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"Vollständig" sein, heißt für mich nicht, dass man keine Ziele mehr hat. Es bedeutet lediglich, dass man wirklich und wahrhaftig seinen eigenen Weg gefunden hat, der möglichst unbeeinflusst ist von Kräften, die uns ihren Willen (mehr oder weniger bewusst) aufzwingen wollen.
und du glaubst so einen weg kann man endgültig finden? das glaube ich nicht. ich denke, dass sich dieser weg immer wieder wandelt und andere richtungen einschlägt und dieser weg ist das, was ich die suche nach der vollständigkeit nennen würde, denn auch der von dir angesprochene weg muss ja ein ziel haben, ohne das zu erreichen man eben nicht vollständig ist.
für mich klingt es eben nach einem zustand ohne ziele, wenn man von genereller vollständigkeit spricht.
zudem bin ich der meinung, dass nichts unbeeinflusst von kräften existieren kann. es mag uns mißfallen, dass wir in dieser hinsicht mehr oder weniger vollständig fremdbestimmt sind, aber was wären wir denn ohne die einflüsse, die unser leben bestimmen? worauf sollten wir unsere werte, moralvorstellungen und denkweisen gründen? selbst unsere fähigkeit zur abstraktion und zum weiterdenken, die auf den ersten blick selbstbestimmt wirken mag, beruht nur auf unseren erfahrungen und ist somit mittelbar fremdbestimmt.
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Aber du hast Recht, die Suche nach dieser "Vollständigkeit" kann unter Umständen ein ganzes Leben dauern. Und das wäre dann der Sinn. Es bliebe eben dann entsprechend wenig Zeit, nach dem eigenen Weg zu leben. Und das finde ich bedauerlich.
der "eigene weg" ist für mich aus oben genannten gründen nicht wirklich zu finden. vielmehr halte ich die suche danach am ehesten für den "eigenen weg" und gewissermaßen für den sinn des lebens.
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Hm. Das "Wohl" der Menschheit ist also nur dadurch zu erkaufen, dass andere leiden?
rein theorhetisch mag es möglich sein, eine welt zu haben, in der es allen gut geht. an der praktischen umsetzung habe ich jedoch starke zweifel, denn dem stehen die typischen menschlichen eigenschaften des konkurrenzdenkens und der unzufriedenheit - egal wie gut es ihnen geht - entgegen. diese sollen zwar nach dem anfangstext abgeschafft sein/werden, aber erstens glaube ich nicht daran, dass das möglich ist und zweitens halte ich diese eigenschaften für zu wichtig, um sie zu verwerfen (näheres dazu im nächsten abschnitt). ich kann mich des gedankens nicht erwehren, dass der diesen grundgedanken beraubte mensch viel von seiner menschlichkeit verloren hat und kann mir nicht vorstellen, wie eine solche existenz dann aussehen soll. sie erscheint mir recht unerheblich und austauschbar. alle menschen sind gleich, es gibt keine besonderheit mehr... wie soll das gehen und warum sollte das erstrebenswert sein? denn wenn nicht alle gleich sind, muss es zwangsläufig die einordnung in besser/schlechter als andere (unter bestimmten aspekten) geben und somit wären wir wieder beim thema, dass es gewinner nur unter der maßgabe geben kann, dass es auch verlierer gibt.
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Konkurrenz richtet auch viel Schaden an und ist durchaus nicht nur positiv zu bewerten. Und für den Fortschritt gilt dasselbe. Nicht selten wird in dem Kontext die Menschenwürde oder unsere hoch geachtete Vernunft mit Füßen getreten. Ich würde mir gerne andere Alternativen vorstellen können...
natürlich erkenne ich an, dass konkurrenz und fortschritt nicht durchweg positiv zu beurteilen sind. ich wollte lediglich gesagt haben, dass man sie auch nicht rein negativ beurteilen kann und das sie - meiner meinung nach - zu wertvoll und sinnvoll sind, um sie abzuschaffen. was wären wir denn, ohne den willen besser zu sein als andere, ohne das ziel uns über andere und auch uns selbst hinaus zu entwickeln? eine nichtige existenz auf der welt, ohne visionen und ohne ziele.
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Ich lese das so: Veränderte Taten werden auf eine Veränderung des Herzens ganz einfach folgen. Eine Veränderung des Herzens ist für mich eine andere Sichtweise von sich selbst. Und wenn so eine erstmal vollzogen ist, wird sich der Mensch seiner Umwelt gegenüber unvermittelt anders verhalten. Eine Veränderung ist eine Veränderung, und nicht nur eine geplante Veränderung.
nun, ich sehe natürlich ein, dass eine veränderung des herzens meist und über kurz oder lang zu veränderungen im verhalten führt. daher sagte ich ja auch, dass eine veränderung im herzen beginnt. was aber ist, wenn derjenige zu feige oder schwach ist, nach seiner geänderten einstellung zu handeln? dann macht sich die veränderung noch nicht wirklich bemerkbar und es ist, als ob sie noch nicht existiert. nun kann man natürlich argumentieren, dass jemand, wenn er noch nicht danach handelt keine wahre veränderung des herzens erfahren hat, aber für mich sind das eben zwei getrennte schritte.
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Und alle Veränderungen, die man nur äußerlich aufgesetzt an den Tag legt, sind keine wahren Veränderungen.
das ist zwar richtig (wie ich schon sagte befürworte ich den standpunkt, dass wahre veränderung im herzen beginnt), aber es ist nicht abzustreiten, dass die äußerlich an den tag gelegte veränderung auswirkungen auf die realität hat und somit mehr bewirkt und bewirken kann, als die rein innere veränderung. sie kann somit zu wahren veränderungen führen und hat damit mehr macht als die reine veränderung des herzens. wahre veränderung beginnt für mich im herzen, wirkt sich dann aber auch real aus.
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Hm. Ich weiß jetzt nicht, wie du Individualismus definierst.
zitat von mir, aus einem post weiter oben:
"nun, individualismus ist für mich die unterschiedlichkeit der menschen in werten, überzeugungen, talenten, aussehen, whatsoever."
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Aber das bisschen Spielraum, dass wir in unsere Gesellschaft besitzen, würde ich nicht damit verwechseln.
nun, ich halte unser leben für nahezu grundsätzlich fremdbestimmt (s.o.), daher sehe ich den spielraum, den wir besitzen und v.a. auch dessen nutzung durchaus als die grundlage des individualismus an.
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Wir haben zwei Möglichkeiten: entweder ängstlich und verwirrt durchs Leben stolpern, oder an etwas glauben, das sich genausogut als falsch herausstellen könnte.
um ehrlich zu sein, halte ich auch diese zwei möglichkeiten noch für zu weit gegriffen. ich denke, jeder glaubt an irgendetwas und wenn es nur der glaube daran ist, dass es nichts gibt, woran man glauben könnte. imo braucht jeder diese orientierung in irgendeiner form.
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Wie wärs denn, wenn wir uns über das, was uns angeboren oder anerzogen wurde, hinausentwickeln könnten? Hört sich für mich nach einem größeren Spielraum für Individualität an. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, wie das zu erreich wäre.
das wäre für mich sicherlich erstrebenswert. und ich denke auch, dass das in begrenztem maße (innerhalb der grenzen der fremdbestimmung) möglich ist. wir können ja weiterdenken und uns weiterentwickeln, auch über das hinaus, was uns angeboren und anerzogen ist (es sei denn, man fasst den begriff des "anerziehens" so weit, dass er sich auf sämtliche aspekte des lebens ausdehnt). nur werden wir auch dabei immer gewissermaßen fremdbestimmt sein, da wir uns nur auf das gründen können, was wir in irgendeiner weise erfahren haben.
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Tiere leben unbekümmert nach ihren Instinkten.
hm, kann man da so sicher sein? ich persönlich denke, dass auch tiere über postitive wie negative emotionen verfügen und in bestimmtem maße zum denken fähig sind.
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Ich frage mich nur, ob unsere Fähigkeit zu "Denken" irgendein bestimmtes Ziel hat. Oder ob wir ewig zwischen unserem tierischen Erbe (mit Instinkten und impulsiven Gefühlen) und unserem höheren Erkenntnis von Welt rumdümpeln müssen. Jeder hat doch seinen Huddel damit. Tiere leben unbekümmert nach ihren Instinkten. Ich frage mich, ob es das gegenteilige Extrem auch für den Menschen gibt, oder sowas wie eine "optimale" Fusion zwischen Denken und Gefühl (und der Text geht IMO in diese Richtung).
ich denke nicht, dass diese fähigkeit ein bestimmtes ziel hat (was in richtung sinn des lebens gehen würde) und bin der meinung, dass wir immer zwischen denken und gefühl stehen werden, weil es für mich schlicht zwei unvereinbare gegensätze darstellen.