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Drachentöter
[FONT="Palatino Linotype"]Worte in Gesprächsverteilung[/FONT]
„Das moderne Fräulein O.“ – Fragmente
O. lernt David kennen.
Der Tresen eines Cafés.
Im Hintergrund klingt ein Saxophon. FRÄULEIN O. auf einem Hocker, vor ihr eine Tasse Kaffe, schreibt in ihr Notizbuch. DAVID kommt zielstrebig auf sie zu.
DAVID:__(sich setzend) Kenne ich Sie von irgendwo?
O.:______Mag sein. Bin oft dort in Gedanken;
________wenn ich träume, wenn...
DAVID:__ Was träumen Sie denn so?
O.:_____(sich offenkundig verdutzend) Verstehe die Frage nicht.
DAVID:__Nun, Träumen ist wie Lieben;
________doch ist die Liebe nichts mehr als ein Traum.
O.:_____Liebe den Traum von der Liebe. Einmal...
DAVID:__Das ist schön. Sehr schön.
O.:_____(kurze Pause, verträumt)_____Manchmal.
Eine Pause, in der FRÄULEIN O. an ihrem Kaffee nippt, dann weiterschreibt und verträumt vor sich hinsummt. DAVID fixiert sie mit den Augen und beugt sich nach vorn.
DAVID:__Was schreiben Sie da.
FRÄULEIN O. schaut weder auf, noch antwortet sie.
DAVID:__Das müssen Worte von der Liebe sein.
O.:_____(schaut auf)________________In Reimen?
DAVID:__Kann denn deine Lieb’ im Reim nur keimen?
O.:_____Sie muss, denn alle Lust will Ewigkeit,
________________Will tiefe, tiefe...
DAVID:________________________Eitelkeit?
________Was ist’s, dass Sie den Ethos scheuen?
O.:_____Nur Pathos lässt uns nicht bereuen,
________wie eitel wir uns lieben. Ich...
DAVID:_(legt ihr die Fingerspitzen auf die Lippen)
________Oh, wie pathetisch eitel machst du mich.
...
David nimmt O. mit nach Hause.
DAVID:__Ich muss nun fahren.
O.:_____Du nimmst mich mit?
DAVID:__Wohin wollen Sie denn?
O.:_____Nach Haus.
DAVID:__Und wo wohnen Sie?
O.:_____Weiß nicht. Wo wohnst du?
Davids kleines Zimmer.
Die Vorhänge dämpfen das Licht, der Raum ist halb dunkel. Außer einem Schrank und einem Waschbecken ist da ein Bett, unbezogen, darauf liegt eine Hand voll weißer Grabblumen sorgsam verstreut.
O.:_____Die Blumen... (deutet auf das Bett)
DAVID:__Von irgendwo; ein Kirchhof, frisch gestreut.
O.:_____Hast den Diebstahl nicht gescheut?
________Vom Grab geraubt?
DAVID:_____________________Bloß geliehen.
O.:_____Mich schaudert’s...
DAVID:________________Still.
O.:______________________Kann ich fliehen?
DAVID:__Musst nicht. Ist nichts Arges hier.
O.:_____Und doch jagt’s eiskalte Schauer mir.
DAVID:__Das ist die Lust. Das ist die Lust. Geht nicht vorbei.
________(küsst sie heftig)
O.:_____Jetzt erst ist’s die Lust. (gibt sich hin)
Sie umschlingen sich einige Sekunden.
DAVID:__(sie plötzlich von sich haltend) Verzeih.
O.:_____Bin ich zu rein für dich? Gib Acht!
________Schliefst und bist aus tiefem Traume du erwacht?
________Bald bin ich fort.
DAVID:__Dann, Augenblick, vergeh.
...
O. mit Konrad.
Ein Park.
FRÄULEIN O. und KONRAD schlendern hindurch, sie bei ihm eingehakt. Beide mit verklärtem Blick.
KONRAD:_(ihr durch das Haar streichend)
_________________Kindlich scheinen deine Träume.
O.:______(verträumt) Ohne Zweifel.
KONRAD:_Sind es Träume von der Liebe?
...
Konrad und David sind nicht vom selben Schlag.
DAVID:__Nur soviel fällt mir dazu ein.
________Ist’s der Menschen Eitelkeit,
________dass geweihte Erde ungeweiht?
KONRAD: Ist’s Gott, der sie uns stehlen hieß,
________als man Staaten dort wo fremde gründen ließ?
________Nimmst für deine Wonne eines ander’n
________Nimmst sein Haus, sein Land und lässt ihn wandern,
________Wie jenem deinem Volke es einst angedichtet?
DAVID:__Wenn andernfalls mein Heim vernichtet...
KONRAD: Doch war’s nie deins und wird’s nie sein.
...
O. entdeckt Davids Leichnam.
FRÄULEIN O. auf offenem Feld. Überall lange, verdorrte Grashalme und hier und da liegt Schnee, dazwischen Davids Leichnam. JOCASTE erscheint mit einem Strick in der Hand, ISMÈNE und ANTIGONE eilen als Kinder herbei.
JOCASTE:_Sanft wiegt das Gras, nur leises Gebaren
ISMÈNE:__(verträumt) wiegt hin,
ANTIGONE:_(ebenso)_____wiegt her –
O.:_______verdorrte Halme im Sonnenstrahlen.
ANTIGONE:_Drumherum liegt Schnee
ISMÈNE:___still und glitzernd,
JOCASTE:__________aus eisigen Türmen –
O.:________und glitzert nur hell im Sonnenstrahlen.
___________Mein Liebster liegt im Gras
___________im Schnee still und leis’;
___________tut keinen Atemzug und ist kalt.
___________Mein Liebster liegt da
___________und blutet aus der Brust;
___________tut keinen Atemzug und ist kalt.
...
Konrad stellt sich O.
O.:_____War’s Rache für mich?
KONRAD: Ich habe geschossen.
O.:_____War’s aus Eifersucht? War’s Neid,
________weil mehr als dich ich ihn liebte?
KONRAD: Ich habe geschossen.
O.:_____War’s Mordlust? Hass?
KONRAD: Hass war’s.
O.:_____Weil wir uns liebten?
KONRAD: Ich habe geschossen, weil ich ihn hasste.
O.:_____Dann war es Mord aus Leidenschaft.
Geändert von Mordechaj (02.05.2009 um 15:21 Uhr)
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