Zitat Zitat von Somnambulle Beitrag anzeigen
Als Kurzfilm hättet ihr das wahrscheinlich ohne Weiteres akzeptiert,oder?
Um ehrlich zu sein, nein. Kurzfilme mit Handlung brauchen grundsätzlich interpretatorische Tiefe und mehr Motive. Einen Kurzfilm kann man grundsätzlich nicht mit Belletristik gleichsetzen, allein, die stilistischen Möglichkeiten sind schneller Ergriffen und für den Zuschauer auch notwendig.

Zitat Zitat
Auf der anderen Seite das alte Ehepaar. Hier übernimmt jeder für den anderen Mitverantwortung. Habt ihr einmal gesehen wie alte Paare miteinander umgehen? Ihre Unterhaltungen sind, schon so oft geführt, bis ins letzte ausgemalt. Es kommt nur noch auf Kleinigkeiten an.
So hab ich alte Leute noch nie empfunden. Ich denke, das Problem ist, dass du mit einer Selbstverständlichkeit an tiefgründige Charakterzüge herantrittst - das ist durchaus sehr sympathisch, ich würde sogar soweit gehen und dir ein unheimliches Gespür für Außergewöhnlichkeit attestieren, das können die wenigstens von sich behaupten. Nur zielt deine Erzählung eben so sehr ins Leere, ist praktisch so episodisch, dass man zu keinem runden Urteil kommt, man die Leute nicht kennen lernt. Bei der Fremde macht das durchaus Sinn und meiner Meinung nach ist das auch eher was, womit deine Zielgruppe (Achtung: Ich kann mir denken, dass du keine spezielle Zielgruppe für dich definierst, aber du hast mit großer Sicherheit eine) klar kommt. In alte Menschen hingegen ist dieses Eindringen schwerlich möglich, gerade weil es diese Verständnisbarriere gibt, die du hier ausweitest, in dem du nur ein Bruchstück zeigst.

Es sagt ja keiner, dass dir die Charakterisierung misslungen wäre - allerdings kannst du Walther & Gail auch nur schaffen, wenn du ihre Außergewöhnlichkeit (die durchaus da ist - ich kenne kein altes Ehepaar, dass sich anständig und vorallem aufeinander abgestimmt miteinander verständigen würde) eben nicht als gegeben hinnimmst.

Zitat Zitat
Im Grunde hatte ich Lust ein paar Charaktere zu entwerfen, ein bisschen feinsinnigere Dialoge zu schreiben. That's it.
Das ist dir auch durchaus gelungen . Und gerade weil du dieses Potenzial hast, so feinsinnige Dialoge zu schreiben und Charaktere zu entwerfen (wie gesagt, es ist ein Kommunikationsproblem mit deinem Leser, mehr nicht), ist es wichtig, dich noch ein Stück weiter zu schubsen, dass du auch den Rest mit der selben Bravour abrundest. Es ist zwar töricht, aufgrund eines einzigen Textes auf mehr zu schließen, allerdings scheinst du im Moment zu fragmentieren, zu studieren. Du entwirfst ein tolles Setting und bettest dort hinein deine umwerfenden Charaktere, aber das war es auch schon. Der nächste Schritt für die Zukunft sollte meinem bescheidenen Empfinden nach nun sein, dass du dich an mehr heranwagst - Handlungskonsequenzen, Tiefe auch in der Intention deiner Geschichte, eine Entwicklung deiner Erzählwelt und der Charaktere.

Die Statik hier weiß zu bezaubern, schafft aber auch Unklarheiten und ist meiner sich erdreistenden Meinung auch nur eine Stufe auf der Treppe zur perfekten Geschichte. Du bist schon weit über den Punkt hinaus, an dem man dir sagen wird, du seist auf dem richtigen Weg.