Sehe ich ähnlich. FFVII war und ist als RPG imho was besonderes, gerade auch deshalb. Ich formuliere das so: Damals haben sie sich noch was getraut.
Ganz einfach. Mit dem großen Erfolg haben sie sich irgendwann nur noch Gedanken gemacht, Gedanken darüber was wohl besser im Westen ankommen könnte (Wechsel hin zu realistischem Charakterdesign), Gedanken darüber, keine zu heftigen Szenen einzubauen, um keine zu hohe Alterseinstufung zu kassieren, keine zu zweideutigen Anspielungen einzubauen, was diverse gesellschaftliche Gruppierungen angeht, um auch ja niemadem vor den Kopf zu stoßen, aber auch Gedanken darum, gleich von Anfang an ein Spiel voll optischem und damit oft oberflächlichen Bombast zu schaffen (was nicht unbedingt schlecht ist, kommt nur darauf an, was sonst noch geboten wird).
Ganz ehrlich, ich fände es mal interessant zu sehen, wie so ein Remake des Spiels aussehen würde auf den heutigen Konsolen. Mir fallen da so einige Szenen ein, die der Schere zum Opfer fallen oder schlichtweg nicht originalgetreu umgesetzt werden könnten. Beispielsweise im Shinra-HQ der blutverschmierte Boden, der abgetrennte Kopf von Jenova, für einen damals elfjährigen wie mich war das alles schon recht verstörend. Und dazu kommt dann Barrets große Klappe, Schimpfworte, wie du schon sagtest der ganze Wall Market-Abschnitt ... ich meine, welches andere RPG hat denn bitte schon ein Freudenhaus? Mir fällt keines ein, und ich hab einige gespielt. Aber auch so viele ganz dezente Untertöne. Ich erinnere mich noch recht gut an eine Cutscene in Midgar, kurz bevor Cloud abstürzt, in der Kirche mit den Blumen landet und Aeris trifft. Die Helden scheinen für einen Moment eingekreist, und wenn ich mich richtig erinnere kommt Präsident Shinra im Hubschrauber angeflogen und sagt der Truppe, dass er die Informationen die er braucht schon aus ihren Gehirnen extrahieren würde, wenn sie erstmal alle tot sind. Der Spieler kann sich dazu doch direkt Bilder im Kopf vorstellen. Das sagt viel mehr über den Bösewicht aus, diese ganze Kälte eines brutalen technokratischen Regimes, als wenn er nur sagen würde "Haha, ihr werdet alle sterben!" wie es heute fast immer gemacht wird. Ganz ähnliche Gefühle hat es in mir erzeugt, dass Aeris von Hojo als "Testsubjekt" für Experimente im HQ eingesperrt wurde.
Ich glaube, als FFVII entwickelt wurde, haben sie einfach nur versucht, das beste Game zu machen, was sie machen können. Einfach nur ein geiles RPG. Für einige, wie Sakaguchi, war das Storykonzept sogar direkt was persönliches. Und das alles ohne zu bedenken, wie das sonstwo in der Welt ankommen würde. Es gab sogar jede Menge Fanservice, aber weniger von der albernen Sorte wie in X-2, sondern eher auf Coolness getrimmt.
Die Story steckte auch voller emotionaler Einzelschicksale (Professor Gast & Ifalna, Barrets Hintergrundgeschichte mit Dyne), wie ich sie in Rollenspielen inzwischen oft vermisse. Im Laufe des Spiels sterben viele Nebencharaktere (und ein Hauptcharakter -_^), und es gibt einige harte Elemente (Präsident mit Zahnstocher im Rücken, oder dieses schöne Bild von der Midgarschlange in den Sümpfen, die Sephi aufgespießt hat).
Mann ... das waren noch Zeiten. Was mir an VII auch so sehr gefallen hat, waren die Bösewichter. Es gab nicht einen, nicht zwei, nicht fünf, nein, man hatte die Führungsriege eines ganzen Megakonzerns, alle mit eigener Persönlichkeit, anderen Aufgaben usw., mal ganz abgesehen von Sephiroth. Letzterer ist durch den ganzen Hype ja schon irgendwie etwas ausgeutscht worden, aber an ihm hat mir besonders gefallen, wie er eingeführt wurde. Das ist kein Gegner, den man von der ersten Sekunde an kennt. Es fängt erst mit leisen Andeutungen an, NPCs sprechen vom "legendären" Soldier Sephiroth, der durchgedreht sein soll. Dann sieht man seine Taten wie den ermordeten Präsidenten, den Midgard-Zolom usw., dann erlebt man die Rückblenden von Cloud und dann trifft man ihn endlich irgendwann mal unter Umständen, die einem Survival-Horror-Spiel entstammen könnten, obwohl diese Erscheinungen von ihm ja im Grunde genommen eher Jenova sind (wobei das im Spiel nie hundertprozentig geklärt wird). Worauf ich hinaus möchte ist, dass er als Antagonist aufgebaut wurde. Heute machen sie es sich viel zu einfach, indem sie einen Seymour oder einen sonstwen dahinklatschen und sagen "Bekämpf den! Das ist der Fiesling!" ... der Unterschied bestand für mich aber darin, dass ich Sephiroth bekämpfen wollte, weil ich mit angesehen habe, was er in der Story getan hat, vor allem was Aeris angeht.
Und auch die ganzen Shinra-Minister bekommen ihre Auftritte. Für mich war es ein Hochgefühl, gegen Ende durch ein dem Untergang geweihtes Midgar zu laufen, Orte wiederzusehen, die ich viele Spielstunden lang nicht gesehen hatte, wohlwissend, dass eigentliche alle Zivilisten abhauen oder evakuiert werden. Man selbst als Spieler aber musste hinein ins Auge des Sturms, um Hojo, Scarlet und Palmer (oder war es Heidegger?) zu besiegen. Wow. Unschlagbare Atmosphäre.
Heutige Gegenspieler sind einfach nur da, von Anfang an. Man erlebt sie zu wenig während des Spiels, und sie haben zu wenig mit der Party direkt zu tun. Immer sind es böse Imperien, mit zahllosen namenlosen Fußsoldaten als Kanonenfutter, aber meistens ohne System dahinter. Die Shinra beherrschten den ganzen Planeten aus VII und das ließen die Macher den Spieler auch spüren, besonders während der Zeit in Midgar. Umso erfüllender war dann das Gefühl, diesen mächtigen Konzern besiegt zu haben. Wenn ich Vayne in XII besiege, dann kann ich die Auswirkungen nicht so gut nachvollziehen, denn es bestand immer eine große Distanz zu der Figur. Archadia lernt man ja auch nur am Rande kennen.
Bosse sind auch so ein Problem. Damals gab es noch echte Storykämpfe, die einem was bedeutet haben. Heute ist der Anteil der Random-Monster, die nur irgendein bedeutungsloses Hindernis sind, meinem Gefühl nach viel größer.
Ähm ja. Und bevor ichs vergesse: Diese Sache mit dem "sich MEHR trauen" gilt insbesondere auch für Final Fantasy VI. Das Spiel war storymäßig seiner Zeit so unglaublich weit voraus, dass wir nichtmal heute so ein Niveau erreicht haben, eher sogar im Gegenteil. Die Welt geht unter, der Bösewicht schafft genau das, was der Spieler normalerweise doch immer verhindern sollte! Für Kefka gilt das gleiche wie für Sephi: Man bekommt die Zeit, ihn kennen und hassen zu lernen. Und die Einzelschicksale der Charaktere wurden ebenfalls wundervoll in Szene gesetzt, weshalb ich auch die World of Ruin noch lieber mag als die World of Balance. Es war so ergreifend das Team von damals wieder einzusammeln, einer nach dem anderen, in einer zerstörten Welt. Was aus ihnen geworden ist. Wie Tina eine Herberge am Leben erhält, wie Cyan die Briefe schreibt, oder man von Setzers Vergangenheit oder Lockes tragischer Liebe zu Rachel erfährt. Am meisten beeindruckt haben mich aber Shadows Träume. Wie auch immer, die Wege hatten sich getrennt und noch ein letztes mal muss sich die Party aufbäumen, um Kefka zu besiegen.
In dem Spiel geht es zum Teil um Genozid (an den Espern), Jugendschwangerschaft, und Selbstmord spielt auch eine Rolle. Alleine zwei Partycharaktere versuchen es, und einer von den beiden zieht es am Ende sogar durch (für mich immer noch einer der besten wenn nicht der beste Moment in einem 16-Bit-RPG: Shadows Abgang).
Okay, hier sollte es ja um VII und nicht um VI gehen. Aber die beiden sind meine Lieblingsteile, und ich hoffe ich konnte ein wenig Einblick geben in meine wirren Gedanken, warum das eigentlich so ist. Bei beiden Spielen sind es größtenteils die gleichen Gründe.
Deshalb finde ich es auch so schade, dass Square bzw. inzwischen Square Enix nie mehr zu solchen Elementen des Storytellings und Spieldesigns zurückgekehrt ist, obwohl sie damals schonmal den Dreh raus hatten. Zumindest so, wie es mir persönlich am besten gefällt, wobei ich nicht sagen kann, inwiefern es ein Einfluss war, dass VII mein erstes 32-Bit-RPG war und ich viele Erfahrungen mit dem Genre bei diesem Spiel zum ersten Mal gemacht hab, was wie wir ja wissen recht prägend sein kann.
Bei allen mögen es teilweise unterschiedliche Gründe sein, aber FFVII hatte definitiv etwas, das eine ganze generation von Gamern verzaubert hat. Das muss sich vielleicht jeder für sich selbst erklären. Für mich ist es aber eine Tatsache, dass der Hype durchaus seine Berechtigung hat oder hatte, auch wenn ich nur zu gut weiß, wie nervig dieser sein kann. Der siebte Teil der Reihe ist sicher nicht "irgendein" RPG. Für mich macht es vieles nach wie vor besser als die meisten Spiele von heute.
Tut mir leid wenn sich das da oben nicht besonders verständlich und angenehm lesen lässt, aber wenn ich in wohligen Erinnerungen von der guten, alten Zeit schreibe, kann das schonmal ziemlich durcheinander sein *g*
Ja, war bei mir auch so. Habe es zwar vier Jahre früher oder so als PC-Version zum Geburtstag geschenkt bekommen, war auch um einiges teurer als 5 € bzw. damals noch DM, aber ich hatte es mir gewünscht. Hatte zuvor einige SNES-RPGs wie Lufia II, Seiken Densetsu 2 /Secret of Mana oder ebenfalls Illusion of Time gespielt, aber die haben mir nie selbst gehört. Immer nur ausgeliehen von Freunden oder dort zusammen gezockt ^^ Jedenfalls hatte ich zu dieser Zeit festgestellt, dass ich das RPG-Genre am liebsten mag. Und einige Monate zuvor hatte ich irgendwo im Urlaub im Geschäft die Verpackung von FFVII gesehen und war von den Bildern und der Beschreibung sofort fasziniert. Ich meine Cloud mit seinem überdimensionalen Brötchenmesser bleibt nunmal im Kopf hängen. Also beschloss ich dann, als ich mich daran irgendwie erinnerte, dass mein nächstes eigenes Spiel dieses werden sollte, afair meine erste RPG-Erfahrung aus jener für das Genre dritten Generation.
Aber abgesehen davon, dass mich das Spiel magisch anzog und ein Freund auf meine Frage sagte, dass er gehört habe, dass es echt gut sein soll, wusste ich auch nichts darüber. Vielleicht ist diese Unvoreingenommenheit wichtiger als uns manchmal bewusst ist. Manchmal frage ich mich, was ich wohl von FFX oder XII gehalten hätte, wenn ich vorher überhaupt nicht darüber informiert gewesen wäre, vielleicht bis auf ein paar grobe Rahmeninfos. Aber als Fan kann man irgendwie einfach nicht mehr anders als die Entwicklungen ständig mitzuverfolgen. Das Internet, zu dem ich zu FFVII-Zeiten auch noch keinen Zugang hatte, hat das alles ja wesentlich einfacher gemacht. Und wenn ich ehrlich zu mir selbst bin ist die Vorfreude bei den ganzen Ankündigungen zu einem neuen Teil auch zu groß, um das einfach sausen zu lassen.
Jop, jop, dito. Ich wollte mich in den oberen Abschnitten dieses Beitrags auch nicht so anhören, als ginge es mir nur um die Story. Das Gameplay war genial. Vor allem das Abilitysystem, an dem sich heute noch die meisten RPGs messen können. Die Materia /Substanzen und Kopplungen, es gab so unglaublich viele Kombinationsmöglichkeiten ... imho ist es sehr wichtig, dass bei diesen Spielsystemen die Kreativität des Spielers berücksichtigt wird und das war dort absolut der Fall. Aber auch die actionreichen Kämpfe mit ihren für damalige Verhältnisse spektakulären Kamerafahrten. Und dann der Soundtrack und die Videosequenzen - einfach nur wow.Zitat
Ich spiele RPGs normalerweise grundsätzlich nur einmal durch, aber bei FFVII warens afair drei mal. Das ist für meine Verhältnisse astronomisch viel ^^
Geht mir ganz genauso. Wobei ich mich an der Stelle wieder aufregen könnte, dass das Gesamtpaket in den letzten Jahren bei vielen Spielen - auch was Final Fantasy angeht - ganz und gar nicht stimmt. In FFX hat mich die eingeschränkte Mini-Spielwelt im Nachhinein schon sehr angeödet, und während ich vom XIIer Gameplay nach langer Zeit mal wieder hin und weg war, hätten sie aus der Story durchaus mehr machen können.Zitat
Heute scheint die Grafik oberste Priorität zu haben. Ich fänds viel interessanter, wenn Square Enix mal wieder so etwas wie eine Vision hätte. Ich weiß, das hört sich blöd an. Aber einfach eine Story mit unglaublich vielen tollen Details allen Widrigkeiten zum Trotz umsetzen, freie Gedanken ohne durch irgendwelche Aktionäre oder Märkte eingeschränkt zu sein, und das in Verbindung mit einem Gameplay, bei dem Spaß und Erkundung mit einem angemessen hohen "Coolness-Faktor" im Vordergrund stehen. Die meisten Wow-Elemente die ich mit dem Genre bis jetzt hatte, waren Story-Momente. Solche wie Shadows Vergangenheit in VI oder Clouds Nibelheim-Rückblende in VII, um mal FF-Beispiele zu nennen. Und die befriedigendsten Momente waren immer solche, in denen ich entweder das Gameplay so hinbiegen konnte, dass ich endlich meine Wunschtruppe zusammengestellt hatte, oder solche, als man im letzten Drittel das ultimative Transportmittel bekam und über die Weltkarte fliegen konnte.
Dazu braucht es nicht viel Eye-Candy. Grafik halte ich zwar für wichtig, aber die ist eher ein schönes drum-herum. Gutes Design, das Atmosphäre schafft, mit viel Liebe zum Detail, ist viel wichtiger, und das lässt sich auch realisieren, ohne die technischen Möglichkeiten einer Konsole gleich bis aufs Äußerste auszunutzen. Aber sie legen viel Wert darauf, weil man so am besten Kunden locken kann. Ein Bild sagt eben mehr als tausend Worte. Wenn ich als Fan nur lesen würde, "Weltkarte wieder mit dabei ... und ein Luftschiff, das man selbst steuern kann!", wäre das für mich schon ein tausendmal bedeutenderer Kaufgrund als jeder Screenshot, aber das trifft wohl nur auf die wenigsten zu *g*
Das ist es imho aber nicht Wert, wenn dadurch jedes neue Final Fantasy zwei Jahre länger in Entwicklung ist. Denn die Erfahrung, die ich jetzt bei drei Konsolengenerationswechseln gemacht habe, ist immer die, dass man sich als Spieler wahnsinnig schnell an das neue Grafik-Niveau gewöhnt. FFX hat mich damals vielleicht so lange vom Hocker gehauen, bis ich Besaid verlassen habe. Danach war es immernoch schön und ein paar einzelne Dinge auch optisch beeindruckend, aber es spielt dann einfach keine so große Rolle mehr, weil man mitten in der Story und dem Gameplay drin steckt.
Solche Spiele sind in der Tat selten. Aber FFVII hat mir dabei geholfen, meinen Geschmack was RPGs angeht zu formen und zu erkennen. Und ich habe darüber im Laufe der Jahre ziemlich viel geschriebenZitat
Damit will ich sagen, ich habe recht genaue Vorstellungen davon, wie ein gutes RPG für mich aussehen muss, und damit meine ich jetzt nicht irgendwelche ganz genau festgelegten starren Regeln, ich bin für viele Dinge offen. Nur ist es schade, dass es trotz allem kaum Spiele schaffen, mich wirklich zu beigeistern, sodass ich einen Hauch dieses FFVII-Gefühls von einst zurückbekomme und nochmal durchleben kann. Und da frage ich mich dann immer, warum das so ist, den anche Spiele haben wirklich offensichtliche und dumme Design-Schnitzer, egal obs jetzt Story, Grafik, Gameplay oder der Sound ist.
Nebenbei bemerkt war ich übrigens so frei, mal ein dezentes Fragezeichen hinter den Titel des Threads zu setzen, ich finde das wird dem Thema eher gerecht -_^
Uh, schon lange nicht mehr so einen TVO geschrieben ...