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Mythos
Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Balmora, Herberge „Acht Teller“
Die Klänge die im Hintergrund ertönten, schienen sein Denken anzuregen. Einen Moment nur genoss er, entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten, den leichten und unbeschwerten Takt und die Töne, die Sackpfeifen, Lauten und Trommeln verursachten. Schlussendlich hatte er sich dann entschieden. „Ich werde euch helfen“: versprach er. Zum einen hatten ihm die aufgezählten Vorteile zugesagt, zum anderen hatte er natürlich ein gesteigertes Interesse daran, wenn Vvardenfell nicht in die Hände der Deadra fiel. Eine Pauschallösung für die Invasion hatte bisher niemand gefunden. Ebenso wusste niemand wie lange es dauern würde bis, oder ob überhaupt, die Deadra zurückgeschlagen werden konnten. Sie hatten sich als hartnäckig und verheerend erwiesen. Außerdem wusste er aus Cyrodiil, das auf ein geschlossenes Tor bald ein neues folgen konnte. Irgendetwas hatte die Barriere zwischen Nirn und dem Reich des Vergessens durchlässig werden lassen, wenn nicht gar zerstört. Irgendetwas war geschehen und hatte den Deadra Tor und Tür geöffnet. Dauerhafte Tore nach Oblivion waren bisher undenkbar gewesen, doch die Mythische Morgenröte konnte aufgrund der geschwächten Barriere frei agieren und dutzende Tore im ganzen Reich öffnen. Hier zählte nun jede Provinz und jeder Distrikt für sich alleine. Und wohin sollte er gehen, wenn die Deadra alles zerstören würden. Er würde sich zwar nicht im Kampf opfern, das konnten andere erledigen, aber war durchaus bereit seinen Teil zu leisen. Und dazu zählte nun einmal, dass er die Versorgung von Balmora sicherstellte. Was auch immer in der Mine passiert war, er würde sie wieder zum Laufen bringen. „Das ist wirklich großartig. Ich danke euch“: freute sich Junai Gandrahit, der Minenverwalter, wie ein kleines Kind. „Aber könnt ihr mir, nicht noch ein wenig mehr über die Mine erzählen?“: fragte Tarrior, dem die bisherigen Informationen etwas sehr knapp bemessen waren.
„Nein es tut mir Leid. Viel mehr Informationen habe ich auch nicht. Der Kontakt riss vor einer Woche ab und die Boten sind nicht wieder aufgetaucht. Das hatte ich ja bereits erwähnt, aber mehr weis ich auch nicht“: gestand er ein. „Habt ihr eine Vermutung, was dafür verantwortlich sein könnte?“: fragte Tarrior. „Nein nur Spekulationen. Ich habe selbst schon darüber gedacht, doch in Anbetracht der Sachlage könnte es alles Mögliche sein. Von Deadra bis hin zu Banditen halte ich alles für wahrscheinlich“: antwortete der Minenverwalter. „Wenn ich einen konkreten Verdacht gehabt hätte, dann hätte ich den Rat gewiss überzeugen können, aber so...“: fügte er noch an. „Mich verwundert das der Rat die Sache einfach hingenommen hat, obwohl offensichtlich ist, dass etwas nicht stimmt“: wunderte sich Tarrior. „Na ja man vermutete nur einen Höhleneinsturz oder etwas derart banales dahinter und glaubte der Aufseher dort, wollte noch keine Meldung machen um nicht dafür verantwortlich gemacht zu werden. Außerdem wollte man die Truppen auf die Verteidigung der Pässe ins Aschland und zur Verstärkung der redoranischen Garnison in Mar Gaan, sowie natürlich der Vergrößerung der Garnison hier einsetzen. Eine Untersuchung der dortigen Vorkommnisse wäre wohl nur eine unnötige zusätzliche Belastung gewesen“: berichtete er und mehr als einmal konnte man leichten Zorn in der Stimme hören. „Ich verstehe. Der Rat will zwar nicht reagieren, aber wenn etwas schief gehen sollte, seit ihr derjenige, der über die Klinge springen muss“: fasste Tarrior zusammen und sein Gegenüber nickte. Derweil nahmen die Melodien im Hintergrund langsam ein erkennbareres Muster an. „Sie scheinen mit Warmspielen fertig zu sein“: dachte er. „Da wir nicht wissen, weshalb die Boten nicht durchgekommen sind, sollte ich vorsichtig sein“: dachte er nun laut.
„Ja das würde ich auch sagen. Ich habe zwar einen Kundschafter den Fluss absuchen lassen und er hat keine Leichen gefunden, aber das muss ja erstmal nichts heißen. Und was die Mine angeht. Egal wer oder was dahinter steckt, ich möchte, dass die Sache vollständig geklärt wird. Einige Ratsherren sind scharf auf die Mine und das seit mir das Haus die Verwaltung übertragen hat. Ein Vorfall wie dieser und sie haben endlich einen Grund mich abzusägen. Es ist sehr wichtig...“: machte er eindringlich klar. Tarrior hatte derweil begonnen die Melodie mitzusummen, irgendwie begann ihm die Musik zu gefallen. Sie war irgendwie wild, nicht erdrückend schwer, sondern einfach leicht und schnell. Sie ging gut ins Ohr wie er fand. „Keine Sorge, dass wofür ich mich einsetze, wird von mir auch gewissenhaft ausgeführt. Zumal ich ja auch von der Belohnung profitiere und meinen Vorteil aus der Aufklärung ziehe. Also seid unbesorgt, was auch immer da den Ablauf stört, wird restlos beseitigt. So oder so“: schwor er. Einen Moment trat ein nachdenklicher Ausdruck in das Gesicht von Junai. Er schien zu überlegen, was Tarrior mit so oder so gemeint hatte. Doch dieser hatte sich bereits wieder abgewandt und sah zu wie letzte Vorbereitungen getroffen worden, während die Gruppe eine einfache Melodie nach der anderen zum Besten gab. Es waren großteilig die Melodien bekannter dunmerischer Volkslieder und auch einige Waisen der Aschländer. Beides recht trommellastig, aber es gefiel ihm. Es weckte Erinnerungen. Seine Mutter hatte ihm, als Kind, immer diese alten Lieder vorgesungen. Er murmelte den Text mit und sah sich den erstaunten Blicken seines Gesprächspartners gegenüber. Er selbst hatte es gar nicht bemerkt, aber jetzt war es ihm irgendwie peinlich und er rettete sich auf ein schiefes Lächeln.
„Ich dachte ihr hättet keinen Sinn für Musik“: sagte er mit fragendem Tonfall. „Ich wusste ja nicht, dass sie auch derart alte Melodien spielen. Es weckt gute Erinnerungen“: antwortete er. „Na ja sie bringen immer zum Einspielen was Volkstümliches. Wenn es richtig losgeht, dann spielen sie auch eigene Melodien“: erklärte Junai. In diesem Moment fiel ihm auf, dass er sein Essen gar nicht angerührt hatte. Er tippte kurz mit dem Finger auf das Stück Bratfleisch und stellte fest, dass es glücklicherweise noch lauwarm war. „Ich wollte euch schon fragen, ob er es gar nicht mehr essen wolltet. Scheinbar habe ich euch mit meinen Problemen abgelenkt“: stellte der Minenverwalter an dieser Stelle fest. „Ja das scheint mir auch so. Wenn das alles war, dann würde ich mich zumindest für den Abend zurückziehen“: bat Tarrior. Der Verwalter legte den Kopf etwas schief. „Gewiss alles was ich zu der Sache mit der Mine sagen konnte, ist gesagt. Aber ich würde euch empfehlen. Bleibt hier unten und seht euch den Auftritt an. In diesen schlimmen Zeiten können wir alle etwas Aufmunterung vertragen. Aber dann solltet ihr euch mit eurem Essen lieber an den Tresen setzen. Ich habe leider keine Zeit hierfür. Ich muss noch mit einigen anderen Leuten sprechen, die sich um die Rationsausgabe kümmern. Aber genießt ihr doch die Veranstaltung“: sagte er und verabschiedete sich. Das „Warum“, weswegen er sich an den Tresen setzen sollte, ließ er offen. Er sah dem Verwalter nach, wie er das „Acht Teller“ verließ und zuckte mit den Schultern. Eigentlich hatte er sich das ganze nicht ansehen, noch anhören wollen, aber nun war er schon einmal hier und sonst weiter nichts zu tun, als auf den nächsten Tag zu warten. Er schnappte sich seinen Teller und ging hinüber zum Wirt. Dort angekommen, setzte er sich auf einen der hohen Hocker und begann sein Essen herunter zu schlingen. Er war hungriger als er gedacht hatte, aber das war ja auch kein Wunder. Seit den paar Pilzen am Morgen, hatte er nichts Anständiges mehr gegessen gehabt.
Das Fleisch war recht schnell weg. Die gekochten Aschekartoffeln und das beigelegte Gemüse hielten danach nicht viel länger durch. Den Rest Soße tunkte er mit einem Stück Brot auf und spülte mit etwas Wasser aus dem örtlichen Brunnen nach. Der Wirt, der den Teller gleich abräumte, fragte ob er etwas Bier oder Sujamma haben wolle, doch Tarrior lehnte ab. In diesem Moment fiel ihm auf, das es wirklich schon lange her war, das er etwas Alkoholisches getrunken hatte. Er wusste schon gar nicht mehr, wann das letzte Mal gewesen war. „Wahrscheinlich in Cyrodiil“: vermutete er. Er hatte einfach damit aufgehört. Er wusste kaum noch, warum er damals eigentlich damit angefangen hatte exzessiv und viel zu trinken. Doch dann fiel es ihm schmerzlich wieder ein. „Ja es muss damals gewesen sein. Nach dem Delirium, als Fürst Dagoth besiegt wurde und man das Herz zerstörte“: erinnerte er sich. Sein Schädel hatte sich danach wochenlang so angefühlt als würde er explodieren und er hatte sich unglaublich leer gefühlt. Der plötzliche Abzug der Kraft von Lorkhans Herz, hatte ihn schwer mitgenommen, ihn wie vermutlich dutzende andere Träumer auch. Danach hatte er Stimmen gehört, die nach ihm gerufen hatten. Manchmal hatten sie ihn fast in den Wahnsinn getrieben und er hatte sich betäubt. In anderen Momenten hatte er geglaubt Fürst Dagoth zu hören und hatte sich berauscht um in den Traumzustand zurück zu finden, in den sich zu begeben ohne das Herz eigentlich unmöglich oder zumindest unglaublich schwer geworden war. Doch seit Cyrodiil schien er geheilt. Er hatte nichts mehr gehört und nichts mehr getrunken. Aus irgendeinem Grund blitze, in diesem Moment, das Gesicht eines Mannes mit einer goldenen Maske vor seinem Inneren Auge auf. „...Herr? Herr?!“: drang plötzlich an sein Bewusstsein. Er bemerkte, dass er wohl vor sich hin gestarrt haben musst. „Ja, was?“: wandte er sich an den Wirt, der ihn angesprochen hatte. „Oder wollt ihr lieber etwas Wein?“: wiederholte er seine, anscheinend schon einmal gestellte, Frage. „Nein, danke“: lehnte er ab und drehte sich auf dem Hocker um, in Richtung Bühne.
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Mythos
Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Balmora, Herberge „Acht Teller“
Man hatte noch einige Feuerkorbe aufgestellt. Im Schatten einer Säule konnte er jemanden in einer Robe entdecken. Er konnte spüren, wie sich Magie im Raum auflud. Ein Grinsen stahl sich auf seine Lippen. „Wahrscheinlich soll er die Körbe sich plötzlich entzünden lassen“: dachte er. Er musste zugeben, dass dies ein recht beeindruckender Trick war. Plötzlich verstummten die Melodien und ein Dunmer mit nacktem Oberkörper trat aus dem Quintett auf der Bühne hervor. Einige Tätowierungen zierten seine Armee und schlangen sich von den Händen bis zum Hals hinauf. Ansonsten war die Lederhose, die er trug, mit einem Flammenmuster bestickt. Wenn er sich bewegte, dann schien es wirklich so, als ob sie brannte. „Guten Abend BALMORA!“: rief er eine Begrüßung in die Menge. Es brandete kurzer Jubel auf. Tarrior schaute interessiert zu. „Bürger und Bettler, Bauern und Minenarbeiter, Stadtwächter und Händler, Magier und Priester, alle Reisenden und natürlich die hart arbeitenden Ratsherren seid Willkommen. Wir präsentieren den geschätzten Herrschaften voller Stolz die einzigartigen und weltbekannten, zwischen Hier und Dort berühmten, gut aussehenden und stets fähigen Spielleute von DEUS INFERNUM!“: fuhrt er mit der Begrüßung fort und stellte das Quintett vor. „Er hat eine laute Stimme“: stellte Tarrior fest. „Ja das stimmt. Ansonsten könnte er das wohl nicht machen. Obwohl es mit dem Nord noch besser war. Ihn konnte man auch über das lauteste Spielen und den lautesten Jubel hören“: merkte der Wirt an, der immer noch neben ihm stand. „Welcher Nord?“: fragte er nun interessiert. „Ihr müsst wissen, ich kenne die Jungs schon seit sie damit angefangen haben und nur einfache Volkslieder zum Besten gaben, also bevor sie berühmt wurden. Da waren sie noch zu sechst und hatten einen Nord in ihrer Truppe. Den Kerl der da vorn auf der Bühne steht nennen sie die Drachenzunge. Er und der Nord waren die beiden Sänger der Gruppe. Sie wechselten sich oft ab, da es für einen oft zu anstrengend wurde. Als sie dann aber berühmt wurden, hat man ihn heraus geworfen. Das Publikum hier in Morrowind reagierte immer recht verhalten auf den Nordsänger“: erzählte der Wirt, während er einige Becher und Gläser mit seiner Schürze putzte.
Tarrior stellte sich dabei vor, wie das Ganze wohl mit der sonoren schmetternden Stimme eines Nord geklungen hätte. Ihm lief ein Schauer über den Rücken. Seiner Meinung nach hätte das gut gepasst. Aber natürlich war man immer von den Zuschauern abhängig, die nach der Vorstellung Geld auf die Bühne warfen, wenn es ihnen gefallen hatte, oder es unterließen, wenn es ihnen missfallen hatte. Und wenn man in Morrowind keinen Nord auf der Bühne sehen wollte, dann war das halt so. Als der laute Jubel, der auf die Begrüßung gefolgt war verebbte, fuhr der Dunmer, den der Wirt Drachenzunge genannt hatte, fort. „Dieser Abend soll unter dem Zeichen „Spielen und Tanzen gegen Sorgen, Nöte und Verzweiflung“ stehen. Also werden wir unsere wildesten Melodaien zum Besten geben, auf das die Erde erbeben möge und wir den Deadra zeigen, dass dieses Land noch Kraft und Stärke hat! Und ich hoffe ihr werdet uns tatkräftig unterstützen. So dann denn, MÖGE ES BEGINNEN!“: kündigte er an und für einen Moment verdrängten Jubel und Applaus alles andere. Eilig räumten einige der Gäste ihre Tische vor der Bühne weg und einige Artisten sprangen herbei. Sie jonglierten mit Fackeln und andere spuckten Feuer. Da der Schankraum nicht sehr groß war, lief alles auf engem Raum ab, war aber nicht weniger eindrucksvoll. In diesem Moment fand Tarrior es fast schon schmerzlich, das Balmora keine große Arena, wie die in Vivec oder eine Bühne, wie die in Gramfeste, besaß. Im Takt von Trommeln und Sackpfeifen räumte man immer mehr Tische zur Seite. Die Leute standen und jubelten, während die Musik einfach frei und wild vor sich hin spielte. „Deswegen sollte ich mich wohl auch hier her setzen“: dachte Tarrior, als ihm die Worte des Minenverwalters wieder einfielen. Als es dann mit dem Stück zu Ende ging, verklang die Musik. Ohne es wirklich zu wollen, waren seine Füße im Takt mitgewippt. „Geneigte Herrschaften. Ich weis diese Räumlichkeiten bieten unseren sonstigen opulenten nicht genügend Raum. Doch verstehen wir, dass es in einer großartigen Stadt, wie dieser, natürlich kein Raum sein kann für eine Bühne. Die Stadtväter, allesamt gescheit, bauten Häuser für die intelligenten Leut, die sich hier hatten niederlassen wollen. So spielen wir hier, wie auch mancherorts, in kleinen gemütlichen Hallen und bringen die Grundfesten der prächtigen Städte ins Wanken, denn unser Spiel ist für jedermann, DER AUCH DAZU TANZEN KANN!“: verkündete Drachenzunge wieder und das nächste Stück begann.
Und der Mann da vorne hatte durchaus Recht gehabt, fand Tarrior. Er konnte spüren wie die Sorgen von ihm abfielen. Eine Energie schien jeden im Raum zu erfassen. Irgendwie vergaß man alles, man konzentrierte sich nur auf die Musik. Wie im Rausch fieberte er die nächsten drei Stücke mit, ohne auch nur zu bemerken, wie die Zeit verflog. Erst als Drachenzunge eine Pause verkündete, erwachte er wieder. Einige Leute die getanzt hatten, kamen verschwitzt an den Tresen und orderten Alkohol oder Wasser. In der Zwischenzeit hatte man restlos alle Tische, Stühle und Bänke entfernt und an den Rand geräumt. Wildes Geplapper war zu vernehmen. Das einzige Gesprächsthema waren DEUS INFERNUM. Er konnte sehen, wie Drachenzunge einige Münzen von der Bühne aufsammelte und dann, wie der Rest des Quintetts, in einem Nebenraum verschwand. „Noch hat nur ein recht kleiner Teil getanzt“: merkte der Wirt an, scheinbar schien er zu glauben Tarrior, wäre ein Fan. „Dann werden sie wahrscheinlich jetzt die richtig wilden Tanzmelodien im zweiten Teil des Abend schmettern“: vermutete er. „Noch wilder?“: zweifelte er selbst. „Ja. Das was sie bisher gespielt hatten, waren Melodien zu denen sie sonst auch noch singen, die sind noch etwas vielschichtiger und nicht ganz so rasch zu spielen. Sie haben den Text vermutlich weggelassen, weil es heute ja um den Tanz gegen die Krise geht. Jetzt bringen sie vermutlich die reinen Melodien, zu denen nie gesungen wird. Sie sind einfach, schnell, bringen aber das Blut richtig zum Kochen“: versprach der Wirt, welcher die Truppe wirklich gut zu kennen schien. „So kann es kommen. Noch vor ein paar Jahren versoffen sie hier die paar Draken, die sie eingenommen hatten und nun stehen sie wieder auf der Bühne und werden heiß umjubelt“: schwelgte er in Erinnerungen, während er Sujamma, Mazte, Bier und anderes Alkoholisches ausschenkte. „Ja es ist erstaunlich, wie sich manche Leben einfach so wandeln können“: sagte Tarrior leicht abwesend und dachte dabei an sein Eigenes.
„Das Schicksal kann schon seltsame Wege gehen“: dachte er. Er war ein Hlaalu-Ratsherr geworden und wohlhabend, dann hatte er sich dem Kult des Sechsten Hauses angeschlossen und geglaubt, dort seine Erfüllung gefunden zu haben. Dann hatte der Nerevarine alles zerstört. Er war vom Dagoth wieder zum Hlaalu geworden und nun hatte er sogar Bekannte, von denen er manche als Freunde bezeichnen würde, in Cyrodiil. Das Schicksal ging wirklich schon seltsame Wege. Seine Gedanken in dieser Richtung vergingen, als sich auf der Bühne wieder Aktivität regte. „Ich hoffe die werten Herrschaften haben sich gut erholen können. Denn jetzt möchten wir munter fortfahren, unsere Sackpfeifen, Trommeln, Lauten und Schellen erklingen lassen. Und diesmal möchten wir jedermann bitten. Schließt euch uns an. Tanzt, als ob es kein Gestern und Morgen gibt. Lebt den Moment und seiht frei von Sorgen. 1-2-3!“: beendete Drachenzunge die Pause und schon begann ohne Übergang das nächste Stück. Zunächst begann es langsam und leise, fast schon andächtig. Tarrior war, nach der großen Ankündigung des Wirtes, schon etwas enttäuscht, doch erkannte sogleich, das dies verfrüht gewesen war. Ohne Vorwarnung brach die ganze Kraft und Energie aus der Melodie hervor, als die Geschwindigkeit dramatisch anhob und die Musik für einen Moment die ständigen Ovationen der Tanzenden übertönte. „Sehr gelungen. Dieses Stück heißt „Tanz auf dem Roten Berg“. Eine perfekte Einleitung“: sagte der Wirt, als er sich über den Tresen lehnte, doch Tarrior hörte ihm schon gar nicht mehr zu, sondern ließ sich einfach mit den Tönen treiben. Er lehnte sich dabei weit zurück und schloss die Augen. Er sah noch das Lächeln des Wirtes, bevor seine Welt und Dunkelheit und das Schmettern von Trommeln und Sackpfeifen überging. Noch zwei weitere Stücke genoss er so im halben Liegen, doch dann hielt es ihn nicht mehr auf seinem Platz. Das Tanzen hatte er immer verabscheut, aber jetzt war irgendwie alles anders. Wie in Trance taumelte er hinüber zur improvisierten Tanzfläche und mischte sich unter die anderen Gäste. Der Wirt hatte Recht behalten. Fast alle gaben sich inzwischen der Musik hin. Von den Ratsherren bis hin zu den einfachen Bürgern genoss jeder den Augenblick. Und Tarrior war nun mittendrin.
Nach einigen unbeholfenen Anläufen ging er einfach mit dem Takt mit, auch wenn er nicht solche waghalsigen Verrenkungen wagte, wie manch andere, die sich neben ihm regelrecht verbogen. Und erneut verging die Zeit, wie im Fluge und ohne das er sie auch nur wahrnahm. Sie wiederholten noch zweimal „Tanz auf dem Roten Berg“ und brachten noch drei weitere Tänze. Tarrior stand der Schweiß auf der Stirn und seine Kleidung war an manchen Stellen schon durchgeweicht. Er musste zugeben er war erschöpft. Er hatte auch keine Ahnung, wie die das durchhalten, die schon seit den ersten Stücken mitgetanzt hatten. Somit war es eine Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung, bei der selbst nicht sagen konnte, was überwog, als Drachenzunge das letzte Stück ankündigte. „Werte Herrschaften ihr wart bisher ein wirklich schönes Publikum, seit recht herzlich bedankt dafür. Ihr seit wahrlich in unseren Melodaien aufgegangen und habt wahrhaftig die Erde erzittern lassen und gewiss die Deadra das fürchten gelehrt. Ich sehe Erschöpfung, den süßen Preis der Ekstase, in euren Augen. Doch nun möchte ich euch bitten, nehmet eure verbliebene Energie und Kraft zusammen und begleitet uns, während des letzten Stückes heute Abend. Manch einer mag es kennen, denn es war eines unserer Glanzstücke und entstand als Allheilmittel, gegen den allzu schweren Kopf. Jetzt wieder hier in Balmora gesungen, nur heute Abend, nur für euch – der „DANCA EKSTATE!““: leitete er ein.
Plötzlich verloschen alle Fackeln im Raum, selbst die der Feuerspucker. Ein Lichtzauber erschien über dem Kopf von Drachenzunge und er stimmte, scheinbar zur Einleitung, einen knappen Singsang des Kaiserlichen Kultes an, der von der Wirkung her gut in die Stimmung passte. Seine Augen hatte er geschlossen, doch als der Singsang den Höhepunkt erreicht, riss er sie auf. Ein Schrei entrang sich seiner Kehle und wie auf ein Signal hin ging alles in einander über. Zunächst entzündeten sich nun die Feuerkörbe mit hohen Stichflammen, sowie die Fackeln der Feuerspucker. Gemeinsam sorgten sie dafür, dass die Spielmänner hinter einer Wand aus Flammen verschwanden. Sorgsam achtete man darauf, dass nichts Feuer fing. Im gleichen Moment setzte dröhnend und fordernd die Musik ein. Eine Melodie, die dank ihrer Geschwindigkeit, sofort wieder zum Tanzen animierte. Plötzlich ebbte eine der Stichflammen ab und Drachenzunge war wieder zu sehen und wurde von unten vom Feuer beleuchtet. Dann begann er zu singen mit einer tiefen, aber geübten und melodischen Stimme:
So höret mir jetzt zu,
höret meiner Stimme Klang.
Verbannt sei nun die Ruh,
durch diesen wilden Sang.
Danca Ekstate,
wilde Weiber und verschlungene Leiber in dieser Nacht.
Danca Ekstate,
tanzt ekstatisch unterm Monde, bis der neue Tag erwacht.
Die Flammen schienen sich zusammen mit dem Klang der Musik zu verbiegen und zu verschmelzen. Sie bäumten sich auf und ebbten ab, flossen in einander oder sandten explosionsartig Feuerstöße aus.
Es gibt so viele Sorgen,
die man in der Seele spürt.
Vertreibt sie und denkt an einen neuen Morgen,
wenn unser Lied euren Geist berührt.
Danca Ekstate,
wilde Weiber und verschlungene Leiber in dieser Nacht.
Danca Ekstate,
tanzt ekstatisch unterm Monde, bis der neue Tag erwacht.
Langsam begannen die Flammen einen eigenen Tanz aufzuführen. An manchen Stellen lösten sich die Funken von den Feuerkörben und bildeten magisch geschaffene Szenen, wie Drachenkämpfe, rauschende Feste und große Schlachten. Und wie von Drachenzunge gefordert, legte jeder vollste Energie in diesen, den letzten Tanz. Tarrior ebenso, wie alle anderen.
Und so streitet nicht über das Für und Wider
und verbannt den Zweifel, der mit eurer Seele ringt.
Biegt lieber eure Glieder
und hört auf den Takt, der in euren Ohren klingt.
Danca Ekstate,
wilde Weiber und verschlungene Leiber in dieser Nacht.
Danca Ekstate,
tanzt ekstatisch unterm Monde, bis der neue Tag erwacht.
TANZT!
Die Flammen wechselten nur wild die Farben und das Lichterspiel zeigte noch einmal alle Facetten, während die Spielmänner die Melodie ohne Gesang nochmals wiederholten. Tarrior war erneut im Rausch gefangen. Wie eine Marionette an Fäden bewegte er sich ekstatisch im Gleichklang und Gleichtakt mit der Musik und den anderen Tanzenden. Dann schmetterte Drachenzunge nochmals mit aller Kraft den Refrain:
Danca Ekstate,
wilde Weiber und verschlungene Leiber in dieser Nacht.
Danca Ekstate,
tanzt ekstatisch unterm Monde, bis der neue Tag erwacht.
TANZT!
Beim Letzten Wort knallte es aus den Feuerkörben und sie erloschen, dafür gingen die Fackeln im Raum wieder an. Überschweifender Jubel und wahrhaft gewaltige Ovationen erfüllten alles. Das Klimpern von dutzenden von Münzen, die man auf die Bühne warf, war zu hören. Dann fiel man sich, noch ganz benebelt, in die Arme.
„Vielen Dank. Ihr ward ein wunderbares Publikum. So danken wir auch für die großzügigen Gaben, wir fühlen uns geehrt durch diesen wahrhaft überschäumenden Applaus. Hiermit verabschieden sich die Spielleute von „DEUS INFERNUM“ und wünschen noch eine gute Nacht, oder besser einen schönen Morgen. Und liebe Leute vergesst nicht die Lektion, die ihr lernen solltet. Eine Krise ist nur so schlimm, wie ihr sie in euren Köpfen Gestalt annehmen lasst. Denkt immer an eins, „vertreibt die Sorgen und denkt an einen neuen Morgen!““: warf die Drachenzunge noch zum Abschied ins Publikum und die Spielleute, ebenfalls sichtlich geschafft, kehrten in das Zimmer ein, welches sie scheinbar bewohnten. Langsam ebbte auch der Rausch in ihm ab und er fühlte eine tiefe Erschöpfung. Er war durchgeschwitzt und vollkommen ausgelaugt. „Na das war doch was“: sagte der Wirt, als Tarrior an ihm vorbei wankte. „Ihr seht geschafft aus. Ruht euch erstmal aus. Über die Zeche können wir ja morgen noch reden. Noch eine geruhsame Nacht“: verabschiedete ihn der Mann noch für etwas Schlaf. Tarrior schlurfte in sein Zimmer, schaffte es gerade noch so abzuschließen und sich auszuziehen und fiel dann wie ein Stein ins Bett. Er verfiel sofort in traumlosen Schlummer.
Geändert von KingPaddy (15.05.2009 um 18:55 Uhr)
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Provinzheld
Solstheim, Moesring-Berge, Isinfier Ebenen, Hügelgrab
Mit dem nächsten Augenaufschlag blickte Thorin in einen abendlich roten Himmel, der bereits vereinzelt von dunklen, grauen Wolken bedeckt wurde. Kalter, eigentlich schon fast eisiger Wind streifte über seine Nase und zerrte an seinem Bart. Seine Glieder waren so müde, wie schon lange nicht mehr und selbst auf der Wanderung hatte er sich noch vergleichsweise frisch gefühlt. Jetzt war er mehr ein Wrack seiner selbst – und dass sogar in doppelter Bedeutung. Körperlich am Ende – und genauso emotional.
Mit einem gequälten Stöhnen und neuerlichen Tränen in den Augen stemmte er sich auf seine Ellbogen hoch. Der Schnee unter ihnen knirschte, als er mit Thorins Gewicht belastet wurde. Einen Augenblick später hörte dieser schwere Schritte auf sich zukommen. Es dauerte nicht lange, bis sich zwei weiße, pelzige Beine in sein Sichtfeld drängten und einen Schritt von ihm entfernt anhielten. Schlussendlich senkte sich der kräftige Körper von Hulfgar herab auf die Knie und wieder knirschte das Weiß, als es zusammengedrückt wurde.
Die rotbraunen Haare des stämmigen Jägers hingen in klebrigen Strähnen in dessen Gesicht und der Bart war halb gefroren. Die hellblauen Augen des älteren Mannes musterten Thorin einen Moment lang eingehend und wurden schlussendlich weich und ebenso traurig, wie dieser sich fühlte. „Alles in Ordnung?“, brummte Hulfgar dann tief und ein wenig nuschelnd, um seine eigenen Gefühle etwas zu verbergen. Ein Mann seiner Art, Größe und Aussehens zeigte allgemein weniger, wie er sich fühlte. Seine Augen verrieten Thorins Freund aber dennoch.
„Könnte schlechter gehen, schätze ich“, erwiderte er dann traurig und grimmig zur selben Zeit. Alles in ihm schrie mittlerweile danach, den verhassten Werwolf endlich zu erledigen und ihren Freund zu rächen. Jede noch so kleine Faser seines Körpers – einfach alles schrie nach Rache und Vergeltung. Die unendliche Trauer über den Verlust trieb diese Gefühle nur noch weiter an. Thorin wusste einfach nicht, ob er schreien, weinen oder einfach nur liegen bleiben sollte. Seine Trauer sagte weinen, sein Hass schreien und seine Müdigkeit das Letzte.
Allerdings zwang er sich dazu, keines der Dinge zu tun und all seine Gefühle aufzuheben – ja, zu konservieren – für den richtigen Moment, wenn er sie auf das richtige Ziel lenken konnte. Hulfgar streckte nun seinen rechten Arm aus und Thorin schlug ein. Ihre Hände umfassten den Unterarm des jeweiligen Gegenübers und der stärkere Jäger zog seinen Freund dann auf die Füße. Leicht schwankend durch die Müdigkeit blieb Thorin dann von alleine stehen.
Gondrim brachte ihm seinen Speer und Rulmgar kniete noch etwas abseits neben einem Haufen von größeren und kleineren Steinen, aus dem ein weiterer Speer mit einem Eisbärenhelm drauf herausragte. Thorin kannte diese Art Grab nur zu gut. Eine Ehre und Schande gleichermaßen. Ehre, weil einen ehrenhaften Tod im Kampf gestorben war und Schande, weil keiner der Vier ihren Freund auf diese Weise hatte verlieren wollen und schon gar nicht so früh. Das Brândil an sich nicht direkt im Kampf gestorben war, spielte dabei keine Rolle, eher der Teil des ehrenhaften Todes war ausschlaggebend, für Thorins gespaltene Meinung. Ein wenig fühlte er auch noch Stolz. Stolz für die Stärke, die ihr Freund bewiesen hatte.
Trotz der Müdigkeit in seinen Gliedern wandte Thorin sich schließlich nach Süden. Irgendwo dort hatte sich der Werwolf und Mörder verkrochen. Irgendwo dort in einem der Gräber wartete er nun, um dieses bösartige Spiel zu beenden. „Ich weiß nicht, wie ihr es seht, aber ich werde heute noch aufbrechen“, gab Thorin dann entschlossen und fest, aber auch schmerzerfüllt in die Runde.
„Keiner von uns, würde dich alleine gehen lassen“, erwiderte Gondrim von irgendwo hinter ihm. Damit war die Frage auch schon geklärt. Müdigkeit und emotionale Probleme hin oder her, es musste früher oder später enden. Früher war besser, da waren sie sich alle einig – auch ohne, dass sie es aussprachen. Ein letztes Mal warf Thorin einen traurigen Blick auf Brândils Grab, dann stapfte er los in den bereits recht dunklen Wald der Isinfier Ebenen und gegen den stärker werdenden Wind ankämpfend.
Bevor sie schließlich zwischen den Bäumen verschwanden, warf Thorin noch einmal einen Blick zum Himmel. Die Wolken, die er am späten Nachmittag gesehen hatte, waren bereits sehr nahe gekommen und zerfetzte Ausläufer der dunklen Decke befanden sich am Himmel über ihnen. Im Westen verschwand die Sonne irgendwo hinter dem Meer und war noch unbehelligt von den Wolken, allerdings hätte es wohl ohnehin nicht mehr lange gedauert, bis diese ihr den Platz streitig gemacht hätten. Im Osten war das dunkle Band bereits weiter nach Norden gezogen und auch ihnen fielen mittlerweile die ersten, leichten Flocken entgegen. Angepeitscht durch den Wind, schnitten sie auch manchmal durch die kalte, raue Haut auf Thorins Gesicht. Dann tauchte die Jägergruppe auch schon ins Dunkel des Waldes ein ließ den roten Himmel und all seine Pracht hinter sich.
Der Schnee hier war teilweise fester und weniger tief, was das Vorankommen erleichterte. Es dauerte auch nicht lange, bis Thorin die ersten Spuren – dieses Mal die Abdrücke von nackten Menschenfüßen – entdeckte. Da die Nacht aber bereits dämmerte, würde es wohl nicht mehr lange brauchen, bis sie wieder zu Wolfsspuren wurden. Auch wenn er wenig Hoffnung hegte, den Gejagten einzuholen, bevor er sich wieder verwandelte, beschleunigte er sein Schritttempo. Seine schweren Füße brachen gelegentlich durch eine leichte Eiskruste auf der Oberfläche des Schnees, aber es tat seiner erhöhten Geschwindigkeit keinen Abbruch. Sein Herz raste wieder, als wenn es mit einem anderen um die Wette pumpte und all seine Sinne waren über das normale Maß hinaus angespannt. Die Müdigkeit wich dem Adrenalin und der Wut, die Thorin innerlich schürte.
Mit dem Einbruch der Nacht waren sie schließlich bereits in Sichtweite des ersten großen Hügels. Auf der Spitze der Erdanhäufen befanden sich einige große Steine – künstlich von Nordhand dort aufgestellt – die es als das kennzeichneten, was es war: ein Hügelgrab. Wenn sich Thorin nicht irrte, war dieses hier das Grab eines gewissen Jolgeirr. Den Nachname des Mannes kannte er allerdings nicht.
Die Spuren führten sie auf der westlichen Seite des Hügels recht nahe am Fjord entlang. Immer wieder konnte er die Wellen gegen das Land rauschen hören und hätte das Weiß des Schnees dieses nicht erhellt, so hätte er das schwarze Nass gar nicht erkennen können. Irgendwie verwunderte es Thorin dann auch nicht im Geringsten, dass die Spuren nicht zu Jolgeirrs Hügelgrab führten, sondern weiter nach Süden, wo sich bereits ein weiterer Hügel mit großen, langen Steinen auf der Spitze aus der Dunkelheit schälte. Es machte auch wesentlich mehr Sinn, nun da ihm wieder in den Sinn kam welches andere Grab sich ebenfalls in diesem Gebiet befand. Nun, an sich war es nicht das Grab, sondern vielmehr das, was an dem Grab dran hing. Es machte Sinn als ein einzelner, schneller Jäger sich in enge Tunnel zu verkriechen, damit der Feind seine größere Zahl nicht nutzen konnte. Eines musste Thorin ihrem Wolf also lassen: intelligent war er. Eine Bestie nichtsdestotrotz, aber intelligent.
Es dauerte nicht besonders lange, bis sie Jolgeirrs letzte Ruhestätte hinter sich ließen und nun näher an das neue Hügelgrab heran kamen. Der Eingang aus den dunklen, glatten Steinplatten wies dieses Mal in ihre Richtung. Thorin verlangsamte seinen Schritt wieder und hob dafür seinen dunklen, ebenhölzernen Speer so, dass er blitzschnell zustechen konnte, wenn etwas zu nahe an ihn heran kam. Die anderen drei Jäger hinter ihm, taten es ihm nach. Hören konnte Thorin das an dem leichten Knirschen von Leder, wenn es zu straff um einen Gegenstand gewickelt wird. Die schweren Schritte seiner Freunde hinter ihm wurden auch wesentlich langsamer und vorsichtiger.
Erst jetzt bemerkte Thorin, dass die Fußabdrücke bereits wieder halb Wolf, halb Mensch waren. Es war also nicht zulange her, dass ihr Gejagter hier entlanggekommen war. Es verwunderte ihn nun absolut nicht mehr, als die Spuren direkt vor dem runden Eingangsstein endeten. Der verzierte Stein, der den Eingang eines jeden Hügelgrabes markierte, war geschlossen. Allerdings konnte Thorin im fahlen Schein der Nacht einige tiefe, parallel verlaufende Furchen erkennen: Kratzspuren. Offen sichtlich hatte der Werwolf erfolgreich den Stein beiseite geschoben und befand sich nun im Inneren des Grabes oder dem direkt angebundenen Höhlensystem.
„Sieht so aus, als würden wir im Dunkeln tappen“, knirschte Gondrim mit den Zähnen, als er neben Thorin anhielt und ebenfalls auf die Kratzspuren im Stein schaute. „Vielleicht sollten wir ihn aushungern“, gab der ebenfalls sehr kräftige Jäger dann grimmig in die Runde.
„Einen Werwolf?“, kam es dann von der tiefen Stimme Hulfgars skeptisch und ein wenig tadelnd. „Damit machst du ihn nur noch so richtig wild. Nein, das ist keine gute Idee, glaube mir. Jetzt oder nie.“ Gondrim schwieg.
„Sehe ich auch so“, mischte sich dann Thorin wieder ein und rammte seinen Speer in den Boden, damit er beide Hände frei hatte. „Helft mir hier mal“, forderte er dann seine Freunde auf, als er mit den Fingen in die leichte Mulde griff, die sich zwischen Torstein und Rahmen bildete. Hulfgar platzierte seine Hände oberhalb von Thorins, Gondrim unterhalb. Rulmgar blieb zurück und hielt den Speer zum Wurf bereit erhoben. „Auf drei.“
„Eins“, begann unvermittelt Hulfgar zu zählen.
„Zwei“, setzte Gondrim fort.
„Drei“, beendete Thorin und die drei Jäger begannen zu ziehen, so sehr sie konnten. Begleitet von leisen, unterdrückten Schreien, die neue Kraft freisetzen sollten. Mit all ihrem Gewicht lehnten sie sich in die Richtung der entgegengesetzten Seite des Eingangs und mit den Füßen drückten sie. Der Schnee gab anfangs nur wenig Halt, aber als sie einmal auf festem, gefrorenem Boden waren, begann sich der runde Stein zu bewegen. Erst nur langsam, dann aber schneller werden und immer begleitet vom tiefen, mahlenden Geräusch wenn Stein über Stein rieb.
Sie schoben den Eingang nicht komplett auf, das wäre unnötig gewesen. Der einen Schritt breite Durchgang, den sie aufgeschoben hatten, reichte aus. Der Wind blies sichtlich durch den Spalt. Die Flocken tanzten umher und verschwanden dann im Dunkel des Grabes. Erstaunlich warme Luft schlug Thorin entgegen, als er seinen Speer aus dem Boden zog und einen Schritt auf das undurchdringliche Schwarz zu machte. „Hat jemand eine Fackel im Gepäck? Sieht nicht so aus, als wenn hier drin noch etwas brennt“, fragte er in die Runde. Keiner antwortete. „Feuersteine zum Anzünden einer der alten Fackeln?“, versuchte er dann noch eine andere Option. Dann viel ihm ein, dass er sowieso selbst immer ein Paar dabei hatte. „Vergesst es, sucht ein paar Fackeln, wenn ihr drin seid.“
Auf keine Antwort wartend und es nun beinahe kaum noch abwarten könnend, ging Thorin als Erster ins Dunkel. Den Speer hatte er nun auf Hüfthöhe und immer bereit zuzustoßen. Werfen ging auf so engem Raum nicht besonders gut. So leise Thorin konnte, stapfte er durch die Finsternis. Als sich seine Augen ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte er zumindest bis zu den Wegbiegungen auf beiden Seiten des Eingangs sehen. Das spärliche Licht, dass vom Eingang her herein kam, machte das möglich. Fackeln entdeckte er jedoch auf den ersten Blick keine.
Vorsichtig schlich er auf eine der Ecken zu. Er hatte einmal gewusst, warum die Hügelgräber alle den gleichen Grundaufbau hatten. Warum in der Mitte des Eingangsbereichs ein großer Block aus Stein – oder mehrere Steine, die einen Block formten – war und somit zwei schmale Gänge links und rechts formte. Dahinter liefen diese Beiden Gänge wieder zusammen, genau dort, wo der eigentliche Eingang in die Grabkammer war. Allerdings hatte er es mittlerweile wieder vergessen und an sich spielte es auch keine Rolle. Nicht jetzt.
Die drei anderen Jäger waren inzwischen ebenfalls im Grab angekommen und Thorin warf einen Blick von der links zum Eingang befindlichen Ecke zurück. Schnee lag bereits in einer kleinen Schneise, wo der Wind ihn hatte hin blasen können und immer mehr Flocken fanden ihren Weg ins Grab. Ein Teil von ihnen schmolz in der wärmeren Luft, bevor er landen konnte, und der Rest wurde allmählich zu Matsch. Die, verglichen mit der Außentemperatur, regelrecht heiße Luft im Inneren, ließ Thorin schwitzen und sein Atem ging bereits jetzt wieder schwer. Und dann war da ja auch noch sein wie wild schlagendes Herz.
„Hulfgar“, hauchte er beinahe, um nicht zu laut zu sein. Der muskulöse Jäger dreht sich in seine Richtung. „Du kommst mit mir, die anderen Beiden nehmen den rechten Gang. Wir treffen uns mit ihnen in der Grabkammer“, erklärte Thorin dann weiter und immer noch sehr leise flüsternd.
Der Mann in Schneewolfsrüstung nickte grimmig, gab die Taktik an Rulmgar und Gondrim weiter und kam dann langsam auf Thorin zu. Dieser wandte sich bereits dem weitaus dunkleren Gang tiefer unter die Erde zu. Wenn er sich richtig anstrengte, konnte er ungefähr fünf Schritte weit sehen, danach verschwand alles in der Finsternis. Dann war Hulfgar bei ihm und sie machten sich nebeneinander auf den Weg. Langsam und nur Schritt für Schritt. Die Vorgehensweise hatte einen ganz bestimmten Grund. Die Gänge waren überall breit genug, um zwei kräftige Nord nebeneinander zuzulassen. Mehr aber auch nicht. Daher waren Gruppen aus zwei Personen besser und wesentlich sicherer, als allein oder größer. Außerdem konnten sie zumindest hier im Hügelgrab sicher gehen, dass ihr Gejagter keinem von ihnen in den Rücken fiel.
Mit jedem Schritt den sie machten, hörte Thorin das scharfe Pfeifen des eindringenden Windes immer lauter. Es jagte ihm unangenehme Schauer über den Rücken und ein wenig übertönte es ihre Schritte und – wie er befürchtete – auch andere, leise Geräusche.
Als sie etwa die Mitte des Ganges erreicht hatten, bemerkte Thorin seinen kleinen Irrtum. Der Eingang in die anschließende Höhle lag nicht auf dieser Seite des Hügelgrabs, sondern auf der von Gondrim und Rulmgar. Er hatte Hulfgar extra zu sich geholt, weil dieser besonders groß und stark war. Nicht zu vergessen dessen Schnelligkeit. Wenn der Werwolf also aus der Dunkelheit des Höhleneinganges zugeschlagen hätte, so wäre ein Erfolg mit Hulfgar an der Seite wesentlich wahrscheinlicher gewesen.
Zu Thorins Erleichterung vernahm er jedoch kein drohendes Knurren von irgendwo aus der Dunkelheit. Stattdessen schlich er noch um eine weitere Biegung und im immer weniger werdenden Lichtschein konnte er sehen, wie auch die andere Zweiergruppe gerade um die andere Ecke bog. Schlussendlich trafen sie in der Mitte, direkt vor dem Durchgang zur Grabkammer aufeinander. „Nichts, nehme ich an?“, fragte Gondrim leise mit einer leichten, umfassenden Bewegung seiner linken Hand. Es war nicht besonders schwer zu verstehen, dass er auf die Fackeln anspielen wollte. Thorin schüttelte den Kopf.
Gondrims Mine wurde nun noch ernster und der Jäger mit dem kurzen Bart und Thorin wandten sich der Grabkammer zu, während Rulmgar und Hulfgar jeweils die Gänge Richtung Ausgang im Auge behielten. Thorin konnte nahezu nichts erkennen und das schneidende Geräusch des Windes war hier hinten irgendwie noch lauter, wie er fand. Das schwache Licht, das durch den Schnee von der Nacht reflektiert und in das Hügelgrab geworfen wurde reichte kaum noch in diesen Teil. Dass die Gänge nicht gerade verliefen sondern scharfe Kurven schlugen, tat dem Ganzen nichts Gutes. Thorins Trauer war für den Moment komplett all seinen Jagdinstinkten und der enormen Anspannung gewichen. Sein Herz raste, als wenn es versuchte aus ihm herauszuspringen. Schweiß rann in Strömen über seine Haut und ließ seine Leinenkleidung, die er unter all seinen Lagen aus Leder und Fell trug, unangenehm an ihm kleben.
Möglichst leise setzte er einen Fuß vor den Anderen und seinen Speer hatte er immer noch stoßbereit auf Hüfthöhe. Gondrim hielt sich ein wenig hinter Thorin, wie dieser am Geräusch der Schritte erkennen konnte. Dann stoppten sie und auch Thorin hielt inne, mehr aus Instinkt und Erfahrung, als bewusst. „Dort vorn, direkt vor dem steinernen Altar, Thorin“, hörte er die Stimme seins Freundes flüstern. Angestrengt schaute er an die genannte Stelle. Oder besser: er versuchte sie erst einmal zu finden. Da alles – Boden, Wände und „Einrichtung“ – aus demselben, schwarzen Stein gemacht war, war es schwierig sie in der Dunkelheit auszumachen.
Schlussendlich machte er noch einen Schritt nach vorn und erkannte dann die Kante des Altars, der nicht ganz zu seiner Hüfte reichte. Thorins Augen wanderten langsam von der Kante nach unten. Alles in seinem Gesicht schmerzte, so angestrengt versuchte er zu sehen, was Gondrim gemeint hatte. Unterbewusst machte er noch einen weiteren Schritt nach vorne und schlussendlich fand er, was sein Freund gemeint hatte. Ein breites Grinsen stahl sich auf seine Lippen und den letzten Schritt machte Thorin nun ganz schnell, dann kniete er sich auf den harten Steinboden.
Seinen Speer legte er nun ebenfalls ab, da Gondrim dicht neben ihm stand. Thorins Hände tasteten am Boden entlang, weil er die zwei Gegenstände wieder aus den Augen verloren hatte. Es dauerte einige Augenblicke, dann bekam er eine der beiden Fackeln zu fassen. Genau in diesem Moment vernahmen sie alle, das tiefe, schleifende Geräusch vom Eingang, als der runde Stein diesen wieder verschloss. Thorin blieb beinahe das Herz stehen, als jedwedes, noch verbliebenes Licht um sie herum verschwand und erst jetzt bemerkte er, wie hell sie es eigentlich gehabt hatten. Nun konnte er nicht einmal seine eigene Hand vor Augen sehen. Mit dem Abschneiden des Windes, wurde es dann auch wieder totenstill um sie herum.
Rulmgar und Hulfgar schienen gerade wieder näher zu kommen. Zumindest ließen das die langsamen, ein wenig stolpernden Schritte vermuten. „Thorin, mach‘ die verdammte Fackel an“, flüsterte Gondrim ernst vor ihm. Irgendwo in der Dunkelheit fielen zwei kleine Steine zu Boden und das Klacken schallte gänsehauterregend durch die Gänge.
„Schon dabei“, entgegnete Thorin angespannt und seine Sinne waren bis auf Anschlag getrimmt. Mit den groben, pelzigen Händen fummelte er ein wenig unter seinem Schneebärenharnich herum, um an seine kleinen Lederbeutel zu kommen. Es dauerte einige Momente bis er seine Feuersteine gefunden hatte. Schlussendlich schlug er sie dann aber gegeneinander. Das Klacken der Aufschläge hallte weit und unangenehm laut durch die Dunkelheit um sie herum. Jedes Mal, wenn die Steine aufeinander trafen, zuckte Thorin zusammen und horchte auf. Wenn er nichts weiter hörte, schlug er erneut die Feueranzünder zusammen, nur um die Prozedur erneut zu durchlaufen. Manchmal glaubte er auch tropfendes Wasser zu hören, aber es war leise und die Abstände groß. Die Echos machten es obendrein auch noch unmöglich zu sagen, von wo es kam.
Am Ende stoben einige Funken durch die Dunkelheit und mit dem achten Versuch – er hatte unterbewusst mitgezählt – trafen diese schließlich auch die Fackel. Innerhalb von einem Augenblick zum Nächsten fing diese Feuer und ein warmer, flackernder Lichtkreis umgab sie. Erleichtert schaute Thorin zu Gondrim auf, nur um im Augenwinkel etwas Glitzerndes zu sehen. Im gefror förmlich das Blut in den Adern.
Sein Herz setzte aus, schlug dann wie wild weiter, setzte wieder aus und schlug dann weiter. Das Ganze wiederholte sich ständig und sein Kopf wurde leicht schummrig. Wie in Zeitlupe drehte Thorin diesen nach links und starrte am Ende auf eine schwarze, feucht glitzernde Wolfsnase. Dann zogen sich die Lefzen zurück und entblößten lange Fangzähne von denen zähflüssiger Speichel troff. Alles begleitet von einem tiefen, bedrohlichen Knurren und nur eine Hand breit von seinem Gesicht entfernt …
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Mythos
Vvardenfell-Distrikt, Westspalte, Balmora, Herberge „Acht Teller“
Eine ereignislose Nacht und ein schöner friedlicher Morgen waren auf den großen Auftritt von DEUS Infernum gefolgt, den er mit verfolgt hatte. Er war sehr früh aufgestanden. Die Sonne war noch nicht richtig aufgegangen und er hatte einen üblen Muskelkater gehabt. Dass er sich am vergangenen Abend gegen seine Gewohnheit auf die Tanzfläche gewagt hatte, hatte ihren Preis gefordert. Höllische Schmerzen hatten ihn begleitet, als er sich mühsam aus dem Bett gewuchtet und sich angezogen hatte. Seine Beine waren so schwer, als hätte man sie aus Stahl gegossen. Jeder etwas größere Schritt und jedes bisschen körperliche Anstrengung wurden umgehend mit entsprechenden Schmerzen geahndet. In diesem Moment war ihm der Gedanke gekommen einen Schnaps oder zwei, als Einstieg in den Tag, zu trinken. Gewiss hätte der Alkohol den Schmerz gemildert oder ganz betäubt, aber entschied sich dagegen. Denn irgendwie war es auch schön seinen Körper wieder richtig zu spüren, auch wenn es gewiss schönere Gefühle als dieses gab. Er zog die Schnalle seines Gürtels fest und verließ die Kammer. Aus dem Schankraum hörte er bereits geschäftiges Treiben. Das Klappern von Geschirr wies daraufhin, das der Wirt schon emsig damit beschäftigt war, das Frühstück aufzutragen. Er hantierte, wie Tarrior erkennen konnte, an der Kochstelle mit zwei großen Töpfen herum und goss aus dem Einen Wasser ab und füllte es in dem Anderen nach. Aus dem nun leeren Gefäß entnahm er dampfende Kwama-Eier. In den Topf, den er nun wieder auf das Feuer stellte, füllte er nun einen ganzen Korb, noch roher Eier. Die fertig Gekochten schnitt er in der Hälfte durch und legte sie auf große Teller. Dann brachte er das Essen zu den Tischen.
Im Moment standen nur sehr wenige von ihnen. Für den Auftritt hatte man sie beiseite geräumt, aber nicht wieder hingestellt. Gerade zwei Tische und die dazugehörigen vier Bänke hatte man wieder in der Mitte des Raumes platziert. Der Mann stellte das Essen ab und huschte zurück in die Küche und kam mit zwei weiteren Tellern, gefüllt mit Schinken, Käse und frischem Gemüse, zurück. Erst als Tarrior sich etwas weiter in den Raum bewegte, er hatte sich bisher etwas am Rand gehalten und beobachtet, konnte er erkennen, wer da so eifrig bedient wurde. Die Spielleute von DEUS INFERNUM und der Rest ihrer Truppe saßen dort. Er konnte die Feuerspucker erkennen, die Akrobaten und den Magier, der für die kunstvollen Feuerspielereien verantwortlich gewesen war. Tarrior war gestern schon davon beeindruckt gewesen, wie gut der Mann das Feuer kontrollieren konnte. Man musste sich wirklich auf Magie verstehen um die Flammen in derartige Formen bringen zu können. Demonstrativ gähnend ging er auf sie zu. Sofort ruhten alle Blicke auf ihm, als er plötzlich auftauchte und sich einfach neben den Spielleuten an einem Tisch niederließ. Teils neugierig, teils verwirrt musterten sie den Dunmer, der sich an ihren Tisch gesetzt hatte. Er konnte an ihren Blicken erkennen, dass sie sich fragten, ob sie ihn kannten. „Guten Morgen“: sagte er frei heraus. „Herr Wirt bringt mir bitte auch ein solches Frühstück“: bat er dann im gleichen Atemzug. Der Wirt starrte ihn nun auch an, als hätte er etwas Unmögliches verlangt, aber als einer der Spielmänner einen Wink gab, entfernte sich der Schankmeister. Dann merkte er wie sich jemand zu ihm herüber lehnte. „Kennen wir uns“: fragte eine vertraute Stimme. Der Dunmer musste grinsen, denn er hatte sie während des Auftrittes zur Genüge gehört. „Nicht persönlich, aber ich habe euren Auftritt gestern gesehen“: antwortete er der Drachenzunge. „Nun da seid ihr ja verdammt früh wach. Ich glaube die meisten anderen, werden wohl erst heute zur Mittagssonne aufwachen“: sagte der Spielmann. Tarrior zuckte mit den Schultern. „Wenn ich ehrlich bin, habe ich auch nicht jeden der Tänze mitgemacht“: merkt er an.
„Ah das wird es wohl sein und ich war schon kurz daran zu glauben, das wir es nicht mehr bringen“: erkannte der Mann und begann ein tiefes melodisches Lachen in das die anderen Mitglieder der Gruppe einfielen. „Aber sagt wie hat euch unser Auftritt gefallen?“: fragte ein anderer Spielmann, der ihn wohlwollend, nein... lüstern(?), anschaute. Tarrior schluckte und lächelte schief und überging den begehrenden Ausdruck einfach. „Ein wirklich hervorragender Auftritt. Vor allem den Schluss fand ich besonders beeindruckend. Dieses Spiel mit dem Feuer und das herrliche Stück. Ich bin nicht wirklich ein großer Verehrer der Musik, aber ich muss sagen, dies hat mich schwer beeindruckt“: gab er wahrheitsgemäß zu Protokoll und einige Spielleute lächelten geschmeichelt. „Das freut uns, aber wer seid ihr denn nun?“: fragte die Drachenzunge wieder. „Das ist Tarrior Gildres. Er ist einer der Ratsherren“: erklärte der Wirt, welcher mit einem Teller für ihn wieder gekommen war. Tarrior drückte ihm ein paar Draken für das Essen und die Übernachtung in die Hand und wandte sich dann seinem Teller zu. Interessiert beobachten die Anderen, wie der Dunmer sein Essen schnell herunter schlang. „Ihr habt einen gesunden Appetit Herr Ratsherr“: bemerkte ein anderer der Spielmänner und wieder kam großes Gelächter auf. „Nunja ich bin erst vor wenigen Tagen wieder hier in Morrowind angekommen. Die Verpflegung während der mehrwöchigen Rückreise war mehr als spartanisch. Da bin ich richtig froh, wieder anständiges Essen zu bekommen. Also verzeiht daher meine schlechten Manieren“: entschuldigte er sich. Wieder lachte der Sänger der Gruppe. „Ach das macht doch nichts. Ihr solltet mal unsere Manieren sehen. Anscheinend halten wir uns wohl zurück, weil ihr mit am Tisch sitzt. Wir waren nur etwas überrascht, weil ihr euch nicht so verhaltet wie es diese piekfeinen Ratsherren sonst tun“: erklärte er und lachte nochmals und wieder stimmte die Truppe ein. Nur der Magier blieb reserviert und schmunzelte nur leicht.
„Es kommt aber auch selten genug vor, das sich einfach jemand zu uns setzt. Irgendwie scheinen wir unseren Anhängern unnahbar, dabei haben wir auch mal klein angefangen. Nicht wahr?“: fragte er schlussendlich den Wirt, der dann zustimmend nickte. „Damals zahlte ich euch noch 15 Draken pro Kopf wenn ihr einen Abend lang irgendetwas gespielt habt um die Gäste zu unterhalten. Und dann habt ihr das Geld danach gleich wieder versoffen. Außerdem haben einige bei mir auch noch gedienert, damit sie umsonst hier wohnen konnten. Das waren noch Zeiten“: schwelgte der Mann in Erinnerungen und stellte nebenbei einen Tonkrug mit Wasser und einige Becher auf den Tisch. „Ja eine bewegte Zeit“: stimmte Drachenzunge zu und nahm einen großen Schluck aus einer Flasche, die schon zuvor auf dem Tisch stand. Tarrior roch sofort starken Schnaps. Derweil hatte er es geschafft seinen Teller zu leeren, während sich die Spielleute noch mit Schinken und Brot beschäftigten. „Ihr seid dann wohl keiner unserer Anhänger“: sprach ihn nun der Magier vom anderen Tisch aus an. „Nein. Ich hatte zwar schon von euch gehört, aber gestern war das erste Mal, das ich euch gesehen bzw. gehört habe“: gab der Dunmer zu. „Na dann stell ich euch mal die Jungs vor“: versprach Drachenzunge und begann mit sich selbst. Dann ging er mit dem Finger im Uhrzeigersinn die anderen vier Spielleute ab. „Alergon der Büßerprinz, Juran der Narrenfürst, Galion der Donnergott und Freyan der Zweigesichtige“: stellte er sie vor. Der letzte war jener, der Tarrior diese seltsamen Blicke zu geworfen hatte. Dann begann Drachenzunge die Namen der Feuerspucken und Artisten zu nennen, doch Tarrior ignorierte sie. Nur einen Namen, nämlich den des Magiers, behielt er im Hinterkopf. „Und dies ist Meister Gaius Fyrius, der uns diese Feuerspiele ermöglicht, wie ihr sie gestern gesehen habt. Aber wir nennen ihn unsere „Lunte“. Dabei weiß ich nicht einmal mehr, wie wir damals darauf gekommen sind“: erzählte Drachenzunge über den Magier. Dieser verfolgte seine Vorstellung scheinbar mit größter Aufmerksamkeit und lehnte sich dann entspannt zurück. Scheinbar war er zufrieden mit dieser Darstellung seiner selbst.
„Wohin wird euch denn euer Weg als nächstes führen?“: fragte Tarrior mehr um das kurzzeitig aufgekommene Schweigen zu brechen, als aus wirklichem Interesse. „Nunja wir werden nach dem Frühstück zusammen packen und aufbrechen. Es geht nach Norden, nach Gnisis. Unter den dortigen Leuten sind viele Flüchtlinge, die es aus Ald’ruhn herausgeschafft hatten, als die Deadra es überrannten. Sie haben alles verloren und wir wollen natürlich die Stimmung etwas heben. In solchen Zeiten ist Unterhaltung das Einzige was manche gerade davon abhält zu verzweifeln“: berichtete ihm Drachenzunge von den künftigen Reiseplänen der Truppe. „Und der Rat der Redoraner hat uns ne Menge Gold dafür geboten“: fügte der Büßerprinz noch an und lachte. Man konnte sofort erkennen, dass der Mann schon stark angetrunken war. Drachenzunge lächelte schief. „Ja natürlich. Das auch“: sagte er hastig. „Und wohin wird euch euer Weg führen? Ich hoffe doch ihr werdet in Gnisis auch wieder dabei sein?“: fragte Freyan und zwinkerte ihm zu. Tarrior schluckte. Ihm gefiel das überhaupt nicht. Er schüttelte sich unmerklich, bevor er antwortete: „Wahrscheinlich nicht. Wichtige Ratsangelegenheiten führen mich leider nach Süden. Ein anderer Zeitpunkt wird sich aber bestimmt ergeben.“ Nach diesen Worten warf er einen flüchtigen Blick zum Fenster, der dann aber dort hängen blieb. Die Sonne hatte sich längstens über den Horizont geschoben und erhellte die Stadt in ihrem sanften morgendlichen Schein. Er erkannte, dass er sich verquatscht hatte. Er wollte schon längst unterwegs zur Mine sein. „Verflucht. Ich habe ganz die Zeit vergessen. Ich wollte schon längst unterwegs sein“: sagte er eilig, schnappte sich den Teller und brachte ihn vor zum Tresen, kehrte aber nochmals an den Tisch zurück. „Es tut mir leid, aber ich muss mich jetzt empfehlen. Wichtige Angelegenheiten erwarten meine Aufmerksamkeit“: verabschiedete sich. „Also doch ein typischer Ratsherr. Wohlan denn passt auf euch auf, dann sehen wir uns vielleicht auch einmal wieder“: rief er ihm nach und lachte. Tarrior hob zum Abschied die Hand und eilte nach draußen.
Vor der Tür wandte er sich nach Rechts. Zum Glück lag das „Acht Teller“ in der Nähe des Stalles. Sein Gepäck hatte er gestern einfach bei Fryrr zurückgelassen um sich nicht unnötig zu belasten. Doch jetzt braucht er es wieder. Vor allem ohne seine Chitin-Rüstung wollte er nicht los. Schließlich wer wusste schon, was ihn in der Mine erwarten würde. In diesem Zusammenhang erinnerte er sich auch noch daran, dass er seine Knochenrüstung zur Reparatur geben lassen wollte. Viel war zwar nicht mehr davon übrig, aber womöglich konnte man eine neue Rüstung mit den verliebenden alten Teilstücken herstellen. Entfernte man den Ruß war es gewiss möglich. Aber trotz allem würde man viel ersetzen müssen, aber sein „Ausbruch“ damals in Oblivion hatte sie auch ordentlich zersprengt. Während er überlegte ob dem Schmied die Rüstung gleich bringen sollte oder nicht, erreichte er den Stall. Fryrr war ganz aufgeregt, als Tarrior ihn losband. Der Dunmer streichelte dem Tier würde über die breite Schnauze, was der Guar mit seinem typischen Brummlaut quittierte. „Ich freu mich auch dich zu sehen“: sagte er ihm. Seinem Gepäck entnahm er die leichte Rüstung aus Chitin. Sie war leicht und beweglich, aber durchaus auch sehr stabil. Er legte sie an und dann zurrte er den Sattel fest und schwang sich auf. Ein kurzer nicht kräftiger Stoß in die Flanken und Fryrr setzte sich in Bewegung. Das treue Tier tat alles für ihn. Er konnte wirklich nicht nachvollziehen warum der Mann in Ebenherz ihn verkauft hatte. „Wo findet man denn noch diese bedingungslose Treue“: dachte er und entschied sich dafür, den Guar nie zu verlieren. Als er durch die Straßen ritt, schauten die Passanten zu ihm auf. Das knapp über Schulter lange, rote Haar wehte dabei. Abrupt stoppte der Ritt, als er sein Reittier vor „Meldors Schmiedewerkstatt“ zum Stehen brachte.
Er stieg ab und kramte aus dem zusammengeschnürten Haufen, auf Fryrrs Rücken, das Bündel mit den Rüstungsteilen seiner Knochenrüstung hervor. Schnell ging er hinein und erklärte dem Schmied seinen Wunsch. Der Mann staunte nicht schlecht, als er die traurigen Überreste der einst prächtigen Rüstung in Augenschein nahm. Als Tarrior jedoch sagte, dass die Bezahlung keine Rolle spiele, war der Mann gleich Feuer und Flamme. „Ich werde sehen was ich tun kann. Am besten kommen sie in ein paar Tagen wieder“: verabschiedete er den Dunmer, der sich schnell wieder auf den Weg machte. Er hatte es eilig. Diese Sache mit der Mine wollte er so schnell wie möglich hinter sich bringen. Eine Hungersnot und Balmora würde garantiert in Aufständen versinken. Da war er sich ziemlich sicher. Er stieg wieder auf den Guar und schon ging es los. Man war gerade dabei auch den südlichen Torbogen von Balmora mit einem Tor zu versehen. Sie gingen wirklich davon aus, dass die Deadra die Stadt belagern würden. Er fand es sinnvoll das man für den Fall des Falles vorplante, aber zur Zeit hielt die redoranische Garnison in Mar Gaan noch dem Angriff der deadrischen Hauptstreitmacht stand und Obliviontore hatten sich auch nur im Landesinneren geöffnet. Balmora war damit sogar noch sicherer, als viele andere Orte. Die Deadra gingen hier anders als in Cyrodiil vor. Wie er in Ebenherz erfahren hatte, gab es nicht einzelne Angriffe, sondern eine große Streitmacht und kleinere. Letztere sollten Chaos verbreiten und das Land verwüsten, währenddessen erstere die großen Widerstandspunkte also Städte und Festungen belagerten und zerstörten. Geisterpforte und Ald’rhun waren gefallen und Mar Gaan würde wohl das nächste Opfer werden. Danach stand ihnen die Westspalte weit offen. Bis zur Küste könnten sie zerstören und vernichten und niemand würde sie aufhalten können. Auf freiem Feld würden sie die Deadra nie bezwingen können. Zwar hatte er auch noch keine Idee, wie sie die Invasoren besiegen könnten, aber bis dahin wäre Verteidigung schon eine gute Idee. Und dazu zählte auch das die Städte gut versorgt waren, vor allem für den Fall einer Belagerung. Und deshalb war er ja auch auf dem Weg um herauszufinden warum es schon lange keine neuen Lieferungen aus der Shulk Eiermine gegeben hatte. Fryrr hatte vor einigen Minuten mit seinem Reiter das Balmorer Stadttor passiert und hielt sich nun nah am Ufer des Odai, des großen Flusses, der durch Balmora floss und im Süden ins Meer mündete.
Sie würden seinem Verlauf nach Süden folgen. Auf halbem Weg zum Odai-Plateau mussten sie dann nach Westen abschwenken. Am Fuß der Bergkette, die die Westspalte von der Bitterküste trennte, würde sich dann der Eingang der Eiermine befinden. Tarrior kannte die Strecke nur zu gut. Lange Jahre war er der Herr des Plateaus gewesen. Das war vor seiner Zeit im Haus Dagoth gewesen. Nach seinem „Verschwinden“ hatte man die Besitzungen an einen anderen Ratsherren übertragen, was ihn nach seiner Rückkehr vom Roten Berg auch dazu veranlasst hatte sich Land bei Caldera zu kaufen und eine Plantage zu betreiben, da sich ein anderer fauler Hlaalu-Fürst in der Ansiedlung über dem Fluss breit gemacht hatte. Der Dunmer schäumte immer noch vor Wut, wenn er bloß daran dachte. Dann wiederum klang es schnell wieder ab, als er sich ins Gedächtnis rief, das das Leben auf der Plantage ebenfalls sehr angenehm gewesen war. Er hatte sich dennoch fest vorgenommen, seinen alten Besitz zurückzufordern. Aber im Moment war wohl nicht der geeignete Zeitpunkt um Besitzansprüche geltend zu machen, schließlich musste er erst einmal seinen restlichen Besitz vorsorglich vor den dämonischen Horden aus dem Reich des Vergessens in Sicherheit bringen, nachdem er in seiner Pflicht als Ratsherr, die Versorgungslage der Ratsstadt Balmora geklärt hat. Als er bei diesen Gedanken mehr zufällig, als wirklich bewusst, in den strömenden Fluss schaute, machte er eine grauenvolle Entdeckung. Ein faulender Kadaver eines Dunmers, hatte sich zwischen einigen Felsen verkeilt. Man konnte sofort erkennen, dass der Mann an einer überaus großen Stichwunde in der Brust gestorben war. Sofort stieg Tarrior ab und näherte sich vorsichtig, um auf dem rutschigen Steinufer nicht den Halt zu verlieren, dem Leichnam.
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Abenteurer
Morrowind, Haus Dres, Umland von Tränenstadt
Diese verdammten Felder blitze es ihm durch den Kopf. Seine Füße blieben immer wieder in dem durch Regen aufgeweichten und daher schlammigen Bogen stecken, um kurz danach wieder herausgerissen zu werden. Für Zuschauer musste diese Szenerie etwas komisches an sich haben ... der sich abstrampelnde und nur mäßig vorwärts kommende Mann und die wütende Meute dahinter. Zum lachen war dem Bretonen aber nicht wirklich zumute. Wenn einer dieser Bauern einen Bogen mit sich trug und der Besitzer dazu ein guter Schütze war, konnte es um ihn geschehen sein. Es reichte im Grunde schon aus, wenn sie ihn einholten. Er traute diesen rotäugigen Elfen zu, dass sie ihn hier auf den Reisfeldern totschlugen und gegen die Anzahl an Verfolgern war ein Kampf aussichtslos. Also wurde weitergerannt.
Romulus sollte Glück haben. Er überlebte die Felder und erreichte einen kleinen Wald. Die Bauern gaben ihre Verfolgung auf. Erschöpft warf er sich auf den Boden, schloss die Augen und nahm nur noch das Rauschen des Blutes im Ohr, den Herzschlag, sein eigenes Keuchen war.
Als er die Augen wieder öffnete, sollte er eine böse Überraschung erleben. Auf ihn war ein schön gearbeitetes Schwert gerichtet. Der Mann der ihn bedrohte, fragte nach „was er hier zu suchen hätte?“ Der Unterton war freundlich, während das Gesicht des Dunmers sich in einem unschönen Lächeln verzerrte. Das ungerüstete Gegenüber machte einen durchaus wohlhabende Eindruck. Dafür sprach auch das Langschwert. Auf die Frage gab er keine Antwort. Was sollte er auch sagen ...
Inzwischen waren zwei weitere Dunmer dazu gekommen. Sie schienen zusammen zu gehören und waren mit allerlei Waffen ausgerüstet. Alle drei starrten nun auf den liegenden Fremden. Die Neuankömmlinge eher kalt und ausdruckslos, während der Erstere immer noch grinste und das Wort wieder an den Menschen richtete: „ Ihr solltet euch über die hiesigen Gesetze hier erkündigen, ihr steht vor einem Adeligen und dies ist mein Wald!“ Romulus bat unterwürfig um Verzeihung, beteuerte seine Unwissenheit und schien dabei nicht unbedingt auf wohlgefallen zu stoßen. Man ließ ihn aufstehen und der Redelsführer nickte ihm zu. Eine galante Verbeugung später, hatte er sich schon mit schnellen Schritten entfernt. Die scharfen Blicke in seinem Rücken, sollte er noch einige Zeit spüren.
Romulus marschierte langsam den Waldrand entlang. Auf den Feldern wo er vorhin noch um sein Leben gebangt hatte, war niemand zu sehen. Eigentlich ungewöhnlich.
Lange dachte er über die letzten Erlebnisse nach und sie trübten etwas seine Laune. Im Grunde lauter Erniedrigungen. Erst dieses Dorf mit den wütenden Bauern die ohne Grund auf ihn zugestürmt waren und danach dies. Das Wälder und Landstücke irgendwelchen Adeligen gehörten, die dort jagten oder sonst was trieben, kannte er natürlich aus Hochfels. Wenn nicht dort wo sonst? In Hochfels wurde er aber noch nie von einer wütenden Bauernschaft verfolgt, auch wenn es wohl vorkam. Vielleicht konnte man herausfinden, was die Elfen an seiner Erscheinung so erregend fanden ...
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