Diesmal ging es für Juan nicht so schnell voran, denn obwohl er ein erstklassiges Pferd erhalten hatte, machte diesem das Reiten ohne größere Pause schon sehr zu schaffen. ganze zwei Tage benötigte der Agent von der Kaiserstadt nach Chorrol. Eine Strecke, welche er mit einem frischen Pferd in der Hälfte der benötigten zeit geschafft hätte. "Verflucht sei meine Hektik, so muss ich jetzt bei der Gräfin von Chorrol um ein neues Pferd anbendeln. Das bedeutet wieder ein auf dem Boden herumkriechen sondergleichen", schimpfte Juan sich selbst, als er in die Ställe von Chorrol ritt. Den Stallburschen wies er an, alles vom Pferd zu laden und sich um es zu kümmern. "Aber lauf nicht zuweit weg, es ist sehr wahrscheinlich, dass du dann gleich ein neues Pferd beladen darfst...", meinte der Rothwardon in beiläufigen Tonfall, entfernte sich von den Ställen und betrat Chorrol durch die schlichten, aber deshalb nicht minder stabilen Stadttore.

Drinnen war es wie immer: Ein ruhiges, beschauliches Städtchen war Chorrol. Weder gab es Reichenviertel, noch unglaublich arme Bereiche. Chorrol war eine Stadt, in welcher das Mittelmaß überwog.
Der Agent schlenderte an der Statue am südlichen Stadttor vorbei Richtung Schloss. Er kannte die Gräfin, für sie musste man immer in edlem Aufzug erscheinen, Manieren mitbringen und nur keine Kritik äußern. Auch dass sie schon ein paar Mal die Dienste der Agenten in Anspruch genommen hatte, verschaffte Juan in dieser Situation keinen Vorteil. So hieß es nun, höflich um ein neues Pferd zu bitten. Der Rothwardon betrat flotten Schrittes die Halle und ging schnurgerade über den kostbaren Teppich Richtung Thronsaal. Dort angekommen, war jedoch von der Gräfin keine Spur zu sehen. Stattdessen hockte der Stadthalter und die rechte Hand der Königin an einem kleinen Tischchen etwas seitlich versetzt und blickte erstaunt auf, als er Juan erblickte. "Tut mir leid, aber die Gräfin gibt zurzeit keine Audienzen", sprach er mit monotoner Stimme und rechnete damit, dass der Neuankömmling sich nun entfernen würde. Der Agent aber zückte die Plakette und legte sie, mit dem Wissen dass auch der Stadthalter ihm ein Pferd zur Verfügung stellen konnte, in das Blickfeld des Mannes, nachdem er an dessen Tisch herangetreten war. "Ich brauche ein neues, starkes, gut ausgeruhtes Pferd. Ich bin im Auftrag des Hohepriesters der Kaiserstadt unterwegs", sprach Juan in höflicher, aber bestimmender Form. Der Stadthalter musterte die Plakette, dann den Mann vor sich. "Wartet einen Moment", sprach er dann nach einem Moment, erhob sich und verschwand die Treppe hinauf.

Juan setzte sich dann auf eine der Bänke neben der Treppe und tat, wie ihm geheißen. Er wartete.
Nach einer gefühlten Ewigkeit vernahm der Agent Schritte auf der Treppe, erhob sich schnell und wendete seinen Blick Richtung Saalmitte. Die Gräfin trat in sein Blickfeld, und sie sah etwas schlecht gelaunt aus. Bevor Juan eine Floskel der höflichen Begrüßung ausführen oder auch nur sagen konnte, brachte ihn die Gräfin mit einer ruckartigen Geste zum schweigen. "Seid still, Agent. Ich weiß um euer Anliegen, und ihr solltet wissen und euch auch merken, dass ich um diese Zeit nicht gestört werden möchte. Aber da ihr nun schon einmal hier seid, erklärt euch genauer, wofür ihr mein bestes Pferd benötigt.". Die Gräfin belegte Juan mit einem harten Blick. Der Rothwardon aber räusperte sich kurz und sprach dann mit ruhiger Stimme: "zunächst einmal bitte ich vielmals um Entschuldigung, dass ich euch anscheinend bei einer wichtigen Beschäftigung gestört habe, aber mein Auftrag ist von höchster Wichtigkeit. Er führt mich in unergründete Gebiete des Hochlands um Chorrol. Der Hohepriester wies mich an, dass ich der höchsten Geheimhaltungsstufe unterliege, darum muss ich in diesem Punkt um Verständnis von euer Seite aus hoffen. Seid euch jedoch sicher, dass ich bei meiner Rückkehr in die Kaiserstadt eure elementare Rolle hervorheben werde, mit der ihr mich eventuell unterstützt habt, sodass mein Auftrag erfolgreich abgeschlossen werden konnte", und der Agent verbeugte sich leicht. Die Gräfin schien einen Moment zu überlegen, drehte sich dann zu dem Stadthalter herum, welcher inzwischen wieder an seinem Tisch saß, und sprach diesen mit befehlenden Ton an. "Leitet alles in die Wege.". Daraufhin entfernte sich die Gräfin wieder die Treppe hinauf, ohne sich von dem Agenten zu verabschieden.

Alles weitere klärte sich schnell. Juan erhielt von dem Stadthalter ein Dokument, mit welchem er schließlich zu den Stallungen zurückkehrte und es dem Stallmeister zeigte. Dieser bekam große Augen. "Wirklich dieses Pferd? Die Gräfin muss euch vertrauen, dieses Pferd gehört zur Garde der Wachen der Gräfin. Aber gut, ihr habt dieses Dokument, also werde ich alles persönlich erledigen. in Kürze könnt ihr aufbrechen...". Der Agent schaute sich noch ein wenig in der nähren Umgebung um, während sein Pferd reisefertig gemacht wurde.
Juan beobachtet ein wenig den Weg, welcher zum Südtor von Chorrol führte. Ab und zu kam ein reisender Händler vorbei, welcher dann am Tor gründlich gefilzt wurde, denn anscheinend war dies das Einzige, was die Wachen den lieben langen Tag tun konnten, um sich zu beschäftigen. Gerade als sich der Rothwardon erkundigen wollte, wie weit denn das Pferd sei, trat der Stallmeister auch schon an ihn heran. "Es ist soweit, ihr könnt euch auf den Weg machen...", und er deutete auf die Stelle denen den Stall.
Der Agent hatte mit einigem gerechnet, aber nicht damit. Dieser vollkommen schwarze Hengst ließ ein normales Pferd wie ein Pony wirken, sollte es neben einem solchen stehen. Unter dem makellos glänzenden Fell zeichneten sich harte Muskeln ab, welche Kraft und Ausdauer erahnen ließen, und das Zaumzeug bestand aus stabilem Leder, welches mit kostbarem Metall vernietet war. Juan bedanke sich bei dem Stallmeister und saß dann auf diesem Prachtexemplar von einem Pferd auf. "Eine Aussicht, nicht schlecht..." murmelte Juan lächelnd und setzte sich dann in Bewegung. Diese Leichtigkeit, mit welcher sich das Pferd trotz der Last bewegte, war eine völlig neue Erfahrung für den Agenten, auch der Überblick war grandios.
So ritt er eine Weile den Weg entlang, bis er dann nach eigenen Ermessen abbog in die Wildnis. Auch hier bewegte sich das Pferd mühelos, als ob es für diese Umstände geboren worden wäre.