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Thema: gerade durchgespielt

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Ich finde es einfach auch so geil, dass sich Leute häufig über das Hauptfeature von Videospielen aufregen, um einer scheinheiligen Integrität irgendeiner willkürlichen Zeitepoche gegenüber Willen: um halt eben unübliche Geschichten zu zeigen. Selbst wenn wir so weit gehen und annehmen, dass im 17. Jahrhundert starke Frauen, unterwürfige Männerfiguren (was ich als extreme Übertreibung empfinde, aber naja, man nimmt die Sachen, die man nicht mag halt eben immer extremer & stärker präsent war) und lesbische Paare deutlich versteckter waren, dann sind doch gerade Videospiele, Bücher und Filme doch die Medien, um diese Geschichten zu sehen. Ich persönlich fände es extrem langweilig, immer denselben Alltagskram zu sehen, für sowas würde ich eher Dokumentationen anschauen oder eben historische Spiele raus suchen, in denen man auch gewisse Geschichten nachspielen kann, wie beispielsweise Crusader Kings 3. Es kommt auch in 90% der heutigen Bevölkerung nicht vor, dass ein Mann im Zeugenschutzprogramm ist und sich aus Langeweile und der Antipathie, die er seiner Familie gegenüber hat, in organisierte Kriminalität stürzt und das zusammen mit seinem hillbilly Freund aus vergangenen Tagen, welcher aufgrund seines vorgetäuschten Todes psychisch labil ist. Trotzdem ist es cool, dass es diese Geschichten gibt und ich glaube, wenn wir in modernen Spielen so kritisch drauf achten würden, dass jede Einzelheit genau so sein muss wie in unserem Alltag, weil es sonst nicht authentisch wäre, dann hätten wir unglaublich langweilige Spiele. Gerade das Erleben außergewöhnlicher Geschichten abseits der (gesellschaftlich willkürlich gewählten) Norm ist eine stärke des Mediums und ich verstehe echt nicht, wieso man sich darüber aufregen will. Wenn ich irgendwo starke Frauen und lesbische Liebesgeschichten mit nativer amerikanischer Mythologie erleben kann, dann in einem Videospiel!

    Und am Ende kann man immernoch sagen: Das Spiel sagt nie, dass es 1:1 den historischen Kontext der Epoche widergibt. Diesen Anspruch hat es nicht. Die mythischen Kreaturen gibt es wahrscheinlich auch nicht, also können wir davon ausgehen, dass es sich um eine alternative Welt zu unserer handelt, in welcher es gewisse Ähnlichkeiten gibt.

    EDIT um Doppelpost zu vermeiden


    Zitat Zitat von N_snake Beitrag anzeigen
    Daher habe ich ja gefragt, ob das konkretisiert werden kann, da der Term "woke" für mich nicht inhärent aufzeigt, welche Inhalte damit gemeint sind und ich das Spiel nicht gespielt habe. Dass Paare mit unterschiedlicher Hautfarbe eine grimdark Story nicht konterkarieren, habe ich ja schon angedeutet, als ich von verschiedenen Ethnien gesprochen habe. In der First Law Reihe ist eine solche Beziehung z.B. auch Teil des Hauptplots und First Law ist grimdark at its finest (viel mehr als das überbewertete SoIaF).

    Der Plotpoint von SoIaF rückt zwar eine Frau in einen "unnormalen" Kontext im Rahmen der Handlung (wenn man denn davon ausgeht, dass das europäische Mittelalter als Inspiration für das Setting dient) jedoch adressiert die Handlung ja genau den Punkt, dass es eben ungewöhnlich ist, ein Haus unter die Herrschaft einer Frau zu stellen.

    Was einer grimdark Story aber im Wege stehen würde, wenn die Handlung durchzogen von moralischen Messages wäre, die sich an unserem heutigen Zeitgeist orientieren (Unterdrückung wird abgestraft, das Gute gewinnt, es gibt männliche wie weilbliche Marie Sues, denen alles gelingt, der erhobene Finger weist auf moralische Missstände hin etc.). In grimdark sterben auch Unschuldige, es wird gemordet und schlimmer, Unterrdrückung findet statt,Sklaverei ist ein Thema und zwar nicht die romantisierte Sklaverei, die im Kontext der Handlung aufgelöst wird und so fort. Wenn ich mir vorstelle, dass ein Malazan Book of the Fallen den modernen moralischen Vorstellungen angepasst werden würde, dann käme da niemals das kompromisslose, dunkle und mit Sicherheit teils auch zurecht inhaltlich kontroverse Werk bei raus, das es eben ist. Ich habe aber auch bisher kien Spiel des Entwicklers gespielt, kenne LiS nicht und kann mir daher auch unter dem Stil der Schmiede nichts vorstellen.
    Das trifft aber doch auf SoIaF zu einem großen Teil gar nicht zu. Sklaverei wird in vielen Instanzen groß bestraft und am Ende ist es sogar ein sehr junger (in einem Großteil der Geschichte minderjähriger) weiblicher Charakter, welcher das schafft und der Großteil der Leute folgt ihr, der Widerspruch ihr gegenüber ist nicht unbedingt extrem präsent. Ja, hier und da ist es Mal ein Plotpunkt, aber absolut nicht viel stärker als halt eben das Spiel auch mal weibliche Charaktere kritisiert. Und sorry, aber wenn ihr wisst, dass das Setting angelehnt an das 17. Jahrhundert ist und man oft genug von Leuten ausgesprochen hören muss, dass es ungewöhnlich ist, dass es so starke Frauen gibt, dann ist eure Fähigkeit zwischen den Zeilen zu lesen in Medien genau so kaputt, wie von den Leuten, die verlangen, dass in Horrorspielen/-filmen am Ende aber am Besten jemand in die Kamera guckt und einmal sagt "Leute umbringen ist schlecht" bevor das Ganze endet. Und das sind zum Großteil minderjährige und sehr junge Erwachsene online und ich glaube den Schuh braucht ihr euch echt nicht anziehen. Das ist implizit, dass das eine außergewöhnliche Geschichte ist über außergewöhnliche Menschen.

    Spoiler zu Banishers

    Die Frau in Banishers ist wortwörtlich tot und kann nicht mehr in vollem Umfang mit ihrer Umwelt agieren. Wenn sie im Austausch dafür andere Fähigkeiten erhält, die sie auf anderen Gebieten fähiger macht, und Red sehr vieles tut, was sie will, weil er sich sehr schuldig ihr gegenüber fühlt, dann ist das kein Mary Sue Geschreibe, sondern durchaus eine fähige Dynamik. Nur weil das nie wortwörtlich gesagt wird, heißt das nicht, dass man diese Beziehung zwischen den Aktionen und Dynamiken während der Handlung nicht raus lesen kann.

    Zudem hat das Spiel auch wortwörtlich Entscheidungen, bei denen du Unschuldige töten kannst und es kommen Personen vor, die nie eindeutig böse oder gut sind, aber zum Teil Schlimmeres getan haben als Cersei in SoIaF. Nur weil in einem Spiel, welches vom 17. Jahrhundert als Setting inspiriert ist, niemand in die Kamera guckt und sagt: "Frauen und schwarze Personen und Personen nativer Herkunft werden verfolgt und haben es nicht leicht." heißt das nicht, dass das nicht der Fall ist. Es ist einfach von dieser isolierten Story in einer ganzen Welt gerade nicht die Hauptthematik.

    Geändert von poetBLUE (12.04.2024 um 18:37 Uhr)

  2. #2
    Zitat Zitat von poetBLUE Beitrag anzeigen
    Ich finde es einfach auch so geil, dass sich Leute häufig über das Hauptfeature von Videospielen aufregen, um einer scheinheiligen Integrität irgendeiner willkürlichen Zeitepoche gegenüber Willen: um halt eben unübliche Geschichten zu zeigen. Selbst wenn wir so weit gehen und annehmen, dass im 17. Jahrhundert starke Frauen, unterwürfige Männerfiguren (was ich als extreme Übertreibung empfinde, aber naja, man nimmt die Sachen, die man nicht mag halt eben immer extremer & stärker präsent war) und lesbische Paare deutlich versteckter waren, dann sind doch gerade Videospiele, Bücher und Filme doch die Medien, um diese Geschichten zu sehen. Ich persönlich fände es extrem langweilig, immer denselben Alltagskram zu sehen, für sowas würde ich eher Dokumentationen anschauen oder eben historische Spiele raus suchen, in denen man auch gewisse Geschichten nachspielen kann, wie beispielsweise Crusader Kings 3. Es kommt auch in 90% der heutigen Bevölkerung nicht vor, dass ein Mann im Zeugenschutzprogramm ist und sich aus Langeweile und der Antipathie, die er seiner Familie gegenüber hat, in organisierte Kriminalität stürzt und das zusammen mit seinem hillbilly Freund aus vergangenen Tagen, welcher aufgrund seines vorgetäuschten Todes psychisch labil ist. Trotzdem ist es cool, dass es diese Geschichten gibt und ich glaube, wenn wir in modernen Spielen so kritisch drauf achten würden, dass jede Einzelheit genau so sein muss wie in unserem Alltag, weil es sonst nicht authentisch wäre, dann hätten wir unglaublich langweilige Spiele. Gerade das Erleben außergewöhnlicher Geschichten abseits der (gesellschaftlich willkürlich gewählten) Norm ist eine stärke des Mediums und ich verstehe echt nicht, wieso man sich darüber aufregen will. Wenn ich irgendwo starke Frauen und lesbische Liebesgeschichten mit nativer amerikanischer Mythologie erleben kann, dann in einem Videospiel!

    Und am Ende kann man immernoch sagen: Das Spiel sagt nie, dass es 1:1 den historischen Kontext der Epoche widergibt. Diesen Anspruch hat es nicht. Die mythischen Kreaturen gibt es wahrscheinlich auch nicht, also können wir davon ausgehen, dass es sich um eine alternative Welt zu unserer handelt, in welcher es gewisse Ähnlichkeiten gibt.
    Da stimme ich Dir zu. In einem Fantasy-Spiel - und das ist das Game ja scheinbar - ist auch eine alternative Darstellung geschlechterspezifischer Rollen m.E. kein Problem, ebenso wie wenn ein alternatives 1st World War Szenario im Steampunk skizziert wird. Entleiht sich ja auch Elemente der realen Geschichte und mixt diese mit Fiktion. Die einseitig dümmliche Darstellung von Männern finde ich dennoch genauso schwach wie z.B. Überbevorzugung von Frauen im Beruf, nur um irgendwelche Quoten oder Trends zu bedienen - das hat mit Gleichstellung einfach nichts zu tun sondern ist gezielte Ungerechtigkeit.

    Und auch hier nochmal, die künstlerische Freiheit, die ich auch gerne als Argument für keinen wählbaren Schwierigkeitsgrad anbringe, muss man hier auch gelten lassen. Sollte man dann aber auf der anderen Seite auch andersrum argumentieren, wenn Entwickler ein realistisches Mittelalter RPG schaffen wollen (wie z.B. Kingdom Come) und dort tauchen keine schwarzen Personen auf. Am Ende des Tages können Künstler ihre Kreationen so gestalten, wie sie wollen. Das muss nicht jedem gefallen, es muss nicht überall Zuspruch für jedes Videospiel geben und wenn Person a) sagt, aus Gründen xyz möchte sie ein Spiel nicht spielen oder mögen, dann beeinlusst das ja mich in meiner Wahrnehmung und meiner Entscheidung nicht, wie ich das Produkt wahrnehme.

  3. #3
    Zitat Zitat von N_snake Beitrag anzeigen
    Da stimme ich Dir zu. In einem Fantasy-Spiel - und das ist das Game ja scheinbar - ist auch eine alternative Darstellung geschlechterspezifischer Rollen m.E. kein Problem, ebenso wie wenn ein alternatives 1st World War Szenario im Steampunk skizziert wird. Entleiht sich ja auch Elemente der realen Geschichte und mixt diese mit Fiktion. Die einseitig dümmliche Darstellung von Männern finde ich dennoch genauso schwach wie z.B. Überbevorzugung von Frauen im Beruf, nur um irgendwelche Quoten oder Trends zu bedienen - das hat mit Gleichstellung einfach nichts zu tun sondern ist gezielte Ungerechtigkeit.

    Und auch hier nochmal, die künstlerische Freiheit, die ich auch gerne als Argument für keinen wählbaren Schwierigkeitsgrad anbringe, muss man hier auch gelten lassen. Sollte man dann aber auf der anderen Seite auch andersrum argumentieren, wenn Entwickler ein realistisches Mittelalter RPG schaffen wollen (wie z.B. Kingdom Come) und dort tauchen keine schwarzen Personen auf. Am Ende des Tages können Künstler ihre Kreationen so gestalten, wie sie wollen. Das muss nicht jedem gefallen, es muss nicht überall Zuspruch für jedes Videospiel geben und wenn Person a) sagt, aus Gründen xyz möchte sie ein Spiel nicht spielen oder mögen, dann beeinlusst das ja mich in meiner Wahrnehmung und meiner Entscheidung nicht, wie ich das Produkt wahrnehme.
    Das ist btw eine Kritik, die ich noch nie in irgendeinem ernsthaften Maß an Kingdom Come Deliverance gehört habe. Ich glaube dein Argument würde hier stärker wirken, wenn du Spiele nehmen würdest, die beispielsweise wirklich gereviewbombed wurden, weil die künstlerische Freiheit des Machers nicht respektiert wurde, wie beispielsweise bei The Last of Us Part 2.

    Geändert von poetBLUE (12.04.2024 um 18:31 Uhr)

  4. #4
    Zitat Zitat von N_snake Beitrag anzeigen
    Da stimme ich Dir zu. In einem Fantasy-Spiel - und das ist das Game ja scheinbar - ist auch eine alternative Darstellung geschlechterspezifischer Rollen m.E. kein Problem, ebenso wie wenn ein alternatives 1st World War Szenario im Steampunk skizziert wird. Entleiht sich ja auch Elemente der realen Geschichte und mixt diese mit Fiktion. Die einseitig dümmliche Darstellung von Männern finde ich dennoch genauso schwach wie z.B. Überbevorzugung von Frauen im Beruf, nur um irgendwelche Quoten oder Trends zu bedienen - das hat mit Gleichstellung einfach nichts zu tun sondern ist gezielte Ungerechtigkeit.

    Und auch hier nochmal, die künstlerische Freiheit, die ich auch gerne als Argument für keinen wählbaren Schwierigkeitsgrad anbringe, muss man hier auch gelten lassen. Sollte man dann aber auf der anderen Seite auch andersrum argumentieren, wenn Entwickler ein realistisches Mittelalter RPG schaffen wollen (wie z.B. Kingdom Come) und dort tauchen keine schwarzen Personen auf. Am Ende des Tages können Künstler ihre Kreationen so gestalten, wie sie wollen. Das muss nicht jedem gefallen, es muss nicht überall Zuspruch für jedes Videospiel geben und wenn Person a) sagt, aus Gründen xyz möchte sie ein Spiel nicht spielen oder mögen, dann beeinlusst das ja mich in meiner Wahrnehmung und meiner Entscheidung nicht, wie ich das Produkt wahrnehme.
    Ich habe doch explizit gesagt männliche und weibliche Mary Sues. Wo liest Du jetzt raus, dass ich das geschlechterspezifisch kritisiere?
    Und wo habe ich hier dem Spiel eine Nicht-Treue zum 17. Jahrhundert angekreidet? Nochmal: Ich habe gefragt, wie diese "woken" Inhalte zu verstehen sind, ich habe an keiner Stelle das Spiel (oder konkrete Inhalte) irgendwie kritisiert. Ich habe lediglich angebracht, dass ein zu modern-idealistisches, buntes und optimistisches Weltbild in ein grimdark Setting nicht reinpasst bzw. nicht das Szenario untermauert, was ich mir darunter vorstelle.

    Zitat Zitat von poetBLUE Beitrag anzeigen
    Das ist btw eine Kritik, die ich noch nie in irgendeinem ernsthaften Maß an Kingdom Come Deliverance gehört habe. Ich glaube dein Argument würde hier stärker wirken, wenn du Spiele nehmen würdest, die beispielsweise wirklich gereviewbombed wurden, weil die künstlerische Freiheit des Machers nicht respektiert wurde, wie beispielsweise bei The Last of Us Part 2.
    Ob es gereview-bombed wurde, weiß ich nicht. Es ist aber zumindest auf Youtube mehr als kontrovers besprochen worden. Es gibt einen deutschen Videospiel "Journalisten" aus einem sehr erfolglosen Youtube-Duo, der das Spiel aufgrund dieser Tatsache zerrissen und die Entwickler als hart rechts dargestellt hat (was er aber generell gerne tut). Das Last of Us 2 Fass will ich hier gar nicht aufmachen, nur so viel: Ich habe mich an anderer Stelle hier im Forum bereits mehr als positiv zu TLoU2 geäußert und gerade aufgrund der Story, die nämlich gekonnt moderne Charakterbilder mit unerbittlicher Härte, Sanftheit mit Schock und Horror und weitere Gegensätze miteinander verknüpft. Dass das Spiel von einigen Spielern so auseinander genommen wurde, hat mit Sicherheit mit einigen "woken" Themen zu tun, andrerseits mit der narrativen Entscheidung einen geliebten Hauptcharakter zu opfern und drittens auch sicherlich einen Zusammenhang mit dem doch kontroversen Lead Developer.

    Geändert von N_snake (12.04.2024 um 18:38 Uhr)

  5. #5
    Da habe ich das Wort "männliche" wohl überlesen, habe den Absatz dementsprechend angepasst, my bad. Es gilt dennoch: Ich persönlich empfinde es übertrieben das alle männlichen Charaktere im Spiel "dümmlich" oder "schwach" dargestellt sind und vor allem in Bezug zu Alteas und Reds Beziehung macht vieles im Kontext Sinn, da eben aus Storygründen eine gewisse Ungleichheit herrscht, das habe ich halt eben im Spoiler beschrieben und da gibt es durchaus auch Aktionen und Dynamiken aus denen man herauslesen kann, warum dies so ist.
    '
    Ich finde das Wort "woke" halt eben super schwach, weil es mehr oder weniger seine Bedeutung komplett verloren hat, weil irgendwie heutzutage alles und nichts "woke" ist und man damit gut dem Thema ausweicht, warum XY jetzt genau schlecht ist. Und ja, dass das prominenteste Beispiel ein erfolgloser YouTuber ist, welcher kaum Einfluss auf die Szene hat, sagt sehr viel darüber aus, wie schlimm das Spiel dafür kritisiert wurde. Wenn man stark genug sucht, findet man bei jedem Spiel für jeden Aspekt eine Person, die dies oder jenes kritisiert. Solange das keine große oder laute Gruppe ist und das kaum Auswirkungen mit sich zieht, ist das glaube ich nicht unbedingt so groß ein Ding. Ich persönlich finde es beispielsweise merkwürdig, dass in den Wüstenregionen in JRPGs wie Final Fantasy und auch anderen Vertretern, die Dynamiken und Kleidungsstile eindeutig sehr orientalisch geprägt sind, die Charaktere aber zu sehr großen Teilen einfach trotzdem weiß sind. Und ich akzeptiere das, dass das nicht groß kritisiert wird, oft kommt das Totschlagargument "Das kommt halt aus Japan/Südkorea/China.". Da kommt aber eben halt die Scheinheiligkeit zu Tage, dass Leute zumeist nur "nicht authentische" Sachen kritisieren, die halt eben "woke" sind, die auf der anderen Seite eben nicht.

    Und btw, der ganze Kram mit dem 17. Jahrhundert bezog sich auf alle, die davor geschrieben hatten, als ich anfing, war dein, n_snake's, Beitrag noch gar nicht da. Alles was sich auf dich bezieht ist nur das Edit. Ich hoffe das macht es etwas verständlicher, nicht alles so persönlich nehmen.

    Geändert von poetBLUE (12.04.2024 um 18:54 Uhr)

  6. #6
    Zitat Zitat von poetBLUE Beitrag anzeigen
    Da habe ich das Wort "männliche" wohl überlesen, habe den Absatz dementsprechend angepasst, my bad. Es gilt dennoch: Ich persönlich empfinde es übertrieben das alle männlichen Charaktere im Spiel "dümmlich" oder "schwach" dargestellt sind und vor allem in Bezug zu Alteas und Reds Beziehung macht vieles im Kontext Sinn, da eben aus Storygründen eine gewisse Ungleichheit herrscht, das habe ich halt eben im Spoiler beschrieben und da gibt es durchaus auch Aktionen und Dynamiken aus denen man herauslesen kann, warum dies so ist.
    '
    Ich finde das Wort "woke" halt eben super schwach, weil es mehr oder weniger seine Bedeutung komplett verloren hat, weil irgendwie heutzutage alles und nichts "woke" ist und man damit gut dem Thema ausweicht, warum XY jetzt genau schlecht ist. Und ja, dass das prominenteste Beispiel ein erfolgloser YouTuber ist, welcher kaum Einfluss auf die Szene hat, sagt sehr viel darüber aus, wie schlimm das Spiel dafür kritisiert wurde. Wenn man stark genug sucht, findet man bei jedem Spiel für jeden Aspekt eine Person, die dies oder jenes kritisiert. Solange das keine große oder laute Gruppe ist und das kaum Auswirkungen mit sich zieht, ist das glaube ich nicht unbedingt so groß ein Ding. Ich persönlich finde es beispielsweise merkwürdig, dass in den Wüstenregionen in JRPGs wie Final Fantasy und auch anderen Vertretern, die Dynamiken und Kleidungsstile eindeutig sehr orientalisch geprägt sind, die Charaktere aber zu sehr großen Teilen einfach trotzdem weiß sind. Und ich akzeptiere das, dass das nicht groß kritisiert wird, oft kommt das Totschlagargument "Das kommt halt aus Japan/Südkorea/China.". Da kommt aber eben halt die Scheinheiligkeit zu Tage, dass Leute zumeist nur "nicht authentische" Sachen kritisieren, die halt eben "woke" sind, die auf der anderen Seite eben nicht.

    Und btw, der ganze Kram mit dem 17. Jahrhundert bezog sich auf alle, die davor geschrieben hatten, als ich anfing, war dein, n_snake's, Beitrag noch gar nicht da. Alles was sich auf dich bezieht ist nur das Edit. Ich hoffe das macht es etwas verständlicher, nicht alles so persönlich nehmen.
    Ich nehme das nicht persönlich, mein Duktus neigt im Geschriebenen glaube ich auch dazu, schärfer zu klingen, als er es sein soll und ich danke Dir für die Erklärung, wollte nur verstehen, ob Du vllt. verschiedene Kommentare vermischt hast oder ob ich mich auch nicht klar genug ausgedrückt habe.

    Im Übrigen empfinde ich die Wahrnehmung von "woke" genau wie Du und daher wollte ich auch verstehen, was an dem Spiel diesen Eindruck erwecken kann. Ich denke, dass ich dem Spiel eine Chance geben werde und mir selber ein Eindruck davon mache, es spricht mich - auch wenn Rusk ein paar Sachen beschrieben hat, die ich ggf. eher störend empfinden würde - von der Grundidee, Setting etc. schon an (daher habe ich Deinen Spoiler auch nicht gelesen, ich würde die Geschichte gerne ohne Vorwissen erleben).

    Was Du bei Final Fantasy adressierst: Das habe ich ehrlicherweise nicht so vor Augen. Gab es in FFXVI nicht zB auch Wüstenvölker in den entsprechenden Regionen? Aber Du hast sicherlich Recht, dass die Hautfarbe wohl unterm Strich unterrepräsentiert ist, ob es jetzt im Setting Sinn macht oder nicht. Und natürlich kann man auch darüber sprechen, ich finde solche Diskussionen immer gut, wenn sie nicht emotional geführt werden. Das gelingt im Internet leider selten.



    Ich würde auch gerne auf Chipos Beitrag Bezug nehmen, aber ich glaube da fehlt mir gerade einfach die Muße zu, da ich mich da inhaltlich echt reinarbeiten müsste. Finde den Beitrag aber super gut und wollte das nicht ungewertschätzt lassen. Zugegebenermaßen habe ich das tatsächliche Rollenbild der Frau im Mittelalter noch nie hinterfragt, ich meine nur mich erinnern zu können, dass das Christentum schon in Teilen versucht hat, die Rollenaufteilung zwischen Mann und Frau vorzugeben aber ich denke, um da wirklich sattelfest drauf antworten zu können, müsste ich mich selbst erst einlesen.

  7. #7
    Nice!

    Absolut, das Christentum hatte diese Idee, als Ideal … aber wirklich alltagspräsent war das halt (höchstwahrscheinlich – Quellenlage!) nur im Adel bzw. sogar im Hochadel, wo es zumindest im “durchchristianisierten” Teil des Mittelalters eine sehr rigide Rollenvorstellung gegeben haben dürfte, vielleicht sogar entsprechend unseres modernen Bildes. Das betrifft aber je nach Region und genauer Definition 5%, vielleicht auch nur 1-2% der Bevölkerung. Je weiter man sich davon wegbewegt – und da kann es schon reichen, einem verarmten Landadelsgeschlecht anzugehören –, desto weiter bröckelt wohl auch dieses Idealbild. In einer Bauernfamilie dürfte es bspw. über den größten Teil des Lebens eine sehr flexible Rollenverteilung gegeben haben, vorrangig abhängig von den jeweiligen Notwendigkeiten.
    Und dann kommt oben drauf die spannende Unterscheidung zwischen „unterschiedlich“ und „unterschiedlich mächtig“. Selbst im Hochadel bspw. gibt es ja durchaus massiv einflussreiche Frauenfiguren, die die eher männlich (und christlich!) dominierte Geschichtsschreibung überstrahlen – aber halt üblicherweise nicht als Kriegerinnen, Priesterinnen o.ä. Und viele Forscher gehen davon aus, dass das in der Praxis gar nicht ungewöhnlich war, also bspw. starken weiblichen Einfluss in weiblich codierten Feldern oder im Hintergrund zu haben, selbst auf der Ebene einzelner Familienkonstrukte. (Mini-Beispiel: Die Zeitlinie der Hexenverfolgung beginnt ja praktisch erst nach dem Mittelalter. Davor waren „weise Frauen“ offensichtlich eine so relevante Machtgruppe, dass sich ihre Verfolgung gelohnt haben muss.)
    Um ein schönes größeres Beispiel von historischer Wahrnehmung zu nennen, sind Klöster total spannend: Nonnen und Mönche haben verdammt ähnlich gelebt (zu denen gibt es naheliegenderweise genug Quellen ^^). Bei einem Mönch haben wir trotzdem schneller mal ein Bierfass, einen runden Buch und ein Lachen vor Augen, obwohl Nonnen wohl ähnlich konstant angetrunken sein dürften, wie das restliche Mittelalter auch. Und die Idee der keuschen Religion ist ja nicht mal heute haltbar, wo gefühlt jeder fünfte Priester irgendeinen Chorknaben-Skandal am Zipfel hat … aber damals, wo sehr viele Menschen nur aus familienpolitischen oder ökonomischen Gründen ins Kloster gegangen sind? Ich meine, klar, man hat öfter mal geheime Tunnel mit Kinderskeletten gefunden, aber wenn wir uns angucken, wie Sexualität selbst heute in gleichgeschlechtlichen Kontexten wie Gefängnissen funktioniert, wäre es wild, anzunehmen, diese Orte wären nicht ein gewaltiger „Saustall“ (im Sinne der christlichen Moral!) gewesen.
    Und DANN ist das Christentum in Europa auch nur relativ kurz und örtlich eingeschränkt so monokulturell gewesen, wie es in der (christlichen) Geschichtsschreibung gerne dargestellt wird. Also, selbst unabhängig von Juden, Mauren, Roma etc. gab es noch bis weit in die 1000 Jahre Mittelalter hinein starke vorchristliche Glaubenssysteme, die manchmal parallel gelaufen sind, manchmal ins Christentum übergegangen sind und manchmal für Generationen weiterbetrieben wurden, obwohl Fürst und Kirche ein klares Gesetz hatten. (Schon unsere „deutsche“ Gegend ist da recht wild und divers, und weiter nördlich wird es tendenziell noch mal wilder!) Die Römer hatten ja seeehr unterschiedliche Meinungen von ihrer Christianisierung. Und davor waren halt auch schon Jahrtausende an Kultur und Religion, in denen die Quellenlage immer dürftiger wird ... und immer öfter auf ernsthaft unchristliche Praktiken hinweist, bis hin zu Matriarchaten, komplett anderen Sexualvorstellungen etc.

    Wirklich massentauglich wird unsere heutige Vorstellung von historischer Moral, Rollenbildern und ähnlicher Ideologie wahrscheinlich wirklich erst mit dem Mittelstand, also nach 1800.

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