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Thema: Tingulin - eine Art Fortsetzung

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Der Besuch beim hiesigen Schneider verlief kurz, knapp, förmlich und mit einer neutralen Distanziertheit, wie sie eher für Geschäfte höherer Kategorien üblich war. Wie die Übergabe einer horrenden Summe im Tausch gegen eine Ware, die in den meisten Fällen nicht mal den Jutesack wert war, in dem sie verstaut war. Solcherlei Geschäfte gab es zuhauf und sie alle zeichnete eine beinahe teilnahmslose Atmosphäre aus. Eine Atmosphäre, die auch beim Schneider herrschte.
    Schon als Marxzes den Laden betreten hatte, schien der kleine, dünnhaarige Schneider eine Antipathie gegen den Einsiedler zu entwickeln. Diesen Eindruck bestätigte er durch seine murrende Sprachweise, die forschen, aber nicht scharfen Aufforderungen, Arme oder Beine zu heben, damit der Schneider die Maße nehmen konnte und nicht zuletzt durch den Blick, den er Marxzes zuwarf, als es um die Bezahlung der Kleidung ging. Einem Mann, der augenscheinlich nichts weiter besaß, als die Kleidung am Leib – die in einem fast schon erbärmlichen Zustand war – mutete man eine nur geringe Kaufkraft zu. Dass Argwohn aufkommt, wenn ein solcher Mensch – dazu noch einer, der unter einem Umhang eine imposante Statur aufweisen konnte – ohne mit der Wimper zu zucken das nötige Geld aus einer seiner Taschen holt, um die nicht ganz billige Kleidung zu bezahlen, ist natürlich. Doch im selben Maße entsteht bei einem solchen Menschen das Gefühl der Angst; Angst, dass man am eigenen Leibe erfahren könne, wie dieser Mann an das Geld gekommen war. Und diese Angst ist es schließlich, die Marxzes bisher vor unliebsamen Fragen und dem zweifelhaften Vergnügen, mit den örtlichen Hütern des Gesetzes Bekanntschaft zu schließen, geschützt hatte. Der Schneider war da keine Ausnahme. Schweigend, jedoch mit Skepsis im Blick, nahm er die geforderte Summe, brummte einen kurzen Gruß zum Abschied und wies mit einer unmissverständlichen Geste den Kunden an, sein Geschäft zu verlassen; am besten, so schnell es ging. Warum er es tag, wusste er nicht genau, aber er wollte diesem kleinen Mann den Gefallen nicht tun. Also verharrte er noch einige Augenblicke an den Auslagen, die sich in unmittelbarer Nähe zur Tür befanden. Dass der Schneider langsam anfing, unruhig von einem Bein aufs andere zu treten und immer wieder Blicke aus seinem Schaufenster warf, amüsierte den Mann, der nun Besitzer eines neuen Hemdes, einer neuen Hose sowie eines nagelneuen Umhangs war. Ein zufriedenes, dünnes Lächeln breitete sich in dem markanten Gesicht aus, bevor er schließlich beschloss, das grausame Spiel zu beenden und seiner Wege zu gehen. Er hatte sich ohnehin schon länger in der Stadt aufgehalten, als ihm lieb war.
    Als er auf die Straßen trat fühlte er sich, als ob er kopfüber in einen vom Wind aufgewühlten See springen. Die Menschen trieben aus den verschiedensten Richtungen durch die Straßen, stießen einander an, rempelten sich um und drängelten sich vor den Ständen um die besten Plätze. Sich gegen diesen Strom aus Leibern zu wehren, wäre ein sinnloses Unterfangen gewesen und so beschloss Marxzes, sich einfach treiben zu lassen, sich durch die Massen mal hierhin, mal dorthin lenken zu lassen, bis er irgendwann an einen Ort gelangen würde, der mehr Interesse in ihm wecken würde. Und in seinem Inneren glaubte er zu spüren, dass dieser Ort ein Gasthaus sein würde. Und das, was ihn daran interessieren würde, wäre eine Szene, wie sie für diese Gesellschaft – für diese „Zivilisation“ – typisch wäre. Was ihn allerdings erwarten würde, das ahnte er noch nicht, füllte ihn aber mit einer grade zu gierigen Neugier…

  2. #2
    "Was soll das heißen ein Bier kostet zwei Burane?! Ich habe genau gehört, wie ihr bei dem kelr da drüben nur die Hälfte verlangt habt." Für Sinda war das Maß nun voll. Nicht nur, dass man ihr kein Zimmer geben wollte, nein nur versuchte dieser halsabschneiderische Wirt sie auch noch zu betrügen. "Wenn ihr nicht zahlen könnt, versucht es in einer anderen Gaststädte, Kindchen." Der Man überragte sie um einen Fuß und blickte gehessig auf sie herab. In ihrer Wut ließ Sinda den Grog eines kleinwüchsigen dicklichen Bauers gefrieren, der das auch nicht zu bemerken schien, bis er den Würfel in seinem Hals hatte und sich daran verschlukte.
    "Ich werde euch..." Neben ihr fing der Unglückliche an zu röcheln. Bevor er ernsthaft an seinem grog zu ersticken drohte, verflüssigte sich das Eis auf einmal wieder und er hustete nur noch ein paar mal qualvoll. Diese kleine Unterbrechung hatte Sinda gereicht, um sie wieder zurück zu holen.
    Sie konnte nicht einfach einen Streit in dieser Gaststätte anfangen. Man war ihr schon feindlich genug gesonnen.
    "Ihr werdet was?" Der Wirt wartete offensichtlich auf den Rest ihres angefangenen Satzes. Er zog ärgerlich eine Augenbraue hoch.


    Exkurs by moyaccercchi: Die Währung

    Renar (Silbermünze)
    Burane (Große Kupfermünze)
    Kera (Kleine Kupfermünze)

    1 Renar 10 Burane
    1 Renar 12 Kera
    1 Burane 1 1/5 Kera

    In einer Zeit, als man sich noch nicht zwischen dem zehner und dem zwölfer Zahlensystem entscheiden konnte, war ein Fürst dieses elenden Streits zwischen seinen Hofmagiern überdrüssig. In einer Phase der Deflation sollte die alte Silbermünze durch kleiner Münzen mit geringerem Wert ergänzt werden. Diese Phase nutze der Fürst, um gleich zwei neue Kupfermünzen einzuführen, und so beide Zählsysteme gleichwertig nebeneinander zu nutzen. So entstanden die Währungen Burane und Kera.

  3. #3
    "Herzlich willkommen, meine Dame!", mit überspitzter Herzlichkeit begrüßte der schlaksige Geschäftsführer die soeben eingetretene Liudvika, "Oh, und Sie haben sogar Muffin dabei! Darfs vielleicht ein Schälchen Milch für die Kleine sein? Und dann zeige ich Ihnen meine neue Ware, ja?" - "Mit dem größten Vergnügen.", antwortete die Dame und machte sich gleich daran die Regale mit schweren und leichten Stoffen zu durchsehen. Daneben standen Lampenschirme - neueste Mode, den Petroleumlampen wurden einfach Schirme aus Stoff übergesetzt - Kerzenleuchter und allerlei buntes Zeug. Ein kleiner Hund aus Ton, bun bemalt, fing ihr Auge. Begeistert nahm sie ihn in ihre Hände und betastete ihn.
    "Ausgezeichnete Qualität. Sehr guter Geschmack, wie gewohnt, wenn ich das sagen darf. Ihr Auge läss sich nicht trügen.", der Besitzer kam zurück, in der Hand eine Schale mit frischer Milch, die er der Perserkatze vor die platte Nase stellte. Die fing sofort an zu trinken.
    Liudvika lief leicht rot an. "Sie schmeicheln mir. Zeigen sie mir lieber ihre neuen Stoffe. Ich brauche dringend neue Vorhänge und Kissen für mein Haus."
    Auf Befehl zog ging der Mann zu seinem Thresen und zog eine Lade heraus in der glänzende schwere Stoffe in unterschiedlichsten Blautönen lagen.
    "Hier haben wir ein wunderschönes Azur mit Ton in Ton Stickerei. Ornamente die sich über den ganzen Stoff ziehen. Etwas ganz Besonderes. Ich habe ihn extra für Sie aufgespart. Sie wären die Einzige, die Kissen mit diesem exquisiten Stoff hätte.
    Und hier hätte ich noch einen in Königsblau. Dieser Stoff lässt ihre Augen in ganz besonderem Maße strahlen. Dieser Stoff ist von leichterer Qualität."
    Liudvika besah und befühlte beide Stoffe. Sie konnte sich nicht entscheiden, welchen der beiden sie nehmen sollte. Ihr Zögern fiel auch dem Geschäftsführer auf, der darin seine Chance für ein gutes Geschäft sah. Er wusste das er die Dicke leicht dazu bringen konnte mehr zu kaufen als sie eigentlich wollte.
    "Dieses Königsblau, wenn ich das anmerken darf, sieht an Ihnen natürlich wesentlich besser aus als an Ihren Fenstern. Er würde den Raum auch viel zu dunkel erscheinen lassen. Das Azur ist sehr viel sonniger. An Ihnen allerdings würde das Königsblau seine volle Leuchtkraft entwickeln. Sie wären der leuchtende Punkt in dieser tristen Stadt. Ein Saphir unter lauter matten Steinen."
    Das zog, denn sofort war Liudvika in seinen Bann gezogen. Ihre Augen begannen zu strahlen.
    "Ja, ich ann es mir bildlich vorstellen.", sie begann ins Träumen, sah sich bereits mit einem Kleid in Königsblau durch Gärten spazieren. Hinter sich verzückte und verliebte Männer, von denen sie dachte einen zu ehelichen.
    "Ja, ich nehme sie beide. Und diesen süßen Hund. Ich kann mich doch darauf verlassen das sie den Hund liefern und die Stoffe zum Schneider bringen? Er hat meine Maße, es würd nicht nötig sein, das ich persönlich vorbei gehe. Sagen sie ihm er solle mir Vorhänge und Kissen dann liefern und das Kleid zur Anprobe vorbei bringen."
    Mit einem hellen Lachen bezahlte sie die Dinge und verließ den Laden.
    Der Geschäftsführer blieb mit einem wonnigem Gefühl von Erfolg zurück und danke insgeheim ihrem verstorbenen Ehemann, das er diese verschwenderische Person geheiratet hatte. Sein Geschäft blühte seitdem er verstorben war und ihr sein Geschät vererbt hatte. Ihr Ehemann war immer so sparsam gewesen.

    Auf der Straße zerrte Liudvika Muffin hinter sich her, die dem Schälchen Milch hinterher trauerte.
    In Gedanken an ihr zukünftiges neues Kleid schlenderte Liudvika durch die Straße ohne darauf zu achten wohin es sie trieb. Geschweigedenn auf die Menschen zu achten.

  4. #4
    Es ist schon eine äußerst interessante Sache, eine Gruppe von Menschen zu beobachten, die sich freiwillig in einem stickigen, stinkenden und schummrigen Raum versammelt hat, um sich mit Hilfe verschiedenster Alkoholika um den – meist eh nur in geringen Mengen vorhandenen – Verstand zu trinken. Dass dabei mit steigender Zahl der Getränke eben jenes häufiger auf Kleidung, Tisch oder Boden landet, stört die Anwesenden weniger. Ebenso wie die Tatsache, dass die verschütteten Getränke zum allgemeinen Eigengeruch der Einrichtung ihren Beitrag leisteten, so wie es Schweiß, Rauch und allerlei andere Körperausdünstungen taten.
    Wenn nicht schon vorher geschehen, so wäre Marxzes spätestens beim Betreten des Gasthauses unweigerlich der Vergleich zu den Schweinen in den Sinn gekommen. Auch wenn dieser Vergleich den Tieren spottete, da diese an sich doch eher reinliche Geschöpfe waren. Eine Erfahrung, die er noch während seiner Zeit bei seinen Eltern gemacht hatte und die ihm für immer im Gedächtnis bleiben sollte; eine der wenigen Erinnerungen, die ihm aus jener Zeit geblieben waren und die nicht den bitteren Geschmack von Trauer, Schmerz, ohnmächtiger Wut und unerfüllbarer Rache trugen.
    Ob es an ihm, seiner Erscheinung oder einer höheren Macht lag, wusste der Einsiedler nicht; jedoch wurde fast augenblicklich, als er den muffigen Gastraum betrat, dessen hölzerner Boden sporadisch mit Stroh bedeckt war, ein kleiner Tisch unweit des Tresens frei, an den er sich unverzüglich niederließ. Eine einsame Kerze stand in der Mitte der Holzscheibe, die nicht sehr geschickt auf ein leeres Fass gehämmert worden war. Warum überhaupt jemand diesen Aufwand betrieben hatte, war Marxzes unbegreiflich; die Holzscheibe war in ihrem Durchmesser nur geringfügig größer als das Fass selbst und brachte somit kaum irgendeinen deutlichen Vorteil. Zumal die mangelhaft ausgeführte Arbeit nicht einmal optisch ansprechend wirkte. Gleiches galt für die Sitzgelegenheit, die sich als ein lieblos zusammen gezimmerten Hocker darstellte, an dessen Stelle man auch ruhigen Gewissens einen einfachen Holzklotz hätte nehmen können. So jedoch blieb ihm nichts anderes übrig, als sich auf die zweifelhafte Sicherheit der Konstruktion aus vier Beinen und einer Holzscheibe nieder und zu verlassen. Entgegen seiner Befürchtung, das Konstrukt würde bei der ersten Berührung seines Hinterteils mit ihm einbrechen, erwies sich – welch ein Glück! – als nicht zutreffend. Überhaupt war der Hocker weitaus stabiler, als sein kümmerliches Äußeres vermuten ließ. Beinahe wie er selbst. Ein weiterer interessanter Vergleich, den Marxzes am heutigen Tage anstellte; sich selbst mit einem äußerlich minderwertigen Hocker zu vergleichen, der an einem einsamen Tisch eines verwahrlosten Gasthauses stand. Offensichtlich hatte er heute seine große, denkerische Ader getroffen und schien sie in vollen Zügen auszuleben.
    Nachdem er die Kapuze seines Mantels zurück geschlagen hatte, ließ der Einsiedler seinen Blick interessiert durch den Raum schweifen. Das typische Bild einer solchen Einrichtung bot sich ihm: Grüppchen von Männern saßen zusammen vor einer ansehnlichen Menge leerer Krüge und versuchten mit schwerer Zunge tiefgreifende Gespräche zu führen, was ihnen aber nicht sonderlich gelingen wollte. Und der massiv konsumierte Alkohol schien dabei nur einer der Umstände zu sein, weshalb sich dieses Unterfangen als schwierig gestaltete.
    Beim Schankwirt, dessen Aufmerksamkeit er eigentlich für eine Bestellung gewinnen wollte, sah er eine junge, recht hübsche Frau, die sich lautstark über die Preise ereiferte. Anscheinend, so mutmaßte Marxzes aus dem, was er von der Unterhaltung verstehen konnte, schien sich die junge Frau ungerecht behandelt zu fühlen und machte dies mit lauter Stimme auch deutlich. Ein, von der Natur recht kurz gehaltener, Bauer verschluckte sich an seinem Getränk und brach in ein röchelndes Husten aus. Gut konnte sich der Einsiedler vorstellen, wie man sich fühlen musste, wenn man sich an einem scharfen, alkoholischen Getränk verschluckte – ihm selbst war dies bei seinem ersten Schluck selbstgebrannten Mets passiert, den ihn ein leicht verwirrter Bauer und Säufer angeboten hatte. Ein prägendes Erlebnis, das ihn jedoch nicht davon abgebracht hatte, weiterhin den Alkoholika zuzusprechen, wenn ihm der Sinn danach stand.
    Die junge Maid schien sich weiter in Rage gebracht zu haben, denn sie stellte einen jener unvollständigen Sätze in den Raum, auf die in der Regel blanker Stahl und rollende Köpfe folgten. Oder auch nette, kleine Löcher in der Gegend wichtiger Organe, die kaum ein sanftes Entschlafen zulassen würden, sondern eher für stundenlange Qualen, innere Blutungen und allerlei weitere angenehme Nebeneffekte sorgten. Eine sicherlich unschöne Situation, die sich Marxzes dennoch nicht entgehen lassen wollte und deren Ausgang ihn sehr interessierte…

    Geändert von Simon (29.10.2008 um 07:28 Uhr)

  5. #5
    Jetzt durfte sie die Suppe ausbaden. Hatte sie nicht vor gehabt möglichst wenig Aufsehen zu erregen, um noch eine Weile in dieser kleinen Stadt verweilen zu können? Der Wirt blickte sie immer noch herausfordernd an und teilweise waren auch andere Gäste auf sie aufmerksam geworden. Keine Frage, hier würde sie nicht so schnell eine Unterkunft finden. Das Mädchen stellte sich schon auf eine eher ungemütliche Nacht auf der Straße ein. Doch vielleicht würde ein kleines Ablenkungsmanöver ihr wenigstens aus dieser etwas heiklen Situation helfen.

    Ohne lange zu überlegen setzte sie wieder eine Prise Magie ein. Etwas nasses spritzte in ihre Richtung und traf sie und den brummenden Wirt. Der Inhalt eines Glases hatte sich selbstständig gemacht. Ihr Gegenüber richtete seine Aufmerksamkeit nunmehr auf einen anderen Gast, der angetrunken wie er war, wohl nicht einmal gemerkt hatte, dass er nicht selbst sein Bier ausgeschüttet hatte. Das Flussmädchen nutze die Gelegenheit, um schnell unter zu tauchen. Da der Ausgang gerade nicht nah genug war, für diese eher kleine Ablenkung, entschied sie sich für eine andere Richtung und kroch unter einen vermeintlich freien Tisch. Zu spät sah sie, dass dort schon jemand saß. Sie machte sich darauf gefasst, dass man sie verraten würde.

    Währenddessen am Tresen meinte der Gastwirt zu dem Unglücklichen, der seinen Getränkes beraubt worden war, dass er für heute wohl genug hätte. Als er wieder dorthin blickte, wo er das freche Flussmenschenkind erwartete, sah er niemanden mehr. Besser so. Solches Pack hatte in seiner Schenke nichts verloren. Er hatte sie sowieso nicht bedienen wollen.


    (Schon klar, dass ich unter deinen Tisch gekrabbelt bin Trigaram, oder?)

  6. #6
    Die gesamte Situation war mehr als nur amüsant zu beobachten; nicht nur, dass jeder der Anwesenden seinen Kopf dort behalten hatte, wo er hingehörte, nein: dieses illustre Mädchen, das sich so selbstbewusst mit dem Wirt angelegt hatte, schien einige außergewöhnliche Talente zu besitzen. Dass der Trunkenbold, der mit missmutigem Gesicht und lautstarkem Protest aus dem Gasthaus geführt – gedrängt – wurde, seinen Gerstensaft nicht freiwillig verschüttet hatte, war Marxzes sofort aufgefallen. Ein geschickt eingefädeltes Ablenkungsmanöver, das der jungen Zuaberkundigen erlaubt hatte, Zuflucht unter einem Tisch zu finden; unter dem Tisch, an dem er sich befand.
    Mit einem unauffälligen Blick schielte Marxzes unter die Holzscheibe und blickte in ein Paar weit aufgerissener Augen, das ihn flehend anblickte und zu sagen schien: „Bitte, verrate mich nicht.“. Das hatte er auch nicht vor gehabt. Es war für den Einsiedler zu lange her, dass er es mit jemanden zu tun hatte, der ebenfalls die Kunst beherrschte, Elemente zu lenken. Mit einer unbedeutenden Geste, als ob ihn plötzlich etwas auf dem strohbedeckten Holzboden interessieren würde, beugte sich der hochgewachsene Mann hinunter und flüsterte, ohne den Blick direkt auf die junge Frau zu richten: „Ein unbequemer Ort, wie mir scheint. Ich würde vorschlagen, diese Lokalität umgehend zu verlassen.“. Aus seinem Augenwinkel beobachtete Marxzes die Reaktion der jungen Frau, die sich in einem wilden Nicken niederschlug. „Gebt mir einen Moment, dann kommen wir hier ungehindert hinaus.“, flüsterte der Mann und setzte sich wieder aufrecht auf den Hocker.
    Für eine angemessene Ablenkung zu sorgen, um diesen Ort zu verlassen, würde nicht schwer fallen, auch wenn er damit seiner unbekannten neuen Bekanntschaft damit offenbaren würde, dass nicht nur sie über gewisse „Fähigkeiten“ verfügte. Dennoch begann er sich zu konzentrieren und langsam aber sicher begannen die Lichter der Kerzen und sämtliches Feuer im gesamten Raum schwächer zu werden und schließlich zu erlöschen. „Jetzt oder nie.“, sagte Marxzes zu der jungen Frau unter dem Tisch und bahnte sich unverrichteter Dinge seinen Weg zum Ausgang durch das allgemeine Chaos, das nun in der matten Dunkelheit des Raumes ausgebrochen war…

  7. #7
    (Ich seh mal darüber hinweg, dass du meinen Charakter leicht mitgelenkt hast. Stört mich in dem kleinen Ausmaß nicht sehr. Ansonsten sollte man das doch lieber vorher absprechen, da manche Spieler sich da auf die Füße getreten fühlen.)

    Der Fremde unter dessen Tisch sie sich gerettet hatte zog sie einfach mit sich, als ohne Vorwarnung alle Lichter aus gingen. Ein Außenstehender hätte vielleicht vermutet, dass der Luftzug von der Tür das Feuer ausgeblasen hatte. Doch Sinda spürte den Gebrauch von Magie. Schließlich verfügte sie selbst über ähnliche Fähigkeiten. Weder der Wirt noch einer seiner Gäste sahen, wie sie und der Fremde sich einen Weg nach draußen bahnten.

    Vor der Schenke war die Dämmerung herein gebrochen. Im matten Licht der sinkenden Sonne konnte das Mädchen zum ersten Mal ihrem gegenüber genauer in die Augen Blicken. Als sie sich einige meter von der Schenke entfernt hatten und eine Gasse erreichten, die etwas abseits vom Getümmel des Marktes lag, nahm sie hingegen ihrer sonstigen Gewohnheit ihre Kapuze ab. Mit ihren strahlend blauen Augen blickte sie ihn eine Weile an, bevor sie ein leises "Danke" heraus brachte. Man hatte ihr schon länger nicht geholfen. Durch ihre grauen fast weißen Haare und die blaße, manchmal sogar leicht grünlich schimmernde Haut fiel sie überall sofort auf und war schon öfter in solche Situationen geraten wie in der Schenke wenige Minuten zuvor.

    Geändert von kate@net (29.10.2008 um 19:50 Uhr)

  8. #8
    Schupsen , Drängeln , das Gelärme von unzähligen Stimmen , die wild durch einander riefen. Er hasste , er hasste Menschen , SOLCHE Menschen.
    Reiche, nach Parfum stinkend und sich für wichtiger als andere haltenden Menschen. Er murrte und auch wenn er sich noch so bemühte fand er heute nicht das Ideale Ziel seiner Berufung.
    Gerade bog er in eine schmalle Seitengasse ein um den Massen zu entkommen, als er genau weit vor sich geradeaus durch die Gasse etwas , nein jemanden sah. Sie war kaum zu übersehen, da ihr Körper fast die gesamte Häuserspalte einnahm und den Blick auf die breite Querstrasse verdeckte.
    " Reiche fette ..Veddel," krächste er leise,als er sich mit rythmisch zum Gang pochenden Spazierstock näherte.

  9. #9
    Irgendwann wird auch der schönste Tagtraum langweilig. Und so begann Liudvika wieder langsam ihre Umgebung wahrzunehmen So bemerkte sie auch die eintretende Dämmerung.
    "Du hättest mich aufmerksam machen sollen, Muffin", herrisch zog sie kurz an der Leine und Muffin maunzte auf.
    Schleunigst machte sie sich auf den Weg zur nächsten Straßenecke. Vor einer Gasse blieb sie kurz stehen um sich nach einer vorbeifahrenden Mietskutsche umzusehen.
    "Kutscher, Kutscher!", rief sie und winkte mit ihrer freien Hand.
    Von links näherte sich einer und hielt bei ihrem Rufen an.
    Sie lies sich von ihm in die Kabine helfen und nannte ihm ihr Ziel.
    Ein Häuschen am Rande des wohlhabenden Viertels.
    "Ich hoffe Mary hat den Tee schon aufgesetzt."

  10. #10
    " Die Fettesten sind immer die faulsten," krächste Lysep als er buckelig nach vorne eilte , sein Stock lauter und hektischer auf den Boden stocherte und schliesslich gerade noch den Griff der Kabinentür erhaschte. Mit Schwung stolperte er auf das Trittbrett, ehe die Kutsche mit aufwiehernden Pferde seine Reise begann.
    " Dem Raben zum Gruße , seit ihr auch nicht gut zu Fuße ? kraa," krächste Lysep, als er in der Fahrt die Türe öffnete und sich mit Schwung auf die Polster der Sitzbank plumsen lies, die Dicke Frau mit animalisch hin und her zuckenden Kopf angrinste und sich sitzend bequemer machte.

    Geändert von Wohan (29.10.2008 um 19:38 Uhr)

  11. #11
    Angewidert starrte sie ihren unerwarteten Gast an. Er saß ihr fast auf dem Schoß, denn sie nahm bereits einen Großteil des Raumes ein. Zudem waren die Mietskutschen allesamt nicht sehr geräumig und die Sitzbänke meist schmale Bretter auf hartem Holz. Mehr zum Anlehnen als wirklich drauf sitzen.
    "Was fällt ihnen ein!", schnarrte sie und griff nach Muffin die neugierig an dem mysteriösen Mann schnupperte.
    "Schnupper nicht an dem, Kleines, wer weiß was dieses... Etwas alles an Krankheiten mit sich schleppt."
    Sie drückte die Katze fest an ihre Brust und das Tier krallte sich in den Kleiderstoff.
    "Kutscher! Kutscher, halten sie sofort an! Überfall! Überfall!! So helfen sie mir doch!"
    Ihre Stimme wurde schrill und die Pfede scheuten auf.
    "Sen se ruhig, Ma'am. Se mach'n meh de Pfede wild", rief der Kutscher von vorne und hielt sich den Hut am Kopfe fest während er versuchte die rasenden Tiere zum Stehen zu bewegen.
    "So befreien sie mich doch endlich von dieser Kreatur!", schrie Liudvika und griff bereits nach der Türe der Kabine um sie zu öffnen. Oder eher, um sich festzuhalten. Denn die Passagiere wurden samt Kutscher unsanft durchgerüttelt.

  12. #12
    Wortlos blickte er sie weiter an , starr wie ein Tier das auf seine Beute lauerte, wippte mit seinem Kopf sachte hin und her und strütze sich mit seiner Linken nach vorne an der Wand ab die der Frau im Rücken lag.
    "Schweigt und fahrt weiter , sonst töte ich der Kutsche treusten Reiter, kraa," krächste er schliesslich mit leise einprägsamer Stimme und fuhr mit seiner rechten demonstrativ zu seinem Rapier am Gürtel.
    " Ein Stich durch die dünnen Wände , bohr ich es ihm ins Kreuz ...unbeschwert und ganz behände , kraaaa !"

  13. #13
    Die Ereignisse dieses alleinigen Tages übertrafen die der letzten Jahre um Welten!
    Nicht nur, dass sein Besuch beim Schneider – dem er alles andere als erfreut entgegen geblickt hatte – sich als äußerst belustigend herausgestellt hatte, nein: sein Instinkt – denn es war nichts anderes gewesen – hatte ihn in dieses Gasthaus geführt. Dieses dreckige, übelriechende Gasthaus mit seinen volltrunkenen Schmarotzern und Tagedieben, die nichts besseres als Saufen, Fressen und den Frauen nachstellen zu tun hatten. Und in eben jener heruntergekommenen Lokalität hatte er diese ungewöhnliche Frau getroffen; ungewöhnlich, da diese zierliche Person sich mit dem grobschlächtigen, hünenhaften Wirt angeleckt hatte und dabei vor Selbstvertrauen schier zu platzen schien. Ungewöhnlich, da sie sich unerwartet als eine Person entpuppt hatte, die über die Fähigkeiten verfügte, Elemente zu kontrollieren – ebenso wie Marxzes selbst. Ungewöhnlich, weil sie etwas an sich hatte, das ihn dazu veranlasst hatte, dieser für ihn völlig Fremden spontan zu helfen. Dass sie dabei sicherlich bemerkt hatte, dass er ebenfalls über solche Fähigkeiten verfügte, war ihm bewusst. Eine Schlange erkennt die andere, so sagte man schließlich.
    Am ungewöhnlichsten jedoch war mit Abstand sicherlich ihr Äußeres: Haar, dessen Farbe an den Himmel an einem kalten Wintermorgen erinnerte, strahlend Blaue Augen mit der Tiefe eines Ozeans und eine Haut, die eine Färbung wie das blasse Mondlicht besaß. Er hatte schon viel von ihnen gehört, gesehen hatte er sie bis zum heutigen Tage noch nie: Flussmenschen. Und sollten alle Geschichten, die ihm früher über dieses Volk erzählt worden waren, stimmen, so schienen sie ihm jetzt – im Angesicht einer Flussmenschfrau – vollkommen absurd. Wenn so barbarische Monster aussahen, wollte er nicht wissen, wie dann erst die Engel aussehen mochten. Die Stimme der Frau, die ein „Danke“ gehaucht hatte, klang melodisch und sanft in seinen Ohren.
    „Kein Grund, mir zu danken.“, sagte Marxzes und sah seine unbekannte Fremde mit unverhohlener Faszination an.

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