Arranges erfasste sein unschätzbares Glück erst eine Weile nachdem die Silhoutte Dagon Fels im Dunst des Geistermeers verschwunden war. Es lag kein anderes Schiff vor Anker, das ihnen hätte folgen können.
Zusammengesunken lehnte er an einer Ruderbank. Die Mannschaft machte einen großen Bogen um ihn und wagte es kaum in seine Richtung zu blicken, von reden ganz zu schweigen. Ich habe also ein Schiff geklaut... das ist in jedem Fall neu in meinem Leben. Oder zumindest neu in dießem Ausmaß... Arranges blendete die Welt um sich herum aus und versuchte irgendwie seinen Geist zu sortieren, was sich als recht schwierig erwies. Es fühlte sich an, als hätte er für all seine Gedanken und Wissen plötzlich zu wenig Platz in seinem Kopf. Er vertiefte sich in Meditation und sehr langsam kehrten vereinzelt klare Bilder zurück.

Es war beruhigend zu wissen, dass er nicht unter komplettem Gedächtnisverlust litt. Wahrscheinlich war es sogar nur der Tatsache geschuldet, dass er irgendwie in den Vorfall mit dem Frostmonster in Dagon Fel verwickelt war und etwas abbekommen hatte. Was den Vorfall an sich anging, so konnte sich Arranges keinen Reim darauf bilden. Vor einer Woche also war er hier angekommen mit Begleitung und hat sich in einem Bett in der Taverne hingelegt. In der gleichen Nacht hat irgendein sehr unfähiger Magier eine Seele aus Oblivion gerufen, die wohl deutlich zu mächtig war. Und er muss unglaublich ungünstig in die ganze Sache verwickelt gewesen sein, wenn er eine neue Narbe auf dem Rücken hatte und sogar verschleppt worden war für keinen besonders plausiblen Grund. Er versuchte die Einzelheiten, die er bisher wusste zusammenzufügen sodass sie Sinn ergaben, aber es gelang ihm nicht. Langsam tauchte er aus seiner Meditation auf und öffnete die Augen. Es war Nacht, der Himmel war sternenklar, sie waren den ganzen Tag nach Westen gesegelt. Ihm gegenüber saßen die 5 Männer zusammengekauert zwischen einigen Kisten. 'Was ist in Dagon Fel genau geschehen?' Fragte der Kaiserliche ohne jemanden bestimmtes anzusprechen. Die Männer zögerten. Doch dann richtete sich einer der Arbeiter auf: 'Es war vor einer Woche...'
'Ja doch, die groben Einzelheiten kenne ich bereits, ich will wissen was exakt passiert ist!'
Der Arbeiter zuckte zusammen, antwortete dann aber mit leicht zitternder Stimme: 'Irgendjemand hat in der Taverne etwas beschworen. Eine Kreatur bestehend aus gefrorener Luft und Eisblöcken. Kein Atronach. Dieses Ding war deutlich größer als ein Atronach. Ich weiss nicht was es war, aber seine Präsenz konnte von den Mauern der Taverne nicht gehalten werden. Es drückte die Wände einfach auseinander.'
Als der Arbeiter nicht weitersprach, wurde Arranges etwas ungeduldig, was sich direkt in seiner Stimme wiederspiegelte: 'Weiter? Was geschah dann?'
'Nun... nichts. Die Kreatur stand hauptsächlich dort in den Trümmern und schien sich umzusehen. In ihrem eisigen Körper schimmerten die Umrisse eines Menschen. Legionäre stürmten heran und versuchten abzuschätzen ob es sich hierbei um einen Angriff direkt aus Oblivion handelte, aber es war kein Obliviontor weit und breit in Sicht. Die Kreatur schien aber auch nicht angreifen zu wollen, in jedem Fall zeigte sie keine direkt aggressives Verhalten... Einer der Soldaten wurde bereits nach wenigen Augenblicken unruhig und schleuderte seinen Speer auf das Ding. Danach brach die Hölle in Dagon Fel los. Ihr habt sicher schon einmal gesehen, wie Frost Felsen sprengt... Das erklärt woher die auffallenden Risse in der Straße vor dem Kontor kommen, welche euch kaum entgangen sein können.'
'Und wie kommt man dazu, das Ganze mir anzulasten, ich bin verschleppt worden... zugegeben in der selben Nacht, aber ich war über einen Tagesmarsch westlich von Dagon Fel.' Unterbrach Arranges den Arbeiter. Er konnte sich immernoch keinen Reim darauf machen. Sicher, die Magie, welche er auf die zwei Wachen auf dem Steg gewirkt hatte war eher überzogen gewesen. Zudem waren es mächtige Frostzauber, wie in der Molag Amur - seltsam daran erinnerte er sich direkt mit einer Schärfe, die nicht zu übertreffen war. Es ergab keinen Sinn. Arranges verfügte zwar über manche Kenntnisse der Eismagie, aber er beherrschte einfach keine derart mächtigen Formeln. Er musste sich später darum Gedanken machen.
'Ihr tragt die exakt selbe Zeichnung auf dem Rücken, welche auch die Kreatur aufwies.'
'Was für eine Zeichnung?'
Der Arbeiter ritzte mit einem kleinen Messer etwas in eine Ruderbank und deutete darauf. Wacklig kam Arranges auf die Beine und nahm die grobe Schnitzung in Augenschein: Ein Querbalken lag auf einem kleinen Kreis, links und rechts auf dem Balken waren Punkte. Mit viel Phantasie konnte man eine Waage erkennen. Mitten durch die gesamte Zeichnung verlief ein diagonaler Balken wobei am unteren Ende soetwas wie ein Pfeil war und am oberen Ende eine einfache Schneeflocke zu erkennen war. Arranges war das Zeichen völlig fremd und irgendwie zweifelte er an der Erinnerung des Arbeiters.
'Nun, nachdem was ihr auf dem Steg gesehen habt ist es nicht notwendig euch weiterhin glaubhaft machen zu wollen, dass ich keine Ahnung von Magie habe, was es mit der Beschwörung auf sich hat kann ich allerdings nicht sagen nur so viel, dass ich absolut nicht weiss, was da passiert sein könnte. Ich sollte schnellstmöglich jemanden aufsuchen, der mir eventuell sagen kann, was es mit dieser Zeichnung auf sich hat und ob eine Narbe auf meinem Rücken tatsächlich aussieht wie das Symbol... Aber davon einmal abgesehen wäre auch spannend zu erfahren, was mit den anderen passiert ist. Die Wache sagte, dass viele in der Nacht aus Dagon Fel verschwunden waren, tot, geflohen, verschleppt... Arranges wollte unbedingt daran glauben, dass die beiden Dunmer einfach geflohen waren... oder ihn suchten. In letzterem Fall hätte Erynn ihn längstens finden müssen, sie war zu gut im Spurenlesen um einen Haufen Banditen, die ihn verschleppten aus den Augen zu verlieren. Also waren sie ebenfalls geflohen. Arranges erzwang eine Verbitterung, aber sein Geist wollte bei der Emotion nicht mitspielen. Auch Trauer war eher nicht zu spüren. Der Schock des Erwachens saß wohl noch zu tief...

In den Kisten fand Arranges ein Hemd und etwas, das man Umhang nennen konnte, es war eine etwas seltsame.traditionelle Tracht der Dunmer vermutete der Magier. Aber sie würde ihren Zweck erfüllen und ihn einerseits warmhalten und andererseits das Mithrilhemd verbergen, welches er darunter trug. Eine bessere Hose als den Lumpen, den er jetzt trug konnte er nicht finden, dafür aber Sandalen. Nunja, besser als Barfuß.
Sie segelten in den nächsten 5 Tagen zwischen massigen Eisschollen an der nördlichen Küste Solstheims entlang. Arranges vertraute auf die Fähigkeiten der beiden Seeleute. Und sie waren sehr bemüht den Kaiserlichen nicht zu verärgern.

Die Standardbestückung der Vorräte hätte für die gesamte Mannschaft kaum ausgereicht über eine Reise von knapp 10 Tagen. Für 6 Männer an Bord reichten die zwei Kisten Salzfisch allerdings erstaunlich gut aus. Es war einmal nötig gewesen an der Westküste von Solstheim halt zu machen um aus dem Schnee die Wasservorräte aufzufüllen. Am Morgen des 10. Tages meldete einer der Männer Land voraus. Und tatsächlich, aus dem Dunst der Geistersee tauchten Lichter auf und dunkle Umrisse einer Stadt, Schwarzlicht. Während zwei Wachen in Knochenrüstung aufliefen um das höchstwahrscheinlich unerwartete Schiff in Augenschein zu nehmen, steuerten die Matrosen das Kai an. Arranges musste sich schnell eine kreative Allgemeinantwort auf die Fragen der Wachen einfallen lassen. Seinen Männern beschied er, dass sie gut daran täten nicht zu viel preiszugeben.

Als er auf das gemauerte Pier trat, verstellten ihm die beiden Dunmer den weg. 'Das Schiff ist augenscheinlich nicht mit erwarteter Fracht beladen und überhaupt erwarten wir aktuell keine Schiffe.' Knurrte einer der Soldaten hinter seinem geschlossenen Helm.
'Wir waren eigentlich auch auf dem Weg nach Vivec, als wir in einen Sturm gerieten. Nördlich von Solstheim. Das Schiff hat in der offenen See glücklicherweise nichts abbekommen, jedoch wurde der größte Teil der Mannschaft und der Ladung über Bord geschwemmt.'
'Ahja? Habt ihr irgendetwas um euch auszuweisen, seid ihr der Kapitän?'
'Nein und nein, leider wurde alles, was ich normalerweise bei mir Trage ein Opfer des Wellengangs. Ich bin nur ein Reisender an Bord.'
Die Wachen schwiegen kurz, bevor sie antworteten: 'Wir haben massenhaft Flüchtlinge aus den Bergen. Ein Tor soll sich dort vor einigen Wochen geöffnet haben. Wir sind kaum in der Lage die Mäuler zu stopfen, es wäre also ratsam sich nicht zu lange hier aufzuhalten.'
Arranges nickte, wandte sich zu den 5 Männern um, gab ihnen die Draken, die er ursprünglich von der Wache in Dagon Fel hatte und schärfte dem Haufen nochmals ein besser nicht zu viele Worte über die Wahrheit zu verlieren.

Arranges sah keinen Nutzen darin in Schwarzlicht zu bleiben, er hatte kein Geld sich ein Zimmer zu nehmen oder eine Waffe zu kaufen. Er nahm von dem Salzfisch mit, was er tragen konnte und verließ dann die Stadt Richtung Süden. Er hielt sich in Sichtweite der Küste. Auf keinen Fall wollte er herausfinden ob die Meldungen über ein Obliviontor in den Velothibergen stimmten. Ich muss zu Meister Jurano. Bei dem Gedanken war er selbst überrascht, dass ihm der Name so spontan und schnell eingefallen war. In der Zeit auf dem Schiff hatte er stets gegen Lücken in seinen Erinnerungen gekämpft. Auch in den jüngeren Erinnerungen, die kaum älter als ein Monat waren...

Irgendetwas ist in Dagon Fel passiert und ich muss wissen warum ich damit zusammenhänge... oder wenigstens wie. Eventuell kann Meister Jurano auch einen Botschafter zur Verfolgung Erynns abstellen. Arranges konnte keine Ambition aufbringen, sich - zumindest jetzt - selbst darum zu kümmern.