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Thema: gerade durchgespielt

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  1. #13


    Astro Bot

    (Achtung Spoiler)

    Ich tue mich hiermit wirklich schwer. Astro Bot ist für mich ein glorreiches Beispiel, darüber wie man bereit ist über einen Mangel an Spieltiefe, starkes Handholding und erzwungene corporate identity hinweg zu sehen, wenn der Artstyle einfach komplett alles Vergleichbare in den Schatten stellt. Und damit meine ich (auch) mich. Ich musste erst mal tief darüber reflektieren, bevor ich zu dem Ergebnis kam.

    Ich weiß dass ich wie so viele andere, Astro Bot hier im Forum echt gehyped habe. Ich fand Astro's Playroom war eine wunderbare Dreingabe für die Playstation 5 um den Dual Sense vorzustellen und das Spiel war einfach tight packed, nicht sonderlich anspruchsvoll aber voller einzigartiger Ideen rund um den Dual Sense Controller und genau richtig von der Länge.

    Ich hatte zuvor ebenfalls Astro Bot: Rescue Mission gespielt, was damals der einzige Grund war. für mich damals günstig eine Playstation VR zu ersteigern. Das war sogar noch besser, woran natürlich maßgeblich die Einbindung von eben jenen VR Features ihren Teil dazu beigetragen hat. Das hat sich wirklich frisch angefühlt als würde man einen Launch-Plattformer für eine neue Konsole spielen (auch wenn es das nicht war) Rescue Mission konnte mir etwas bieten was ich so in der Form vorher nie erlebt habe.

    Naja diesen VR-Vorteil hat der aktuellste Teil leider nicht mehr.

    Erzwungene corporate identity

    Also musste man sich anders behelfen, irgendwie diesen "Wow-Effekt" zu erzielen. Und wofür hat man sich entschieden...?

    Naja Nostalgie-Bait und zwar seeehr viel schamlose Appelierung an das Playstation Brand. Ich kann dem nicht mal zu böse sein, wenn da Figuren wie der Hund aus HUMANITY, Kena, Mr Mosquito, Intelligent Qube, Vib Ribbon und noch viele weitere, auch gerne mal übersehene Figuren vorkommen. Ja auch mein Pee pee wird hart, vor so viel abspritzen vor der eigenen Marke, wenn es doch selbst ein maßgeblicher Teil meiner Kindheit war.

    Auch hier muss ich mich an der eigenen Nase fassen, wie zynisch es eigentlich ist, dass solch ein großer Anteil der eigenen frühkindlichen Erinnerungen von einer Corporation dominiert wird, anders stände ich hier jetzt nicht und tippe hier diesen Text was ich vielleicht längst mit meinen imaginären Kindern hätte spielen sollen um diesen klar kalkulierten Cycle am Leben zu erhalten.

    Lange Rede, kurzer Sinn, irgendwann war es mir dann doch zu viel. Und das tut weh zu sagen, denn was da alles drin steckt und wie viel Herzblut Team Asobi in die Präsentation gesteckt hat, davor kann ich nur das Knie beugen. Meine Augen sind entzückt, aber mein Hirn ist verunsichert.

    Astro Bot hat viel von seiner Identität aufgegeben um mit dem Playstation Brand identifiziert zu werden und ich befürchte es gibt kein zurück mehr. Man muss einfach mal die Münzen aus Astro Bot Rescue Mission mit denen aus dem jetzigen Astro Bot Spiel vergleichen. Selbst in den Nintendo Cross-Promotion Spielen ala Smash Bros oder Wario Ware, werden einem nicht so dermaßen dreist die Produke, das Nintendo Logo oder die Franchises vor dem Latz geballert. Ich denke bei Brawl hat man damals richtig entschieden im Subraum-Emissär die Level eben nicht in Nintendo Welten statt finden zu lassen, was es nur zu einer Aneinanderreihung von Franchises gemacht hätte. Nicht dass Astro Bot nicht eigene Level hätte, ganz im Gegenteil, aber diese kompletten "Franchise-Level" am Ende einer jeden Welt lassen mich prognostizieren, dass es in Astro Bot 2 noch viel mehr davon geben wird.

    Und gerade diese spielen sich wie reinste Werbung, als hätte man nen Lizenzplattformer designed, möglichst seicht, hauptsache man bekommt nen Feeling für die Marke. Und auch das hat man entsprechend nahezu perfekt in das Astro Bot Universum übertragen. Wenig ironisch dass darunter zu 60% natürlich die dicken modernen Triple A Titel fallen, die sonst so gar nicht zu nem niedlichen Plattformer passen. Ala: God of War (ab 2018) Uncharted und Horizon. (haben all diese Spiele nicht eine ab 18 Freigabe?)

    Ja ich habe mich sehr über Ape Escape und Loco Roco gefreut, ironischwerweise Marken bei denen ich nicht glaube dass Playstation überhaupt noch mal ein Interesse hat diese zu bedienen. Aber auch auf diese treffen die gleichen Kritikpunkte zu, auch wenn es verlockend ist sich hier von der Nostalgie blenden zu lassen.

    Zynischerweise passend zu dem was man im Spiel sieht, zieht sich diese corporate identity meiner Ansicht nach auch durchs Spielgefühl, was man nur sehr gewohnt aus modernen Playstation-Titeln ist und mich zum nächsten Punkt bringt:

    Starkes Handholding

    Es fällt mir schwer nachzuvollziehen, wie man in einem God of War Ragnarok groß anprangert wie einem das Spiel nicht mal für 10 Sekunden selbst überlegen lässt wie man die vielen diversen Rätsel löst, aber beim gleichen Phänomen in Astro Bot die Augen wischt.
    Ja das Spiel richtet sich vor allem auch an Kinder, aber auch diese sind (USK 6) nicht komplett bescheuert.

    Wann immer man mit irgendwas interagieren kann, taucht oben links ein kurzes Video auf, das zeigt welche Knöpfe zu drücken sind und was danach passiert. Solche Videos werden abgespult, wann immer man 5 Sekunden vor einem solcher Hindernisse wartet, selbst wenn man mit diesem bereits mehrfach interagiert und die Aktion längst getätigt hat. Es gibt diverse Stellen, da hätte ich gerne selber herausgefunden wie ich einen bestimmten Mechanismus betätige. Letztlich kann Astro ja nur 3-4 Aktionen. Das ist zwar nicht gravierend, aber ich bekomme nen flaues Gefühl wenn ein das Spiel als für nötig sieht.

    Weiterhin gibt es in Astro Bot sowas wie ein "ABS", wann immer man auf eine Kante zusteuert unter der sich keine Plattform befindet, ist es unmöglich von dieser herunterzufallen.
    Das Spiel bietet an diversen Stellen "tighte" schmale Plattformen, sofern diese jedoch nicht rotieren, kann man gar nicht von den Plattformen runterfallen, Astro steht dann an der Kante und wedelt mit den Armen. Ich kann niemanden es übel nehmen, dem das nicht aufgefallen ist, aber dadurch wird das Plattforming subtil vereinfacht. Derlei ABS Systeme sind nichts neues, wenn das Spiel versucht die Spielfigur zu zentrieren, dennoch kann man in ähnlichen Spielen immer noch herunterfallen.
    Es ist in gewisser paternalistisch wenn das Spiel nicht erlaubt mich von einer Plattform yeeten zu lassen, selbst wenn das versehentlich passiert.

    Um ganz sicher zu gehen dass das Spiel so viel Reibung wie ein Quietscheentchen hat, sofern man doch mal trottelig von den Plattformen wegspringt, ist die Anzahl der Checkpoints unverschämt hoch, deutlich extremer als in Rescue Mission oder sogar Astro's Playroom.

    Und das in einem Spiel bei dem man sowieso bereits unendlich Versuche besitzt, bei dem alle Collectibles, bis auf die bis dato gesammelten Münzen, nach Tod erhalten bleiben.
    So mal als kurzes Beispiel (Timecode 27:50, leider funktioniert hier keine Timecode-Einbindung, traurig)



    Vermutlich fällt auch das gar nicht so sehr beim Spielen auf, für mich persönlich ist es in der Theorie irrelevant weil ein Ableben ohnehin bei dem sehr zurückhaltenden Schwierigkeitsgrad unwahrscheinlich ist. Und dennoch, wenn es mal passiert, landet man häufig genau am selben Punkt wo man gestorben ist. Das führt dazu dass man mit einem ganz anderen Meta-Mindset spielt, wenn es praktisch keinerlei Konsequenzen gibt, so fühlt sich auch das Plattforming weniger berauschend an, wenn ein Slipover bedeutet dass ich exakt vor dem Punkt wieder starte und keine 5 Sekunden verliere, wozu fürchtet man dann noch Misstritte? Ein Art Gleichgültigkeit stellt sich ein, es zeigt dass Astro Bot dem Spieler nicht mal ein absolutes Mindestmaß an Reibung zutraut.
    Zumindest was so ziemlich 99% des Spiels betrifft.

    Denn gütigerweise gibt es noch eine weitere Art von Leveln, solche die deutlich schwieriger sind und keine Checkpoints besitzen... dafür aber auch nicht länger als 30 Sekunden dauern.
    Aber immerhin, Astro Bots Steuerung ist smooth und präzise, so frisst man die Krümel vom Boden der riesigen Torte, lechzt nach mehr, aber es bleiben am Ende nur brotkrummen-große Stücke übrig.

    Fassen wir mal zusammen es gibt 12 "Challenge-Level" die ich mal alle auf 30 Sekunden aufrunde. Länger gehen sie nicht, meistens sogar kürzer, aber wir sind mal kulant.

    12x 30 Sekunden + eine finale Bonus-Challenge, die so circa 2 Minuten dauert.
    Das heißt es gibt insgesamt 8 Minuten an Content, der als herausfordernd intendiert ist, in einem Spiel was ungefähr 12-15 Stunden lang ist.

    Nur so viel zu einer Aussage die ich oft lesen konnte: "Astro Bot bietet für jeden was"

    Mangelnde Spieltiefe

    Es wäre vermutlich heuchlerisch von mir ein Super Mario Bros. Wonder zu kritisieren seine Ideen nicht auszuchöpfen und dasselbe bei einem Astro Bot nicht zu tun, nur weil diese noch so viel liebevoller präsentiert werden.

    Team Asobi hat viele wundervolle Ideen in das Spiel gepackt und anders als Nintendo diese auch noch wuchtig inszeniert. Wenn man jedoch genauer hinschaut, merkt man ebenfalls dass viele dieser Ideen direkt von Nintendo Spielen entnommen sind. Man bekommt die dagewesenen Features in einem neuen Gewand präsentiert, dennoch sind sie altbekannt. Je mehr Erfahrung man also in Plattformern hat, desto weniger frisch fühlt sich das - an sich ja so breit gefächerte Feuerwerk an Gimmicks - an.
    In Astro Bot gibt es in den meisten Levels Power Ups zu finden, bei der man dann eine neue permanente Funktion über einen dedizierten Button ausführt. sowas ähnliches hatte auch bereits Rescue Mission. Allerdings galten dort die Upgrades für einen simulierten Controller den man via Gyro steuert. (was deutlich einzigartiger ist)

    Die Aktionen selbst sind dann nichts, was man nicht schon mal gesehen hätte, viele Ideen wirken direkt aus Mario Spielen übernommen, wie der Vertikalstart, der einfach der rote Dreckweg Aufsatz aus Super Mario Sunshine ist, eine Funktion mit der sich Plattformen drehen wenn man sie drückt. (gab es in mehreren Mario Spielen, nur wurden sie dort nach dem Sprung ausgelöst) das erzeugen von Plattformen in der Luft, nen Dash, etc.

    Keine der Ideen wird dabei jemals ans Limit getrieben, dabei ist Astro Bots Moveset Palette, genau so wie die Physik extrem eingeschränkt. Es gibt kein Momentum, keinen Bremsweg, nur 2 unterschiedliche Sprunghöhen ein Gleiter der jegliche Sprünge verzögert. Es lässt sich auch auf nichts zielen, bevor nicht ein "Autoaim" Cursor einlocked, sprich, es gibt eigentlich keine Wurfphysik.
    Aber das heißt auch, hier wäre genug Potenzial gewesen mehr aus den Versatzstücken rauszuholen da die Bedienung kinderleicht ist. Auch hier hat der Vorgänger Rescue Mission mehr geleistet, indem es damals für jedes der kreativen Power-Ups eigene Speedrun-Challenge Level mit knappen Zeiten eingeführt hat. Etwas was im aktuellen Teil gänzlich fehlt und erst per (kostenlosen) DLC später nachgereicht werden soll. Auch dann bleibt fraglich wie viel man dem Spieler zutraut.

    Viele Level sind beim ersten Mal unterhaltsam, bieten aber in meinen Augen nur sehr wenig Wiederspielwert, der hauptsächliche Teil der bei Astro Bot motiviert ist es die verschiedenen Collectibes zu sammeln, die nicht schwer versteckt sind, aber trotzdem durch die frei bewegliche Kamera einem schon mal durch die Lappen gehen.
    Es gehört für mich damit zum Genre der semi-linearen Plattformer, bei der die Level unglaublich kurz sind wenn man einfach durchheizt, aber eine Voraussetzung des Mindestmaß der zu sammelnden Collectibles den Spieler dazu anhält die Level tatsächlich zu erkunden.
    Die Voraussetzungen sind dabei auch nicht so lächerlich gering wie in einem Super Mario Bros. Wonder, dennoch bleibt das für mich der Redeeming Faktor die novelty, welche die Interaktion mit den aberdutzenden an Levelelementen beinhaltet.
    Aber ist das einmal getätigt, merke ich dass ich bei erneuten Spielen trotz eines sehr schnellen Pacings, dass ich keine Motivation habe zurückzukehren. die angesprochenen "Franchise-Level" sind hier die worst offender da sie, so habe ich den Eindruck, den Anspruch derbe nach hinten schrauben, weil sie sich mehr darauf konzentrieren Fanservice zu liefern. Es ist immer schwieriger Ideen um eine bestehende Prämisse zu finden, statt eine Prämisse um die Idee zu designen. Das LocoRoco Level hat es da mit seinen Motion Controls noch am besten getroffen, da es vom Genre her deutlich besser zu Astro Bot passt, aber auch hier sind die Ledelhindernisse nur sehr oberflächlich, es ist geradezu eine Verschwendung dass man die Motion-Controls designed hat, um sie in nur einem, fast schon trivialen Level zu belassen.

    Fazit:
    Astro Bot ist ein umfangreicher 3D Plattformer, der für mich den Preis für das schönste, lebendigste Spiel gewinnt, mit einem Artdesign mit dem nicht mal Nintendos Hochkaräter mithalten können. Es ist für ein 15 Stunden romp durchgehend unterhaltsam, man möchte immer wissen was als nächstes kommt. Allerdings ist die Unterhaltungskurve eher so gleichbleibend mittelhoch, wenn man vor den zahlreichen Fanservice-Momenten abjizzed vielleicht stellenweise höher. Im Grunde ist es ein größeres Astro's Playroom (aber mit weniger einzigartigen Motion Control Features und noch mehr handholding)

    Das macht es ja so schwer es zu kritisieren, all das ist für mich nur Blendwerk wenn dahinter kein Spiel steckt was ich anders als beispielweise ein "Sackboys: Big Adventure", was deutlich mehr Spieltiefe bietet, nen Multiplayer besitzt und trotzdem kinderfreundlich bleibt (und immer noch nen mehr als formidablen Artstyle bietet) noch mal spielen möchte, weil unter nem Bett schrumpfen um den schlafenden Bot zu wecken eben nur einmal funktioniert. Manche Level haben nen besseren Unterhaltungsfaktor als andere, aber trotzdem am Ende bleibt alles lauwarm, absolut bis zur langweiligen " Perfektion"kaputt geplaytested und gepolished wo nichts mehr viel Spannung für den gestandenen Veteranen (denn nur diese werden alle Anspielungen erkennen) übrig bleibt, bis auf die 13 ultra kurzen Plattforming-Herausforderungen. Darüber hinaus finde ich das Argument "es ist ja auch nen Spiel für Kinder" dämlich, wenn es all die Ü31 (Wo)manchildren, die es auf Twitch für sich spielen, miteinschließen müsste.

    Ich wills nicht komplett zerreden, aber abgefeiert wird das Spiel von vielen Seiten ohnehin schon und ich denke, wenn man den Luxus hat wählen zu können, sollte man sich zuerst Rescue Mission anschauen, denn das bietet Dinge, die man wirklich vorher noch nicht gesehen hat, womit ich auch das Fehlen des Nostalgiebaits mitmeine.
    Daher: ich bereue den Kauf nicht, aber es ist trotzdem mehr so nen Fastfood Spiel, wie man es von Sony bereits kennt, es fügt sich nahtlos und damit für meinen Geschmack zu gut in das bereits vorhande Portfolio mit ein.

    Schade eigentlich, ich denke Team Asobi hat schon größeres Potenzial bewiesen.

    Geändert von Klunky (13.09.2024 um 05:44 Uhr)

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