Dein weit hergeholter und dennoch sehr passender Vergleich (okay, da wurd's polemisch, entschuldige) erscheint mir unpassend. Wenn du einem gewissen "Zwang zur Bildung" oder "Zwang zur Entwicklung" pathologische Züge unterstellen willst, kann ich das verstehen und es trifft sicherlich auch auf gewisse Leute zu. Denn wer ein großes Wissen hat, kann das immer auch im Dienste einer Herrschaftsmethode benutzen, im Sinne von: "Ich habe einen xy Abschluss, ich habe Recht." oder "Ich habe dreizehn Bücher darüber gelesen, ich weiß das." Aber, und das ist ein großes aber, ich finde es falsch, wenn du dieses "Herrschaftswissen" mit einem dem Menschen ganz natürlich innewohnenden Drang zum Wissen vergleichst. Ich meine: Was ist unser Leben schon? Wir sind zufälligerweise in einer vollkommen absurden Welt in der kein friedliches Zusammenleben möglich ist und in der kein metaphysisches Konzept aufrecht gehalten werden kann und du vergleichst die verzweifelte Suche nach einem Sinn, einer Antwort mit dem Besuch eines Fitness-Studios?
Der Unterschied zwischen beidem ist ganz klar: Ersteres, also die Philosophie, betrachtet die eigentlichsten Wesenszüge des Menschen, die Dinge, die unmittelbar mit jedem Mensch-Sein verknüpft sind. Das Fitness-Studio, oder generell das Hobby, sind hingegen künstlich geschaffene Sinn-Instanzen die eigentlich vollkommen sinnlos sind. Ob ich nun Muskeln habe oder nicht, ob ich nun ein rundes Ding in ein viereckiges Ding schießen kann oder noch schlimmer: Ober irgendein Franzose nun ein das viereckige Ding trifft oder ein Deutscher - das ist alles irgendwie künstlich, das ist eine Art der Unterhaltung die zwar Spaß macht, die schön ist, die ablenkt, die aber letztendlich nicht das Wesentliche zum Thema hat. Und diese Auseinandersetzung mit dem Wesentlichen kann mit dem Hobby nicht verglichen werden.
Wie gesagt, die Philosophie ist nicht die einzige Möglichkeit dieser Auseinandersetzung, aber eine der wichtigsten und vielfältigsten.
Du schreibst, dass die Leute der "verbissenen Philosophie" mit ihrem Leben unzufrieden sind. Natürlich! Genau darum geht es doch! Wie könnte man denn zufrieden sein in einer Welt in der nichts funktioniert und in der alles Ablenkung ist? Man muss doch zweifeln, man muss doch nachfragen und man muss doch merken, dass man letztendlich nur auf seine eigene Individualität zurückgeworfen ist.
Ich denke ein Problem unserer Zeit ist, dass sie diese grundlegende Problemhaftigkeit des Daseins und der Welt nicht spürt.
Nein, da steckte gar keine Polemik drin, ich fand's nur lustig, weil es so schön gepasst hat. Ich wollte einfach eine genauere Erklärung und fand seine Antwort auch erhellend.Zitat