Es geht darum, dass man sich lediglich verständigen kann. Ich glaub, du hast meinen Beitrag ein bisschen mit der Echauffierung über den Vergleich Deutsch-Englisch in Zusammenhang gesehen. Ich bin mir auch sicher, dass sich niemand explizit weigert (andersfalls ists dann wohl wirklich doof), Deutsch zu lernen, allein, ich kann mit Türkisch in keinem Supermarkt Fladenbrot kaufen. Allerdings gibt es in jeder Sprache einen gewissen Punkt, den man knacken muss, um im Niveau zu steigen und für diesen Punkt braucht es ein ganzes Stück Sprachaffinität. Im Englischen sind das beispielsweise Emphasen und Partizipialkonstruktionen, im Französischen Subjonctif und die Position der Adverbiale, im Deutschen ist das eine Hand voll Verbkonstruktionen, Attributsätzen, nicht zuletzt unser Fremdwortschatz... Für solche Spitzfindigkeiten muss man Einsicht in die Sprache haben, ein Gespür dafür entwickeln. Dein Albaner konnte da vielleicht innerhalb der 2 Jahre so wunderbar rein, weil er sich darauf eingelassen hat. Für einen stolzen Türken beispielsweise ist dieses "Einlassen" schon wieder ein Stück weit Verrat an seiner Heimat, vielleicht sind die meisten Immigranten dahingehend aber auch einfach nicht wissenshungrig genug.
Im Übrigen ist das auch sehr oft der Grund, warum manche Leute mit Potenzial partout kein Französisch auf die Reihe bekommen, wenn sie ständig das Bild von schwulen Froschfressern vor sich haben. Aber kann man kulturelle "Engstirnigkeit" wirklich verurteilen?
Ich weiß nicht, ob ich mich dahingehend wirklich verständlich ausdrücken kann, aber mit einer Sprache ist das nicht so, wie mit Mathematik. Wenn ich komplexe Körper berechnen kann, bin ich schlicht und ergreifend klüger, wenn ich eine Sprache lerne, verändere ich automatisch meine Identität. Das ist ein bisschen wie Filme gucken: Wir haben Glück, dass wir dem amerikanischen Lebensstil so nahestehen, sonst würden wir mit jedem Hollywoodstreifen noch ein Stück mehr von unserer Kultur einbüßen. Viele Leute verlangen auch, dass Filme aus Deutschland gefördert werden, eben, um unsere Identität wenigstens vor uns selbst zu wahren. Andere wiederum wollen, dass Filme voll und ganz unsynchronisiert und höchstens mit Untertiteln an den Zuschauer herantreten, um das Kulturgut darin nicht zu verfremden.
Wer davon die liberalen und wer die konservativen sind, ist vielleicht deutlich. Gerade die türkische Mentalität ist eben in vielen Fällen auch konservativ. Warum also diese Liebesmühe aufbringen, das Gespür für die Sprache zu entwickeln, wenn das einen der Identität beraubt?
Sprachmonogamie wird für den Türken auch ein Stück Sprachverehrung sein. Beobachten kann man so ein Phänomen auch in Ländern mit großen Touristenregionen. In Kroatien findet man kaum noch kleine Hafenstädte, in denen nicht 90% der Bevölkerung u.a. Deutsch sprechen, in denen dann aber auch tatsächlich die gastronomischen Angebote auf den handelsüblichen deutschen Touristen ausgerichtet sind. In Split ist das soweit ich weiß deutlich anders (wenngleich man sich dort natürlich auch den Touristen immer mehr angepasst hat), die gastronomische Kultur ist traditioneller, zumindest die kleinen Märkte auch verschlossener. Auch dort redet man Deutsch und auch dort ist mittlerweile vieles international, aber irgendwie halt doch nicht so weitab vom Sprung.
Wenn man nun in einem fremden Land lebt und dessen Sprache nicht perfekt erlernen will, oder vielleicht unterbewusst so blockiert ist, dass man das nicht kann, ist man meiner Meinung nach nicht schlimmer, als die Leute, die die eine Deutsch-Quote fordern. Solange ich meinen Mitmenschen nicht den Umstand bereite, meine Landessprache sprechen zu müssen, weil ich eben doch gebrochen Deutsch kann, ist das kein Problem.
Ich finde schon, dass das eine Bereicherung für unsere Sprache ist. Das Deutsche ist noch konnotationsärmer als das Englische und beide zusammen stellen sie das Konnotationsloch des westlichen Sprachraums dar. Das Englische hat nun aber noch den Vorteil, dass es die Einflüsse aus dem Lateinischen besser verarbeteitet hat, die das Deutsche sich immer wieder als Fremdwort klaut. Wenn man nun beispielsweise "realisieren" diese Konnotation hinzufügt, ist das mehr als lohnenswert.
Warum eichen wir uns auf das "ist gleich"? Vielleicht war mein Beispiel auch seltsam, wenn man von einem Produkt spricht, will man ja auch meistens eine Multiplikation. Nichtsdestotrotz singt Pippi Langstrumpf aber "2mal 3 macht 4" und die Übersetzung des "Kleinen Prinzen" lässt den Geschäftsmann auch ausrufen: "Uff! Das macht also fünfhunderteine Million, sechshundertzweiundzwanzigtausendsiebenhunderteinunddreißig." . Und wenn wir nicht auf die Literaten hören, auf wen dann, immerhin hatten wir den ersten historischen Sprachschatz erst mit der Lutherbibel und später eine gefestigte Rechtschreibung mit dem Duden - die Italiener hatten beides schon knapp hundert Jahre zuvor.Zitat
Ich versteh auch nicht, warum jeder das Deutsche ökonomischer machen will. Dann haben wir eben 3 verschiedene Ausdrücke für "zu einem Produkt führen" - na und? Das macht unsere Sprache doch aus, dass wir 5mal mehr Wörter als die Francophonen und 2mal soviele wie die Anglophonen haben.
Im Übrigen machen bestimmte Dinge auch einen Unterschied, obwohl wir für die ganze Wendung eigentlich "ausmachen" haben. Der konnotative Unterschied sollte jedem ins Auge springen. Deutsch ist eine lebendige Sprache, also lasst sie doch leben. Es ist viel gewalttätiger, wenn man "shoppen gehen" oder "jobben" sagt.