Brutale Kopfschmerzen pressten von allen Seiten auf sein Bewusstsein ein. Was bei den vier Säulen? Er brachte nur ein gequältes Stöhnen zu Stande. Harter, felsiger Untergrund bohrte sich in seinen Rücken. Kalter, felsiger Untergrund. Es dauerte einige Augenblicke, bis Arranges zu der Erkenntnis kam, dass er... oder zumindest sein Oberkörper ziemlich nackt war. Die Situation passte überhaupt nicht dazu, wie er in der Taverne in Dagon Fel eingeschlafen war. Und da war noch etwas. Seine Gliedmaßen, Zehen, Finger! Alles war taub vor Kälte! Wie kann das sein?! Arranges Kontemplation und sein Wissen um Feuerzauber schützten ihn normalerweise automatisch vor Kälte im Schlaf. Sein Geist war derart neben der Spur, dass Arranges erst jetzt bemerkte, dass er gar nichts sah. Seine Augenlider waren geschlossen. Er versuchte sie zu heben.
Nichts.
Er versuchte überhaupt sich zu rühren.
Außer einem Zucken in den Armen geschah nichts. Erschreckend wenig. Der Magier horchte in sich hinein ob er irgendwelche Verletzungen hatte. Er war kein Heiler, aber an diesem Punkt konnte er sicher sagen, dass er keinen Blutverlust hatte und auch nichts gebrochen war. Kein Schlag auf den Kopf. Aber wer hat mich hierher - wo immer ich auch bin - gebracht und das völlig ohne dass ich irgendetwas bemerkt hätte? Arranges war vergleichsweise sicher alt, aber wenn jemand mächtig genug, ihn so zu überwältigen, in die Taverne in einem kaiserlichen Außenposten eingebrochen wäre, müsste er irgendetwas bemerkt haben.
Zunächst muss ich diese Taubheit in den Armen loswerden. Arranges fokusierte Magie in seine Fingerspitzen... Und bemerkte davon rein gar nichts. Was ist das? Es ist kein Lähmzauber, so viel steht fest. Eine generelle Kälte, nicht von außen, von innen!? Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mehr. Allerdings konnte dies auch der Dauer geschuldet sein, die er bereits hier lag. In jedem Fall musste er hier weg, bevor seine Entführer nochmals zurückkehrten. Er spürte, dass er Beinkleider trug, ob es seine eigenen waren konnte er unmöglich sagen. der Kaiserliche atmete tief ein und aus. Und ein und aus. Das Pochen in seinem Hinterkopf legte sich ein wenig. Und ein und aus. Er konzentrierte sich auf seine Magie. Und ein und aus. Seine Brust begann zu schmerzen, während er in seinem Mund einen beißenden Rauchgeschmack hatte. Und ein und aus. Nadelstiche gingen durch seine Finger, er knirschte mit den Zähnen und verzog das Gesicht. Und ein und aus. Der Boden unter ihm erwärmte sich, seine Armmuskeln begannen sich anzuspannen. Und ein und aus. Er spürte, wie ihm Blut schmerzhaft in die Wangen schoss. Ein letztes Mal holte er tief Luft. Seine Hände gehorchten ihm plötzlich unter dem Druck seiner Feuermagie wieder. Er ballte sie zu Fäusten. Seine Lider hoben sich.
Ich bin... Seine Augen flitzten hin und her und versuchten die Szenerie zu erfassen. In einer Höhle... Die mittlerweile viel zu langen Haare fielen ihm in die Augen. Unter massiver Anstrengung gelang es ihm sich hochzustemmen. Links und rechts musste er sich mit den Händen stützen um nich direkt wieder umzukippen. Der Begriff Höhle war schon eher ein sehr überzogenes Kompliment für diesen Steunhaufen in dem zufällig genug Platz für einen, vielleicht zwei ausgestreckte Männer war.

Der Nekromant musste sich zuerst eine Weile umsehen, bevor sein Bewusstsein gänzlich wieder zur Realität durchgedrungen war. Erst jetzt kam ihm in den Sinn, dass etwas fehlte - abgesehen von seinem Hab und Gut. Seine Stirn warf tiefe Falten, die ihn plötzlich sehr viel älter erscheinen ließen, als er tatsächlich war. Rote Augen... weiße Haare. Der Kopfschmerz kehrte zurück, während Arranges angestrengt nachdachte. Er schaute auf seine Handflächen, als wolle er dort die Antwort auf sein Sinnen ablesen. Seine Lippen begannen zu beben und wie von selbst formten sie einen Namen: 'Erynn.'
Es war nicht mehr als ein Flüstern.
Langsam begann sein Kopf sich zu drehen. Mit der Erwartung, dass die in seiner Erinnerung zierliche Dunmer irgendwo hier in diesem Loch liegen musste, suchten seine Augen den Felsen ab.
Nichts.
Dieses nichts zeigt sich mir in der kurzen Zeit seit ich wach bin schon erstaunlich oft. Wird Zeit, dass ich aus einem nichts ein etwas mache...
Arranges hielt die Sorge um die Dunmer zunächst nieder. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ebenfalls entführt wurde und irgendwo in der Nähe war, war für ihn hoch genug um sich darum ersteinmal keine Gedanken zu machen. Mit glühenden Händen machte er sich daran, seine Beine von der grausamen Kälte zu befreien.

Nach einer Weile stand Arranges noch leicht wacklig in dem Loch. Er erkannte den typisch gesprenkelten Felsen der nördlichen und westlichen Regionen Morrowinds. Bei der Höhle handelte es sich um ein Loch, das gerade hoch genug war ihm im Stehen nicht den Schädel einzudrücken und führte nach wenigen Metern zu einem sehr zugewuchterten runden Ausgang. Tageslicht fiel zwischen den typisch braunen Blättern morrowindischer Vegetation hindurch. Das milchige Tageslicht der nördlichen Regionen außerhalb der Aschlande. Ein letztes Umsehen zog seine Aufmerksamkeit auf ein Funkeln zwischen zwei kopfgroßen Steinen. Arranges bückte sich danach und umschloß das Funkeln vorsichtig. Zum Vorschein kam ein Kettenhemd - so weit Arranges das in dem dämmrigen Licht beurteilen konnte.

Er trat nach draußen und stand nur wenige Meter vom Meer entfernt. Die Tatsache, dass in der Ferne der Gipfel des Roten Bergs fehlte und die Zahl der sich im leichten Wellengang der See spiegelnden Monoliten schon nach rund 100 Metern deutlich abnahm, deutete darauf hin, dass er gerade nach Norden blickte.
Der funkelnde Gegenstand war tatsächlich ein Kettenhemd. Und nicht nur irgendeines, es war sein Kettenhemd, das Erbstück seiner Familie. Allerdings war es grob zerfetzt und wies Spuren magischen Einwirkens auf. Ich wurde also nicht von gewöhnlichen Banditen verschleppt...

Der Hang, in dem sich die Höhle befand fiel über drei Meter steil zum kiesigen Strand hin ab. Arranges erklomm ihn mit einiger Mühe. Oben angekommen blickte er über einen leicht hügeligen Landstreifen, übersäht mit Geröll. Die Riesenpilze fehlten beinahe gänzlich bis auf eine Handvoll Ausnahmen. Arranges erinnerte sich nicht im Detail an die Karte Vvardenfells, aber die Riesenpilze gab es nur im Zentrum und im Osten. Er blickte sich weiter um, von Erynn war keine Spur. Für eine Weile stand er nur da und überlegte. Es war sehr lange her, dass er in einer derart prekären Lage war. Überhaupt waren seine Erinnerungen bestenfalls verschwommen. Nicht nur die letzten aus Dagin Fel, sondern alles. Nur eine Nachwirkung des Überfalls... Beruhigte sich der Beschwörer selbst.

Nachdem er die Steilküste ein wenig abgesucht hatte und keine Anzeichen von Menschen oder Mer gefunden hatte, kam er zu dem Entschluss, dass seine beste Option jetzt Dagon Fel war. Hätte er nicht bereits über die Geographie ausgemacht, wo Norden ist, wäre es mehr als schwer geworden die richtige Richtung einzuschlagen, da der Himmel mit dicken Wolken verhangen war, so aber folgte er der Küste einfach nach Osten. Das Mithrilkettenhemd hatte er sich in die schimmlige Schnur gesteckt, welche eine lottrige Hose um seine Hüften hielt. Während er barfuß über den groben Untergrund lief, sich immer wieder umschauend, versuchte er nochmals zu ergründen, weswegen er ursprünglich überhaupt hier gewesen war. Sie hatten jemanden gesucht... nein, gejagt. Einen Argonier. Aber der Grund dafür wollte ihm partout nicht mehr einfallen. Normalerweise werde ich doch auf Schritt und Tritt von der Gathering beobachtet, aber in dieser brenzligen Situation zeigt sich keiner von denen... überragende Pfeifen...

Arranges war etwas über einen Tag unterwegs gewesen - inklusive einer Schwimmeinlage - als er in der kalten Morgendämmerung den Turm des Kontors von Dagon Fel auftauchen sah. Na endlich... Sheogorad ist nicht so langgezogen, wie es auf der Karte anmutet... oder ich war nicht so weit weg von der Hauptinsel des Archipels... Arranges war sich seiner Erscheinung bewusst und bemühte sich seine Hände offen zu zeigen ohne auffällig zu wirken, als er sich den provisorischen Verteidigungsanlagen des Außenpostens näherte.
Eine kaiserliche Wache entdeckte ihn, bevor er jemanden auf den Palisaden ausmachen konnte.
'HALT! WER DA?'
Die Stimme des Legionärs klang grundlegend falsch, sie hatte etwas auffallend Panisches an sich. Und auch die Palisade selbst wirkte irgendwie übergewichtig, als hätte man einfach noch zusätzlich einige Stämme und Felsblöcke anmontiert ohne dabei auf Gleichmäßigkeit, sondern auf die pure Verstärkung der schützenden Funktion zu achten.
Arranges blieb stehen: 'Ich bin ein einzelner Wanderer, ausgeraubt von Banditen.'
'Kommt langsam näher!'
Arranges tat was die Wache ihn geheißen. Aus der Dämmerung schälte sich ein bizarres Bild. Von dem Kontor war nur noch die Hälfte übrig, den Hügel hinauf konnte man pechschwarze Brandspuren im Felsen entdecken, die Straße hinter dem Legionär wieß Risse auf, so, als ob jemand mit roher Gewalt versucht hätte sie zu spalten. Was zum Teufel war hier passiert?
Und genau diese Frage stellte er dem Legionär, welcher ihm den Zutritt versperrte und prüfend musterte.
'Vor einer Woche hat irgendein völlig Irrer eine Kreatur in der Taverne beschworen. Das Monstrum war so groß, dass es die eine Hälfte des Kontors einfach wegsprengte, als es aus Oblivion gerufen wurde. Die Wachen konnten sie wohl in die Flucht schlagen, das ganze Untier ist in die Wildnis nach Westen geflohen, vom Beschwörer selbst fehlt noch immer jede Spur.'
Beschwörer haben mich entführt? Das würde zumindest erklären, warum sie mir mein Kettenhemd gelassen haben, den Rest aber geklaut. Zeitlich passt der Ablauf aber nicht, ich kann unmöglich eine Woche in der Höhle gelegen haben.
'Seit dem lebt das Dorf in Angst. Die Wachen wurden wegen der strategischen Wichtigkeit dieses Ortes verdreifacht und die Mauern verstärkt so gut das möglich war mit dem was wir zur Verfügung hatten.'
'Habt ihr eine Dunmer aus dem Dorf flüchten sehen?'
'Eine Dunmer? Das halbe Dorf ist geflüchtet.'
'Lange weiße Haare.'
'Hmm... ihr könnt gern eine der Wachen am Dock befragen, ich bin erst seit 4 Tagen hier. Ihr könnt ins Dorf, bitte versucht einfach keine Aufregung zu verbreiten.'
Arranges trat an der Wache vorbei. Einige der Hütten wurden mit Felsblöcken verstärkt, während an einigen anderen Stellen nur noch verkohlte Reste übrig waren. Arranges trat auf eines der zwei Piers. Ein Langschiff lag dort vor Anker, zwei Legionäre unterhielten sich, während drei Männer Kisten von Bord schleppten. Erst die kritischen Blicke der Wachen machten ihn darauf aufmerksam, dass er immernoch halbnackt herumlief.
'Entschuldigt den Anblick... Banditen draußen in der Wildnis.'
Die Legionäre nickten nur verständnisvoll.
'Ihr könnt euch glücklich schätzen, dass es nur Banditen waren...' Antwortete einer.
'Ja, ich habe gehört, was hier vorgefallen ist, ich möchte auch nur schnellstmöglich weg...'
'Ist euch nicht zu verdenken. Das Schiff dort wird gerade entladen, Wenn ihr in einer Stunde wiederkommt, setzt der Kapitän euch nach Vvardenfell über.' Der Legionär bedeutete Arranges näher zu kommen und drückte ihm dann ein paar Draken in die Hand. 'Geht zum Kontor und besorgt euch einen Gambeson oder irgendetwas, das ihr unter dem Kettenhemd tragen könnt, so ist es euch nicht sehr nützlich.' Sagte er mit gedämpfter Stimme.
Ich muss wohl sehr bemitleidenswert aussehen... Arranges schaute kurz an seinem nackten Körper herunter und stellte fest, dass er tatsächlich eine sehr narbenreiche Vergangenheit vorzuzeigen hatte.

Der Magier wandte sich zum Gehen in Richtung Kontor, er war gerade zwei Schritte gegangen, als plötzlich jemand hinter ihm auf dem Deck losbrüllte: 'HALTET IHN! DAS IST DER BESCHWÖRER DES FROSTMONSTERS!' Arranges blieb wie angewurzelt stehen. Frostmonster? Ein Frostatronach? Ich bin doch kein Eismagier?!.
'Halt!' Sagte eine der Wachen bestimmt, aber ruhig.
Arranges drehte sich langsam um. Hinter ihm hörter er weitere Wachen das Pier betreten. 'Da liegt sicher ein Missverständnis vor, sehe ich aus wie ein Magier, der einfach ein Außenposten in Schutt und Asche legt?'
'Nein, aber das ist kein Beweis dafür, dass ihr es nicht sein könntet.'
Der Arbeiter trat zitternd neben den Legionär. 'Er hat die Narbe auf dem Rücken.' Arranges zog eine Augenbraue hoch. 'Ich kann die Narbe nicht sehen und wenn, was soll sie beweisen?'
'In dem Untier schimmerte stetig der Schatten eines Menschen und auf dem Rücken hatte die Kreatur eine Zeichnung, welche ziemlich ähnlich wie die Narbe auf eurem Rücken aussah.' Antwortete eine der Wachen.
'Aber ich bin kein Magier.' Herrschte Arranges die Wache an.
'Das entscheidet der befehlshabende Kommandant, folgt uns bitte, wir wollen keine Aufregung im Dorf.'
Arranges Gemüt war schonmal leicht zu erhitzen, aber in solchen Situationen bewahrte er normalerweise einen kühlen Geist. Doch irgendetwas in seinem Hinterkopf entschied, dass Ruhe die falsche Reaktion wäre und zwang ihm Magie auf. Arranges hatte nicht die Reaktionsgeschwindigkeit um seine eigene Magie unter Kontrolle zu halten. Seine Arme hoben sich wie von selbst und die beiden Legionäre vor ihm wurden buchstäblich von innen wie Felsen durch Frost gesprengt. Gefrorene Splitter wirbelten durch die Luft. Die Arbeiter waren starr vor Entsetzen. Das Etwas in Arranges Kopf hatte sich aufgelöst und einen Großteil seiner gerade teils regenerierten Reserven mitgenommen. Arranges entschied, dass es jetzt zu spät war für diplomatische Ergüsse. Er konnte sich später Gedanken darum machen. Er hörte hinter sich die Schritte gepanzerter Füße schnell auf sich zukommen. So schnell es ihm seine Verwirrung gestattete drehte er sich um und zog vor sich eine brennende Linie über das Pier. Die Soldaten kamen stolpernd zum Stehen. Ein Pfeil verfehlte Arranges Kopf nur knapp. Seine beiden Hände fischte aus der Luft vor ihm Dolche. Er schritt entschlossen auf die Arbeiter zu. 'AN BORD ODER IHR ENDET WIE DIE LEGIONÄRE!' Brüllte er. Die pure Angst in den Augen hechteten die Arbeiter auf das Schiff. Arranges setzte mit einem langen Sprung hinterher. 'SEGEL SETZEN!' Die Arbeiter wirkten völlig geschockt, aber auf dem Schiff waren noch zwei Matrosen, welche nach einem kurzen Schreck handelten und das Segel setzten, Auch wenn ihre Bewegungen alles andere als routiniert aussahen, löste sich das Schiff allmählich vom Steg. Brandpfeile zischten am Schiff vorbei. Arranges fuchtelte in der Luft herum und es kostete ihn einiges an Konzentration um einen gewöhnlichen Feuerball zustande zu bekommen. Das Wasser zischte auf und nahm den Schützen auf dem Steg die Sicht. Die Brandpfeile nahmen ab.

'Setzt Kurs nach Schwarzlicht.' Sagte Arranges zusammengesunken an der Reling. Er war völlig ausgelaugt und verwirrd. Die Mannschaft - falls man die fünf Männer so nennen konnte - war völlig verängstigt und wagte es nicht in irgendeiner Form zu wiedersprechen.