"Was ist Pony Island und wieso erfährt es gerade so einen kleinen Hype?"
Pony Island ist ein kurzer aber recht einzigartiger Puzzle/Adventure/Autoscroll-Plattformer... eher etwas, was sich eben nicht in eine Genre-Schublade stecken lässt. Und darin liegt wohl schon die größte Stärke des Spiels und wohl der Grund warum sich gerade weltweit sämtliche Review-Magazine mit Bestwertungen überschlagen.
Was gibt es denn angenehmeres als ein 2-Stunden-Spiel was irgendwo aus der Masse heraussticht und zu dem sich so viel markantes schreiben lässt, mit dem man schon nach wenigen Minuten, frei von Schreibblockaden seine Mindestanzahl an Zeilen für eine "professionelle" Review beisammen hat?
Hach ja, das Leben eines Spieletesters kann so einfach sein..
"Worum geht es ungefähr?"
Pony Island macht beim Hauptmenü auf dem ersten Blick einen unschuldigen und "überniedlichen" Eindruck, als würde man gerade ein billiges Flashgame für kleine Mädchen spielen. Doch wenige Sekunden nach Spielstart enhüllt sich auch schon die wahre Natur von Pony Island, eine Arcade Maschine die wohl vom Teufel höchstpersönlich geschaffen wurde.
Da das Spiel schon damit wirbt, dass es eben kein Spiel über Ponys ist, kann ich wohl hier dem Entwickler keinen Vorwurf machen dass er nicht mal versucht hat sowas wie eine unscheinbare Fassade aufzubauen. Allerdings kann ich das "Horrorszenario" so aber auch nur höchstens als Setting werten und kein "Spielen mit der 4. Wand" wie es sonst so gerne behauptet wird.
Das Setting umsetzen tut es eher oberflächlich, bei Fehlschlag muss man nichts in die Arcade Maschine reinschmeißen. Continues, sind dem Teufel wohl fremd, er fragt einen zwar mehrmals höflich ob man nicht seine Seele da lassen möchte, aber gezwungen muss man sich zu gar nichts fühlen.
Überhaupt ist das Spiel viel eher eine Simulation eines Browsers alter Betriebssysteme. Denn anscheinend ist diese dumme Arcade Maschine nicht mal eine Serienfertigung, sondern nur eine verkleidete Windows NT Schrottbüchse.
Noch dazu sei gesagt, dass der Spieler, der in die gewölbte, flimmernde Mattscheibe glotzt, ebenfalls im Spiel simuliert wurde. Was dazu geführt hat, dass ich mich als Spieler so gar nicht mehr angesprochen gefühlt habe. Sondern stattdessen eher einen Typen, der (aus welchen Grund auch immer) nicht mehr vom Computer weggeht, helfe von dem Spiel los zu kommen.
"Was lässt sich denn nun zum Spiel an sich sagen?"
Nichts weiter, als dass es auch nur ein Spiel wie jedes andere ist.
Im Spiel wird man ständig vom Teufel konfrontiert, der einen dazu auffordert doch sein heißgeliebtes und absolut fehlerloses Spiel zu spielen, was sich aber in Wahrheit ständig aufhängt und von Bugs geplagt wird.
Und dabei kommt schon die Hauptkomponente des Gameplays zum Einsatz. Das "Debugging", wann immer es das Spiel vorsieht, klickt man auf einen kleinen Riss im Spiel und fängt dann an die Fehler zu beheben. Natürlich ist es weitaus unkomplizierter und weniger "frei" als es klingt. Man muss nicht wirklich Maschinencode hinzufügen, falls ihr das dachtet.
Stattdessen, sind die Debugging-Einlagen kleinere Rätsel, bei der man bestimmte Anweisungen in markierte Fehler legt. Sobald alle Lücken gefüllt sind, läuft ein Cursor automatisch vom Anfang bis Ende des Codes. Es gilt dann über die Anweisungen, den Pointer von einem hervorgehoben Anfang zu einem hervorgehobenen Ende zu geleiten. Die Anweisungen symbolisieren dabei wohl Befehle wie MOVE, RETURN und JUMP.
Die Rätsel mögen zwar nicht sonderlich anspruchsvoll sein, allerdings wird aus dem Konzept mit seinen limitierten Möglichkeiten so viel wie möglich herausgeholt, der ein oder andere Aha-Moment stellt sich ein. Wenn man versucht Anweisungen zu umgehen, welche den Wert der Variable vermindern, welche unbedingt eine Grenze überschreiten muss.
Das eigentliche Arcade Spiel Pony Island, fällt da schon deutlich monotoner aus. Ein Pony rennt automatisch von Anfang bis Ende des Level, dabei gibt es genau 3 Dinge zu beachten: Hindernisse über die man springen, Hindernisse die so weit liegen dass man über sie gleitet und Gegner, die man weg laz0rt. Weiterentwickeln tut sich das Gameplay im Verlauf der kurzen Spielzeit nur marginal, aber da die Spielzeit allgemein so mickrig ist, kann man wohl durchaus behaupten dass es zumindest über die Dauer gerade noch so "unterhält".
Zwischen diesen 2 Hauptkomponenten des Gameplays, gibt es natürlich noch das rumhantieren im Browser. Um überhaupt Pony Island zum laufen zu kriegen, wird man dazu aufgefordert sich durch Dateien zu wühlen, während man mit einer mysteriösen Person kommuniziert. Genau in den Segmenten glänzt das Spiel mit vielen interessanten Ideen und künstlichen WTF-Momenten, bei dem man auch immer einige Secrets entdecken kann, wenn man sehr ausführlich alles inspiziert.
"Was ist denn jetzt überhaupt das Ziel des Spiels?"
Das habe ich mich auch die ganze Zeit gefragt, bzw weniger das "Was" eher das "Warum". Im Endeffekt muss man das Betriebssystem wohl endgültig zum Kollaps führen, in dem man die 3 dämonischen virtuellen Kerne löscht. Jeder Kern ist dabei ein Kapitel Ein Plotpunkt der mich eher enttäuscht hat, denn damit biedert sich das Spiel viel eher der klassischen Gliederung eines Videospiels an, etwas was bei einem Spiel was ja so unglaublich Meta sein soll und Verwirrung stiften möchte, kontraproduktiv ist.
Zumindest führt es zu einigen Highlights. Denn die Bosskämpfe fassen noch mal das beste vom Gameplay des Spiels zusammen. Ein Kern verleiht dem Debugging eine neue Tiefe, während der andere auf Geschicklichkeit setzt und wo der letzte dann tatsächlich sogar psychologischer Natur ist.
Ohne nun spoilern zu wollen, aber es sollte wohl klar sein dass ein solches Spiel mit Pseudo-Fehlermeldungen und diesen ganzen angeteaserten Meta-Kram, so tun will als würde euer Rechner oder gar Steam verrückt spielen. Leider tut es das wirklich nicht sehr gut. Die Momente, wo es das tut reihen sich alle aneinander und sind unglaublich vorhersehbarer Natur:
Das deckt eigentlich schon sämtliche Meta-Komponente des Spiels. Das Spiel tut so als würde es selbst mit einem spielen, aber tatsächlich hat es selten eine passende Antwort parat, wenn man sich einfach mal weigert nach seinen Regeln zu spielen, stattdessen schaltet es wie ein kleines Kind auf stur und lässt dich erst weiter spielen, wenn man exakt das macht was einen vorgeschlagen wird... wie in jedem gottverdammt anderen Spiel auch.
Wie erwähnt werden Chatgespräche simuliert, doch egal was man tut, die Antworten werden so neutral wie möglich gehalten um zu simulieren, dass man doch tatsächlich gerade mit einer künstlichen Intelligenz redet. Dass ich aber die ganze Zeit nur "No" und "C-o-c-k-f-a-c-e" schreibe, darauf scheint das Spiel nicht im geringsten drauf eingehen zu können.
Wie soll ich das Gefühl bekommen jemanden zu outsmarten, wenn mir das Spiel doch letztlich sowieso nicht mehr als eine Möglichkeit lässt und bei Abweichungen vom Geschehen, nicht mal irgendwelche Alternativen Reaktionen parat hat. Wenn man irgendworan scheitert, wird sowieso schön brav wieder an der Stelle wo man gescheitert ist zurückgesetzt. Wo soll das ein Gefühl von Machtlosigkeit erzeugen?
Wenn man tatsächlich auch mal nur für kurze Zeit vergessen soll das man ein Spiel spielt, dann ist das Projekt definitiv gescheitert.
"Hat das einen Spiel Replay-Value?"
Nein definitiv nicht. Man kann ein geheimes Ende freischalten indem man optionale Sammelgegenstände findet, aber da es unwahrscheinlich ist das einem das schon beim ersten Durchspielen gelingt. Muss man sich an wenigen Wiedereinstiegspunkte wieder sämtlichen Dialogen, Rätseln und Geschicklichkeitspassagen stellen. Und das ohne Guide wahrscheinlich sogar mehr als einmal. Das Ende was einem dabei erwartet ist absolut antiklimatisch und zeigt einem wieder einmal dass gerade das Geschicklichkeitsgameplay, mehr von seinen Ideen und Artstyle lebt, als von seiner Ausführung. 100% ist hierbei absolute Zeitverschwendung und möglicherweise sogar die Meta-Message die einem das Spiel noch mal geben will.
Ohne zu spoilern, aber gerade das (billige) Ende des Spiels hat mir noch mal deutlich vor Augen geführt dass der Autor des Spiels sich doch ein bisschen zu sehr von Undertale hat inspieren lassen.
"Abschließendes Fazit?"
Sicherlich ein nettes Spiel, zum einmal durchspielen, aber in keinster Weise wird es den Hype der darum momentan geschürt wird auch nur annähernd gerecht. Dafür ist es schlichtweg auch nicht so intelligent wie es gerne sein würde. Die Meta-Elemente lassen sich auf ein paar billige Schreck-Momente reduzieren und sind vor allem nicht mal dramaturgisch wertvoll verbaut. Sowas wie eine Art Selbstinteraktivität ist nicht auffindbar. Der Horror der erzeugt werden soll ist nur wenig subtil.
Da es gerade mal 5€ kostet, kann man durchaus mal einen Blick riskieren, man sollte aber nicht zu viel erwarten.