Mich wurmt seit einiger Zeit eine Frage, die immer wieder aufkommt, wenn ich an meinem Roman schreibe. Und zwar geht es dabei um die Frage, inwiefern man es sich als Autor erlauben (d.h. dem Leser zumuten) kann, eine "eigene Sprache" zu verwenden.
Damit meine ich jetzt nicht Tolkien-mäßige Sachen, wo man sich wirklich etwas komplett neues zusammenbaut, sondern eher, daß man sich einer bestehenden Sprache — in meinem Fall eben Deutsch — bedient und sozusagen einen eigenen Dialekt, vor allem in der kontemporären Umgangssprache, erschafft.

Konkret: in Geschichten, die in einer Phantasiewelt spielen ist es für mein Verständnis schwierig, sich Wörtern zu bedienen, die eindeutig unserer Welt entsprungen sind. Daß das nicht perfekt möglich ist, ist mir ganz klar. Denn wenn ich davon ausgehe, daß sich in meiner Welt die Sprache nicht vom Lateinischen ableitet, und ich alle Wörter mit lateinischen Wurzeln tilgen würde, dann bliebe am Ende vermutlich nichts mehr übrig. Aber zum Beispiel deutlich zeigt sich das am Beispiel von Anglizismen. In der Welt, die meine Handlung rahmt, gibt es keine englische Sprache und Anglizismen zu verwenden wäre von daher komisch. Und einfach zu behaupten, die Wörter wären von selbst entstanden, ist durch die teilweise komplett konträre Phonetik auch nicht sinnvoll erklärbar. Also nimmt man sich für Wörter, die man zwar braucht, die aber kein deutsches Äquivalent haben, ein Kunstwort her. Bei Wörtern wie 'Computer' ist das noch relativ einfach: da gibt es dann eben das deutsche 'Rechner'. Es mag nicht so gebräuchlich sein, aber jeder Leser wird wissen, was ich damit meine.

Schwieriger wird das, und das ist auch eigentlich der Kernpunkt meiner Frage, wenn man sich die Umgangssprache anguckt. Davon ausgehend, daß die Soziolekte in einer Phantasiewelt völlig andere Formen haben als bei uns, dürfte klar sein, daß sich auch eine unterschiedliche Umgangssprache entwickelt. Natürlich kann man einfach unsere auf die Welt projezieren, aber für mich ist es interessanter, wenn man versucht, etwas eigenes zu entwickeln. Das Problem dabei ist, daß ich als Autor selbst nicht einschätzen kann, inwiefern der Leser das, was ich da zu Papier bringe, hinterher auch nachvollziehen kann und nicht wie der Ochse vorm Berg steht. Denn für mich sind die Wörter ja als Schaffer der Welt natürlich und selbstverständlich und für die Charaktere in der Geschichte eben auch. Darum ist es auch nicht möglich, ein Wort einzubauen und direkt mal erklären zu lassen. Vor allem, wenn man personale Erzähler verwendet. Das Wort fällt einfach im Lesefluß, weil jemand aus der Phantasiewelt eben genau so sprechen würde und steht da für sich und man muß Angst haben, daß der Leser die Bedeutung nicht erkennt und irgendwann genervt das Buch weglegt, weil es ihn ankotzt, die Hälfte der Wörter nicht einordnen zu können oder wohlmöglich falsch interpretiert.

Eine Methode, um dem entgegenzuwirken, wäre ein Glossar am Ende. So wie Frank Herbert es bei Dune gemacht hat. Ich persönlich finde das ganz nett, aber ich kenne auch Leute, denen geht es tierisch auf den Zeiger, wenn sie dauernd hinten nachschlagen müssen.

Meinungen sind erwünscht. ^^