehr funktionalisiert, aber für das Berufsfeld ist die Zielsprache, also Deutsch, im Grunde viel wichtiger, denn dort musst du dich einwandfrei ausdrücken können).
An der Uni Leipzig beispielsweise kann man für "Translation" zwischen 6 Sprachen (Englisch, Französisch, Russisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch; Angaben ohne Gewähr) eine wählen und es steht frei, von diesen 6 noch eine zweite hinzuzunehmen.

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da ich bislang lediglich englisch (naja noch französisch für 4 jahre, aber da ist nix hängen geblieben) in der Schule hatte und das natürlich auch nicht perfekt beherrsche.
Du solltest schon eine gewissen Affinität zur Quellsprache besitzen. Da kommt es nicht mal so arg aufs Vokabular an, dafür gibt es Wörterbücher, Idiomatik ist auch mehr oder weniger zu vernachlässigen, weil du ja selbst keinen Text in der Sprache produzieren musst, aber die Grammatik sollte einwandfrei sitzen.
Als Übersetzer aus dem Englischen wirst du es megamäßig schwer haben, irgendwie auf einen grünen Zweig zu kommen, denn heutzutage spricht jeder Englisch und es gibt massig Leute, die da die erste Wahl sind - großes Angebot schafft große Auswahl, da geht man schnell unter. Dann lieber weniger verbreitete Sprachen, aber die müsstest du eben autodidaktisch erlernen (was übrigens einfacher ist, als man glaubt, wenn man etwas Disziplin mitbringt).

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Und wie siehts da mit einem Auslandsaufenthalt aus? Ist das pflicht? Und beschränkt sich das ganze ausschließlich auf schriftliches Übersetzen?
Beim Translation-Studiengang in Leipzig beispielsweise ist ein Auslandssemester fest vorgesehen; es kommt einem auch nur zugute und es ist unbedingt zu empfehlen, wenn man in diese Richtung gehen möchte.

Worauf du deine Kenntnisse letztendlich anwendest, bleibt dir überlassen. Übersetzer-Studiengänge forcieren in der regel auf rein schriftliches Übersetzen, verbinden das aber auch mit praktischem Wissen (bspw. Aussprache und dergleichen) und vermitteln vor allem Kulturelles, das mit der Sprache in Verbindung steht (beispielsweise Dialekte, Slangs, Idiome, Abkürzungen, kurze Einblicke in die Landeskunde, etc.). Letztendlich geht es darum, die Problemlösung des Übersetzens mit entscheidendem Hintergrundwissen über eine bestimmte Sprache zu verbinden, um daraus eine effektive Methodik zu entwickeln.

Im Übrigen heißt ein Studium dann auch nicht, dass du automatisch Aufträge erhältst oder eine Anstellung findest. Übersetzer verdienen im Gros Hungerlöhne, viele betreiben das Ganze als Nebentätigkeit, weil es sich nicht rentiert. Was du in diesem Berufsfeld brauchst, sind Beziehungen, Disziplin und Ambitionen, dich kontinuierlich mit verschiedenen Sprachen auseinanderzusetzen und deinen Kenntnishorizont zu erweitern; auch kulturell bzw. fachbezogen. Für Literaturübersetzungen brauchst du die sprachliche Gewandtheit eines Schriftstellers und ein gewisses literarisches Grundwissen (was bedeutet: Lesen, lesen lesen); für das Übersetzen von Broschüren, Handbüchern, Bedienungsanleitungen und ähnlichem brauchst du mehr als irgendwo anders einen großen Wortschatz an termini technici und bis zu einem gewissen Grad Einblicke in die Funktionsweisen bspw. der Maschine, deren Bedienungsanleitung du gerade übersetzt oder du brauchst eine Vorstellung von der Region, die der zu übersetzende Prospekt übwirbt...

Im Grunde lässt du dich entweder irgendwo festanstellen und übersetzt dann irgendwelche Wirtschaftstexte und detaillierte Informationen für Hinz und Kunz aus Großbetrieben und Medienkonzernen (Festanstellungen als Übersetzer sind so leicht zu bekommen, wie ein Studienplatz an einer Elite-Uni in den USA), oder du arbeitest freiberuflich und übersetzt Bücher, Gedichte, Broschüren, Prospekte, Internetseiten, Videospiele kleinerer Vertriebe, Booklet, etc.pp.
Auf alle beide Bereiche bereitet dich ein translatorisches Studium so gut es geht vor, aber wie gesagt: Es braucht Beziehungen, viel Grundwissen, kontinuierliches Engagement und auch ein klein bisschen Glück.