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Neuling
Flüchtlingslager von Kvatch
Rufus seufzte. Er war hier als einer der Ersten gewesen, aber jetzt hatte die ganze verdammte Stadt hier ein Lager aufgeschlagen. Zumindest der Teil, der noch am Leben war. Der Vorteil an der ganzen Sache war, dass sie viel Nützliches bei sich hatten, kaum Wertsachen, hauptsächlich irgendwelche trockenen Brote. Aber es reichte auch Rufus zum Überleben, denn niemand bemerkte, wie er sich alles was er brauchte einfach nahm. Und die, die ihn sahen, hatten genug Angst, um ihm nicht in die Quere zu kommen. Obwohl die meisten der sogenannten Andenken an die Heimat, wo auch immer die gewesen sein mochte, wertloser Schrott waren, fanden sich auch wertvollere Dinge. Wie zum Beispiel ein altes Amulett, das auf eine seltsame Art und Weise Rufus Vorrat an magischer Energie anzapfte. Vielleicht könnte man das den Gildenmagiern verkaufen. Der Nachteil war allerdings, dass all jene, die Rufus während des Angriffs gesehen hatten, wie er ohne Bedenken um sich schlug und denen, die ihm im Weg standen, die Bäuche aufschlitzte, ihn anscheinend für einen äußerst begabten Heiler hielten. Obwohl es schon spät am Tag war, war er eben erst aufgewacht. Dieses Gesindel schaffte ihn. Aber er hatte keine Wahl, irgendwie musste er vorwärtskommen. Er fragte sich, wo seine Jugend geblieben war, als er sich unter Stöhnen von der Bettrolle hochstemmte und gebückt, wegen seiner beträchtlichen Größe, das Zelt verließ, in dem er geschlafen hatte. Als er dann einen Blick auf das Umland warf, blendete ihn die Sonne. Rufus erkannte, dass über den Ruinen von Kvatch noch immer Rauch aufstieg. Dennoch versuchte er, positiv zu denken: Er hatte alle erdenklichen Freiheiten. Ganz Tamriel lag vor ihm. Was mochte die Zukunft wohl bringen?
Als er aufhörte zu träumen, kam gerade ein Mann auf ihn zu, ein Rothwardone. Seiner Kleidung nach zu urteilen, war er einst ein reicher Mann, jetzt war auch er ein angekokeltes Überbleibsel der vergangenen Katastrophe. Rufus musste schmunzeln, all sein Geld hatte den Mann nicht vor den Daedra schützen können, genauso wenig wie die ach so großartigen Götter. „Gruß Euch, Meister“, begann er, „seid so gut und gewährt einem verzweifelten Flüchtling Heilung.“ „Wie ist Euer Name, Fremder?“, erkundigte sich Rufus rasch. „Voldon“, kam die Antwort. „Voldon, und weiter?“ „Voldon und… und… nichts weiter. Nur Voldon.“ Diese Rothwardonen waren bei der Namensgebung nicht sonderlich kreativ. Rufus entschloss sich, dem nervösen Mann zu helfen, denn dieser Voldon, wenn er wirklich so hieß, führte tatsächlich ein prall gefülltes Geldsäckel mit sich, und vielleicht würde ihn ja jemand vermissen, wenn er als Leiche verendete. Eine großartige Gelegenheit, dieses merkwürdige Amulett für einen viel zu hohen Preis zu verkaufen. „Was plagt Euch denn guter Mann?“, Rufus grinste, den Guten zu spielen hatte einen gewissen Reiz. „Kopfschmerzen, Herr, fürchterliche Kopfschmerzen“. Kopfschmerzen! Was für eine Zeitverschwendung. Zumindest wäre es eine gewesen, wenn es darum ginge, jemandem zu helfen, der wirklich Hilfe braucht. Aber der „Heiler“ sollte ja auch was davon haben. „Wie es der Zufall will, Voldon, “, führte Rufus aus, „besitze ich eben in diesem Moment ein von Stendarr gesegnetes Amulett. Für ein angemessenes Entgelt bin ich bereit es Euch zu überlassen, auf dass sich Eure Kopfschmerzen verflüchtigen mögen.“ Der Rothwardone war verwirrt: „Wie… wie viel soll ich Euch denn zahlen.“ „Wie viel könnt Ihr mir zahlen, Voldon?“ „1000… 1300 Septime, Meister. Aber natürlich habe ich so viel nicht bei mir, all mein Geld, all die Septime sind hier in der Nähe vergraben, und ich werde Euch verraten, wo, sobald ich das Amulett habe.“, stotterte der reiche Mann, wobei er nicht mehr lange reich oder lebendig bleiben sollte. Zumindest nicht reich, mal sehen, dachte Rufus. „In Ordnung, Voldon, hier habt Ihr das Amulett“, und mit diesen Worten nahm er das Amulett aus seiner Tasche, behielt es aber noch in der Hand, „jetzt führt mich zu Eurem Geld!“ Jetzt wurde Voldon erst richtig nervös: „Wenn ich ehrlich sein soll, mein Herr, dann muss ich Euch sagen, dass…“, stotterte er. „Ja?“, hakte Rufus nach. Sollte er gelogen haben, hatte Rufus immerhin ein neues Objekt zum Üben der Nekromantie… „Dass ich das Geld doch bei mir trage. Ich bin ja nicht geisteskrank, ich sage das mit dem Vergraben nur, damit niemand auf die Idee kommt, mich zu töten oder zu bestehlen oder derlei Dinge“, endete der Rothwardone endlich. Rufus musste ein Lachen unterdrücken, jetzt vertraute Voldon ihm vollends. „Dann her mit dem Geld!“, forderte er barsch. „Na… na gut, nehmt es, es ist sowieso wertlos für mich, solange diese Kopfschmerzen jetzt aufhören.“, erwiderte Voldon leicht verängstigt. Er überreichte Rufus den Geldsäckel. „Ach, noch etwas“, ergänzte Rufus, „Es kann sein, dass das Amulett erst in ein paar Tagen seine volle Wirkung entfaltet.“ Gute Idee, das war genug Zeit, ein für alle Mal von hier zu verschwinden. Voldon verabschiedete sich unverständliches nuschelnd, Rufus machte sich auf, seine Sachen für die Abreise zu packen.
Geändert von KingPaddy (05.11.2011 um 17:13 Uhr)
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