Aufschrei der Liebe
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Ihre Worte glitten an mir vorüber
wie schneeweiße Wolken am Himmel.
Sie hockte sich vor mir auf die Knie,
umschlang meine Waden mit ihrer
vollkommenen Leidenschaft und flehte
mich an als wäre sie ein Bettler,
ich solle nicht fortgehen, ich solle
bei ihr bleiben und sie lieben,
noch mehr als den ersten Lichtstrahl
der Sonne am Morgen. Tränen liefen
ihr in zwei voneinander getrennten
Rinnsalen über die Wangen. Ihre
Nüstern vibrierten im Takt ihrer
Schluchzer und ihr Antlitz war
umgarnt von einer Traurigkeit wie
sie allenfalls Angehörigen von
Todesopfern des Krieges anhaftet.
Ich war so dumm und glaubte dem
Inhalt ihrer Worte, ignorierte ihr
Gebaren in Anwesenheit anderer
Individuen und rechtfertigte ihre
Handlungen mit dem Alkoholgehalt
ihres Blutes.
Nie wieder falle ich auf die Heuchlerei
dieser Persönlichkeiten herein. Ihrer
verzweifelten Suche nach Liebe
entgegne ich nun tiefen Hass
gegenüber ihrem Verhältnis. Sie
springen von einem Mann zum
anderen, in der Hoffnung, der
nächste sei besser als der letzte. Ist
dem nicht so, wollen sie wieder
zum vorherigen zurück und
entschuldigen sich mit Tränen in den
Augen. Aber es wird der nächste
Mann kommen, den sie für besser als
dich erachten und sie werden dich
verlassen, dich liegen lassen wie
einen toten Fisch, der seelenwund nach
Luft schnappt, sie aber nicht erhält.
Und dann wollen sie wieder zurück zu
dir wie zu einem Ausgangspunkt, an
dem sie sich besseres erhoffen. Der
Mann ist aber kein Punkt, an dem man
sich regelmäßig wiedertrifft,
sondern ein fühlendes Subjekt, das
nach Liebe giert wie ein Dehydrierter
nach Wasser, das er nicht fähig ist
zu trinken.
Es ist kein Aufschrei der Liebe, den
sie mir entgegen bringt, sondern
die Flucht vor der Einsamkeit, der
sie sich entziehen möchte.
Ich bin aber keine Zufluchtsstätte
für Verlorene, sondern ein Mann, der
nach Liebe
______________fleht.