Lost Records: Bloom & Rage (Tape 1)



(Kopiert aus meinem JRPG-Challenge-Thread)

Ich habe Tape 1 von Lost Records schon vor ein paar Tagen spielen können und bin wirklich sehr angetan. Ein paar Eindrücke nach dem Durchspielen:


  • Das Spiel lässt sich Zeit für die Figuren und ihre Interaktionen, was toll ist! Es gibt relativ wenig Melodrama und übehaupt muss nicht ständig was Dramatisches passieren, was der Geschichte gut tut.
  • Langweilig fand ich es trotzdem nie – es ist einerseits sehr nostalgisch mit seinem 90er-Jahre-Setting und den jugendlichen Charakteren, andererseits passiert auf Makroebene eben doch sehr viel.
  • Besonders toll ist das Miteinander, das sehr organisch wirkt. Die Dialoge sind toll geschrieben und sprachlich auch deutlich natürlicher als LiS, was die Verwendung von Jugendslang etc. angeht.
  • Die Figuren sind auch nicht idealisiert, weder von der Persönlichkeit noch vom Aussehen, was ich stark finde – man kauft ihnen durchaus ab, Außenseiter zu sein.
  • Die Nebencharaktere spielen hier weniger eine Rolle, sind aber trotzdem imo ziemlich gut. Diejenigen, die anfangs sehr klischeehaft erscheinen, bekommen z.T. im Verlauf noch merklich Tiefe – und im 2. Tape sicher noch mehr.
  • Es ist durch die Dialogoptionen und die Kamera (Pokémon Snap quasi) auch interaktiver als Don’t Nods bisherigen Spiele.
  • Die Entscheidungen ändern den Handlungsverlauf aber nicht grundlegend, beeinflussen aber die Beziehung zu den Charakteren und natürlich auch die Dialoge selbst.
  • Die übernatürlichen Elemente halten sich in Grenzen, sind aber vor allem auf der Stimmungsebene effektiv (vergleichbar mit Stranger Things) – ich denke, hier wird in Tape 2 mehr passieren, aber wohl nie so viel wie in LiS1.
  • Emotional hat es vor allem gegen Ende auch was zu bieten, haut aber bisher weniger rein als LiS oder Tell Me Why – das folgt aber sicher in Teil 2.
  • Die ganze Atmosphäre ist ziemlich einnehmend, was auch an der schönen Umgebung liegt – und natürlich auch wie immer der Musik, die von der Stimmung schon sehr in Richtung LiS geht.
  • Don’t Nod widersetzt sich auch hier wieder ein wenig den Trends – gerade beim Pacing –, was ich sehr cool finde, denn die LiS-Auskopplungen von Deck Nine waren einfach zu „safe“.


Bisher finde ich’s auf jeden Fall richtig stark – auch ein paar Tage später hallt es noch gut nach. Kritisch ist es nur „ganz gut“ angekommen, mal schauen, ob sich das noch ändert – kann mir vorstellen, dass es mit Tape 2 noch etwas besser wird.

Ich habe Angst, dass es floppen könnte, was besonders angesichts von Don’t Nods neuesten Output gerade bei den selbst gepublishten Spielen und hinsichtlich der ohnehin aktuell sehr risikoaversen Spielelandschaft ziemlich fatal wäre. Gerade weil Lost Records ein ziemlich ambitionierter und zugleich mutiger Titel ist.

Spielzeit: 7,5h (Tape 1)
Wertung: 8,5/10