Zitat Zitat von Stan Beitrag anzeigen
Aber was mich dann (@ Ianus), doch noch interessieren würde: Wenn du Kunst als die Verwendung der "ureigendsten Mittel der Darstellungsformen" (+ Kommentar über Form) definierst, wie würdest du dann einen reinen Dialogfilm einordnen? "12 Angry Men" ist beispielsweise ein großartiger Film, enthält aber weder eine Kommentar über die Form, noch benutzt er die eigensten Darstellungsformen des Filmes, welche ich am ehesten als die Kamerabewegungen und Montage oder die Kombination von Musik, Sprache und bewegten Bildern definieren würde. Der Film lebt einzig und allein davon, dass er in einer beispielhaften Diskussion die rechtsstaatlichen Werte verteidigt. In diesen Diskussionen benutzt er auch nicht besonders trickreich die ureigendsten Mittel der Sprache, es geht einzig und allein um den Inhalt und trotzdem würde ich den Film als Kunst bezeichnen. Worauf ich hinaus will: Müsstest du bei deiner Definition von Kunst nicht auch eine inhaltliche Ebene ergänzen? Wenn beispielsweise Philosophien durch eine Reihe von Beispielen dargestellt werden (und so könnte man 12 Angry Men sehen), ist dies nicht auch Kunst, wenn vielleicht auch nicht die ureigendsten Mittel der Darstellungsform verwendet werden?
Ich habe 12 Angry Men nicht gesehen, aber so wie du ihn beschreibst, klingt es nach Photographie. Film ist grundsätzlich Photographie und die große Vorstellung hinter der Photographie ist, dass sie die Realität unverzerrt abbildet - darauf beruht die Anziehungskraft des Filmes. Natürlich ist dem nicht so. Framing, also welcher Ausschnitt einer Ansicht gewählt wird ist das grundsätzlichste Werkzeug der Photographie. 12 Angry Men arbeitet nach Aussage von Wikipedia mit Framing - es verändert den Fokus der Kamera von einer Totalen zu Beginn zu vielen engen Perspektive in Einzelportraits zum Ende hin. Das ist Filmkunst Par Exellance - die Bewegung der Kamera geht mit der Bewegung des Dramas mit. Umso mehr sich die einzelnen Personen aus ihrer Funktion als Jury lösen und als Personen aus der Anonymität treten, umso näher rückt ihnen die Kamera und rückt sie als Einzelpersonen ins Bild.

Das ist nicht Eisenstein, aber ein legitimer Gebrauch der Film-Photographie. Ich bin mir jetzt ehrlich gesagt nicht sicher, ob wir das noch zur Photographie allein oder schon zum Film zählen sollen. Die Darstellung ist photographisch, aber die Anordnung ist Film und das eigentliche Werk offenbart sich erst auf dem Film.
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Du entwertest das erzielen von Emotionen durch "audiovisuelle und textuelle Reize", allerdings ist doch beispielsweise ein Gedicht auch nur ein textueller Reiz. Es benutzt zwar die ureigendsten Möglichkeiten der Sprache, aber theoretisch könnte ein Videospiel dies ja auch tun. Ich würde nie XenoGears mit Rilke vergleichen, aber ich denke, dass die multimedialen Medien (also Film und Videospiel) auch ohne ihre Form zu reflektieren und ohne ihre eigenen Möglichkeiten auszuschöpfen, Kunst sein können, weil sie immer noch auf die Möglichkeiten der Medien ausweichen können, aus denen sie zusammengesetzt sind. Das heißt, wenn der Film die ureigendsten Mittel der Sprache oder der Malerei benutzt, muss er nicht seine eigenen Mittel der Montage benutzen. Obwohl mir letzteres bei Filmen lieber ist, weil sie sonst genauso gut Dramen oder Gemälde sein könnten.
In erster Linie schreibe ich hier Polemik gegen die Überbewertung aller Elemente, die man auch ohne zu Spielen vollständig genießen kann. Sprichst du von der Idee eines Gesamtkunstwerkes in dem einzelne Elemente schwächer sein können, sofern sie sich noch ins Ganze einfügen? Ich muss zugeben, ich weiß wenig über die Theorie hinter der Idee des Gesamtkunstwerkes.