Wil Wheaton, Grant Imahara und Colin Ferguson gemeinsam in einer Show? Shut up and take my money!
Oh mein Gott. Ich muss mal kurz die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.
DriveThruRPG hat heute einen Newsletter herumgeschickt, in welchem sie als "Archetype of the Week" den "Noble Savage" (den edlen Wilden, der englischsprachige Artikel ist aber besser) vorgestellt haben, so richtig schön mit eins zu eins 1900er Kolonialansichten a la "er ist ehrenhaft und unbeeinflusst von der Korruption moderner Zivilisation, trotz seiner barbarischen Natur". Das ist ein Archetyp, der in Literatur und Geisteswissenschaft seit vielen Jahrzehnten als komplett rassistisch, als überholt und als lächerlich gilt. Der Editor in Chief versinkt zwar vor Scham (hat eine Entschuldigungsmail rumgeschickt, in der ÜBERdeutlich geworden ist, WIE peinlich er das ganze findet), aber die Sache zeigt trotzdem mal wieder schön, wie weit zurück die Rollenspielszene in so mancher Angelegenheit noch ist, weil sie sich halt seit Jahrzehnten vorzüglich hinter "ist doch nur ein Spiel" und "beispielhafter" Hochliteratur a la Conan und Tarzan als Inspiration versteckt.
Im Ernst, weiß grad wirklich nicht, ob ich laut lachen oder weinen soll.
Und dabei ist das hier nur Amerika. Meiner Meinung nach ist die Situation in der deutschen Rollenspielszene oftmals noch schlimmer, gerade auch bei DSA.
Finde ihn als Archetyp für einzelne Charaktere nicht wirklich problematisch. Ich meine, viele Elfenarten sind doch auch nicht großartig anders. Und wohinter man sich bei "ist doch nur ein Spiel" jetzt versteckt ist mir auch nicht klar. Es ist eben nur ein Spiel.
Geändert von WeTa (23.03.2012 um 22:21 Uhr)
Ich glaube, mit einzelnen Charakteren hätte ich auch kein Problem. Es gibt nun mal "edle Wilde", Archetyp hin oder her - wobei das dann auch stark darauf ankommt, wer sich so einen Charakter baut, und wieso, zumindest für mich. Das Ganze aber offiziell als Archetyp anzuerkennen, also als typische Charakterschablone, zeugt erstmal von der Annahme, der "edle Wilde" sei TATSÄCHLICH etwas typisches. Und das ist, nett ausgedrückt, fragwürdig - nein, eigentlich ist es im Diskurs inzwischen komplett und kompromisslos abgelehnt. Warum genau, steht auf Wiki, aber simpel ausgedrückt geht es darum, dass solche Vereinfachungen immer erstmal einen Gegensatz unterstreichen (in diesem Fall wild <-> zivilisiert), der in der Realität aber alles andere als selbstverständlich - oder auch nur existent - ist. Das gilt selbst dann, wenn die Vereinfachung vorrangig positive Züge hat; dann ist es bloß subtiler versteckt und leichter zu rechtfertigen.
Um das erste Argument etwas reißerisch zu illustrieren: Man will auch keinen Archetyp "fauler Nigger", obwohl es mit Sicherheit faule Schwarze gibt (was sicher auch ein cooles Charakterkonzept ist). Das vereinfacht die Dinge einfach zu stark und bestätigt ein Verständnis der Realität, das veraltet ist.
Na ja, man spielt halt total runter, dass Medien eben doch auch die Realitäten (und damit die Sichtweisen) konstituieren, von denen sie beeinflusst sind.Zitat
Dass im Rollenspiel ganze Arten/Rassen/Völker, sein es jetzt Elfen oder Indianer, so dargestellt werden, ist definitiv ein Teil des Problems. Man kann dann sagen "in dieser Welt ist das halt so", und in dieser Welt mag das auch gar nicht problematisch sein, aber die Vorlage dafür, das Gedankenkonstrukt, kommt halt aus der Realität - und da ist es verwerflich, weil zu vereinfachend. Wenn man es dann in anderen Welten übernimmt, wird eben dieses Gedankenkonstrukt in den Köpfen verfestigt.
Sehr interessant ist in dieser Hinsicht auch, dass sich bei Rollenspielwelten tatsächlich etwas geändert hat. Wenn du beispielsweise die Forgotten Realms oder Aventurien (80er-Systeme) mit Golarion oder anderen groß angelegten Mainstream-Fantasywelten aus der Gegenwart vergleichst, haben sich diese typischen Wildnisvölker rabiat verändert. Früher hattest du halt tendenziell entweder unzivilisierte Kannibalen oder eben edle Wilde, und heute bricht das viel mehr auf. Das ist halt Postmoderne, und in diesem Fall Postkolonialismus.
Das beste, beste, beste Beispiel ist Shadowrun. Shadowrun (auch aus den 80ern, knappen 90ern) war immer ein traditionell linkes bis linksextremes System. Am Anfang hattest du vorrangig böse Konzerne und böse Umweltverschmutzung, und Fatalismus usw. Auch die edlen Wilden (die ironischerweise ein eher linkes Konzept sind, oberflächlich betrachtet) hatten da immer ihre Rolle, sei es in den Wiccanern, verschiedenen Hexenzirkeln, ganzen Elfenstämmen, Yetis und so weiter und so fort. Shadowrun, im Gegensatz zu vielen Systemen, hat sich aber beständig weiterentwickelt und ist irgendwann in der Gegenwart angekommen. Davon abgesehen, dass es inzwischen auch Konzerne gibt, die gute Seiten haben, wurden auch die Archetypen aufgespalten. Du wirst in Shadowrun keine edlen Wilden mehr finden, die Indianer schlagen sich inzwischen genau so sehr die Köpfe ein (ohne aber in den anderen Archetyp zu verfallen) und die Ghule und die Tibeter sind auch nicht mehr eindeutig in eins der beiden Konzepte einzuordnen.
Na ja, ich sehe trotzdem das Problem dabei nicht.
Waere der Archetyp der "weisse inzestoese IQ3 Hillbilly aus Iowa, Kansas" gewesen, haette sich keiner drueber aufgeregt.
Nur weil die Hautfarbe nicht weiss ist, darf man auf einmal keine faulen, blutruenstigen, zurueckgebliebenen oder noblen Charaktaere spielen ?
Ernsthaft, das fuehrt am Ende genau so (oder noch schlimmer) zu einer Verzerrung der Wirklichkeit, da sich am Ende immer irgendwer ueber irgendwas aufregen wird, was von der "Norm" abweicht (ausser man spielt nen Weissen).
Ich meine, Rollenspiel lebt doch gerade von der Bedienung und ueberraschenden Verneinung von Vorurteilen und Clichès.
Wenn ich in einer Welt wie Jules Vernes in "80 Tagen um die Welt" spiele, und mein stocksteifer Englaender (auch ein Clichè) die auf der Beerdigung ihres Zwangsehemannes zu verbrennende indische Prinzessin retten soll, so hat keiner was davon, wenn darueber lammentiert wird, dass dies unser modernes emanzipiertes Frauenbild verletzen koennte. Genau so ist es mit Resourcen aus Abenteuerromanen wie Robinson Crusoe, etc. Wenn wer mit so etwas spielen will, so lasset sie doch. Soll jeder seinen Spass haben, solange niemand anwesendes dabei beleidigt wird.
Naja ich seh es auch nicht so eng... Auch das Klischee vom weltfremden Forscher wurde immer wieder verwendet um Leute aus der Wissenschaft die berechtigte Kritik an Sachen geäußert haben zu diskreditieren. Trotzdem kann sich gefühlt ein Drittel der NPC Magier nicht mal allein die Schuhe zubinden oder hat eine Ahnung von der Welt außerhalb ihres Turms. In diesem Fall hat das Klischee sogar reale negative Auswirkungen (während ich das Gefühl habe das ein Haufen Naturvölker vom Klischee des edlen Wilden profitieren einfach indem sie in Ruhe gelassen werden.) Rollenspiel lebt wie schon geschrieben auch vom Spielen mit Klischees. Wenn ich versuche alle Klischees die ich in der Wirklichkeit wiederfinde zu eliminieren bleibt von vielen Systemen nichts mehr übrig. Letztendlich ist es natürlich auch eine Flucht in eine Welt wie sie einem gefällt, es ist dann auch Frage des Spielleiters/der Gruppe in wie weit das schwarz/weiss oder in allen Grauschattierungen zu haben ist.
--...no practical definition of freedom is complete without the freedom to take the consequences. Indeed it is the freedom upon which all the others are based - Terry Pratchett, Going Postal
Ich bin doch nur ein Spieler
Ich antworte mal hiermit:Zitat von Luki
Also, ganz wichtig: JA, natürlich darfst du einen edlen Wilden spielen. Das Problem ist der Archetyp. (Lest doch mal, was tatsächlich geschrieben wurde, Leuts, und nicht, was ihr erwartet...) Du darfst also auch deinen Inzest-Hillbilly spielen, aber als Archetyp will ich den genau so wenig in einem Regelbuch sehen. O__ôZitat von La Cipolla
Nee, ich glaube schon daran, im Kleinen anzufangen, wenn man ein Problem mit etablierten Zuständen hat. Also auch in Freundeskreis usw. Davon abgesehen würde ich durchaus nicht ablehnen, in einem ähnlich kolonialen Setting wie Vernes Büchern zu spielen - allerdings würde ich dann auch deutlich darauf achten, dass die Gruppe sich dessen bewusst ist. Also ja, ich glaube tatsächlich, dass, auf lange Sicht gesehen, jemand etwas von dieser Art von Spaßverderberei habt. Die übrigens nur dann eine Spaßverderberei ist, wenn die Gruppe sowieso ungern auf Metaebene über das Spiel spricht oder genervt von diesem Thema ist; andernfalls ist das genau so eine Diskussion/Plauderei ums Spiel wie alles andere auch, was eine übliche Rollenspielgruppe so tut.Zitat
Mehr zum "Problem" Klischee gleich.
Sag das mal all den "Naturvölkern", die gern als Zivilisation und nicht als Wilde anerkannt wollen werden.Zitat
Allgemein gesehen (@Niolon & Luki) geht es nicht darum, Klischees auszumerzen, so einfach ist es nicht. Siehe auch die Kommentare zu Lukis Aussagen, da gibt es viel Schwarz und Weiß. Es kommt immer darauf an, auf was ein Klischee beruht, welche Wertungen darin versteckt sind, wie relevant es heute noch ist, und ob es tatsächlich notwendig ist (im Kontext eines Spieles) oder bloß aus Faulheit und Gewohnheit benutzt wird.
Ulisses hat eine DSA-Umfrage mit knapp 2000 (!) Leuten gemacht und die Ergebnisse veröffentlicht. Ich finde das hochgradig interessant, vor allem die Meinungen, die radikal vom Internet-Konsens abweichen (man hat versucht, auch Leute zu erreichen, die nicht in den Foren u.ä. aktiv sind). Ich hab mal ein paar Zitate rausgeschrieben, der Ulisses-Text ist aber sehr gut lesbar.
Das ist doch mal eine positive Überraschung nach dem allgegenwärtigen Internet-Shitstorm.Zitat
O-ha. Ok, ich unterschätze Kaufabenteuer. 68%... Holy...Zitat
Hätte mehr Larper, weniger Meister und vieeeel weniger Abonnenten des Botens erwartet.Zitat
Hier hätte ich WESENTLICH mehr erwartet - man muss sich vor Augen halten, dass immerhin ~500 Leute DSA für die Regeln spielen.Zitat
![]()
;_; Ich find Boxen toll.Zitat
Und zum Abschluss noch ein sehr interessanter Kommentar (kommt, bringt endlich meine 5. Edition):
Zitat
Wirklich sehr interessant und die fast 2000 Befragte sind ziemlich repräsentativ wenn man bedenkt wie klein der Pen & Paper Markt ist.
Den Schluss den man daraus ziehen kann ist das die DSA Spieler wirklich recht zufrieden sind mit DSA. Ich weiß nicht ob es eine Überraschung ist wenn man bedenkt das es immernoch das erfolgreichste deutsche Pen &Paper ist aber es zeigt das die in einigen Foren vorherrschende Meinung nicht die Meinung der eigentlichen DSA Spieler repräsentiert.
Ansonsten denke ich das Ulisses daraus den Schluss ziehen darf das die DSA Spieler momentan recht zufrieden mit ihnen sind, allen Unkenrufen zum trotz. Klar die Noten für das Regelwerk könnten etwas höher sein, aber generell würde ich in den Zahlen kein schwerwiegendes Problem für DSA/Ulisses sehen. Deshalb wäre meine Interpretation des Ergebnisses das sich ein eventuelles DSA 5 nicht allzuweit von der bisherigen Linie entfernen würde. Wenn man die vernichtenden Kritiken in Foren wie dem Tanelorn liesst ist das schon interessant.
Noch viel interessanter für mich als Nicht-DSA-Spieler/Nicht-DSA-Hater sind aber die demographischen Werte die Ulisses leider nicht alle in sein PDF gepackt hat. Die meisten Spieler sind seit über 14 Jahren dabei? (68% sind seit mehr als 11 Jahren dabei und 86% seid mehr als 5 Jahren laut PDF) Das lässt auf ein erhebliches Nachwuchsproblem bei DSA und Pen & Paper allgemein schliessen, wenn die Durchschnittswerte so hoch liegen. (Ja ich schätze DSA als so gewichtig in Deutschland ein.) Dazu passt auch das der durchschnittliche DSA Spieler 31 Jahre alt sind und nur 2%(!!!) der Befragten unter 18 Jahren sind.
Ich will nicht wieder das Requiem für die Rollenspiele einstimmen (das ihr schon vor 3 Jahren abgeschmettert habt) aber ich sehe da langfristig ein großes Problem auf die Rollenspiele zukommen.
Gruß Kayano
--Beschäftigt mit: Anime Fall Season 25
Beendet: Tower Wizard (PC), Tiny Tina's Wonderlands (PC), Fullmetal Alchemist (Anime), Elderand (PC), Wall World (PC)
2024: Journey to Incrementalia (PC), Rogue Legacy (PC), Adrian Tchaikovsky - Die Kinder der Zeit, Liu Cixin - Die drei Sonnen, T.S. Orgel - Behemoth, Lunacid (PC), Forager (PC)
Geändert von Kayano (29.03.2012 um 11:27 Uhr)
Ja, ist ein bekanntes Problem. Gehen die Verlage auch gegen vor (D&D4, Warhammer RPG 3, Pathfinder Beginner Box; in Deutschland kann man mal in Richtung "Quest - Zeit der Helden" bei Pegasus oder Richtung "Abenteuerspiele" bei Ulisses gucken), mit vorhandenem, wenn auch nicht durchschlagendem Erfolg. Das Problem ist in der Tat schon so lange bekannt, dass die Zahlen in jenen Umfragen allen voran Altlasten sind, zumindest nach allem, was ich gehört habe. Dazu kommt, dass das Hobby auch erwachsener geworden ist und schon lange keine Teenie-Domäne mehr darstellt. Von den in Deutschland großen Rollenspielen sprechen imho höchstens Pathfinder und teilweise Savage Worlds bewusst auch ein junges Publikum an, bei den anderen passiert das eher so nebenbei (und wird dann tendenziell auch von den älteren verurteilt).
Denke ich auch. Das Schöne ist, dass so etwas Veränderungen nicht ausschließt (siehe Modularität bei D&D 5). Ich bin ehrlich gesagt sehr optimistisch, mal sehen ob bei Quo Vadis schon was zu einer neuen Edition zu hören ist.Zitat
@Daen: Gut repräsentiert? Ihr fasst Kaufabenteuer doch nicht mal mit der Kneifzange an.![]()
Wenn du von Altlasten sprichst nehme ich an du meinst die Nachwuchsituation wäre nicht mehr so prekär wie das die Umfrage zeigt? Sprich die Umfragewerte sind deshalb so schlecht weil jahrelang nichts für den Nachschub getan wurde, aber dies habe sich inzwischen verändert.
Ich muss sagen von Quest habe bisher nur mal am Rande was gehört und der Begriff Abenteuerspiele von Ulisses war mir gänzlich unbekannt. (Justifiers hatte ich aber zumindest schonmal gehört.) Ich weis nicht wenn diese Systeme / Aktionen Erfolg haben müssten die Verkaufszahlen der Pen & Paper Systeme langsam wieder steigen, weil angelockte Neueinsteiger auf die anderen Systeme umsteigen. Ob das so ist kann ich nicht beurteilen.
Mein persönlicher Eindruck ist das Pen & Paper in der Allgemeinheit absolut unbekannt ist. Bisher musste ich noch fast jedem von Grund auf erklären was das ist. Es werden zu wenige Menschen darauf aufmerksam. Bei mir hat damals zu Grundschulzeiten mal einer DSA dabei gehabt und ich konnte danach die DSA Boxen dank Schmidtspiele im nächsten Spielwarenladen kaufen. Ich denke auch das Frank Heller in vielen Punkten aus dem Bericht oben Recht hat. Ich fürchte das die Szene in den nächsten Jahren schrumpfen wird. Nach dem Weggang von Frank Heller hat Pegasus z.B. seine Cthulhu Pulikationen erstmal um von 6 Veröffentlichungen pro Jahr auf 3 reduziert.
Wo ich dir allerdings recht gebe ist das sich viele Veröffentlichungen an ältere Spieler richten und das diese Entwicklungen einen Einfluss auf den Altersdurchschnitt der Spieler hat. Das hat mit Sicherhiet aber nicht nur was mit der Thematik sondern auch mit den Regelwerken zutun. Ich denke ein Shadowrun könnte vom Prinzip her auch einen 16Jährigen ansprechen, aber ob er sich das 400+Seiten Grundregelwerk durchliest ist die andere Frage. Vor diesem Hintergrund finde ich die modulare Herrangehensweise von D&D5 auch sehr vielversprechend. Neueinsteiegr könnten im Kern genau das gleiche System und den gleichen Hintergrund benutzen wie die älteren Spieler die dann ihr Speil anch bedarf mit Regelmodulen erweitert haben. (Keine Ahnung wie das z.B. bei Quest ist.)
Gruß Kayano
--Beschäftigt mit: Anime Fall Season 25
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Ein bisschen komplexer ist es schon, und in Deutschland auch nochmal etwas anders als anderswo.Zitat
Ich fange mal (weil fast schon wichtiger für das Hobby IN Deutschland) mit Amerika an: D&D4 war nicht mega-erfolgreich, ebenso wie die aktuelle Edition des Warhammer-RPGs. Die Firmen geben leider keine Zahlen heraus, weshalb man sich größtenteils auf Vermutungen und Händlerangaben stützen muss. Glaubt man aber jenen "Werten", gehen die mäßigen Erfolge, welche die genannten Spiele zu verbuchen haben, zu einem recht relevanten Teil auf Neuspieler zurück. Denn gefloppt sind D&D4 und Warhammer3 absolut nicht (beiden laufen recht lange); sie sind nur durchwachsen bei den Stammspielern angekommen (durch rabiate Änderungen) und haben im Gegenzug einige neue Leute ins Hobby gebracht. Ein weiteres Indiz ist, dass Paizo (die durch ihre sehr offenen Foren etwas mehr Kundennähe haben als andere Verlage) gern mal zwischen den Zeilen anklingen lassen, dass sich die "Pathfinder Beginner Box", also ein 40$-Produkt mit einer Mini-D&D-Variante, die wirklich ALLES enthält, wie geschnitten Brot verkauft hat. Und diese Box ist für Pathfinder-Veteranen fast schon uninteressant, so Anfänger-zentriert ist sie. Die sehr rollenspiel-ähnlichen Adventure-System-Spiele zu D&D (Castle Ravenloft, Wrath of Ashardalon, Legend of Drizzt) sollen sich ebenfalls rabiat besser verkauft haben als erwartet, und solche Hybriden bringen dann immer auch Brettspieler zum Rollenspiel. Heißt, in Amerika scheint es durchaus frisches Blut zu geben, zumindest auf spekulativer Ebene. Dass Rollenspiel trotzdem ein "altes" Hobby ist, bleibt wohl unverändert. In Amerika kommt halt die abstruse Situation dazu, dass nur ganz wenige Firmen die nötige Mainstream-Durchsetzung, um daran etwas zu ändern (namentlich Wizards und White Wolf, eventuell bald Paizo). Denn Indie-Kram für Anfänger gibt es genug, aber den kriegt der Anfänger halt nur über Dritte, weil er nicht in den großen Regalen steht. Die nächsten interessanten Chancen für das Rollenspiel werden also D&D5 (bin da sehr auf die Publicity gespannt) und die jeweils anstehenden MMORPGs zu Vampire und Pathfinder. Wobei man halt auch nicht die nahen Produkte, Brettspiele und so, unterschätzen sollte.
In Deutschland gibt es eine recht lebendige Wir-brauchen-Anfänger-Bewegung, schon seit Jahren. Wenn du Tanelorn, B! (oder jetzt A!) und so kennst, hast du das bestimmt auch mitgekriegt. Da gab es dann alles von My-little-Pony-Savage-Worlds-Runden bis hin zum zwanzigsten D&D-Retroklon, der mit leichten Regeln wirbt. Das Schöne ist: Zwischen den ganzen abgedrehten Ideen alter Männer waren tatsächlich auch ein paar dabei, die funktioniert haben (von den angedeuteten Verkaufszahlen her, denn mehr als Spekulation hat man leider auch in Deutschland nicht). Quest, wie gesagt, ist wohl sehr gut gelaufen, auch unter Brettspielern, und es ist praktisch die perfekte Einstiegsdroge, mehr dazu unten. Diese Abenteuerspiele von Ulisses richten sich halt durch idiotensichere Beschreibungen, Brettspiel-Elemente und bekannte Themen explizit an gewisse "Hobby-nahe" Anfänger-Zielgruppen, namentlich John-Sinclair-Leser und Markus-Heitz-Fans, und laufen ebenfalls ganz gut, was spätestens daran zu erkennen ist, dass immer noch neuer Kram dafür herauskommt. Auch der Erfolg von Fantasy-thematischen Brettspielen wie Thunderstone trägt dazu bei, speziell, wenn diese bei Rollenspiel-nahen Verlagen erscheinen (Pegasus in diesem Fall), durch Werbung und so. Von diesen ganzen netten Ideen gibt es noch viele weitere (mir gefällt gerade besonders das angekündigte Lugg und Trugg, trotz des behinderten Namens), bei denen man Erfolg und Nichterfolg nicht so deutlich festmachen kann. Der Vollständigkeit halber muss auch erwähnt werden, dass die ganzen Verkäufe natürlich nicht garantieren, dass Neulinge ins Hobby kommen. Kann gut sein, dass viele Leute Quest zu ihren Brettspielen stellen und zufrieden damit sind, und es kann auch sehr gut sein, dass ein nicht zu unterschätzender Teil der Verkäufe von Veteranen kommt, die derlei Projekte unterstützen wollen, sie toll finden usw. Letztendlich hilft der ganze Schmarrn etablierten Rollenspielen wie DSA oder Shadowrun nur relativ wenig. Denn während sicherlich einige umsteigen, wird es (imho) nicht der Großteil sein. Dazu sind die genannten Rollenspiele einfach zu brachial, zu abschreckend, zu anders. Da nützen auch nette Einführungsbroschüren nichts, wenn ich immer noch 3+ Hardcover brauche, um beide Spiele einigermaßen vollständig spielen zu können. Heißt, die "Hoffnung auf Größe" für etablierte Reihen liegt in Deutschland tatsächlich in neuen Editionen, und wie die Umfrage oben gezeigt hat, wäre so eine Umstellung schon sehr mutig, was die Stammspieler angeht. Scheiß-Situation.
Dass Rollenspiel ausstirbt, da muss man aber imho keine Angst haben. Das Hobby ist auf einem Liebhaber-Level angekommen, auf dem es sich hauptsächlich durch Mundpropaganda und Freunde überträgt, und die Verlage haben sich darauf eingestellt (ich sage nur Print on Demand, zweite Standbeine wie bei Wizards und White Wolf, lebhafte kreative Internet-Communities). Außerdem verdienen in Deutschland nur 10 Leute ihr Geld hauptberuflich und ausschließlich mit Rollenspielen (Originalton Ulisses-Chef), die werden ein paartausend Hanseln an DSA-Fans schon ernähren können. Davon, und von begeisterten, wenn auch alten Fans, kann das Hobby problemlos überleben. DASS das Hobby mal wieder bekannt und beliebt wird (wie zu Schmidt-Spiele-DSA-Zeiten) würde erfordern, dass irgendjemand seinen Lebensunterhalt aufs Spiel setzt. Da müsste man etwa ein Anime-artiges, Action-basiertes, Brettspiel-artiges, billiges, oberflächliches Gesamterlebnis aus DSA5 machen (um mal die Extremvariante zu beschreiben), oder ein großer Spielwarenladen müsste die erfahrungsgemäß schwierig zu verkaufenden "normalen" Rollenspiele auf einen Tisch im Eingangsbereich in seinen 200+ Filialen legen. Und beides wird eher nicht passieren.
Dito. Quest hat das darüber geregelt, dass die zweite Box (Angriff der Orks oder so) mehr Rollenspiel-Elemente in das sonst noch sehr brettspielartige, gerailroadete Ding bringt. Außerdem liegt afaik immer Werbung für "richtige" Rollenspiele bei. Es wird also nicht als Anfänger-Rollenspiel, sondern als Einführung in das Hobby verstanden, von der man dann zu "richtigen" Rollenspielen kommen soll.Zitat
Du vergisst Leute die a) nix anderes kennen b) denen es egal ist was sie spielen. Die können sowohl auf den Hintergrund als auch auf die Regeln pfeifen/unzufrieden sein, und es trotzdem spielen.Zitat von La Cipolla;2932210
Hier hätte ich WESENTLICH mehr erwartet - man muss sich vor Augen halten, dass immerhin ~500 Leute DSA für die [I
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cats are not characteristically disposed toward voluntary aerobic exercise