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Thema: (Buch)-Wissen ist Macht?

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  1. #9
    Zitat Zitat von Ianus Beitrag anzeigen
    Ahaha. Ich möchte Lachen, aber ich tue mir hier so schwer. Bin mir sicher, es besteht kein Zusammenhang zwischen dem französischen Absolutismus und der Entwicklung der libertinären Philosophie, genausowenig wie ein Zusammenhang zwischen der Naturforschung und der Aufklärung besteht? Gibt auch keinen Zusammenhang zwischen der griechischen Gesellschaft und der griechischen Philosophie. Nein, nein, Sophismus und die daraus abgeleiteten Positionen, wie z.B. die Kyniker sind in reiner Anschauung intellegibler Ideen enstanden. Nevermind die Naturbeobachtungen der vorsokratischen Philosophie. Was hälst du eigentlich vom Konfuzianismus, vom Legalismus und vom Daoismus? Sind alles sehr interessante Staatenlehren und alle drei standen in harter Konkurrenz.
    Das die letzten und absolut immer gültigen Wahrheiten entweder auf dem Niveau von Kaffesudleserei funktionieren oder in einer Weise erzeugt werden, welche ihnen jede bindende Beweiskraft nimmt. Die Philosophie ist die Geschichte des Denkens im Kontext der Gesellschaft. Sie produziert keine Absoluten.

    Ich bin Zen-Buddhist. Ich habe den Bereich gesehen, den Platon als die "Welt der Ideen" bezeichnet. Ist sinnlos, dorthin zu streben.
    Sicherlich hast du Recht, in dem was du schreibst. Aber ich denke dir liegt hier eine gewisse Engstirnigkeit zugrunde. Oder aber vielmehr, du hast meine Perspektive auf die Dinge noch nicht gesehen.
    Meine Kenntnis der Philosophie reicht nicht in die Tiefe wie deine es tut, trotzdem möchte ich mir erlauben, meinen Punkt ein wenig zu beleuchten.
    Ich hoffe - nenn' mich naiv - das es etwas Absolutes gibt in dieser Welt. Die menschliche Entwicklung, von kleinen Stämmen, über zu Aristokratien und Diktaturen, bis hin zur gegenwärtigen Demokratie oder zum Kommunismus, ist meiner Meinung nach, eine logische Folge, oder zumindest - im größeren Kontext betrachtet - ein Streben zu dieser Absolution, zum Perfekten hin. Nun impliziert dies natürlich eine höhere Macht, die diese Perfektion festlegt. Fakt ist jedoch, dass es diese in gewissem Maße gibt, ob du sie Gott, den Schöpfer, oder aber die Natur nennen willst. Immerhin gibt es im menschlichen Körper Mechanismen, die einem die Richtung vorgeben. Schmerz, Freude, Angst oder was auch immer. Natürlich gibt es auch gesellschaftliche Indikatoren, nehmen wir beispw. Freuds Theorie, nach dem das Gewissen im Grunde die Angst vor Entdeckung von der Authorität ist. Sehr wohl gibt es jedoch auch das Super-Ego, dass den Menschen durch Eros und Thanatos gewisse Vorschriften macht.
    Ein weiteres fundamentales Beispiel für einen gesellschaftsunabhängigen Sektor der Philosophie ist das Naturrecht. Natürlich, ohne gesellschaftliche Entwicklungen wäre es dazu nicht gekommen, allerdings haben die Menschenrechte gesellschaftsunabhängige Gültigkeit (auch wenn sie nicht überall angewandt werden). Das Naturrecht ist in meinen Augen wenigstens ein Puzzlestück zum Absoluten, zum unantasbar Richtigen hin. Hierfür gibt es meiner Meinung nach noch eine Reihe weiterer Beispiele, die von dir genannte Aufklärung zähle ich auch dazu, beim Sturm und Drang tue ich mich im Moment noch ein wenig schwer, aber gewisse Aspekte dieser Epoche kann man gegebenenfalls auch aufführen.

    Einigen wir uns darauf, dass es sowohl Teile der Philosophie gibt, die mit der jeweiligen Gesellschaft zusammenhängen, in denen sie gebildet wurden, aber auch jene, die auch ohne sie funktionieren. Letztere habe ich wahrscheinlich ein wenig zu sehr verallgemeinert, da mich die anderen weit weniger interessieren.

    Prinzipiell gesehen gibt es in der Philosophie nichts wirklich unwiderlegbares. Noch nicht einmal das Naturrecht, wer weiß, vielleicht gibt es wirklich eine größere Macht, die den richtigen Weg kennt und wir machen alles falsch, weil wir nicht alles überblicken können. Galilei's Theorie über eine runde Erde war auch zunächst Teil der Philosophie, gehört aber nun, wo sie bewiesen wurde, zur Physik (zu der ich später noch kommen möchte).

    Nun, wo ich diesen Text geschrieben habe, sehe ich, dass es ein Missverständnis gegeben hat und ich mich wahrscheinlich in meinem vorherigen Post ein wenig schwammig ausgedrückt habe. Ich hoffe du verstehst jetzt, was ich ursprünglich gemeint habe.

    Möglich, dass du das alles auch für Mumpitz hältst, dennoch setze ich alle meine Hoffnungen an die Existenz des Absoluten. Da ich zu meinem Bedauern sagen muss, dass ich kein wirklicher Anhänger einer Religion bin, halte ich verzweifelt daran fest, da sonst das Leben für mich im größeren Kontext keinen wirklichen Sinn macht (zumindest habe ich noch keinen zufriedenstellenden gefunden).

    Die Existenz der tieferen Wirklichkeit ist für mich jedoch vor allem in den Naturwissenschaften zu 'beweisen'. Es gibt zumindest dort eine prinzipielle Allgemeingültigkeit. In der Biologie zum Beispiel sieht man, dass Leben in der Essenz immer gleich aufgebaut ist (Zelle) oder die gleichen Bedingungen stellt (Abhängigkeit von Energie). Auch die Mathematik in ihrer Absolution deutet darauf hin (auch wenn sie ein System von Menschen erschaffen ist), allen voran jedoch die Physik. Sie bietet wahrlich einen Einblick in die tiefere Wirklichkeit, auch wenn vieles noch verborgen ist und die Neue Physik durch die Entdeckung der Elementarteilchen und ein paar anderen Aspekten des Mikrokosmoses und der Quantenmechanik ein wenig Chaos in die Sache bringt.

    Ehrlich gesagt bin ich mir unsicher, ob ich die absolute, tiefere Wirklichkeit wirklich einmal erreichen werde, oder, dass sie überhaupt in absehbarer Zeit von irgendjemandem erreicht wird. Unser derzeitiger Wissensstand und mein Denkvermögen setzen dem einfach zu unüberwindbare Grenzen. Das Streben danach reicht mir jedenfalls im Moment noch.
    Deswegen erscheint mir deine Aussage, du habest Platons 'Welt der Ideen' gesehen als suspekt. Vor allem, da du voranstellst, dass du Zen-Buddhist bist. Das soll keine Provokation sein, aber es scheint mir doch widersprüchlich.
    Nach meinem Wissen gibt der Zen-Buddhismus keine Antworten. Auch beschäftigt er sich eher mit Platons 'Welt der Erscheinung', dem Unmittelbaren. Zudem ist das Finden der Erkenntnis hier etwas subjektives, etwas, dass also zum einen kaum absolut sein kann und zum anderen etwas, das mich keineswegs betreffen kann. Allerdings bin ich, anders als du, kein Insider, so dass ich dazu leider nur wenig sagen kann.

    Geändert von Couchez (07.07.2008 um 20:14 Uhr)

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