So, hier können sich Leute, die mehr Ahnung von gender haben jetzt darüber aufregen, wie ich Begriffe falsch verwende
Der Gedanke, dass der MC eventuell nicht in das gender binary fällt kam mir eigentlich schon beim Lesen der Nachricht des Vaters, dass er sich ja nicht so für Mädchen interessieren würde. Hätte man vielleicht etwas subtiler gestalten sollen, damit das wirklich ein Twist ist. Dass das Wochenende dann auch irgendwas mit LBGT zu tun haben wird war demnach nicht überraschend. Auch, dass ihr Cousin keinem "Kult" beigetreten ist war ziemlich klar. Vielleicht ist dieses Foreshadowing (wenn man es denn so nennen mag) aber auch nötig, damit man beim Lesen der vielen Nachrichten gleich Überlegungen anstellt, wie sehr sich Sam eigentlich verbiegen und wie sehr sie ihre Identität... leugnen musste?
Im Profil auf der Dating Seite steht ja direkt, dass sie Lügner nicht ausstehen kann - und hat selber viele angelogen. Ich will hier nicht von der Leier hauen, dass ich das verstehen könne, aber das ist ja die Stärke von Videospielen: durch das direktere Erleben von Geschichten kann man definitiv mehr Empathie entwickeln. Und würde sagen, dass das hier auch ganz gut funktioniert hat. Vor allem wird später doch recht deutlich, wie Sams Familie bzw. der ganze Ort drauf ist. Das resultiert in Tagebucheinträgen, die einen leicht gespaltenen Charakter haben - an einigen Tagen läuft es gut, an anderen richtig schlecht.
Der Titel "A Normal Lost Phone" könnte einem übrigens auch schon vermitteln, worum es *vielleicht* geht. Oder, dass die Entwickler "Accidental Queens" sind *g*
Kritik würde ich hauptsächlich an zwei Sachen äußern:
1. Bin selber noch nicht in LBGT Foren unterwegs gewesen, aber das hatte stellenweise nen gewissen Wikipedia-Charakter. So im Stile "wir müssen versuchen, so viele Gendertypen wie möglich ins Forum zu kriegen und den Leuten erklären". War aber nicht schlecht geschrieben und vielleicht ist das eher Unwissenheit der Materie. Andererseits ist vieles natürlich nur "fluff", weil man am Ende jedes Threads lesen kann, wie man weiterkommt, falls man sich für die verschiedenen Facetten nicht interessiert.
2. Zu viel von dem Ganzen hat sich um Sams Trans-Identität gedreht. OK, das ist auch die Hauptstory vom Spiel, aber hab jetzt nen recht blassen Eindruck von ihm. Also, er mag Musik (spielt gern Harfe), scheint n ganz cooler Typ zu sein, abergläubisch, ist ein Mustersohn und... trans? Klar, das gibt ihm schon mehr Persönlichkeit als nem 0815 Game Hauptcharakter, aber dafür, dass man durch seine persönlichsten Einträge wühlt hätte ich erwartet, dass mir mehr über ihn im Gedächtnis bleibt.
Zusätzlich hätte man den "Rätselteil" noch etwas ausgestalten können. Sehe aber auch ein, dass es nur so viele Sachen gibt, die man auf nem Smartphone "sperren" kann. Und dass Sam jetzt kein Superhacker ist, der alles mit 100 Passwörtern schützt, macht das Spiel schon sehr deutlich *g*