Dragon Quest V, Nintendo DS
Hmmm, Dragon Quest V.
Also nachdem ich vor ca. 18 Monaten Dragon Quest XI in der Definitive Edition verschlungen habe, war der Hunger geweckt und ich habe mir nach und nach alle Ableger der Serie in der ein oder anderen Variante angeschafft.
Schnell war klar, dass ich Teil V als nächstes spielen möchte, da das Spiel allgemein hin als einer der besten der Serie angesehen wird.
Ich bin nach dem Durchspielen relativ ernüchtert und versuche kurz zu umreißen, warum ich von DQV extrem genervt war.
Auf narrativer Ebene ist das Spiel sicherlich im Rahmen der Zeit, in der es veröffentlicht wurde, revolutionär. Auch heute ist das Konzept der mehreren Generationen, die man durchlebt relativ unverbraucht und charmant gestaltet, wenn sich natürlich auch einige Dinge gerusht anfühlen und minimalistisch sind. Die grundsätzliche Story ist relativ klassisch. Ein böser Overlord tut eben Böses und man spielt die Gruppe aus Helden, die sich dem Bösen entgegenstellt. Nachher gibt es noch einen kleinen Zwist, der aus heutiger Perspektive (und auch schon zu Zeiten von Final Fantasy IV, was ungefähr zur gleichen Zeit erschien) niemanden mehr überrascht. Dafür ist der Titel zumindest lose in die Lore der Zenitia Trilogie (Dragon Quest IV, V und VI) eingebettet, was ich für damalige Zeit als interessante Design-Entscheidung halte und mir als Gegenelement zu Final Fantasy, wo damals noch jeder Teil absolut losgelöst war, gut gefällt. Es hat ein wenig von den heutigen Dark Souls Spielen, die zwar zusammenhängen, wo man sich die chronologische Logik und Zusammenhänge im Detail aber selbst erschließen muss, indem man zwischen den Zeilen liest.
Zu sagen, dass das Spiel einen heute nicht mehr hinter dem Ofen hervorlockt durch seine Story, wäre etwas unfair. Ich finde es aber auch unpassend oder falsche Erwartungen weckend, wenn in vielen Reviews von „einer der besten JRPG-Stories aller Zeiten gesprochen wird“. Das finde ich selbst im Kontext der damaligen Zeit überzogen und weckt insbesondere vor dem Hintergrund heutiger Standards eine vollkommen falsche Erwartung.
Auf spielerischer Ebene hatte ich wirklich nervige Momente mit dem Spiel. Zum Einen führte dieser Titel ja die Monsterfang Mechanik in das Dragon Quest Franchise ein und ist neben Shin Megami Tensei wohl der Mitbegründer für das Pokémon Franchise. Leider merkt man, dass das Konzept hier noch extrem schlecht gebalanced ist. Die Monster fungieren als richtige Partymitglieder neben anderen rekrutierbaren Charakteren, also sie sind keine Mechanik in der Mechanik. Man kann eine gewisse Anzahl im Wage mit sich führen (man bekommt einen Pferdewagen relativ zu Beginn), so dass man einige Party Mitglieder in Reserve hat, die auch passiv mitgelevelt werden. Ist der Wagen voll, so kann man überschüssige Monster, die man evtl. auf dem Weg „rekrutiert“ in eine Auffangstation schicken. In einigen Kämpfen kann man diese Reservemonster sogar in den Kampf einwechseln bzw. mit dem B-Team den Kampf fortführen, sollte man ausgelöscht werden. Leider hat sich mir bis zum Ende des Spiels nicht erschlossen, in welchen Kämpfen dies der Fall ist (nicht dass man es wirklich brauchen würde, das Spiel ist relativ einfach). Auch gibt es die Möglichkeit, in manchen Dungeons von den passiven Fähigkeiten (hauptsächlich Heil-Magie) der Reserve-Monster Gebrauch zu machen, was insofern ressourcen-schonend ist, als dass man die Magiepunkte der aktiven Monster dann im Kampf nutzen kann. Auch hier ist nicht ersichtlich bzw. wird nicht kommuniziert, in welchen Dungeons dies der Fall ist. In manchen Höhlen und Kerkern kann man die B-Monster nutzen in anderen nicht. Mir erschloss sich da keine Logik. Zunächst dachte ich, dass in geschlossenen Örtlichkeiten der Wagen nicht mit kann, aber man hat in einigen Höhlen dennoch die B-Monster zur Verfügung. Es war nicht wirklich störend aber doch seltsam und für mich nicht stringent.
Ein weiteres massives Problem ist der RNG-Faktor in dem Spiel. Zum Einen ist die Encounter Rate an einigen Orten wirklich brutal hoch, was aber auch der Zeit geschuldet ist. Dennoch hätte man dies im Remake etwas besser balancen können meiner Meinung nach. Zudem ist auffällig, dass effektives Spielen nicht belohnt sondern sogar bestraft wird. Folgendes ist mir aufgefallen:
In einigen Passagen des Spiels habe ich gelevelt (hauptsächlich, um Geld zu farmen für bessere Ausrüstung, was aufgrund der immens niedrigen Dropraten der Gegner sehr mühsam und langwierig war). Nun versucht man natürlich eine Gegnergruppe so effizient wie möglich auszulöschen und überlegt – nachdem man Schwächen gegenüber physischen oder magischen Angriffen sowie ungefähre HP-Bestände der Gegner rausgefunden hat – wie man die unterschiedlichen Feindes-Gruppen in möglichst wenig Zügen mit möglichst wenig Hitpoint Verlust bezwingen kann.
Und egal wie gut man in der ersten Runde die meisten Gegner ausschaltet, der letzte Gegner wählt dann aus Prinzip immer die eine stärkste Attacke, die zu allem Überfluss auch noch alle Party Mitglieder trifft. Nicht, dass man dadurch oft in Bedrängnis kommt, aber das Spiel zeigt einem den Stinkefinger. „Du willst effektiv spielen? Ätschibätschi, haste Dir gedacht. Wir ziehen Dir jetzt erst recht nochmal viele Hit Points ab, damit Du nach dem Kampf wieder heilen darfst“. Das ist genau die Konsequenz: Man muss nach fast jedem Kampf heilen, da die eigene Truppe häufig um die Hälfte der HP reduziert wurde.
Die Ausnahme ist, wenn man von bestimmten Monstern mit Zustandsveränderungen (Fluch) belegt wird, die bis zu einem späten Zeitpunkt im Spiel nur in der Kirche geheilt werden können. So ist es vorgekommen, dass ich ein optionales Verlies (die Garderobengruft zu Deutsch, ich glaube im Englischen war es mantle cave) voll vorbereitet betreten habe, nur um in der ersten Begegnung verflucht zu werden und in die letzte Stadt zurückkehren zu müssen. Was mir auch passiert ist, dass ein Monster im letzten Gebiet einen Todeszauber wirkt, der die ganze Truppe trifft und bei Pech die gesamte Truppe auslöscht. Das ist mir zwei Mal passiert und auch Gegenstände, die vor Zustandsveränderungen schützen, bewahren einen davor nicht. Es ist einfach vollkommen random, ob gar nichts passiert oder man schlimmstenfalls den Game Over Bildschirm zu sehen bekommt. Und man kann nichts dagegen tun.
Der Heilvorgang ist zudem extrem nervig, da man jedes Mal ein Menü öffnen muss, Magie auswählt, den Charakter der die Magie wirkt, und das Ziel, auf das die Magie gewirkt werden soll. Solange man noch keine (extrem magiepunktefressende) Multimagie hat, muss man das dann mehrfach für jeden Charakter wiederholen. Bei der Multimagie erhält man für jeden Charakter separat den Hinweis „XYs Wunden wurden geheilt, YZs Wunden wurden geheilt…“, was sich auch auf die B-Truppe fortsetzt, so dass man nach jedem Kampf ca. 8x „Person xy wurde geheilt“ wegklicken muss. Insgesamt hat das Spiel das Problem extreeeem langsam zu laufen. Im Kampf werden alle Aktionen kommentiert, was wohl ebenfalls am NES-Ursprung des Spiels liegt, aber in der Ära des Remakes hätte man das benutzerfreundlicher visualisieren können, ohne jeden Step des Kampfes per Text zu erläutern. Ähnlich verhält es sich in der Kirche bei Speicher- Wiederbelebungs- und Fluchbereinigungsprozessen, wo man sich jedes Mal durch elendig lange Texte klicken muss, wo man beim Speichervorgang am Ende sogar gefragt wird, ob man das Spiel fortsetzen möchte und bei versehentlich falscher Bestätigung der DS runtergefahren wird.
Ein weiteres Problem ist die Monster-Rekrutierung. Diese ist vollkommen zufällig und das Spiel kommuniziert nicht mal, welche Monster rekrutierbar sind. So kann man inhärent im Kampf nicht identifizieren, ob ein Monster sich einem ggf. anschließen kann. Manchmal erscheint nach Beendigung eines Kampfes die Nachricht, dass sich ein Monster anschließen möchte. Bei den stärkeren Vertretern kommt dies entsprechend seltener vor und so ist mir trotz 4-stündiger Grind-Session im letzten Abschnitt verwehrt geblieben, eines der Top-Monster zu rekrutieren.
Monster haben im Übrigen Geschlechter und es kann durchaus sein, dass man diese paaren und züchten kann. Ich habe die Monster-Auffangstation nach der ersten Erläuterung aber nie wieder besucht und mich zunächst mit den obligatorischen Party-Mitgliedern plus einem Schleimritter durch die erste Hälfte des Spiels gekämpft, bevor ich diesen in der zweiten Hälfte durch einen Golem ersetzt habe.
Diese ganzen Mechaniken und Design-Entscheidungen ergeben zusammen mit der stellenweise Unklarheit, wie es weiter geht (wobei ich dies immer noch besser finde als viele der heutigen Schlauch-Spiele), ein für mich extrem frustiges Spielerlebnis und zwar genau aus den falschen Gründen. Das Spiel ist nämlich in keinster Weise wirklich schwer, es wirkt aber einfach nicht fair, nicht gebalanced und wirft einem keine wirklichen organischen Herausforderungen entgegen sondern NERVT schlicht und ergreifend den Spieler.
Grafisch und akustisch ist das Spiel sehr schön, man erkennt den Toriyama Stil exzellent (was für den einen gut, für den anderen schlecht sein mag; Ich persönlich mag die Dragon Ball Ästhethik), die Spritearts sind spitzenmäßig und mit viel Bewegung und tollen Animationen versehen, die Hintergründe schön gezeichnet und farbenfroh. Die Umgebung lässt sich komplett drehen (wieder: An einigen wahllosen Stellen nicht). Die Vermischung in der Field-Map mit 3D-Grafik erinnert an PSX-RPGs, aber auch hier fand ich die Entscheidung, bestimmte Elemente durch Polygone statt Sprites darzustellen eher unschön. Es gibt in dem Spiel z.B. einen Drachen, der aus Polygonen besteht ganz ähnlich wie in Breath of Fire IV. Das wirkt irgendwie unstimmig und passt nicht zur sehr schönen Präsentation. Die Klänge sind klassisch und eben das typische Dragon Quest Gedudel. Das hat einen ähnlichen Effekt wie die Artworks: Entweder man empfindet es charmant und heimelig und zu simplifiziert und altbacken.
Insgesamt bin ich wirklich sehr genervt gewesen von dem Spiel und aufgrund meiner hohen Erwartung kommt das Spiel jetzt so kurz nach dem Durchspielen ziemlich schlecht bei mir weg. Ich habe mir für den Text extra eine Woche Zeit gelassen, damit alles was sacken kann, aber ich kann Stand jetzt nicht sagen, dass Dragon Quest V mir positiv in Erinnerung geblieben ist oder meine Erartungen im Ansatz erfüllt. Ein wenig scheue ich mich jetzt auch, die übrige Serie anzugehen, denn die Erfahrung mit DQV steht sehr im Kontrast zu XI, wo ich wenig erwartet und mit einem hervorragenden Spiel überrascht wurde. Auch habe ich mich sehr auf das DQIII Remake gefreut. Da das Grundgerüst dieses Spiels aber noch weiter zurück liegt und ich abseits der Grafik nicht weiß, inwieweit einige Design-Entscheidungen angepasst werden, schwingt da jetzt ein gewisser Unmut mit, so sehr mir der Octopath Stil für dieses Spiel auch zusagt.
Eine Wertung lasse ich an der Stelle weg, da ich niemanden verärgern möchte und selber hoffe, dass die Erfahrung mit etwas Abstand bei mir selbst noch korrigiert und relativiert wird.
Spielzeit: Ca. 30 Stunden
Wertung: X,X / 10