Hallo,

war ja schon ne Weile nicht mehr hier.

Zwei kleine Geschichtchen:


Eine Kurzgeschichte!
Herr Striebnitz klatschte laut in die Hände und schlug die Hacken aneinander: Daraufhin verwandelte sich das labberige Stück Weissbrot in ein
knackebraunes Toast. "Mist,", fluchte er im Gedanken, "es ist zu dunkel geworden."

An diesem Mittwoch wurde die Welt neu geordnet.
Und Schuld daran war Tim.

Tim ist 13, viel zu dick und sein Gesicht ist von Akne zersetzt. Dass er
der Grund dafür war, dass man heute Hemdknöpfe gegen die Wand schnipsen musste, damit der Teppich von Flusen befreit wurde, war ihm garnicht klar. Bis vor Kurzem war es noch so lächerlich einfach: Man holte den Staubsauger aus dem Schrank, steckte ihn ein und fuhr auf dem Teppich hin und her.

Das geht aber nicht mehr. Heute wirft man halt Knöpfe gegen die Wand.

Wieso sich die Welt neu ordnete und Tim dafür verantwortlich ist:
Er hat sich es gewünscht.

Als der Herrgott, sein Mitbewohner Frank und Skeletor morgens am Frühstückstisch im unendlichen Kosmos saßen, beschloss man zwischen Nutellabrötchen und Milchkaffee
die Erschaffung des Lebens. Die drei Inkarnationen von Gut, Neutral und Böse waren bisweilen eigentlich ganz zufrieden gewesen. Schon seit Ewigkeiten. In letzter Zeit lüstete es Gott allerdings nach Sportsendungen im Fernsehen - das geht nur leider nicht ohne eine Form von Leben, die den Sport ausübt. Skeletor verlangte Krieg, Gewalt und Folter - zu seiner Belustigung. Frank behielt seine Wünsche für sich. Er hatte Angst, die beiden anderen Bewohner der Unendlichkeit irgendwie mit seinen Wunsch nach Religion abzuschrecken.
Und überhaupt - Gott hielt ihm ständig vor, langweilig zu sein. Deswegen hatte er ständig Angst, aus der hippen WG rausgeworfen zu werden.

Die ersten Rohzeichnungen wurden mit Bleistift in die freien Stellen in die Morgenzeichnung gekritzelt. Gott führte den Stift und Skeletor brüllte stets nach Reisszähnen und Krallen - Frank begutachtete die Linienführung der netten Zeichnungen und griff nur selten mit sanften Verbesserungsvorschlägen ein.

Es entstanden irrwitzige Formen - von asymmetrisch bis viereckig, von rund bis flüssig - alles war dabei. Man konnte sich nicht einigen, ehe die Zeitung keine freien Stellen zum Zeichenen mehr hatte.

Gott opferte daraufhin einige Seiten seines alten Schulblocks, um mit Filzstiften eine Figur zu erschaffen, an der niemand etwas zu meckern hatte. Er setzte grade nachdenklich zum Zeichnen an, da kam ihm ein Geistesblitz. Zick - Zack, hier ein Strich, da ein Kreis - fertig. Niemand meckerte. Er hatte ganz einfach sich selbst gemalt. Sein Ebenbild.

Da Gott der Hauptmieter war und er als erste Regel des Zusammenwohnenes den Satz "Wer sich über mein Aussehen lustig macht, dem schlate ich das Internet ab!" an den Kühlschrank geklebt hatte, schwiegen die anderen und nahmen den Entwurf an.

Dann ging eigentlich alles ganz flott. Gott fummelte die Erde aus einer Kornflakespackung, packte ein paar Menschen drauf und wartete.

"Wie langweilig!", nuschelte Skeletor, "Da muss Aktion rein!". Skeletor sprach ein paar magische Worte und erfand damit den Tod auf Erden. Jetzt kämpften die Menschen darum, nicht zu sterben. "Wie lustig!", rief sich der Herr des Bösen zu und klatschte vergnügt in die Hände.

"Als Ausgleich, finde ich, sollten die Leute auch etwas Gutes bekommen.", meldete sich Frank zu Wort. Gott nickte und biss in sein Marmeladenbrot. Skeletor rief: "Jau!", und stimmte damit zu.

So bewirkte Frank, dass jedem Menschen im Leben ein Wunsch erfüllt wird. Auch wenn er garnicht als solcher geäussert würde.

Skeletor war mit Küchendienst dran. Er legte die Welt auf das Fensterbrett neben den Knoblauchzehen und sehnte sich schon nach den Kriegen der Menschheit. Gott hatte sich nochmal hingelegt, er schlief für eine Party am Abend vor. Ganz sicherlich träumte er
von Sportsendungen. Er müsste nurnoch ein paar Millionen Jahre auf die Erfindung des Fernsehens warten. Aber das war okay.
Frank saß im Wohnzimmer und freute sich über die ersten eintreffenden Wünsche.

Auf seinem Mac Book Air flimmerte: "Hätte ich doch eine Frau, die mich liebt..." - "Gewährt!", rief Frank und drückte auf "J" ("J" wie 'Jau, geht in Ordnung')
Darauf folgten meistens Wünsche nach Essen, auf ein Wiedersehen mit den Liebsten, nach Gesundheit und allem Pipapo. Um einen Wunsch abzulehnen, drückte er eiskalt auf "N" ("N" wie 'Nö, geht mal garnicht.')

Damit sich niemand zwei Wünsche im Leben erfüllen konnte, merkte er sich alle Namen fortlaufend. Das klappte ganz gut.

Millionen Jahre verstrichen. Gott erfreute sich seit ein paar Jahren am Sportfernsehen und
Skeletor hatte sich ein Stickeralbum mit seinen Lieblingskriegsverbrechern angelegt.

Frank saß immernoch im Wohnzimmer und checkte die Sehnsüchte der Menschen.
Dann trat Tim auf.

Der kleine Menschenjunge sah an diesem Abend ein, dass er etwas ändern müsste, um auch mal ein Mädchen zu bekommen. Mit seiner gegenwärtigen Erscheinung schien das nämlich total unmöglich. So kam es, dass er laut zu sich sagte: "Ab Morgen mache ich alles anders!"

Bei solchen Wünschen legte Frank für gewöhnlich ein Veto ein und drückte auf die "Nö"-Taste. Das wollte er auch grade tun, wäre nicht Gott ins Zimmer gestürzt. In seinen Händen hielt er eine Playstation 3, die er hastig an den gemeinsamen HD-Fernseher anstöpseln wollte. So kam es, dass er Frank ungünstig anrempelte.

Der Rempler bewirkte, dass er mit der platten Hand quer auf die Tastatur patschte und die "J"-Taste niederdrückte.

"Fuck!", brüllte Gott, "da sind nicht die richtigen Anschlüsse an der Kackglotze."

Mit seinem Wunsch ALLES anders zu machen, stülpte Tim die Welt um.

Hunde mussten zum Bellen den Schwanz drei mal ringeln.
Das einzige Mittel gegen Grippe war Gänsehaut.
Tee wurde nur noch mit einem Esslöffel Kies genießbar.

Alles war so komisch, aber lustig!



Kurzgeschichte again
Thomas Altmann ist tot. Man fand seinen Körper am Fuße des höchsten Gebäudes der Stadt.
"Selbstmord.", schätzte der erfahrene Kripobeamte am Fundort der Leiche.

Thomas ist zeitens seines Lebens Bildhauer gewesen. Er schuf in seiner Anfangsphase eine
Plastik, die ihn in der lokalen Kunstszene einen Namen verschaffte. Seine weiteren
Werke wurden allerdings nicht hoch geschätzt. "Ordinär", "alt" und "lahm", tönte es aus
Kennerkreisen. Thomas war bestrebt, an seinem alten Erfolg anzuknüpfen.

Es geschah zufällig. Die Wände in seinem Arbeitszimmer gähnten ihn schon lange in einem
matten grau an. Jetzt sollte eine neue Farbe her, hellgrün wurde gewählt. Da sein Talent
als Maler leider mehr als bescheiden war, bildeten sich aufgrund zu großzügig aufgetragener Farbe
hässliche Triefnasen aus nasser Farbe.
Für den Künstler ein Phänomen. Bisweilen waren grobe, trockene Steinquader sein Medium.
Mit den kleinen Nasen an der Wand sah er seinen Erfolg. Sie liessen seine Fantasie bunt explodieren, er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Schnell fand er heraus, wie er Schicht um Schicht eine fette Nase an die Wand zaubern konnte. Er strich immer wieder Farbe übereinander, bis nach einiger
Zeit ein grüner Klumpen in der Größe eines Golfballs an seiner Wand prangerte.

Mit kindlicher Freude wurde das Kunstwerk von allen Seiten beäugt. Er war stolz, bis ihm eine
Inperfektheit ins Auge stach: der Klumpen war viel zu weich. Das Innere schien wohl nicht richtig zu trocknen. Schlau schloss der Künstler den Entschluss, dem Inneren der Nase ein Luftloch zu schaffen.

Es fand sich kaum Werkzeug im Haus, bis auf Hammer und Meissel, die er für die übliche Arbeit am Stein gebrauchte.
Also schritt Thomas flinken Schrittes in den Baumarkt. Der Verkäufer dort lachte sich krumm, als er gefragt wurde, ob Werkzeug sich zum Nasebohren im Warenangebot fände.
Ohne eine Lösung verlies Thomas den Werkzeugtempel und schlenderte nachdenklich zurück zu seiner Schaffensstätte. Er sinnierte über Stifte und Stöcker - irgendwie musste da doch ein Loch reinzubekommen sein.

Hier griff der Zufall wieder ein. Ein Junge kreuzte nasebrohrend seinen Weg.
Da schoss es dem Künstler durch den Kopf: Ein Kinderfinger ist die Lösung, er bohrt perfekt!
Der Junge lies sich allerdings nicht dazu überreden, Thomas in seine Wohnung zum Nasebohren zu begleiten.
Da wurden Nägel mit Köpfen gemacht: Die Arme von Thomas waren durch seine Arbeit gestählt.
Also fiel es ihm leicht, dem Jungen mit einem Ruck den rechten Zeigefinger auszureissen!

Flink eilte er zurück in seine Wohnung und stellte mit Entsetzen fest, dass die Nase von der Wand getropft war.
"Ein klarer Grund für einen Selbstmord!", rief er und stürzte sich zehn Minuten später weinend vom Dach seines Nachbarhauses.