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Ritter
Final Fantasy XII The Zodiac Age, PS5
Final Fantasy XII habe ich seinerzeit zu Release der PS2 Urversion gespielt und war schon damals sehr begeistert. Insbesondere im Vergleich zum direkten Offline-Vorgänger sah ich den offeneren Spielverlauf mit weitläufigeren Gebieten als Schritt in die richtige Richtung und empfand den zwölften Teil der Traditionsserie als Wiedergutmachung für die Enttäuschung, die Final Fantasy X dargestellt hat.
Jetzt, rund vier Jahre nach Release des Remasters, habe ich mich nochmals in die Welt von Ivalice gewagt. Und aus heutiger Sicht ist der positive Eindruck von Final Fantasy XII noch wesentlich besser, als in den jungen 2000ern. Insgesamt stellt Final Fantasy XII the Zodiac Age für mich einen der Serienprimi dar – und zwar spielerisch wie auch auf erzählerischer Ebene. Wenn auch die Narrative mit einigen Problemen daherkommt.
The Zodiac Age ist wie bereits erwähnt ein Remaster des Urspiels. Neben einigen optischen Aufwertungen basiert das Spiel dabei auf der einzig in Japan erschienenen „International Zodiac Job System“-Version, die das Urspiel in ihrer Charakterentwicklungs-Mechanik abstrahiert hat. Während man im Ursprungsspiel die Charaktere alle auf den gleichen Lizenzbrettern – Schachbrett-ähnliche Gebilde, auf denen Man mit Lizenzpunkten Fähigkeiten, Magie, Attributverbesserungen und Waffen-/Rüstungs-Nutzbarkeiten freischaltet – entwickelt hat, so dass zum Ende des Spiels jede Spielfigur im Idealfall alles konnte, hat die überarbeitete Version 12 Jobs und daran gekoppelt individuelle Lizenzbretter eingeführt. Man musste im Spiel also nun strategischer vorgehen und bei den Zuweisungen der Jobs und Fähigkeiten Konzessionsentscheidungen vornehmen und überlegen, wie man seine Truppe entwickeln möchte, was die Nutzung der einzelnen Figuren deutlich interessanter gestaltet. In der gespielten Remaster Version wurde dies weiter ergänzt, indem man im Spielverlauf die Möglichkeit erhält, für jeden Charakter einen zweiten Job freizuschalten.
So kann man nun – basierend auf den sechs Charakteren – alle 12 Jobs pro Durchgang verwenden, oder je nach Abwägung auch bestimmte Jobs doppelt zuteilen. Hier sei gesagt, dass sich manche Jobs besser ergänzen als andere und bessere Synergien bilden. So macht es z.B. mehr Sinn, einen Weißmagier mit einem Schwarzmagier zu koppeln, da beide Jobs von den freischaltbaren Magi-Boni profitieren. Da die Jobs im späteren Verlauf nicht mehr wechselbar sind, sollte man sich gut überlegen, wie man die Jobs verteilt – wobei das Spiel einem selber keine Anhaltspunkte gibt und das Ganze in Roulette endet, wenn man keine Wiki verwendet, die einen über Vor- und Nachteile aufklärt. So kann man sich das Spiel schon in gewisser Weise deutlich erschweren, wenn man nicht weiß, was man tut. Ein Beispiel:
Einzig der Time Mage ist, wie der Name vermuten lässt, in der Lage, Zeitmagien zu wirken. Wenn man also im späteren Verlauf das übermächtige Hastega wirken möchte, MUSS man diesen Job auswählen. Die einzige Möglichkeit, Hastega dennoch im weiteren Verlauf zu bekommen, ist es, einen Maschinisten zu spielen und diesem den Esper Famfrit zuzuweisen. Esper werden nach Besiegen zum einmaligen Freischalten auf den Lizenzbrettern hinzugefügt und geben je nach Job nochmal Zugriff auf einige exklusive Felder.
Das Spiel bietet also gerade für Komplettisten einiges an Potential, sich Dinge zu verbauen. Ich empfinde diese Designentscheidung jedoch als positiv, da ich es nicht mag, von Spielen zu sehr an die Hand genommen zu werden. Entscheidungen, die man im Spiel trifft, kriegen so ein gewisses Gewicht und eine Endgültigkeit, was einen in der Entscheidungsfindung weniger gleichgültig vorgehen lässt. Stattdessen macht man sich schon mal ein paar Gedanken, wie man jetzt welchen Job oder welchen Esper zuweist, was mir in der Planung einer langfristig starken Truppe viel Freude bereitet hat.
Ein Nachteil durch das Hinzufügen des zweiten Jobboards pro Figur ist der relativ seichte Schwierigkeitsgrad ab ca. der Mitte des Spiels. Dadurch, dass man im Vergleich zur International Version aus Japan ein zweites Brett für jeden Charakter bekommt, werden auch die Werte nochmal im Laufe des Spiels deutlich angehoben, was den späteren Verlauf der Hauptstory etwas unbalanciert wirken lässt. Hierzu muss man sagen, dass die Charaktere dennoch weniger überpowert sind, als in der Ur-Version des Spiels, da hier wie gesagt jeder Charakter auf jedes einzelne Feld (also alle Jobbards kombiniert) Zugriff hatte. Ich kann allerdings nicht sagen, inwieweit die Gegner in der International Version an die höheren Restriktionen in der Charakterentwicklung angepasst wurden (ich gehe aber stark davon aus, dass dies geschehen ist), so dass diese auch entsprechend der geringeren Werte gegen Ende des Spiels generft wurden. Wahrscheinlich wurde diese Anpassung an die zweiten Jobs nicht weiter vorgenommen, so dass die späteren Story Bosse zu Kanonenfutter verkommen.
Über das Gambit-System an sich möchte ich an der Stelle nur wenige Worte verlieren, da ich denke, dass es den Meisten hinlänglich bekannt ist. Nur so viel: Ich finde es sehr schade, dass dieses System im 13er oder irgendeinem Final Fantasy wieder aufgegriffen wurde, da ich es als moderne Variante des ATB Systems verstehe und es mir unglaublich viel Freude bereitet hat, Taktiken „einzuprogrammieren“ um dann zu sehen, wie diese in den Boss Kämpfen funktioniert haben und gelegentlich durch manuelles Nachjustieren meinerseits ergänzt den Sieg erbracht haben. Hier hätte man für eine theoretische Weiterführung in Nachfolgern noch so viele Ergänzungsmöglichkeiten gehabt (Veränderung der Umwelt, Höhenunterschiede etc.). dass ich es als Potentialverschwendung sehe.
Das Spiel bietet auch dutzende Sidequests und Nebentätigkeiten, die ich in meinem Durchlauf FAST alle erledigt habe. De facto fehlen mir zur Platin Trophäe nur 4 Trophäen (Vervollständigung aller Karten, Durchführen aller Mysth-Attaken – die „Limit Breaks“ des Spiels, das Erlernen aller Magie Fähigkeiten sowie die 100 Trials die separat aus dem Main Menü gestartet werden). Alle anderen Hunts, Nebenquests und optionalen Bosse habe ich besiegt, fast alle ultimativen Waffen (auch Seitengrat und Zodiac Spear, dank RNG Manipulation) erhalten.
Der RNG-Faktor ist in dem Spiel übrigens so eine Sache. Sowohl die Kombination der Mysth Ketten (Aneinanderreihung von Limit Breaks mit je nach Höhe der Kette abschließend variierendem Finisher) als auch das Erscheinen bestimmter Truhen und deren Inhalt ist stark RNG abhängig. Unter anderem die beiden stärksten ultimativen Waffen sind von diesen Zufallsvariablen abhängig. Um ein Verständnis zu geben: Für die stärkste Waffe des Spiels, den Seitengrat Bogen, muss man eine unsichtbare Truhe auf einem Luftschiff erscheinen lassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Truhe erscheint liegt bei 1 zu 100. Und dass diese Truhe dann, wenn sie erscheint, die entsprechende Waffe enthält, beläuft sich auf 1 zu 1000. Da ich die Waffe aber haben wollte und das Spiel möglichst komplettieren wollte, habe ich für diese Elemente des Spiels RNG-Manipulation genutzt. Eine etwas organischere Lösung, die in das Spiel eingebettet ist, hätte ich mir da lieber gewünscht.
Ich möchte noch einige Sachen zu Technik und Story sagen.
Die Grafik gehörte auf der PS2 zur absoluten Elite und sieht insbesondere in den fantastischen Zwischensequenzen auch heute noch fantastisch aus. Die Vertonung ist das Beste, was Final Fantasy bis dato zustande gebracht hat und die Sprecher lassen die tolle High-Fantasy Atmosphäre, die nur in wenigen Elementen durch Sci-Fi ergänzt wird, aus allen Poren des Spieles atmen. Der Soundtrack stammt nicht von Nobou Uematsu sondern von Hitoshi Sakimoto, der z.B. auch Final Fantasy Tactics verantwortet hat. Die Verwandschaft zum Strategie-Klassiker von Squaresoft hört man den Musikstücken auch deutlich an und auch wenn das Spiel in Relation zu den Vorgängern eher Mainline untypische Klänge beinhaltet und keine Soundtrack Killerapp wie „Suteki da ne“ aus Teil X enthalten ist, passt der Soundtrack doch hervorragend zum mystischen Ambiente des Spiels und weiß durchaus zu gefallen. Die Artworks stammen von Akihiko Yoshida, dem m.E. talentiertesten Künstler SquareEnix´ (u.a. verantwortlich für Vagrant Story, Nier Automata, Bravely Default, Final Fantasy XIV) und das Charakter Design fällt insbesondere im Vergleich zu Final Fantasy X positiv auf.
Nun zur Story. Ich warne vor einigen Spoilern, jeder der das hier liest, tut dies jedoch auf eigene Verantwortung, da es ein altes Spiel ist. Den Spoilerbutton spare ich mir daher.
Dass Final Fantasy XII eine schwierige Entwicklungsgeschichte hat, merkt man der Story an einigen Stellen an. Hauptcharakter Vaan hat seinerzeit viel Unmut seitens der Fans erfahren, da er über weite Strecken des Spieles sehr blass bleibt und eher der Perspektive des Spielers als außenstehender Beobachter der eigentlichen Hauptcharaktere dient. Diese sind Captain Bash fon Ronsenburg, Prinzessin Ashelia B'nargin Dalmasca sowie der Luftpirat Balthier (Ffamran Mid Bunansa) und seine Begleiterin Fran aus dem Volke der Viera, die alle auf ihre Art eine Verflechtung mit den Hauptantagonisten des Spieles haben und somit eine deutlich höhere narrative Substanz bieten als der Spieleavatar. Insgesamt ist die Geschichte von Final Fantasy XII erheblich politischer als alle anderen Teile der Hauptreihe und somit bodenständiger und weitestgehend frei von den hinlänglichen Anime Klischees (Auserwählter mit Amnesie rettet Universum vor Psychopath, der Gott werden möchte und sich nebenbei die waifu klärt). Tatsächlich weist die Story Elemente von einem Shakespear artigen Drama auf, was durch die entsprechende Synchronisation untermauert wird. Leider merkt man der Erzählweise die Probleme der Entwicklung an, da einige Character arcs nicht zu einem befriedigenden Ende geführt werden und das Pacing ab dem letzten Drittel des Spiels recht abrupt ist. Hier würde sich wirklich mal ein vollumfängliches Remake lohnen, in der die ursprüngliche Vision der Story umgesetzt wird und allen Charakteren genug Entwicklungszeit gibt. Dennoch möchte ich hier eine Lanze für die Antagonisten des Spiels brechen, die vor einigen Jahren noch viel Kritik erfahren haben (deren Reputation sich – wie auch die des Spiels an sich – über die Zeit subjektiv betrachtet gebessert zu haben scheint). Zum Einen steht erstmalig ein Cid auf der Seite des „bösen Imperiums“, der als Wissenschaftler fungiert und der Vater von Balthier ist. Auf der anderen Seite haben wir Vayne Carudas Solidor, den Herrscher von Archadia, das gegen Nalbina in den Krieg zieht und somit Dalmasca, das Königreich von Prinzessin Ashe, welches zwischen Nalbina und Archadia liegt, in diesen Konflikt verwickelt. Der Dritte im Bunde ist der hohe Richter Gabranth, hinter dem sich der Bruder von Captain Bash verbirgt und der in der Rolle der eigentliche Verräter Nalbinas ist, für dessen Tat Bash verurteilt worden ist. Hinter diesen drei menschlichen Bösewichten steht zudem Venat, ein gottähnliches Wesen, welches seine eigenen Beweggründe hat den Krieg zwischen Nalbina und Archadia zu nähren. Während der eigentliche Konflikt in Final Fantasy XII also eher auf nationaler Ebene stattfindet, gibt es sehr wohl persönliche Konflikte zwischen den drei Hauptcharakteren – Bash, Ashe und Balthier – und den drei Hauptantagonisten Gabranth, Vayne und Cid. Leider fielen wohl einige beabsichtigte Handlungsstränge der Schere zum Opfer, so dass den persönlichen Konflikten an manchen Stellen der Pfeffer fehlt. Insbesondere betrifft dies die Beziehung zwischen Balthier und seinem Vater. Auf der anderen Seite sind bestimmte Unklarheiten der Story aus meiner Sicht dienlich, da sie Spielraum für Interpretationen lassen. Dies betrifft unter anderem Venat, bei dem nicht vollends klar wird, ob er die Antagonisten des Spiels tatsächlich dahin bewegen möchte, die Welt der Menschen vom Einfluss der Götter – Venat und seinen Geschwistern – zu befreien, oder ob er lediglich nach der alleinigen Kontrolle über Ivalice durch Vaynes Hand strebt. Vayne selbst profitiert in gewisser Weise ebenfalls von fehlender Screentime, da die Gruppe ihm bis auf den finalen Kampf so gut wie nicht begegnet, was aber zur Glaubwürdigkeit der Geschichte passt, da Vayne ein politischer Herrscher ist und es demnach keinen Sinn machen würde, sollte er der Party unentwegt an den entlegensten Orten des Landes begegnen. Besonders positiv hervorheben möchte ich, dass Vayne zwar kaltblütig ist und auch einige Leichen seinen Weg zieren (unter anderem Vater, einige Geschwister und eine hohe Richterin seines Reiches), seine Intention jedoch eine gute ist und er unter anderen Umständen durchaus die Protagonistenrolle in einem anderen Final Fantasy hätte spielen können - schließlich möchte er die Welt vom Zugriff verschlagener Götter befreien und sieht in sich einen Auserwählten, während Ashe sich über lange Strecken des Spiels eigentlich auf einem Rachefeldzug befindet und von einem der Brüder Venats, einem anderen Occuria, beinahe manipuliert wird, erhebliche Verwüstung im Land anzurichten, da dieser sich gegen die Enteignung seiner Macht durch seinen abtrünnigen Bruder erwehren möchte.
Ich glaube man sieht anhand des Textes, dass die Handlung relativ komplex ist. Allerdings erfordert sie einiges an Aufmerksamkeit, um die vielen kleinen Details und Verstrickungen zu erkennen und zu schätzen. Die Story lebt weniger von wirklich starken Charakter-Momenten (auch wenn es diese gibt, insbesondere zwischen Bash und seinem Bruder Gabranth) sondern mehr von dem übergreifenden Narrativ, das sich aber nur mit einer gewissen Achtsamkeit erschließen lässt. Ich möchte hier abschließend betonen, dass die Story des Spiels aus diesen Gründen auch erhebliche Elemente von Tolkien oder eben politischen Geschichten wie Game of Thrones aufweist als die häufig aufgeführten Star Wars Gemeinsamkeiten, die ich eher als oberflächlich betrachte (Parade in Dalmasca am Anfang könnte 1:1 auf Naboo stattfinden, 1-2 Luftschlachten erinnern an Star Wars, Balthier ist ein eleganter Han Solo und Fran eine attraktive Chewbacca).
Dem Spiel kann man in einem Forenbericht kaum gerecht werden, da es so viele erwähnenswerte und spannende Versatzstücke beinhaltet, die es wert wären, besprochen zu werden, daher wollte ich nur ein paar meiner Gedanken zu dem Spiel runterschreiben.
Ich hatte wie erwähnt große Freude mit dem Spiel und habe aus Neugier jetzt im Anschluss direkt mal Final Fantasy XIII auf meiner Series X angeworfen – um direkt festzustellen, wie sehr sich diese aufeinanderfolgenden Iterationen der gleichen Reihe unterscheiden, alleine wenn man die Anfangssequenz von Final Fantasy XIII betrachtet. In der Lightning direkt in Bullettime und mit coolen Martial Arts Moves und Onelinern durch Horden von Soldaten mäht, während ihr Slapstickbegleiter nebenher stolpert. Ich wünsche mir sehr, dass ggf. Final Fantasy XVI zu der Bodenständigkeit eines Final Fantasy XII zurück findet und eine erwachsene Geschichte erzählt, die durchaus den Spieler auch etwas fordern darf und nicht jedes noch so kleine Story Detail vorkaut.
Spielzeit: Ca. 65 Stunden
Wertung: 9/10
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