Der Besuch beim hiesigen Schneider verlief kurz, knapp, förmlich und mit einer neutralen Distanziertheit, wie sie eher für Geschäfte höherer Kategorien üblich war. Wie die Übergabe einer horrenden Summe im Tausch gegen eine Ware, die in den meisten Fällen nicht mal den Jutesack wert war, in dem sie verstaut war. Solcherlei Geschäfte gab es zuhauf und sie alle zeichnete eine beinahe teilnahmslose Atmosphäre aus. Eine Atmosphäre, die auch beim Schneider herrschte.
Schon als Marxzes den Laden betreten hatte, schien der kleine, dünnhaarige Schneider eine Antipathie gegen den Einsiedler zu entwickeln. Diesen Eindruck bestätigte er durch seine murrende Sprachweise, die forschen, aber nicht scharfen Aufforderungen, Arme oder Beine zu heben, damit der Schneider die Maße nehmen konnte und nicht zuletzt durch den Blick, den er Marxzes zuwarf, als es um die Bezahlung der Kleidung ging. Einem Mann, der augenscheinlich nichts weiter besaß, als die Kleidung am Leib – die in einem fast schon erbärmlichen Zustand war – mutete man eine nur geringe Kaufkraft zu. Dass Argwohn aufkommt, wenn ein solcher Mensch – dazu noch einer, der unter einem Umhang eine imposante Statur aufweisen konnte – ohne mit der Wimper zu zucken das nötige Geld aus einer seiner Taschen holt, um die nicht ganz billige Kleidung zu bezahlen, ist natürlich. Doch im selben Maße entsteht bei einem solchen Menschen das Gefühl der Angst; Angst, dass man am eigenen Leibe erfahren könne, wie dieser Mann an das Geld gekommen war. Und diese Angst ist es schließlich, die Marxzes bisher vor unliebsamen Fragen und dem zweifelhaften Vergnügen, mit den örtlichen Hütern des Gesetzes Bekanntschaft zu schließen, geschützt hatte. Der Schneider war da keine Ausnahme. Schweigend, jedoch mit Skepsis im Blick, nahm er die geforderte Summe, brummte einen kurzen Gruß zum Abschied und wies mit einer unmissverständlichen Geste den Kunden an, sein Geschäft zu verlassen; am besten, so schnell es ging. Warum er es tag, wusste er nicht genau, aber er wollte diesem kleinen Mann den Gefallen nicht tun. Also verharrte er noch einige Augenblicke an den Auslagen, die sich in unmittelbarer Nähe zur Tür befanden. Dass der Schneider langsam anfing, unruhig von einem Bein aufs andere zu treten und immer wieder Blicke aus seinem Schaufenster warf, amüsierte den Mann, der nun Besitzer eines neuen Hemdes, einer neuen Hose sowie eines nagelneuen Umhangs war. Ein zufriedenes, dünnes Lächeln breitete sich in dem markanten Gesicht aus, bevor er schließlich beschloss, das grausame Spiel zu beenden und seiner Wege zu gehen. Er hatte sich ohnehin schon länger in der Stadt aufgehalten, als ihm lieb war.
Als er auf die Straßen trat fühlte er sich, als ob er kopfüber in einen vom Wind aufgewühlten See springen. Die Menschen trieben aus den verschiedensten Richtungen durch die Straßen, stießen einander an, rempelten sich um und drängelten sich vor den Ständen um die besten Plätze. Sich gegen diesen Strom aus Leibern zu wehren, wäre ein sinnloses Unterfangen gewesen und so beschloss Marxzes, sich einfach treiben zu lassen, sich durch die Massen mal hierhin, mal dorthin lenken zu lassen, bis er irgendwann an einen Ort gelangen würde, der mehr Interesse in ihm wecken würde. Und in seinem Inneren glaubte er zu spüren, dass dieser Ort ein Gasthaus sein würde. Und das, was ihn daran interessieren würde, wäre eine Szene, wie sie für diese Gesellschaft – für diese „Zivilisation“ – typisch wäre. Was ihn allerdings erwarten würde, das ahnte er noch nicht, füllte ihn aber mit einer grade zu gierigen Neugier…