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Neuling
Undenkbar wie eng solche Straßen doch werden können. Wie ein Schlund wurden sie eingesogen und Temotshin ergriff nur die letzten Zweige vorm Treibsand um sich weiterbewegen zu können. Der feste Gang wandelte sich nach und nach in ein Straucheln. Ein kalter Wind von Osten blies ihm grausam unters Nachthemd. Die Zähne schlugen unbarmherzig aufeinander, wie eine Herde wilder Pferde im Galopp. Wie von selbst schlangen sich die Arme um seinen Körper und zogen sich fest. Ihm kam in den Sinn wie sein Großvater einst erzählte, wie es war über die schneebedeckten Kämme der Berge mit nichts weiter als Lumpen an den Füßen zu stapfen. Er wollte eigentlich nicht mehr weiter, der Weg war doch schon längst zu Ende für ihn. Warum beschreitet er solch einen Gang nach Kanossa? Langsam schlugen die Mägde die zum Markt eilen müssen die Läden der Fenster auf um Licht in ihre schäbigen Behausungen zu entführen. Er war nun 3 Gassen weiter gegangen als die ersten schnell wieder die Läden zuknallen ließen, als sie sahen welches Elend sich in den Straßen halb nackt herum treibt. Es ist eine faszinierende Erscheinung, welches Gemüt das Erscheinungsbild des ersten Wesens ausmacht, dass man anblickt. Ist es erst ein solches wie er, ist er das Gesprächsmaterial für die jungen Mägde die kindlich kichern, währenddessen sie das frische Brot zum Markt tragen. Wenn die Sonne im Zenit steht sind es die Waschweiber am Brunnen die schon beinah männlich ein raues Lachen über die Höfe schallen lassen. Wenn die Sonne sich vom Tag verabschiedet, sind es nun die Burschen die von der Lehre sich an der alten verwitterten Mauer treffen um sich vom eigenen Elend ablenken wollen. Dann sind es, sobald der Mond seinen Platz weit über uns erkämpft hat, die alten vom leben gezeichneten Männer in den Spelunken die kleinbürgerlich darüber philosophieren, wie weit es denn doch schon gekommen ist. Als er nun doch mal schmunzeln musste, war der Weg zu Ende. Sein Blick richtete sich nach oben. Er glitt an einem vermoderten Holzpfahl vorbei, auf dem sich 2 Schilder stützten. Schön verziert und dadurch an der Lesbarkeit büßend standen 2 Namen der Wege auf ihnen. Er besah sich beider Wege ganz genau. Der eine war ein langer schmaler Pfad umringt von Kisten für die Händler in denen so mancher schmaus wartete. Heute Nachmittag würde es sicher ein Gemenge hier geben und der Lärm wäre kaum auszuhalten. Der andere führte ihn nur noch tiefer in die Siedlungen hinein. Sein Magen knurrte leis, aber bestimmend. So war es keines Geniusses von Nöten den richtigen Weg zu finden. So taumelte er benommen von den feinsten Gerüchen von Kiste zu Kiste. Sie waren zu seinem Ungunsten beinah alle gut verriegelt und hier und da war auch ein dicker Mann der ihn mit dem Besen schon vertreiben wollte. Wer würde gern solch ein Gesindel an seinen Schätzen haben? Nervös rieb er sich die Finger und die Zunge strich über die trockenen Lippen. Da war nun doch noch sein Moment gekommen. Soeben hat der Moster einen großen Apfel fallen gelassen und bekam es nicht mit. Der Korb schwoll schließlich über, was macht es schon wenn ihm ein Apfel da fehlte? Schnell war der Apfel gegriffen und noch schneller war er ein paar gute 30 Schritt weiter. Nun besah er sich den Apfel. Hier und da war noch etwas Staub, doch nichts was sein Hemd nicht hätte abbekommen. Da auf einmal schrie es so laut und schrill, dass er zusammen zuckte:“ Ein Dieb haltet ihn!“ Es musste eine verängstigte junge Frau gewesen sein, der von seinem Antlitz wohl so sehr der Schreck in die Glieder fuhr, als dass sie ihn schnellst möglichst aus den Augen haben wollte. Eben noch betrachtete er die schöne glänzende Schale des saftigen Apfels. Nun nahm er seine kleinen Beine in die Hand und begann zu rennen. Er wusste nicht vor was, denn er sah keine Garde in seiner Nähe. Bevor er es sich versah war er in einem Laden verschwunden. Da eben schlug er noch die Türe hinter sich zu, da kauerte er schon vor einer Theke die Augen fest zukneifend. Sein Herz schlug so laut in der kleinen Brust, dass er meinte er stände direkt neben einem Kanonier der zum Salute scharf schießt. Er wollte nicht wimmern versprach er sich und so beließ er es bei schaurigen zittern. Den Apfel in seiner Hand umkrampfend.
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