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Thema: Streichers Kurzgeschichten-Thread

  1. #1

    Streichers Kurzgeschichten-Thread



    Geändert von Streicher (21.07.2012 um 15:36 Uhr)

  2. #2
    Spontane Szenen und Impressionen aufschreiben ist eine tolle Übung. Ich finde, du hast die Atmosphäre gut eingefangen. Jedenfalls hatte ich beim Lesen ein sehr genaues Bild vor Augen.

    Deine Hauptprobleme sehe ich in der Strukturierung und der Anwendung deines Vokabulars. Man merkt, an deinem Wortschatz hapert es nicht. Vielmehr stimmt der Kontext oftmals nicht und du vertraust zu sehr auf Standardfloskeln (wie Menschen nur zu so etwas fähig sein können, was aus dieser Stadt nur geworden ist - gleich zwei in einem Satz).

    Ich zerpflücke den Text mal, um einige Kritikpunkte zu verdeutlichen (bedenke, das manches Geschmackssache ist):

    Zitat Zitat
    Die Leiche saß im kalten Schnee
    Sicher, dass die Leiche sitzen soll? Solche Verben würde ich Lebenden vorbehalten. Tote Objekte lehnen lieber oder ähnliches. Es sei denn, du willst die Leicher vermenschlichen.
    Zitat Zitat
    Die Leiche saß im kalten Schnee
    Schnee ist per Definition kalt; ihm seine definierende Eigenschaft als Adjektiv voranzustellen redundant. Alle offensichtlichen Eigenschaften sollten verschwiegen werden. Das spart Wörter (immer gut) und stärkt Adjektive, die sich dem Außergewöhnlichem, Abstrakten widmen.
    Zitat Zitat
    Einen tiefen Zug aus seiner Zigarette nehmend betrachtete der Detective den Tatort mit Abscheu.
    Ich würde den Satz so bevorzugen:
    Der Detective nahm einen tiefen Zug aus seiner Zigarette, während er den Tatort mit Abscheu betrachtete.
    Der Grund ist folgender: Der Detective als Person ist eine wichtige Information und sollte nicht in der Satzmitte verschwinden.
    Zitat Zitat
    Er blickte hoch und ihm strahlte die Masse von Reklameleuchten an den Wänden der gläsernen Hochhäuser entgegen.
    Den Satz würde ich ebenfalls anders strukturieren. Besser gesagt zweiteilen:
    Er blickte hoch. Die Masse von Reklameleuchten an den Wänden der gläsernen Hochhäuser, strahlte ihn entgegen. (Wobei ich hier wiederum die Platzierung des Prädikats zu mittig finde.)
    Zwei so unterschiedliche, in keinem(?) Zusammenhang stehende Informationen (Er blickte und Die Reklameleuchten strahlten), würde ich stets trennen. Das ist angenehmer, weil man den Inhalt so besser erfasst.
    Zitat Zitat
    ihr Fachgeschäft für die passende Ausstattung um ihre eigene Sicherheit zu gewähren.
    Ähnliches wie beim ersten Zitat. Präpositionen, die das Offensichtliche ausdrücken, kann man sich in der Regel sparen. Es sei denn, es klingt mit einfach besser. Tut es in diesem Fall meiner Meinung nach jedoch nicht.
    Zitat Zitat
    „Womögliche Todesursache Verlust des Kopfes“
    Statt dem Gedankenstrich, solltest du einen Doppelpunkt verwenden. Gedankenstriche sind für Einschübe oder Pointen am Ende, die das vorausgegangene bewerten. (Es gibt auch genug Stimmen, die den Gedankenstrich komplett ablehnen. Na ja.)
    Zitat Zitat
    Wer sich heutzutage alles zum Polizeidienst meldet.
    Das ist ein Dialog/Gedanke des Detectives, woll? Den musst du dann auch durch Anführungsstriche kennzeichnen, sonst ließt sich das wie ein Tempusfehler.
    Zitat Zitat
    Bibbernd zog er den Mantel etwas enger und schaute auf die Uhr an seinem rechten Arm.
    Ist die Information wirklich nötig? Reicht es nicht zu schreiben, dass er auf seine Uhr schaut? Als Leser gehe ich davon aus, dass sie sich an seinem Arm befindet.
    Zitat Zitat
    hob den Schnee aufwirbelnd vom Boden ab
    Statt dem Adverb aufwirbelnd in Kombination mit dem schwachen Verb hob, kannst du gleich aufwirbeln als Verb verwenden. Das ist ein schönes, starkes. Ausdrucksstarke Verben, die Adverbien sparen, sind immer gut.

    Du neigst hier und da noch zu Stilblüten. saß habe ich oben beispielhaft angeführt. Dazu gesellen sich er pustete den Rauch und Er schüttelte die verbrannten Reste von seiner Zigarette.


    Ansonsten: Schreib bitte weiter! Hier ist so wenig los.

  3. #3
    An sich eine gute Szene - das mit dem Cyberpunk kommt durchaus deutlich rüber.
    @Owly: Ich finde es gut, wie analytisch und genau du das angehst. Allerdings finde ich einen Punkt unstimmig. Die Aussage, dass der Detective auf seine Uhr am rechten Arm schaut, kann tatsächlich wichtig sein. Die meisten Menschen tragen ihre Uhr nämlich links; vielleicht ist das ein Hinweis darauf, dass der Detective Linkshänder ist oder einfach NICHT dem klassischen Schema entspricht. Vielleicht ist es auch einfach ein Versehen von Streicher, wer weiß? Was will uns der Autor damit sagen?

  4. #4
    Guter Einwand, daran hatte ich nicht gedacht. Vielleicht auch, weil ich die Uhr als Linkshänder trotzdem am linken Handgelenk trage und annahm, bei Rechtshändern sei es umgekehrt. Als Hinweis auf die Händigkeit fände ich das klasse.

    Geändert von Owly (11.10.2012 um 13:35 Uhr)

  5. #5
    Zitat Zitat von Jazz
    An sich eine gute Szene - das mit dem Cyberpunk kommt durchaus deutlich rüber.
    @Owly: Ich finde es gut, wie analytisch und genau du das angehst. Allerdings finde ich einen Punkt unstimmig. Die Aussage, dass der Detective auf seine Uhr am rechten Arm schaut, kann tatsächlich wichtig sein. Die meisten Menschen tragen ihre Uhr nämlich links; vielleicht ist das ein Hinweis darauf, dass der Detective Linkshänder ist oder einfach NICHT dem klassischen Schema entspricht. Vielleicht ist es auch einfach ein Versehen von Streicher, wer weiß? Was will uns der Autor damit sagen?
    Die meisten Charakter die ich für Geschichten erstelle, zumindest die Hauptcharakter, spiegeln immer einen Teil von mir selbst wieder, manchmal gewollt, manchmal ungewollt. Hier war es mehr Absicht als Zufall. Ich persönlich bin Rechtshänder und trage meine Uhr dennoch rechts, und wurde auch schon oft darauf hingewiesen, warum ich das denn so mache. Ich weiß zwar nicht, warum es die Leute so sehr interessiert, dass ich meine Uhr am angeblich falschen Arm trage, aber ich fand es nett das in meinen Charakter mit einzubauen. ^^

    Und danke Owly, für die wirklich detailierte Kritik.
    Ich schreibe gerne, gehe da aber meist nicht mit all zu vielen Gedanken über meinen Schreibstil ran. Meist schreibe ich einfach runter, was mir gerade einfällt. Na gut, ich denke schon ab und an, wie ich das ganze besser formulieren könnte, aber meist kommen dann solche doppelgemoppelten Dinger bei raus, weil ich es irgendwie für nötig halte das genauer zu erklären. Ich hab auch immernoch weitere Ideen, für folgende kurze Abschnitte und werde mich bemühen, da etwas mehr drauf zu achten.
    Ich hoffe es ist nicht schlimm, dass ich auf jede Kritik antworte, nur kann ich einfach nichts dazu sagen, außer, dass es sich in den von dir genannten fällen mit deiner Korrektur besser anhört als mein Original. ^^

    Zitat Zitat von Owly
    Statt dem Adverb aufwirbelnd in Kombination mit dem schwachen Verb hob, kannst du gleich aufwirbeln als Verb verwenden. Das ist ein schönes, starkes. Ausdrucksstarke Verben, die Adverbien sparen, sind immer gut.
    Da verstehe ich nicht ganz was du meinst. Der Helikopter wirbelte den Schnee auf? Da fehlt mir ehrlich gesagt die Tatsache, dass er abhebt. ^^'' Ich könnte mir höchsten noch denken: Der Helikopter wirbelte den auf während er in die Luft stieg. Aber irgendwie muss da meiner Meinung nach Info mit rein, dass der Heli auch vom Boden kommt, ansonsten klingt das irgendwie seltsam.

    [QUOT=Owly]Spontane Szenen und Impressionen aufschreiben ist eine tolle Übung. Ich finde, du hast die Atmosphäre gut eingefangen. Jedenfalls hatte ich beim Lesen ein sehr genaues Bild vor Augen.[/QUOTE]
    Zitat Zitat von Jazz
    An sich eine gute Szene - das mit dem Cyberpunk kommt durchaus deutlich rüber.
    Freut mich, dass ihr das so seht. Ich habe beim Schrieben nämlich meist irgendwie das Gefühl, dass ich es nie hinbekomme, dass die Szenerie auch für Aussenstehende deutlich erkennbar ist. Als Schreiber hat man ja meist ein konkretes Bild vor Augen und da kann es manchmal sein, dass man das ein oder andere vergisst, weil man sich selbst denkt, das braucht man nicht. ^^

  6. #6
    Zitat Zitat von Streicher
    Meist schreibe ich einfach runter, was mir gerade einfällt.
    Was nicht die schlechteste Vorgehensweise ist, sofern man sein Schaffen reflektiert. Allerdings: Die eigentliche Kunst steckt in der Struktur. Gerade mit kurzen Texten verhält es sich so, dass die meiste Arbeit für das Polieren draufgeht.
    Zitat Zitat
    Da verstehe ich nicht ganz was du meinst.
    Ich auch nicht. ^^" Ich war wohl müde und hatte den Satz falsch gelesen. Das wäre wahrscheinlich nicht passiert, hättest du Kommas gesetzt:
    hob, den Schnee aufwirbelnd, vom Boden ab

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