Ich habe mich damit abgefunden, dass ich vermutlich niemals wirklich dieses Spiel begreifen werde. Selbst für Teile der sehr eingeschworenen Community bietet das Spiel immer noch viele Geheimnisse und Unklarheiten.
Rain World ist quasi eine gigantische massive Sandbox Open-World, die mit seiner sehr fortschrittlichen und bisher noch nicht bekannten AI ein kleines Natur-Okösystem simuliert. Man selbst spielt ein Hybrid aus Schnecke und Katze und findet sich weit unten in der Nahrungskette.
Wie der Name des Spiels suggeriert geht es um Regen. Wobei "Regen" eine Untertreibung ist, ein regelrechter Monsun prasselt auf die Erdoberfläche des Spiels ein, das ist auch gleichzeitig die bezeichnende Spielmechanik. Man muss innerhalb einer variierenden Zeit bis zum Regen genug Nahrung finden und dann in einem Bunker Unterschlupf finden, um Winterschlaf zu halten. So ein Cycle kann zwischen 12 - 18 Minuten dauern, während die Welt ein massiv verschachteltes Labyrinth ist. Man kann zwar irgendwo in seiner Umgebung bleiben, wo es sicher ist und aus den lokalen Nahrungsressourcen schöpfen, doch um weiterzukommen, muss man eben einfach voranschreiten aber... wohin?
Tja, das war mit die größte Schwierigkeit bei dem Spiel für mich. Zwar gibt es ein mysteriöses Wesen was von Zeit zu Zeit erscheint, was einen führen soll, aber neben der unklaren Bestimmung, ist es auch um die Sicherheit erpicht und so führt es einem auch zu Nahrung und dem nächstgelegenen Unterschlupf. Leider führte das dazu dass ich irgendwann nicht mehr das Gefühl hatte, das Wesen führt mich überhaupt irgendwo zu einem bestimmten Ziel hin, weswegen ich mich im ersten Drittel meines Playthrough komplett verlaufen habe und in die mitunter gefährlichsten Gebiete versehentlich gelangt bin. Die Wegfindung ist in dem Spiel generell etwas, was man vielleicht kritisieren könnte. Bzw. ist mir aufgefallen dass ich immer dann am meisten Spaß hatte, wenn mein nächstes Ziel klar war und ich darauf hinaus arbeiten konnte. So hat es sich dann auch wie eine Reise, statt wie eine Odyssey angefühlt.
Odyssey passt auch ganz gut, denn das Spiel ist wie eingangs erwähnt sehr sandboxy gestaltet. Das bedeutet dass das Leveldesign im groben durch die Layouts und die Biom-spezifischen Eigenschaften fest vorgelegt ist, der Rest sich jedoch durch das dynamische und stetig ändernde Ökosystem stark unterscheiden kann. Das war ein großer Punkt weswegen das Spiel schnell frustrierend aufgenommen werden kann. Es ist nicht immer fair, bzw hat auch gar nicht den Anspruch eine faire Herausforderung zu liefern.
Im Prinzip wird einem ein Blatt zugeschustert und wie man damit umgeht, ist dem Spieler selbst überlassen. Die Schneckenkatze, ist in der Lage an Wänden langsam runter zu rutschen und generell viele Vorsprünge zu erklimmen, doch die Steuerung gestaltet sich recht träge, zumindest wenn man noch nicht so richtig drin ist, denn wie ich wohl geschrieben habe, sind selbst die Animationen in dem Spiel prozedual generiert und so kann es durchaus sein, dass die Spielfigur nicht immer exakt auf die selbe Weise auf einen Vorsprung spingt. Also das klingt jetzt erstmal fürchterlich, aber der Unterschied ist so marginal und das Zeitfenster zum erklimmen oder ergreifen von Beute so großzügig, dass die einzige Sache, die mir hierbei nicht gefällt schlichtweg die Frage ist, wie weit ich an einer Kante laufen kann, ohne dass meine Spielfigur herunterfällt, das hat schon für eine Menge frustrierende Tode gesorgt.
Was die Kreaturen betrifft ist das Spiel wirklich voll von wundersamen interessanten Kreaturen, denen man abkauft dass sie natürlich in ihrem Habitat leben und nicht einfach nur als Gegner einem vorgesetzt werden. Die Verhaltensweisen eines jeden Tiers einzustudieren auf Basis diesen Wissens höhere Überlebenschancen zu gewinnen, ist fester Bestandteil von Rain World. Das heißt auch dass das sterben dazu gehört. Dabei ist das sterben auch nicht unbedingt angenehm. Durch ein sogenanntes "Karma" System, kann man verschiedene Stufen aufsteigen, diese Stufen ermöglichen an bestimmten Stellen Zugänge zu neuen Biomen. Stufen steigt man nur auf, wenn man einen Cycle überlebt. Der Nachteil ist hierbei, dass man durch das sterben auch wieder zurückgestuft wird und so kann es passieren dass man erst mal zwangsweise in bestimmten Gebieten campieren muss, bis man das benötigte Karma angesammelt hat. Das macht die Tode sehr bestrafend, steigert aber auch die Spannung und das Erfolgsgefühl wenn man es dann doch schafft Verfolger unter widrigsten Umständen abzuschütteln.
Zu Beginn gibt es maximal 5 Stufen, man kann jedoch noch weitere Stufen erlangen. Tatsächlich ist das auch erforderlich um am Ende des Spiels zu gelangen. Im Prinzip kann man es auf das auf das Karma herunterbrechen und innerhalb der sehr gut versteckten Lore des Spiels (es gibt nur wenig Texte) dreht sich vieles um buddhistische Leitthemen, wie Erleuchtung und Transzendenz.
Das heißt jedoch nicht, dass es nicht wichtige Schlüsselereignisse und Figuren im Spiel zu finden gibt. Generell ist das Spiel was das Artdesign und Sounddesign in Kombination betrifft, ungeheuer atmosphärisch und ästhetisch, eine Menge der in sehr dedizierten Farben gehaltenen Ortschaften fühlen sich einzigartig an bieten alle vollkommen neue und einzigartige Elemente. Gerade im späteren Spielverlauf kann man kaum glauben an was für Orte man gelangt, das hat manchmal auch etwas leicht Eldritch Horror-mäßiges.
Was man nicht erwarten darf ist ein Metroidvania, in dem Spiel gibt es bis auf eine Sache was man viiiiielleicht gelten lassen könnte keine neuen Fähigkeiten zu erlangen, man ist ein kleines Wesen was jeder Zeit drauf gehen könnte und so bleibt es auch vom Anfang bis Ende des Spiels. Auch das bewegen über die Ortschaften erweist sich als beschwerlich, es gibt die Möglichkeit limitierte "Schnellreise-Tokens" freizuschalten in dem man... nunja, Achievments erlangt. Das klingt jetzt sehr gamey, für so eine Art Spiel. Ist es wohl auch, allerdings sorgen diese sogenannten "Passagen" dafür dass man neben dem eigenen Überleben auch sekundäre Ziele verfolgt die es erfordern sich näher mit der Welt auseinander zu setzen und als solches ist eine Schnellreise die perfekte Belohnung. So kann man sich z.B mit einigen Wesen anfreunden und diese sogar als Bodyguards gewinnen, wenn man weiß wie. Wie gesagt das Spiel ist eine riesige Sandbox und daher gibt es auch keine feste Vorgehensweise, das Spiel hat einen sehr großen Wiederspielwert und lässt sich auf verschiedenste Art durchspielen. Dazu kommen noch 2 zusätzliche Charaktere, die den Spielstil verändern, den "Mönch" und den "Jäger", ersterer ist träge und schwächer als der Standard-Charakter, dafür sind aber auch die Kreaturen weniger agressiv. Wenn man es oberflächlich betrachtet ist es wohl ein "Easy Mode", allerdings ist die Geschichte des Mönches eine ganz eigene die nach den Ereignissen des Hauptspiels stattfinden, das sorgt noch für weitere Nachteile, die ich mal an der Stelle nicht spoilere. Der 2. Charakter ist der "Jäger", der sehr viel stärker, schneller und aggressiver zu spielen ist, dafür sind die Kreaturen ebenfalls schlechter auf den Jäger zu sprechen, darunter auch völlig neue Arten, die durch ihn angelockt werden. Man kann sich also denken die Spielstile unterscheiden sich vor allem durch das Konfliktpotenzial. Daher lohnt es sich jeden einzelnen zu spielen, weil gerade diese noch mal die Feinheiten der Lore abbilden, die ansonsten verloren gehen würden. (jeder Charakter spielt zu einer völlig anderen Zeit.)
...oder man schaut im Internet nach. xd
Denn die Art wie man wirklich an Lore in geschriebener Form kommt ist sehr beschwerlich und ehrlich gesagt auch etwas nervig. Im Prinzip kann man das als eigentliches "Endgame" betrachten, herauszufinden was jetzt eigentlich passiert ist. Dafür muss man wirklich die äußersten Winkel des Spiels erforschen und an farbige Perlen gelangen, die man zu einem bestimmten Ort bringen muss. Der Ort ist jedoch so abgelegen dass es mir das wirklich nicht wert war. Zumindest nicht lange. Das ist schade, hier hätte ich mir eine intuitivere Herangehensweise gewünscht. Das Spiel besitzt kein Inventar (wäre auch unlogisch) alles was man tragen kann, hält man in einer von 2 Händen. Man hat noch die Möglichkeit einen Gegenstand in seinem Magen zu speichern, sofern dieser nicht verdaubar ist.
Und jetzt stellt euch mal vor dass man die Perlen von einem Arsch der Welt zum anderen bringen muss. In einer massiven ja wirklich gigantischen, absolut ultra gefährlichen Spielwelt, maximal mit 3 Perlen in der Hand die man überall woanders gefunden hat und wo man auch nichts anderen tragen kann, was mitunter notwendig ist.
Also der Ort ist wirklich am hiiiiiiiiintersten Eck des Spiels. Also da kommt man dann schon auf den Gedanken lieber gleich alles ausführlich im Wiki ausgebreitet zu lesen. xd
Nichtdestotrotz ist das Spiel mitunter eines der einzigartigsten was ich die letzten Jahre gespielt habe, ich kann es daher jedoch auch schlecht mit anderen Spielerfahrungen vergleichen, weil es sich trotz einer hohen Gameplay-Dichte nicht sonderlich "gamey" anfühlt. Stellenweise schon. (ich meine es gibt einen PvP-Mehrspielermodus und im Einzelspieler-Modus Unlockables dazu zu finden) aber vom generellen Spielfluss ist es durch den hohen Sandbox-Fokus wirklich etwas untypisch. Man kann sich im Prinzip nicht darauf verlassen, dass das Spieldesign einen irgendwie retten wird, alles liegt in der Hand der Umstände, der AI der Kreaturen. Wenn man sich selbst dummerweise in eine sehr blöde Situation reitet, dann wird einem das Spiel auch nicht dort raushelfen durch gamedesign-spezifische Maßnahmen oder sowas; deswegen spielt es sich zum Teil auch etwas unbequem. Um Rain World zu spielen muss man wirklich in Stimmung sein, ähnlich wie ein Darkest Dungeon ist die Anspannung sehr groß, wann immer man das Spiel einwirft.
Ich kann nicht genau sagen ob es mein Lieblingsspiel der letzten Jahre ist, denn es gibt definitiv auch Sachen die meine Spielerfahrung getrübt haben, darunter wie schon angesprochen die Wegfindung und vereinzelt Stellen wo man wirklich auf die AI angewiesen ist. Also quasi Shadow of the Colossus / Last Guardian mäßig. Wenn ein bestimmtes Viech nicht auftaucht oder sich nicht so verhält wie man es brauch, kann man z.B bestimmte Stellen nicht durchqueren, das hat schon für viel Frust gesorgt. Zudem finde ich den zufälligen Timer für den Regen zwar realistischer aber auch unnötig frustrierend, denn es gibt schon mal Stellen, da reicht die Zeit nicht aus, um den nächsten Bunker zu finden, also nicht, wenn man nicht weiß wo sich der Nächste befindet, denn es kann schnell mal vorkommen dass man versehentlich einen überspringt.
Nichtsdestotrotz ist Rain World genau das was ich mir mehr von Indie-Spielen wünsche, dass sie mir eine noch nie dagewesene Erfahrungen liefern können und da schwingt Rain World wirklich ganz oben mit, auch wenn es nicht die klassisch, polierte Videospielerfahrung ist. Durch den hohen Wiederspielwert ist es auch etwas, was einem nicht einfach loslässt, sondern wo sich zurecht eine eingeschworene Community darum entwickelt hat. Keineswegs Verdauungsfutter ala "einmal und nie wieder".
Wer mal etwas "anderes" spielen möchte und mit der Erwartung ran geht frustriert werden zu können, den kann ich das Spiel durchaus mal ans Herz legen. Aber seid gewarnt, es wird bestimmt etwas dauern bis es wirklich "klick" macht. Jedoch ziehen einem die Atmosphäre des Spiels und die audiovisuelle Brillianz, wie auch die beeindruckend verhaltenden Kreaturen einem von der ersten Minute in den Bann, weswegen ich auch am Ball geblieben bin.
Es gibt einfach solche Spiele da weiß man, dass diese Potenzial mit sich bringen.