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Thema: Zwischen Anfang und Ende (Gedicht)

  1. #1

    Zwischen Anfang und Ende (Gedicht)

    Nach dem letzten Strukturfiasko hab ich mich mal etwas genauer mit freien Versen auseinandergesetzt und folgendes Gedicht ist entstanden. Es liest sich hoffentlich viel besser, als mein voriges Werk. Bin selber der Meinung, dass die "Bilder" (na ja), die hier erzeugt werden, etwas wacklig oder nichtssagend sind. Aber mich interessiert erstmal eure Meinung zur Strukturierung dieses Gedichtes, denn ich selber bin relativ zufrieden damit. Der Rest darf natürlich auch auseinander genommen werden. =)

    Zwischen Anfang und Ende
    -

    Sie brannte hell
    so lodernd hell
    so hell wie der erste Glanz der Sonne
    so hell wie der letzte Strahl des Mondes.
    Zwischen den vollkommenen Funken dieser Klarheit
    zwischen Anfang und Ende einer jeden Jahreszeit
    liebten wir uns wie zwei Wesen
    deren Glaube größer war als jede Hoffnung dieser Welt.

    Aber
    die Zeit lastete auf unseren Häuptern
    sie drückte auf unsere Seelen
    sie quetschte unsere Herzen
    sie vernichtete unseren Glauben.

    Was blieb war keine Reue
    sondern Verlust jeglicher Vollkommenheit.

    Ich.
    Du.
    Wir.

    Die Flammen
    sie erlöschen immer.

  2. #2

    DieHeiligeSandale Gast
    Wirklich berührt hat es mich leider nicht. Aber es liest sich sehr schön und flüssig, und darum scheint es dir ja hauptsächlich zu gehen. Nur ein paar Punkte wären dahingehend zu bemängeln.

    Zitat Zitat
    Zwischen den vollkommenen Funken dieser Klarheit
    zwischen Anfang und Ende einer jeden Jahreszeit
    Hier haben wir fast einen Reim, da sich dort sonst nichts reimt, stört das irgendwie.

    Zitat Zitat
    Ich.
    Du.
    Wir.

    Die Flammen
    sie erlöschen immer.
    Wirt einfach nur noch aufgesetzt! Die letzten zwei Zeilen ergeben irgendwie keinen Sinn und sind hart an der Grenze zum Grammatikfehler. Das würde ich einfach komplett weglassen oder durch eine ganz andere Formulierung ersetzen.

    Zum Inhalt lässt sich insgesamt sagen: In deinen Worten liegt eine gewisse Ausdrucksstärke, dabei wirst du aber nicht wirklich zu schwülstig oder pseudo-experimentierfreudig, wie man das sonst so oft bei metaphernverliebten Freireimern beobachten kann (ich selbst bilde da keine Ausnahme, denke ich).
    Nun ja, sicher kein Meisterwerk, aber ein akzeptabler zweiter Schritt. Schreib doch mal zur Übung etwas ganz Konventionelles, mit ABAB Reim, Jambus, Trochäus, oder auch Daktylus, etwas, was auch meinen goetheverliebten Deutschlehrer glücklich machen würde. Bevor man Regeln gekonnt bricht, sollte man sie nämlich erstmal kennen und beherrschen.
    Und noch ein kleiner Hinweis für unterwegs: "Gedicht" meint "verdichtete Sprache". Metaphernreiche Zeilen sind schön, aber nur, wenn sie wirklich essentielle Aussagen treffen. Richtig geniale Dichter fassen sich kurz. Einige kürzen dreiseitige Texte auf zehn Zeilen herunter, und die sind dann wirklich mit jedem einzelnen Wort so unglaublich ausdrucksstrak, dass man regelrecht eine Gänsehaut davon bekommt. Metaphern, die schön klingen und ein flüssiges Klangbild ergeben, aneinanderreihen, kann jeder. Die Kunst des Dichtens liegt darin, die Worte um eine Aussage so zu verdichten, dass es den Leser packt. Das ist auch, weshalb man sich oft von konventionellen Reimschemata abwendet: Man will sich nicht in Formen zwängen müssen, und unter Umständen überflüssige oder deplatzierte Worte des Rythmus' wegen mitnehmen müssen. Also, wenn du schon nicht in rythmischen Formen schreibst, dann wirf allen überflüssigen Ballast über Bord. Und wenn du selbst findest, dass deine Bilder auf wackligen Beinen stehen: Weg damit oder ersetzen! Ein gutes Gedicht braucht Zeit, oft überlegt man Tage lang nach einem einzigen Wort.
    Es geht nicht um innovative Struktur und Metaphern. Es geht um verdichtete Sprache.
    ich rate jetzt einfach mal ganz klischeehaft, Paul Celan zu lesen, ich denke, dann wirst du verstehen was ich meine.

  3. #3
    Danke für die Bewertung.

    Ich habe beim Ende länger überlegt, ob ich es weglassen soll. Aber ich wollte einen kleinen Schlusspunkt haben. Schien mir eine gute Wahl, aber vielleicht hätte ich es wirklich weglassen sollen.

    Was genaus das Herzstück eines Gedichtes ist, darüber lässt sich streiten. Für dich hat "verdichtete Sprache" einen hohen Wert, andere wiederrum legen ihr Hauptaugenmark auf Metaphern. Gibt sicherlich noch andere essentielle Aspekte, aber ich persönlich schwanke zwischen diesen beiden. Würde mich in letztere Gruppe einordnen. Ich möchte mit einfacher Sprache, mit einfachen Mitteln, große Bilder und Emotionen erzeugen, aber wie du bereits sagtest, die Metaphern sind nicht wirklich gut gewählt. Solange die Struktur passend klingt und aussieht, bin ich (erstmal)zufrieden. Aber deinen Paul-Celan-Rat werde ich in nächster Zeit befolgen. Ist sicher ganz gut zu wissen, was man mit Wortgewalt erreichen kann, wobei Celans Metaphernwahl nicht unbeachtet sein sollte, denn auch er weiß, wie man sie einzusetzt. =)

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