„Das war unnötig!“ Cassy starrte Ted böse an. Dieser riss verständnislos die Augen auf„Wie bitte? Dieses kleine, ver…“ „Ich weiß, dass er mich vielleicht gebissen hätte. Aber vom ersten Tag an, als er hier einzog, musste ich mit diesem Risiko leben. Und du…“sie atmete schwer ein „bist keinen Deut besser als er. Im Gegensatz zu ihm KANNST du dich kontrollieren! Gott…was ist nur mit euch los!“ „Ich will dich vor ihm nur beschützen. Was glaubst du, würde passieren, wenn ich nicht mehr hier wäre?“
„Vielleicht gar nichts. Vielleicht…wäre er nicht so aggressiv, wenn du dich nicht immer mit ihm streiten würdest. Außerdem hast du dafür, dass du eben noch regungslos auf meinen Wohnzimmerteppich lagst, wieder eine ganz große Klappe.“
„Weißt du, ihr könnt mich beide ma. Und das kreuzweise!“ wutschnaubend verschwand Ted, alle Türen hinter sich zuschlagend in seinem Zimmer.
Cassy verdrehte die Augen: „Feigling!“ Er antwortete nicht.
Dann hörte sie ein leises Wimmern. Fazzo.
Vorsichtig schlich sie zu ihm in den Flur. Dort lag er immer noch, strampelte aber jetzt wie ein kleines Kind mit den Beinen. „Das ist alles so unfair! Das ist alles so ungerecht!“
Cassy beugte sich langsam zu im herunter und hielt seine zappelnden Gliedmaßen fast. „Hey, komm beruhig dich! Das ist doch kindisch!“ Er hob kurz den Kopf, schrie sie hysterisch an: „Ich bin doch eh nur ein kleines Kind für dich!“ und lies seinen Kopf dann dermaßen auf den Boden knallen, dass der Schädel laut knackte. Cassy zog den Untoten mit einigen Mühen an sich heran. „Jetzt sei mal kurz still. Es ist nicht schlimm, was du getan hast und Ted hätte auch nicht so reagieren dürfen. „Heißt dass, du vergibst mir?“ Fazzo gurgelte bei jedem Wort, da die beiden Röhren, die immer noch aus seinen Hals hingen, sich mit Blut gefüllt hatten. Er rappelte sich auf und sah sie hoffnungsvoll an. „Nein. Ich kann dein Selbstmitleid einfach nicht mehr ertragen.“ Die Gesichtszüge des Untoten rutschten genauso schnell wieder nach unten, wie er sie nach oben geschoben hatte. Er glitt mit dem Rücken an der Wand wieder nach unten, zum Boden. Er winkelte die Beine an und machte sich daran, seine Einzelteile wieder einzubauen. „Das hätte ich mir ja auch gleich denken können“ meinte er trotzig. Es gab ein schlürfendes Geräusch, als Speise- und Luftröhre wieder mit Hals und Kopf verschmolzen. „Aber wie du siehst hat es was gebracht. Du weinst nicht mehr.“ Die Schwarzhaarige grinste fies.
Auf einmal klingelte es. Fazzo, der der Tür am nächsten war, sprang auf, schon allein, um Cassys Kommentare nicht mehr hören zu müssen, und wollte bereits aufschließen, als die Frau rief: „Warte mal! Wir wissen doch gar nicht wer da draußen steht. Es ist jetzt 20 Uhr! Wer sollte denn da bitte schön noch klingeln?“ „Vielleicht eine von Teds kleinen Freundinnen. Oder Freunden.“ Zum ersten Mal lächelte er wieder, wenn auch nur leicht.
Cassy verstand einfach nicht, was manchmal im Kopf dieses Mannes vorging, der für sie ein Freund war, aber dennoch wie ein seltenes Tier behandelt wurde. Wenn er sich normal verhielt, verstand sie sich bestens mit ihm.
Doch sie kam immer noch nicht mit seiner anderen Seite zurecht. Seit sie sich als Anhalter kennen gelernt hatten, fürchtete sie sich vor dieser.
Fazzo drehte den Schlüssel herum, entfernte die Türkette und öffnete. Im Treppen Haus war es für diese Zeit schon sehr dunkel.
Als Cassy sich über ihn streckte um nach draußen sehen zu können, starrten ihr zwei große Augen entgegen.
Sie schob sich an dem Zombie vorbei ging in die Hocke und fragte die kleine Gestalt im Flur freundlich: „Na, was willst du denn hier?“ Als sie näher kam, entpuppte sich die Gestalt als kleines Mädchen. Nur ihr Oberkörper war im Licht der offen stehenden Tür zu sehen. „Ist Ted da?“ fragte sie mit einer unangenehm hohen Stimme.
Verblüfft von der Frage beugte sich Cassy noch weiter zu dem Kind. „Was willst du denn von ihm?“
„Mit meinem Vater sprechen.“ Als die erwachsene Frau zurücksprang und die Tür dadurch noch weiter aufschob, konnte nun auch Fazzo den Madenleib erkennen, der unterhalb des offenen Bauches mit dem restlichen Körper verwachsen war.
Graue Augen ohne Pupillen starrten in die Ferne. Die Stacheln am Ende des Schwanzes schabten wie die Klingen einer Schere übereinander.