Es gibt derzeit einen schönen Thread mit alten Kinderzeichnungen, den ich an dieser Stelle mal verlinke:
http://www.multimediaxis.de/threads/...as-ausgegraben!
Grade bei TyNi hat mich der Prozess sehr beeindruckt und vielleicht trauen sich ja auch noch andere?
Zur Frage "Wie habt ihr angefangen" antworte ich jetzt einfach damit wieso ich wieder angefangen hab, bzw. richtig angefangen hab mit dem zeichnen.
Ich hatte nach dem Kunst-Leistungskurs am Gymmi mit 19 Jahren erstmal die Nase voll vom zeichnen. Ich wusste, schattieren ist nicht mein Ding, ohne Lineal krieg ich keine gerade Linie hin und meine Stilleben gehen eindeutig in die Expressionistische Richtung - (im Sinne von knallig Bunt, dramatische Beleuchtung die nix mit natürlichen Lichtgegebenheiten zu tun hatte) - Realismus kann ich einfach nicht, das ist mir zu langweilig und gibt mir nichts. Ansonsten hab ich lange den Fehler gemacht viele Auftragsarbeiten für Freunde usw. anzunehmen, war irgendwie in der Schiene drin "an jedem Geburtstag/Ostern/Weihnachten schenk ich xyz eine großartige Leinwand mit Mohn/Giraffen/Engelchen für den und den Raum" und hatte so riesige Anforderungen an mich (und sie wurden auch an mich herangetragen von wegen "sei nicht so halbherzig", "das kannst du doch besser") das ich den Pinsel hingeschmissen hab.
Wirklich Lust und Freude dran, die mich auch im Prozess viel weiter gebracht hat, haben mir zwei Dinge gegeben: Die Erfahrung das ich nicht zeichnen muss, was anderen gefällt, sondern was mir gefällt. Und die Erfahrung in einem Kurs,der abstraktes Malen behandelte, das Ausdruck nicht nur von Form sondern auch von Farbe, Dynamik, sogar von vermeintlich "leeren" Flächen kommt. Da hab ich auch begriffen das es nicht funktionieren konnte was ich jahrelang gemacht hab - ich hatte Vorbilder vor Augen, die aber mit meiner eignen Art zu zeichnen nichts zu tun hatten. Die alten Meister, Raffael, Vermeer, Rembrandt oder Michelangelo, heute weiß ich das ich Farben auch anders wahrnehme und hab in der Ecke der Surrealisten einige Pendants zu meinen Werken gefunden und damit kann ich sehr gut leben.
Ansonsten spukte mir immer doch noch die alte Leidenschaft im Kopf herum, zeichnen hat was total tolles "entleerendes", was man auch beim Sport hat - da ist kein Input, man kann den Verstand einfach mal abschalten und rumkritzeln - egal ob am Telefon, in der Uni oder sonstwo wo man Papier und Stift nebenher zur Hand hat. Und der Animestil hat mir hier anfangs sehr geholfen weil man viele Informationen auf wenige Linien runterbrechen kann. Es ist egal ob du eine Zeitlang "nur" Augen oder Füße oder Hände oder kleine grüne Schleimblobs kritzelst. Die Hauptsache ist, das du Spaß dran hast. In Berlin hab ich ein Bild von Picasso gesehn das er aus Sand gemalt hat - und nebenan in einer anderen Gallerie Goyas Zeichnungen die ebenso schön wie schaurig waren. Das hat den Knoten irgendwie zum Platzen gebracht ich hab begriffen das "richtig" oder "schön" zu malen nichts mit hochkompliziertem Handwerk zu tun hat sondern mit Lust am malen, experimentieren und kreativ sein.
Alles was Wonderwanda geschrieben hat, kann ich so unterzeichnen. Vor allem die drei Punkte:
Frusttoleranz braucht man ebenso wie Kritikfähigkeit. Wenn man es nicht hat, sollte man einfach erstmal für sich zeichnen, 1-3 Skizzen am Tag die man irgendwann evtl mit einer Person (oder auch hier im Forum) durchschauen kann, die mit deinem Medium auch was anfangen kann. Es bringt wenig wenn du deine Erkenntnisse aus der Federzeichnung mit Tusche mit jemandem besprechen willst, der sich aufs colorieren mit Photoshop konzentriert.Zitat
Ansonsten: Such dir Bilder, die dich beeindrucken. Mach Fotos von vermeintlich "alltäglichen" Dingen, die du bewahren willst. Frag dich: Wieso will ich das jetzt zeichnen? Und was will ich in der Zeichnung drin haben? Wie viele Details müssen sein, was kann ich weglassen? Reicht es eventuell einfach nur eine Bleistiftskizze zu machen oder eine Stimmung mit Aquarell einzufangen oder will ich etwas monumentales Schaffen, bin bereit dafür 3 Wochen meines Lebens herzunehmen um Skizzen, Komposition und Feinschliff rein zu investieren?
Ich bin mir sicher das jeder zeichnen kann. Kreativität ist nichts, was über Säuglinge ausgegossen wird und wovon sie ihr Leben lang zehren. Ich denke zeichnen und malen ist einfach Leidenschaft, der Wunsch was entstehen zu lassen, Ideen und der eigenen Fantasie Form zu geben und eben eines von vielen Medien, über die wir mit anderen kommunizieren. Wie das schreiben.
Die wichtigsten Grundlagen sind übrigends nicht umbedingt Perspektive oder Schattierung (an beiden knabbere ich immer noch sehr und man lernt immer noch was dazu...) um schnell Ergebnisse zu erzielen, finde ich, muss man lernen dreidimensionale Gegenstände auf Papier zu übertragen - in 2D. Es gibt den "Bleistifttrick" (hier zu sehen auf der 3. Seite unten: http://www.macht-locker.net/~flaf/do...hule_klein.pdf ) mit dem man Verhältnisse gut übernehmen kann.
Hier helfen Vorlagen wie eigene Fotografien sehr - die Kreise und Kuben kann man mit Skizzen mit Obst ersetzen, das musst du danach nie wieder tun bist aber heilfroh über das Wissen wenn du deinen ersten Hinterkopf modellieren willst, glaub mir.
Auch wichtig ists, Helligkeiten zu sehen, also Farbe auf Schwarzweiß zu übertragen. Dazu reicht es schon wenn du mal ein farbiges Bild in sw Stufen umänderst, oder es durch den Kopierer jagst. Dann Strukturen - Stein, Feder zeichnen, Fell, Haut, Kleidung.
Ansonsten nehm dir ruhig mal Zeit für Theorien wie räumliche Wahrnehmung in Bildern und Perspektiven und den Farbkreis und die Wirkung von Farben im Bild. Viel Wissen kann man aus Foto- und Filmtechnik ziehen. Aber ich halte nicht viel von solchen Anleitungen oder gar dicken Medizinierwälzern in denen die Skelette und die Muskeln bis ins kleinste Erläutert werden - aber ich bin oft genug mit Leuten zusammengekracht denen richtige Ausleuchtung/Schattierung und Größenstaffelung zum Horizont hin so wichtig ist das sie nicht mehr mit mir reden wollten, als ich ihnen sagte, das ich es damit nicht so genau nehme.
Leg los und such dir das, was dir Spaß macht. Kauf dir für den Anfang keine teuren Bücher sondern investier in Papier, da reicht auch Druckerpapier (ich hab 16 Jahre meines Lebens auf Karopapier gezeichnet... xD) und in einen ordentlichen Bleistift. Vielleicht auch in eine Mappe in der du alle deine Skizzen sorgsam aufhebst - der eigene Fortschritt motiviert immer noch am meisten und es ist gut eine stabile Unterlage zu haben. Bei Büchern ist es meiner Erfahrung nach so, das man sich viel Erhofft aber da der Autor viel Wissen vermitteln will sind die Beispiele die man "nachzeichnen" soll meist recht unspektakulär und sehr nüchtern. Keines davon hab ich zuende gezeichnet, auch wenn das Wolken radieren viel Spaß gemacht hat...
Eventuell ist es auch nützlich "Step by Step" Zeichnungen von Künstlern anzuschauen - bei Deviantart.com findet man viele solcher Dokumentationen von Bildern, wo auch Hilfslinien zu erkenen sind und Referenzen die genutzt wurden verlinkt sind. Und Youtube ist auch hilfreich, egal bei welcher Art von Kunst - Stricken lernen macht heute keiner mehr ohne YT.Es gibt da kleine Mädchen die Van Goghs Bilder nachmalen und solche Vids motivieren mich immer sehr, weil ich merke wie wichtig es ist nicht verbissen zu sein sondern Spaß am herumklecksen zu haben.
Noch ein Wort zum Schluss: Viele Lehrbücher beginnen ja mit der richtigen Stifthaltung. Das ist gut, aber wenn man etwa Gitarre spielen lernt muss man auch wissen wie die Körperhaltung aussieht - beim zeichnen kannst du stehend an der Wand zeichnen, auf gekippten Flächen die man sich mit einigen Büchern und einem Karton basteln kann, auf dem Boden mit Jumbokreiden auf Tapeten... und da ist jeder anders und braucht seinen eigenen Freiraum am Arbeitsplatz um sich herum. Finde raus, was dir Spaß macht und radier nicht zuviel - ein Bild ist oft schon perfekt ohne das es das eigene überkritische Künstlerauge sieht.
Ich geh dann mal zeichnen.![]()