Ich werde zu diesem Thema mal aus Choco's bekannten Nähkästchen plaudern, aber Achtung: Es könnte sein, dass ich ein wenig ins Extreme-Depri-Posting abrutsche ...

Beerdigungen, so wie wir sie normalerweise abhalten, können für Verwandte ziemlich hart sein. Aber ich glaube trotzdem, dass wir es gar nicht anders wollen. Sie haben etwas finales, und auch wenn es sich blöde anhört: danach geht es einem besser.

Ich mußte vor knapp 2 Jahren die Beerdigung von meinem Bruder mitmachen. Er ist ganz plötzlich und unerwartet verstorben. Ich glaube das war der härteste Tag, den ich bisher erlebt habe.

Man sitzt da, in meinem Falle ganz vorne, in der Kirche und vorne in der Mitte Sarg. Uargh, das hat so was endgültiges - dazu noch diese "unheimliche" Kirchen-Orgel Musik. Mann, ich war ohnehin schon richtig sch*** darauf, aber die Musik hat mir den Rest gegeben. Ich habe am ganzen Lieb gezittert und geheult - einfach nur geheult. So sehr geweint, dass ich alles nur noch verschwommen wahrgenommen habe. Die Worte des Pastors sind nur am mir vorbeigezogen. Ich fühlte mich, als wenn ich selber "nicht mehr da wäre", als wenn alles an mir vorbeiziehen würde, als wenn ich in einem schlechten Film sitzen würde.

Am Anfang wurde ein "trauriges" Klassiklied gespielt, dass sich meine Eltern für meinen Bruder ausgesucht hatten, am Ende ein modernes Dance-Floor Lied, welches mein Bruder sehr gerne mochte. Meine Eltern haben sich diese beiden Lieder auf eine CD brennen lassen und hören diese relativ häufig. Ich werde aus irgendeinem Grund immer agressiv, wenn ich diese Lieder höre - ich bin dann immer hibbelig und habe schlechte Laune.

Mit dem Ende der Andacht wurde es nicht besser, mein Bruder wurde dann zu Grab getragen - und so wie es bei uns halt Sitte ist, haben alle die bei der Beerdigung dabei waren eine Schaufel voll Sand auf den Sarg geworfen. Für mich selber war das fast so grausam wie die Predigt, vielleicht sogar noch schlimmer. Als direkte Verwandte mußte ich ganz vorne stehen und mich von jedem in den Arm nehmen lassen und mir anhören, wie schrecklich doch alles sei. Ja, es war alles sch***, aber ich habe mir einfach nur gewünscht nichts mehr hören - und niemanden mehr sehr zu müssen. Ich wollte allein sein - ich wollte nachdenken und kein Beileid von anderen hören.

Doch auch wenn ich wirklich alles an diesem Tag "schrecklich" fand, so hätte ich mir keine andere Beerdigung gewünscht. Und, ich war am Ende des Tages erleichert - erleichtert, dass ich die Gelegenheit hatte so von meinem Bruder Abschied nehmen zu können. Ich hätte an diesem Tag nicht in knall-bunten Klamoten und fröhlich durch die Gegend rennen können, laut Musik hören und abhotten - ich hätte es nicht gekonnt. Und vor allem nicht meine Eltern, für die war das ganze schon schwer genug. Wenn sie jetzt noch hätten richtig ausgelassen feiern sollen - ich glaube das hätten sie nicht geschafft.
Sie wollten traurig sein (ich wollte das übrigens auch) - ans fröhliche Feiern war wirklich nicht zu denken ... Eigentlich finde ich, wie SephiMike, dass ein fröhliches, feierliches Verhalten einfach unangebracht ist.

Auch im Sachen essen nach der Beerdigung muss ich dir, SephiMike, zustimmen. Ich konnte ohnehin nichts essen, aber wie die ganzen Leute sich ausgelassen über die Futtereien hergemacht haben und über die gute alte Zeit geschnackt haben - fast so als wenn nichts gewesen wäre. Und vorher haben alle noch Rotz und Wasser geheult. Da ist mir echt schlecht geworden!

Ich weiß natürlich, dass sich mein Bruder wahrscheinlich gewünscht hätte, dass wir nicht wie Trauer-Klöße bei seiner Beerdigung rumsitzen. Aber ich denke, wie avrael, dass eine Beerdigung vor allem für die Verwandten da ist - damit sie Abschied von einem geliebten Menschen nehmen können. Von daher finde ich eigentlich auch eher, dass sich die Verwandten Gedanken über das ganze machen sollten, vor allem, wenn der Tod so plötzlich eintritt.

Ich habe zwar schon über den Tod nachgedacht, aber noch nicht über meine Beerdigung. Ich finde, dass das dann die Leute entschieden sollen, denen ich vielleicht was bedeutet habe.

Um noch mal kurz (argh, ich schreibe schon wieder viel zu viel) auf das Thema Tod und Verlust an sich zu kommen. Natürlich bringt es nichts, wenn man sich nach dem Tod eines geliebten Menschen für den Rest seines Lebens ins tiefste Trauer stürtzt. Das wäre auch garantiert nicht im Sinne des Verstorbenen. Aber dennoch finde, sollte man jedem die Zeit lassen, die er braucht um den Verlust zu überwinden. Mann wird den Toten niemals vergessen können, aber mit der Zeit läßt der Schmerz nach ...

Auch heute werde ich manchmal noch traurig, wenn ich bestimmte Dinge sehe/erlebe die mich an meinen Bruder erinnern. Ich habe "damals" viel über Dinge geredet und geschrieben die mich belastet und die mich bedrückt haben - das hat mir geholfen . Und ich bin mir seitdem auch sicher, dass der Tod nicht das Ende von allem ist, dass irgendwas danach kommt. Wir haben damals von Bekannten eine Karte bekommen, die uns allen sehr weitergeholfen hat. Auf ihr stand: "Jemand den man liebt ist niemals wirklich tot".

Gruß,

Chocobo

PS: Sorry für das Depri-Post, aber das waren nun mal die Gedanken, die mir zu dem Thema gerade in den Kopf kamen