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Lehrling
Es ist leider wahr, dass bei den meisten RPG-Maker Spielen, die Inszenierung mangelhaft ist (wobei für mich Klischees und schlechte Dialoge eine Unterkategorie davon ist) und die Gründe dafür sind vielfältig.
Tja, der Thread über "gute Makerspiele von Erwachsenen" beschreibt mMn ein Hauptproblem der Sache.
Viele Makerer sind einfach zu jung; das heißt nicht, dass die Geschichten der Älteren automatisch besser sind - viele Leute sind leider mit 36, die selben Idioten, die sie mit 16 waren.
Aber viele junge Leute kommen mit der falschen Prämisse daher, ein episches RPG zu machen mit allen was dazu gehört. Und dann geht das nach Strichliste ab:
Böses Imperium, magische Prophezeiungen, Auserwählte, Standardparty Krieger, Magier etc. und was nicht alles.
Die Summe der Teile ergibt kein Ganzes.
Und dann schauen sie sich die "großen" Projekte an und haken erstmal eine Featureliste ab:
Die Summe der Teile ergibt kein Ganzes.
Ein LE hat keinen Selbstzweck, ein Menü, ein Tag-Nacht-System hat keinen Selbstzweck sondern unterstützt die Handlung. Features alleine machen kein gutes Spiel, sondern nur wenn sie richtig eingesetzt werden.
Es fehlt da meiner bescheidenen Meinung einfach an einer gewissen literarischen und filmhistorischen Grundkenntniss. Ein bisschen Theorie zum Aufbau wäre nicht schlecht, aber eine Belesenheit außerhalb japanischer Hentais :P wäre nicht schlecht, seht euch an was die Meister gemacht haben, und fragt euch warum einige Dinge funktionieren und andere nicht. Versucht das Grundgerüst zu sehen, nicht die Oberfläche. Wenn es unbedingt japanisch sein soll, probiert mal Kurosawa, nicht DB oder One Piece.
Die Charaktere, für mich persönlich ist es verdammt schwer den Charakteren eigene Stimmen zu geben, aber das Problem sitzt mMn tiefer als das. In vielen Spielen merkt man deutlich, dass der Hauptchara eine Mary Sue ist, ob der Held mit 16 Jahren ein Eliteritter des Königs ist (Stichwort Suspension of Disbelieve) oder ihm kein Problem zu stoppen scheint.
Pseudocoole Charaktere und ähnliche Gurken.
Gibt der Party Konflikte, lasst sie fehlerhaft sein ohne ins Lächerliche abzurutschen. Wenn ihr Charaktere einführt, dann fragt euch warum: Leere Hüllen, die nur als Stichwortgeber dienen um die Haupthandlung anzutreiben sind zu vermeiden, Deus Ex Machina Charaktere erst recht. Was sind die Motive und ja, Rache ist genug - wenn sie überzeugend ist. Gut sein zum Selbstzweck nicht, als Kind haben mich die Bösewichter in den Comics und Zeichentrickfilmen mehr interessiert, da sie wenigstens sowas ähnliches wie Ziele zu haben schienen, und sei es nur Macht, Geld oder Frauen.
Und erst wenn eine Person überhaupt einen Charakter hat, kann sie sich Out-Of-Charakter verhalten, was ebenfalls zu vermeiden wäre = "Oha, Albrecht von Kunnigbergen, mein treuer Gefährte, der mich seit meinem fünften Lebensjahr begleitet ist im Kampf gegen Fürst Dunkel gefallen. Ich werde dich rächen, Freund. Doch nun bin ich hungrig, lasst uns weiterziehen."
Wenn ihr merkt, dass die Richtung in der es weitergehen soll, eigentlich nicht zum Verhalten des Hauptcharakters passt, ist schon irgendwo etwas in der Inszenierung schief gelaufen.
Zu den Intros, in media res mag ich bei Spielen überhaupt nicht, es sollte immer eine Einführung vorhanden sein, die sich aber möglichst kurz zu halten hat. Und wenn das Intro keinerlei Bezugpunkt zur Handlung hat ist es auch schlecht: d.h. Genesis und politische Verflechtungen wenn sie nicht sofort wieder aufgegriffen werden sollten draußen bleiben, das gehört zu dem Weltenaufbau der für den Spieler optional sein sollte wenn er sich für die Hintergründe interessiert und das tue ich erst wenn mir das Spiel gefällt.
Ein gutes Intro ist auch nicht zum Selbstzweck da, es stellt mir 1. die Welt vor und 2. präsentiert mir das Geschehen, dass den Stein der Hauptgeschichte ins Rollen bringt.
Wenn eine längere Exposition nötig ist, dann macht sie spielbar und gibt mir einen Anreiz es zu machen. Benutzt den alten Trick, eine Kleinigkeit vorzugreifen, Fight Club startet mit einer Pistole im Mund, Max Payne mit den Worten "They're all dead" - selbst ein weniger actionreiches Beispiel wie American Beauty fängt mit einem Mordplan und einem totem Erzähler an.
Das waren drei Beispiele aus Literatur, Spiel und Film - und alle haben eins gemeinsam, ein Köder, der den Zuschauer von Anfang an aufmerksam halten soll. Und dieser Köder lässt trotz seines chronologisch späten Zeitpunkts mehr Fragen, als Antworten zu. Niemals wird erklärt wie es dazu gekommen, was genau passiert ist, wer Schuld ist.
Erwartungen werden gleich am Anfang aufgebaut und der Spieler steht trotzdem nicht in Regen.
Kennt jemand hier An Occurrence at Owl Creek Bridge? Lasst den Hauptcharakter gleich am Anfang am Galgen hängen und erzählt DANN wie es dazu gekommen ist - mit spielbaren Passagen natürlich. Und die Stelle kann mitten drin sein, das Hängen muss ja nicht erfolgreich sein, aber es ist eine spannungsgeladene Stelle und das ist was zählt.
Mal ein Beispiel einer mMn "perfekten" Inszenierung aus dem Musical Cabaret
(Der Film hat Oscars gewonnen in den Kategorien Best Cinematography, Best Art Direction, Best Editing, Best Director):
http://www.youtube.com/watch?v=EdM8PDu6VMg
Analysieren wir mal die Szene, wir sehen eine Nahaufnahme eines gutaussehenden Jungen, der in einer einzigartigen Stimme ein heimatliches Lied singt, wie gebannt hört das ganze Fest zu. (Die Kamera filmt leicht von unten, und da wir immer noch die selben Affen sind, löst das psychologisch in uns etwas aus, wortwörtlich strahlt dieser Junge Größe aus)
Und dann kommt die Stelle "Tomorrow belongs to me" und die Kamera fährt nach unten und offenbart Uniform und Hakenkreuz binde. In weniger als 40 Sekunden, hat der Regisseur uns selber ausgespielt, durch unser Vorwissen bekommt die ganze Szene eine ganz andere Bedeutung, das patriotische Lied wirkt nun düsterer und die Begeisterung der Gäste unheimlich, doch durch die ersten 40 Sekunden, die unser Vorwissen durch Kamera verhindert haben, verstehen wir die Reaktionen ohne das Bild der Nachgeborenen.
In 3 Minuten sehen wir eine Dynamik, Deutschland Anfang der Dreißiger.
Das ist das viel herbeigeschworene Show, don't tell in Reinform.
Es braucht da kein langer Text/Dialog, sondern nur den richtigen Einsatz von Bildern.
Und jetzt kommen die Unkenrufe, dass das in 2D nicht geht - das ist die volkommen falsche Einstellung, FF6 hatte einige der nahengehensten Szenen die es je in einem Videospiel gab, die Operszene und später wird die Musik aus genau dieser Szene als Leitmotiv verwendet um [ich will jetzt nicht spoilern :P].
Und die Oper hat u.a. auch deshalb funktioniert weil sie Interaktiv war und zwischenzeitlich Zeitdruck, Erkundungen und Kämpfe durchzuführen waren. Immer nur ein bisschen um Abwechslung zu erzeugen und Langeweile zu vermeiden.
Die Szenen in UiD auf Wahnfrieds Schloss sind ähnlich inszeniert - und ich habe bisher noch keinen gehört, der diese schlecht fand.
Aber zurück zum vermeintlich unvergleichbaren Film vs. 2D Spiel, die Kamera ist wenn ihr nicht zeichnend wollt statisch, aber genau da kommen die Chipsets zum Einsatz, die LEs, Tag und Nacht, das Wetter und die Soundkulisse. Es mag in der Literatur abgedroschen sein den innerlichen Status des Helden an der Außenwelt zu zeigen, aber es funktioniert bei Spielen.
Imdahl hat das gut ausgenutzt, war der Endkampf spielerisch mau, hat die unglaublich geniale Inszenierung genau dies wieder mehr als wett gemacht.
Aber das gilt natürlich nicht nur für RPG Maker Spiele, der Aufbau der Metal Gear Serie ist fürchterlich, die Handlung verworren und unglaubwürdig und nur bei Videospielen ist es möglich Gedankendiarrhoe wie Crysis oder Assasin's Creed als episch zu bezeichnen.
Am besten sind immernoch die Spiele geworden, die als Ausgangslage etwas hatten, dass auch der Ersteller gerne spielen würde anstatt sich am prophezeiten Geschmack des Publikums zu richten.
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