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Ritter
God of War
Habe vorgestern God of War beendet (auf "Herausforderung") und würde hier gerne meinen Senf dazu abgeben (ausnahmsweise etwas ausführlicher).
Eins vorweg: Präsentation, Charakterzeichnung, Musik, Setting, Story etc. finde ich wirklich hervorragend. Das hat mich wirklich überzeugt und auch letzten Endes zum Weiterspielen motiviert. Wirklich ein tolles Erlebnis aus cineastischer Perspektive und Kratos hat mir als Charakter wirklich gut gefallen.
Problematisch wird es aus meiner Sicht beim Gameplay und das lässt sich in zwei Aspekte unterteilen:
1) Zum Einen wirkt das Spiel extrem geradlinig. Damit meine ich nicht mangelnde Erkundungsfreiheit, die Abstinenz einer Open-World zugunsten einer Zelda ähnlichen Spielwelt (sprich: Hubwelt, mit verschiedenen Gebieten die von dort abzweigen) finde ich extrem angenehm. Jedoch sind die Gebiete in sich doch sehr eingeschränkt. Klar gibt es hie und da einige Abzweigungen, die zu optionalen Mini Gebieten oder Schatztruhen führen. Jedoch gibt es mindestens ebensoviele unsichtbare Wände und nicht nachvollziehbare Restriktionen, die einen in der Bewegungsfreiheit einschränken. Das wirkt extrem altertümlich auf mich in einem negativen Sinne. Die Umgebungen fühlen sich somit nicht organisch sondern extrem videospielartig an und erinnern mich in ihrer Struktur an frühe 3D-Spiele der PS1/N64/PS2 Ära.
Auch die Rätsel haben ein ähnliches Problem. Bis auf eine Ausnahme wusste ich in jedem Raum (ich habe das Spiel nicht auf 100% gespielt), den ich gesehen habe, quasi auf Anhieb was von mir gewollt ist. Gerade im Kontext der antiken Ruinen mit ihren Geheimnissen und Fallen fühlt sich das für mich einfach viel zu sehr nach Videospiel-ShemaF an. Das Problem ist auch, dass sich die Rätsel meistens entweder auf einen Raum beschränken, oder ein Rätsel-Prinzip zwar den Spieler durch einen Dungeon begleitet, die Bewältigung jedoch wie auf einer Straße verläuft. Sprich: Es wird immer genau eine Aktion am nächsten "Wegpunkt" von einem verlangt und vorher kann man nicht weiter und zurück kann man auch nicht großartig. Daher hat man nicht das Gefühl, sich auch mal in den Tempeln und Höhlen (den Dungeons wenn man so will) verfransen zu können, da die Levelstruktur einen immer auf einem Pfad hält.
2) Das größere Problem ist für mich das Kampfsystem. Hier muss ich leider den Dark Souls Vergleich ziehen, da das System sich in einigen Punkten offensichtlich davon hat inspirieren lassen (was per se nichts Schlimmes ist), jedoch das Ganze deutlich weniger elegant umsetzt. Zum einen finde ich, dass das Ganze sich relativ unpräzise spielen lässt. Man kann Gegner zwar auslesen, aber selbst wenn ich ein Bewegungsmuster einstudiert hatte, hatte ich nie das Gefühl, wirklich 100%ige Kontrolle im Kampf zu haben. Das liegt m.E. daran, dass die Ausweich- und Blockfenster nicht ganz genau sind. Mal konnte ich bestimmten Angriffen der Gegner (ich nehme hier gerne die Walküren als Beispiel) mit dem richtigen Timing ausweichen und dachte endlich einen verlässlichen Weg gegen diese bestimmte Attacke gefunden zu haben. Dann trifft der Gegner mich aber doch wieder, obwohl mein Timing und meine Richtung exakt gleich waren. Das sorgt für Frust und darf in so einem kampflastigen Action-RPG eigentlich nicht passieren. Das Gefühl hatte ich bei Dark Souls oder Bloodborne z.B. nie. Hier war ein Treffer immer mein Verschulden und ich konnte immer erkennen, warum ich welchen Fehler gemacht habe.
Hinzu kommt bei GoW die fehlende Übersicht bei Kämpfen. Das wird vor allem problematisch, da man es häufig mit Massenkämpfen zu tun bekommt. Für eine schnelle Drehung muss man das Steuerkreuz betätigen und dafür seinen Daumen vom Stick nehmen, was gerade in hitzigen Gefechten extrem unpraktisch ist. Zusätzlich ist die Kamera zwar so positioniert, dass das Geschehen immer cineastisch und beeindruckend wirkt, die Übersicht jedoch darunter leidet. Abhilfe sollen verschiedenartige Pfeile schaffen, die Angriffe von hinten oder von den Seiten suggerieren. Das genaue Timing bzw. die Richtung aus der die Angriffe erfolgen und wo sich noch Gegner aufhalten, wird jedoch dadurch nie wirklich klar. So kommt es häufig vor, dass man einen Angriff durch den eingeblendeten Pfeil "schätzt" jedoch in den nächsten Angriff eines anderen Gegners reinrollt etc.
Das ganze Kampfsystem leidet daher meiner Ansicht nach unter einer gewissen Trägheit der Spielfigur (die aufgrund Kratos Körpermasse zwar realistisch, angesichts dessen was das Spiel von einem verlangt aber kontraproduktiv ist) und mangelnder Übersicht.
Weiterhin halte ich es für eine schlechte Idee, dass ein Großteil der Kampfmanöver und somit viele Gameplay Aspekte erst durch ein Fähigkeitensystem freigeschaltet werden müssen. Das beeinträchtigt die Lernkurve des Kampfsystems extrem, da ich in so einem Spiel gerne von Anfang an alle grundsätzlichen Möglichkeiten zur Verfügung habe (die im Spielverlauf gerne verstärkt werden können), damit ich von Beginn an lernen kann mit allen Fähigeiten zu agieren.
Ich habe das Spiel auf Herausforderung gespielt und hatte an einigen Stellen wirklich Probleme, während ich andere Stellen als viel zu leicht empfand. Der Wechsel zu God of War wurde mir jedoch aufgrund meiner Kritikpunkte am Kampfsystem zunächst zu einem zu großen Risiko, da selbst auf Herausforderung einige Kämpfe in meinen Augen fast zu einem Glücksspiel avancierten (mal wurde ich 5x in Folge geradezu niedergemetzelt während ich dann den gleichen Kampf auf einmal beinahe ohne Gegenwehr gewann, weil die Gegner sich anders verteilt haben bzw. meine exakt gleichen Kontermethoden auf einmal funktionierten). Insbesondere jedoch im späteren Spielverlauf marschierte ich durch wie ein warmes Messer durch Butter, was insbesondere einigen sehr überpowerten Ausrüstungsgegenständen zu verdanken ist. Jedoch war ich bereits so weit im Spiel, dass ich nicht wieder von vorne anfangen wollte, nur um durch den höchsten Schwierigkeitsgrad wieder eine Herausforderung zu generieren. Man kann nämlich zwischen den ersten drei Schwierigkeitsgraden nach Belieben wechseln, "God of War" ist jedoch nur von Anfang an und unwiderruflich wählbar.
Insgesamt verwundert es mich etwas, dass jüngst Nintendo bei den Breath of the Wild Reviews ein teilweise starker Gegenwind widerfuhr und sogar Stimmen laut wurden, Reviews seien gekauft worden, da das Spiel doch einige Schwächen aufwies, die in den Reviews so gut wie nicht adressiert wurden. Bei GoW sind einige Schwächen in meinen Augen viel grundsätzlicher, doch scheint dies durch wenige Spieler Beachtung zu finden.
Ist sicher ein langer Text geworden, aber ich wollte meine Meinung in diesem speziellen Fall doch gerne etwas genauer begründen, da ich mir denken kann, dass meine Meinung nicht viel Anklang findet ^^
Trotzdem erachte ich GoW als "gutes" Spiel und würde es sicherlich irgendwo im niedrigen 80er Bereich ansiedeln. Das Meisterwerk, als das es fast ausschließlich angepriesen wird, ist es meiner persönlichen Meinung nach aber nicht
Geändert von N_snake (18.05.2018 um 08:36 Uhr)
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